Summary: | Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals;
Hat der Bauer Geld, hat´s die ganze Welt [] [] SO HEISST ES IM SPRICHWORT. Und als dieses Sprichwort aufkam, stimmte es auch, denn damals waren von fünf Familien vier Bauernfamilien. In den letzten 100 Jahren sind aber die großen Industrien und Städte entstanden. Heute ist es daher umgekehrt: Von fünf Familien gehört nur eine zur Bauernschaft. [] SO IST NICHT MEHR DAS EINKOMMEN der Bauernschaft allein für den Wohlstand des ganzen Volkes entscheidend, sondern in erster Linie bestimmt die Kaufkraft der breiten Massen der Arbeiter und Angestellten das Einkommen des Mittelstandes und damit auch der Landwirtschaft. Sind die Löhne und Gehälter zu niedrig oder herrscht Arbeitslosigkeit, so merkt es der Bauer am Rückgang der Preise zuerst. [] Umgekehrt beeinflußt aber auch die Kaufkraft der Landwirtschaft die Beschäftigung von Industrie und Handwerk und damit das Einkommen der Arbeiter. [] ALSO: Der Wohlstand des Bauern und des Arbeiters ist voneinander abhängig. [] DARUM FORDERT DIE SOZIALDEMOKRATIE: [] Zusammenarbeit zwischen Arbeiter und Bauer - keine Feindschaft zwischen Stadt und Land [] DIE SOZIALDEMOKRATIE hat als einzige aller Parteien sich auf agrarpolitische Richtlinien festgelegt, die sie durchführen wird, wenn die Mehrheit des Volkes sich für sie entscheidet. [] DIE SOZIALDEMOKRATIE ist nicht abhängig von irgendwelchen Interessenten, sie wird nicht finanziert von Industrie und Handelsgruppen wie die anderen Parteien. Daher kann sie sich als einzige Partei voll für den arbeitenden Menschen in Stadt und Land einsetzen. [] DIE SOZIALDEMOKRATIE wird keine doppelte Politik betreiben wie die jetzige Bundesregierung, in der Minister Niklas für den Schutz der Landwirtschaft, Minister Erhard aber für das angeblich "freie" Spiel der Kräfte eintrat. Meist saß von diesen beiden feindlichen Brüdern der CDU/CSU Minister Erhard am längeren Hebel. Es geschah dann das, was er wollte oder - was Bundeskanzler Adenauer für die Durchführung seiner Politik ohne Rücksicht auf die Landwirtschaft als richtig erachtete. [] WOHIN DIESE POLITIK FÜHRTE, haben wir alle gemerkt. [] Wohl sind die Preise für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse gestiegen, jedoch die Preise für die landwirtschaftlichen Betriebsmittel sind noch stärker gestiegen. [] Die Entwicklung des Einkommens der mittleren und kleineren bäuerlichen Betriebe hinkt daher ständig hinter der Entwicklung des Einkommens der Industrie und des Handwerks her. Nur große, gut geleitete landwirtschaftliche Betriebe können sich in diesem Wettlauf der Preise behaupten, weil deren Erzeugungskosten niedriger sind als die der bäuerlichen Betriebe. [] [] SOZIALDEMOKRATISCHE AGRARPOLITIK will aber die mittleren und kleinen Betriebe fördern und unterstützt alle Maßnahmen, die diesen Betrieben helfen. [] SOZIALDEMOKRATISCHE AGRARPOLITIK erstrebt daher die Verbilligung der Erzeugungskosten und Steigerung der Erzeugung. Verringerung der Arbeitslast des Bauern und seiner Familie, Regelung der Preise und Sicherung des Absatzes für landwirtschaftliche Erzeugnisse, also eine echte Marktordnung [] AN ALLEN FRAGEN DER MARKTORDNUNG hat die Sozialdemokratie bereits jetzt in der Opposition bejahend und tatkräftig mitgearbeitet. Wird sie in der Regierung sein, so wird sie durch eine Verbesserung der Gesetze über die Einfuhr- und Vorratsstellen dafür sorgen, daß der Markt gegen böswillige und zufällige Schwankungen geschützt wird. Hierzu ist es notwendig, die Spekulanten und Geschäftemacher auszuschalten und den Einfuhr- und Vorratsstellen ausreichende Mittel zur Verfügung zu stellen, was bisher nicht geschehen ist. [] Die Aufgabe der landwirtschaftlichen Preis- und Absatzpolitik soll es nicht sein, einmal der und einmal jener Wirtschaftsgruppe einen Vorteil zuzuschanzen, sondern [] ANGEBOT UND NACHFRAGE AUFEINANDER ABZUSTIMMEN. [] Im Interesse von Erzeuger und Verbrauche wird die Sozialdemokratie auch energische Schritte unternehmen, um ungerechtfertigte Handels- und Verarbeitungsspannen und überflüssige Handelsstufen abzubauen. [] Sie wird nicht wie das jetzige Bundesernährungsministerium erst ein großes Geschrei über zu hohe Handelsspannen anstimmen und nach Einspruch der Interessenten dann erklären, es sei alles in Ordnung. Die Sozialdemokratie bejaht und fördert auch jede genossenschaftliche Selbsthilfe der Erzeuger, seien es Bezugs- und Absatzgenossenschaften oder Einrichtungen zur gemeinschaftlichen Maschinenhaltung. Nur müssen sich diese auf die Dauer im freien Wettbewerb bewähren. [] JEDE PREISPOLITIK findet ihre Grenzen aber an der Kaufkraft der Verbraucher. Darum darf eine die Interessen der Bauernschaft vertretende Agrarpolitik sich nicht auf die Regulierung der Preise und des Absatzes beschränken, sondern sie muß die Voraussetzungen schaffen, daß alle bäuerlichen Betriebe, nicht nur die großen, auch die mittleren und kleineren IHRE LEISTUNGEN STEIGERN KÖNNEN, ohne daß aber die Arbeitskraft des Bauern, seiner Frau und Familienangehörigen sowie der Landarbeiter noch stärker belastet wird. [] AUF DIESEM GEBIET hat die Bundesregierung so gut wie nichts getan. [] Die Leistungssteigerung der Landwirtschaft seit Kriegsende ist nicht ein Verdienst der Bundesregierung, sondern ein Verdienst der Landwirtschaft selber. [] Wie die Sozialdemokratie die Bauern auf dem Wege zur Leistungssteigerung tatkräftig unterstützen wird, sehen wir auf den folgenden Seiten. Die Sozialdemokratie setzt sich ein: [] [] FÜR DEN AUSBAU UND DIE VERBESSERUNG der ländlichen Volksschulen und Berufsschulen [] DENN je besser die allgemeine Bildung, desto höher ist die spätere Leistung im Beruf; [] FÜR EINE GEORDNETE, PRAKTISCHE BERUFSAUSBILDUNG mit Gehilfen- und Meisterprüfung [] DENN die Arbeit in der Landwirtschaft ist mindestens so schwierig und so viel wert wie jede Facharbeit; [] FÜR DEN AUSBAU EINER GUTEN BETRIEBSBERATUNG [] DENN jeder Landwirt muß sich vertraut machen mit neuen, aber bereits erprobten Erzeugungs- und Arbeitsmethoden auf dem Feld, dem Grünland und auf dem Hof; [] FÜR EINE STÄRKERE TECHNISIERUNG der bäuerlichen Betriebe [] DENN nicht nur der größere, auch der kleinere Betrieb benötigt eine Entlastung der menschlichen Arbeitskraft; [] FÜR DIE ENTSCHIEDENE DURCHFÜHRUNG DER FLURBEREINIGUNG und ihre Förderung mit staatlichen Mitteln [] DENN je weniger die Flur zerstückelt ist, desto größer ist der Arbeitserfolg der bäuerlichen Wirtschaft; [] FÜR DEN BAU VON LANDARBEITERHEIMSTÄTTEN [] DENN die jungen Menschen werden nur dann auf dem Lande bleiben, wenn ihnen die Möglichkeit zur Heirat und Gründung eines eigenen Haushalts geboten wird; [] [] FÜR DIE BESCHAFFUNG VON TRAGBAREN KREDITEN zur Durchführung von Ödlandkultivierungen und Bodenverbesserungen [] DENN alle Bodenflächen in unserem Lande müssen so gut wie möglich genutzt werden, [] AUS DIESEM GRUNDE, nicht weil die Sozialdemokratie gegen das Privateigentum ist, setzt sie sich auch für eine Bodenreform ein. Maßgebend hierfür ist der Grundsatz: [] Der Boden soll privates Eigentum derjenigen sein, die ihn selber bewirtschaften. [] DIE SOZIALDEMOKRATIE FORDERT DAHER: [] ein einheitliches, das ganze Bundesgebiet umfassendes Bodengesetz, das landwirtschaftliche Betriebsgrößen noch volks- und betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten schafft, [] eine gerechte Neuregelung des Pachtwesens, nach der Betriebe und Nutzflächen, die seit mehr als einer Generation (30 Jahre) von Privathand verpachtet sind, in das Eigentum der den Boden bewirtschaftenden Pächter übergehen sollen. [] So zeigt die Sozialdemokratie Mittel und Wege die den Bauern und ihren Frauen, ihren Familienangehörigen und den Landarbeitern helfen können, ihre schwere Arbeit zu erleichtern und ihr Einkommen zu verbessern. [] [] Die Sozialdemokratie verspricht keine Wunder, aber sie hält ihr Wort! [] SPD [] Herausgeber: Vorstand der SPD, Bonn, 7/53. Druckhaus Deutz
|