Manifest der Kommunistischen Partei der Schweiz

Bemerkungen: Fraktur; [] = Absatzmarken im Volltext des Originals Manifest [] der [] kommunistischen Oartei der Schweiz [] An die Arbeiter! [] Die Revolution hat in allen Ländern Europas ihren Einzug gehalten. Während sie in den einen schroff und stürmisch wütet, fegt sie in andern die alten morsche...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Kommunistische Partei der Schweiz, n.n.
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: ca. 1919
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/ED77E574-ACE9-4A10-837F-192D9DDCC2E4
Description
Summary:Bemerkungen: Fraktur; [] = Absatzmarken im Volltext des Originals Manifest [] der [] kommunistischen Oartei der Schweiz [] An die Arbeiter! [] Die Revolution hat in allen Ländern Europas ihren Einzug gehalten. Während sie in den einen schroff und stürmisch wütet, fegt sie in andern die alten morschen Stützen der alten Ordnung im Stillen weg. Auch die schweizerische Arbeiterschaft hat das Gebot der Stunde erkannt. Hinter ihr liegt der erste große Kampf, allein sie ging geschlagen aus diesem ersten Kampf hervor. Geschlagen nicht durch die Macht des Gegners, sondern durch die ängstliche kleinbürgerliche Politik ihrer eigenen Führer. Warum haben diese Führer versagt? Weil sie nicht aus eigenem Willen und freudigem Herzen in den Kampf gezogen sind, sondern gestoßen und gedrängt vom Willen der Arbeiterschaft. Sie mußten versagen, weil sie nicht den Willen hatten, für das zu kämpfen, wofür die Arbeiter in den Kampf zogen - für den Sozialismus. [] Nun jubelt das Bürgertum und nützt seinen "Sieg" entschlossen und zielbewußt aus. Vergessen sind alle die schönen Versprechungen: die sozialen Reformen. Die Regierung trottet im alten Tempo weiter. Die Reaktion wütet mit jedem Tage stärker, viele unserer Genossen schmachten in den Gefängnissen. Ja, noch mehr, das Bürgertum, das, dank seiner Schulung und Intelligenz, die Verhältnisse ganz anders zu überblicken vermag als die große Masse der Arbeiterschaft, hat fieberhaft und systematisch begonnen, sich zum Bürgerkrieg zu rüsten, zum energischen, erbitterten Klassenkampf. [] Arbeiter, Genossen, und wir? Wollen wir ruhig abwarten, bis es zu spät ist? Bis eines Tages die Arbeiterschaft von einer weißen Garde, von einem bis zum letzten Mann aufgebotenen Bürgertum umzingelt ist und ihr die Möglichkeit genommen ist, sogar nur einen einfachen Streik durchzuführen. Nein! Der Kampf der hinter uns liegt, ist nur eine Etappe einer Reihe noch kommender Kämpfe um unser Ziel. Aber wollen wir unsern nächsten Kampf wieder einem Oltener Aktionskomitee anvertrauen? Wenn noch so geniale und radikale neue Männer darin sitzen, wollen wir uns wieder auf Gnade und Ungnade ausliefern, damit sie wieder im entscheidenden Momente zusammenklappen? Arbeiter, Genossen, lernen wir von den uns umgebenden Ländern. Neue Zeiten erfordern auch neue Kampfformen und diese Kampfformen, die allein die Gewähr bieten, daß wir aus den kommenden Kämpfen siegreich hervortreten, sind die Arbeiter- und Soldatenräte. [] An Stelle des Oltener Aktionskomitee und der Arbeiterkongresse fordern wir einen Schweizerischen Arbeiterrat, der direkt den Willen der klassenbewußten Arbeiter zum Ausdruck bringt, mit ihnen in ständigen Kontakt steht indem er gebildet ist aus Arbeitsbrüdern, die wir wählen an den Arbeitsstätten direkt aus den Betrieben. Dieser Arbeiterrat hat den Großkampf zu führen auf Weisung der lokalen Arbeiterräte. Wir wollen uns endlich klar werden, wie es das Bürgertum schon längst ist, daß die kommenden Kämpfe einen andern Charakter annehmen müssen, sollen sie zum Erfolge führen. Sehen wir das ein, dann müssen wir aber auch die Taktik des Kampfes ändern. Diese neue Taktik läßt sich zusammenfassen in folgende Punkte: [] 1. Alle Macht in die Hände der Arbeiterräte. [] 2. Der nächste Kampf soll ein revolutionärer Generalstreik sein. Schon jetzt müssen Vorbereitungen getroffen werden, vor allem eine rege Propaganda, speziell unter den Soldaten. [] 3. Die Arbeiterräte haben zusammen mit den Soldatenorganisationen für die Bildung der Soldatenräte zusorgen. [] 4. Die Arbeiterräte haben die Arbeiter fachlich aufzuklären für die Uebernahme der wirtschaftlichen Macht, d. h. der Produktion in den Betrieben. [] 5. Es soll eine andere Bauernpolitik getrieben werden. Rege Propaganda unter den Kleinbauern und Knechten. Ausklärung über den Sozialismus, der ihnen ja zum Vorteil wird. [] Arbeiter, Genossen! Wir wissen, daß wir nicht mit einem Schlage den Sozialismus verwirklichen können, sondern daß uns noch eine Reihe großer Kämpfe bevorstehen, bis wir unser Ideal errungen haben. Was wir aber wollen, das ist, mit jedem Kampfe einen Schritt dem Ziel entgegenzugehen. Darum sind unsere Parolen für den nächsten Kampf noch nicht das Endziel selbst, sondern Parolen, die uns dem Endziel näher bringen. Nämlich: [] 1. Der Achtstundentag zum Gesetz. [] 2. Kontrollrecht der Arbeiter im Staate über die Lebens- und Bedarfsartikel. [] 3. Erweiterte Kontrolle der Arbeiter über die Produktion. [] Die Arbeiter jeder Fabrik wählen Betriebsräte, die Sitz in der betreffenden Direktion haben und dort Kontrolle und Mitspracherecht ausüben. Nur so dringen wir in das Wesen der heutigen Produktion hinein, und nur so werden wir im entscheidenden Momente befähigt, die Produktion zu übernehmen. [] Wenn uns also die nächsten Kämpfe noch nicht den vollen Sozialismus bringen können, so wollen wir uns doch klar vor Augen halten, mit welchem Programm wir das Endziel verwirklichen können. Nicht Einzelheiten, nur die Richtlinien und Bedingungen der sozialistischen Schweiz, wollen wir kennen lernen. Als solche betrachten wir: [] 1. Alle Macht des Staates in die Hände der Arbeiter- Bauern- und Soldatenräte. [] Das setzt voraus - die Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat. Politische Rechte nur den Werktätigen, also solchen Personen, die in der Produktion des Landes nützlich tätig sind, und nicht nur auf Grund ihres Besitzes leben. Das nennen wir: Die Diktatur des Proletariates. Die Diktatur ist nur eine vorübergehende Maßnahme der ersten Zeit, nötig solange, bis der Privatbesitz an Produktionsmitteln verschwunden ist. [] 2. Die Sozialisierung der gesamten Produktion. [] 3. Die Enteignung des Großgrundbesitzes. Abschaffung der Hypotheken und Bodenschulden. [] 4. Sozialisierung der Banken. [] 5. Vollständige Tilgung aller Schulden durch den Privatbesitz. [] 6. Allgemeine Arbeitspflicht. [] 7. Sicherstellung der Existenz der Alten, Invaliden, Witwen, Waisen und der Arbeitslosen. [] 8. Nationalisierung des Handels. [] Arbeiter, Genossen! Eine neue Zeit ist angebrochen, eine Zeit, die vorwärts stürmt, die Tätigen gewaltig vorwärts bringt, die Zögernden weit zurück läßt. Die schweizerische Arbeiterschaft will tätig sein, will aus dem Elend und Not heraus. Uns treibt aber nicht die dumpfe Verzweiflung der Massen in den kriegführenden Ländern, sondern einzig sehen wir den Weg klar und deutlich, den wir, gehen müssen, um unser Ziel, den Sozialismus, unsere Freiheit und unser Glück zu erreichen. Wir werden daher nicht in die Fehler unserer Brüder in Deutschland und Oesterreich verfallen. Nicht mehr lockt uns die Demokratie, denn ihren Segen kennen wir schon seit langen Jahren. Koalitionsregierungen könnten wir heute schon haben, aber wir wollen fest und entschlossen unseren Weg gehen, den Weg zum Sozialismus. Der Kampf wird hart werden, denn nicht Königskronen gilt es zu stürzen, sondern mit einem klassenbewußten und verzweifelt sich wehrenden Bürgertum haben wir zu ringen. [] Aber gehen wir freudig in den Kampf, denn uns gehört die Zukunft und wir verlieren nichts als unsere Ketten. [] Kommunistische Partei der Schweiz. [] Wie entstehen Arbeiterräte? [] Arbeiterräte werden gebildet, indem in allen Fabriken und Betrieben Werkstätteversammlungen einberufen werden. Aus deren Mitte heraus sollen die Arbeiter ratsdelegierten gewählt werden. Wählbar und berechtigt zur Wahl sind alle arbeitenden Männer und Frauen - ob organisiert oder nicht. Auf 30 Arbeiter im Betrieb und eine Bruchzahl von 30 soll ein Delegierter in den örtlichen Arbeiterrat gewählt werden. Die Branchen mit sehr kleinen Betrieben sollen Bezirksarbeiterversammlungen durchführen und aus diesen Versammlungen heraus die Delegierten bestimmen. Aus der Mitte der örtlichen Arbeiterräte werden die Delegierten zum schweizerischen Arbeiterrat gewählt. In solchen Betrieben, wo die Arbeiterschaft noch zu wenig aktionsfähig, zu konservativ ist, hat die vorwärtsdrängende Minderheit den Delegierten zu bestimmen. Es ist nicht nötig, daß vom ersten Tage an dem örtlichen Arbeiterrat alle Betriebe angeschlossen sind. Die Hauptsache ist, daß überall angefangen und nicht geruht wirb, bis alle Arbeiter Delegierte schicken. [] Der große Vorteil dieses neuen Kampfmittels, der Arbeiterräte, besteht darin, daß sie von der Bourgeoisie nicht tot gemacht weiden können und jederzeit, ohne lange und große Reklame die Massen von heute auf morgen, zu jeder Stunde in Bewegung fetzen können. Beschließt ein Albeiterrat in der Nacht eine Aktion, so können die Delegierten am Morgen in den Betrieben die Arbeiter und Arbeiterinnen von den gefaßten Beschlüssen benachrichtigen und diese danach handeln. Der Wille zum Kampf ist freilich die erste Bedingung für das Gedeihen des neuen Kampfmittels. Es steht und fällt mit ihm! Handelt anderseits der Betriebs- oder Bezirksdelegierte nicht nach dem Willen der arbeitenden Wähler, so kann er sofort abberufen und durch einen andern im Betriebe Beschäftigten ersetzt werden. Nur in den Betrieben und Fabriken selbst Arbeitende sind zu delegieren, keine Sekretäre oder sonstige von Partei und Gewerkschaften angestellte Beamte. Weg von den Instanzen, die sollen nur administrative Funktionen besitzen. Der immer inmitten seiner Kameraden und Kameradinnen beschäftigte Arbeiter kennt am besten, was ihnen not tut. Ein so konstituierter Rat muß produktiv sein und kann nicht zum Schweigen gebracht werden. Verhaftet eine Regierung ein Mitglied oder den ganzen Rat, so wählen die Arbeiter einen neuen. [] Bildet überall sofort Arbeiterräte! [] Tretet ein in die soz. Soldatenorganisationen!
Published:ca. 1919