Wir stellen vor: . Prof. Fritz Baade

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; SPD [] Wir stellen vor: Prof. Fritz. Baade [] Kandidat im Wahlkreis 6 Kiel [] [] Verehrte Wählerin! Verehrter Wähler! [] Da ich Sie um das Vertrauen bitte, von Ihnen als Abgeordneter in den Deutschen Bundestag gewählt zu werden, möchte ich m...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Bezirksvorstand Schleswig-Holstein, Strack, Gerhard, Haase-Druck GmbH, Kiel
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 06.09.1953
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/7C01B305-3535-40A1-ACCA-E48C88A88655
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; SPD [] Wir stellen vor: Prof. Fritz. Baade [] Kandidat im Wahlkreis 6 Kiel [] [] Verehrte Wählerin! Verehrter Wähler! [] Da ich Sie um das Vertrauen bitte, von Ihnen als Abgeordneter in den Deutschen Bundestag gewählt zu werden, möchte ich mich Ihnen zunächst vorstellen. [] Ich bin jetzt 60 Jahre alt, habe in Schulpforta die Schule besucht und den 1. Weltkrieg von Anfang bis Ende mitgemacht. Als ich mit 26 Jahren aus dem Krieg zurückkam, mußte ich mir mein Studium der Volkswirtschaft selbst verdienen. An der Universität Göttingen habe ich zum Doktor rer. pol. promoviert. [] Vielleicht machten meine agrarpolitischen Aufsätze damals starken Eindruck, so daß Dr. Hilferding mich nach Berlin berief, um an dem Agrarprogramm der deutschen Sozialdemokratie mitzuarbeiten. Hier in Kiel wurde dieses Programm im Jahre 1927 mit großer Mehrheit angenommen. Danach kamen Jahre mit vielen Aufgaben: Reichskommissar für die Getreidewirtschaft, Reichstagsabgeordneter, Leiter der Reichsforschungsstelle für landwirtschaftliches Marktwesen, Dozent an der Berliner Universität. Aber eines Tages war das alles zu Ende, als nämlich Hitler zur Macht kam. 1934 erhielt ich dann einen sehr ehrenvollen Ruf nach der Türkei. 4 ½ Jahre durfte ich die türkische Regierung bei der Rationalisierung und Modernisierung des türkischen Agrarexports beraten. [] Den Zusammenbruch des Dritten Reiches erlebte ich in der Türkei. Ich habe mich sofort bereit erklärt, nach Deutschland zurückzukehren und am Wiederaufbau mitzuarbeiten. [] Es war für mich eine große Freude, als ich gleich zu Beginn meiner Tätigkeit als Abgeordneter Schleswig-Holsteins im ersten Deutschen Bundestag zusammen mit Kurt Schumacher zu dem damaligen Hohen Kommissar gehen und ihm darlegen konnte, wie verkehrt die Demontagepolitik gerade vom amerikanischen Standpunkt wäre. Schon kurze Zeit danach hat sich auch McCloy für eine amerikanische Deutschland-Politik eingesetzt, die dem größten Teil der Demontagen ein Ende machte und Beschränkungen der deutschen Friedensindustrie aufhob. [] Seit 1948 bin ich Direktor des Instituts für Weltwirtschaft und Professor an der Universität Kiel. Meine Bemühungen um den Wiederaufbau dieses weltberühmten Instituts und um die Wiederanknüpfung vieler durch Nazizeit und Krieg zerrissener Fäden haben sich sozusagen vor Ihren Augen abgespielt. Sie alle kennen das schöne "Haus Weltclub" am Hindenburgufer, das internationale Haus des Instituts für Weltwirtschaft. Ich darf Ihnen verraten, daß für den Aufbau dieses Hauses keinerlei öffentliche Mittel benötigt worden sind, sondern durch Spenden persönlicher Freunde und solcher deutschen Industriefirmen aufgebracht wurden, die dem Kampf gegen die Demontagen in diesem Haus ein lebendiges Denkmal setzen wollten. [] Im Bonner Bundestag habe ich als 2. Vorsitzender des Marshallplan-Ausschusses dazu beitragen können, daß weit über 100 Millionen DM Wiederaufbaukredite nach Schleswig-Holstein geflossen sind und damit zur Schaffung von Tausenden von Arbeitsplätzen geführt haben. Im Ausschuß für Ernährung und Landwirtschaft habe ich maßgebend an der Schaffung der neuen Marktgesetze mitgearbeitet, die zu einer Stabilisierung der landwirtschaftlichen Preise im gemeinsamen Interesse von Erzeuger und Verbraucher führen sollen. [] Besonders froh und dankbar bin ich, daß ich bei der Einrichtung der gemeinsamen evangelisch-katholischen Gottesdienste im Bundestag mitwirken durfte. Ich bemühe mich, ein tätiger Christ zu sein und fühle mich in der Kirche zu Hause. Aber ich kenne auch prächtige, tüchtige und vorbildliche Menschen, die ihr Leben sinnvoll führen, ohne zu einer Religionsgemeinschaft zu gehören. Gerade als Christ wehre ich mich mit aller Leidenschaft dagegen, die Religion zum Aushängeschild eines Parteiprogramms zu machen. [] Leider mußte ich im Bundestag zu vielen Fragen der Politik der Regierungskoalition aus vollster Überzeugung "nein" sagen. So mußten meine politischen Freunde und ich zu dem Schuman-Plan entschieden "nein" sagen, weil durch ihn die Verfügung über die wertvollsten Grundstoffe Deutschlands, Kohle und Stahl, einer Behörde von internationalen Managern ausgeliefert wird, in der Deutschland von vornherein in einer hoffnungslosen Minderheit ist. Aber noch leidenschaftlicher mußte das "Nein" zum Generalvertrag und zum EVG-Vertrag sein, denn durch diese Verträge wäre das Besatzungsregime verewigt und die deutsche Jugend als Soldaten zweiter Klasse einer internationalen Militärbehörde ausgeliefert worden, in welcher Deutschland nichts mitzubestimmen hat. Dank des entschlossenen Widerstandes der deutschen Sozialdemokratie und auf Grund der politischen Entwicklung in Frankreich und Italien kann man die Politik des Bundeskanzlers Adenauer, die durch diese Verträge Deutschland auf unabsehbare Zeit gefesselt hätte, als gescheitert ansehen. Die Gefahr, daß die Spaltung Deutschlands durch diese Verträge auf unabsehbare Zeit verewigt wurde, ist infolge dieses Widerstandes sehr vermindert. Aber ebenso bestimmt, wie ich mit meinen Freunden zusammen zu dieser Politik "nein" sage, sage ich "ja" zu einer konstruktiven deutschen Außenpolitik, deren erstes Gegenwartsziel die Einheit Deutschlands mit friedlichen Mitteln ist. [] "Sehr viel Geduld, Festigkeit und Friedenswillen werden wir brauchen, um die verfeindeten Verbündeten des 2. Weltkrieges an den Verhandlungstisch zu bringen. Wir müssen sie davonüberzeugen, daß sie ihrem eigenen Interesse dienen, wenn sie die Stücke von Deutschland, die sie gegeneinander bewaffnen wollen, freigeben und ein unabhängiges Gesamtdeutschland entstehen lassen. Aber diese Geduld, diese Festigkeit und dieser Friedenswille werden sich lohnen." [] Mit diesen Worten schloß ich vor einem Jahr einen Aufsatz über die Grundprinzipien der deutschen Außenpolitik. Er enthält die Richtlinien für meine Mitarbeit im neuen Bundestag, falls ich durch Ihr Vertrauen und Ihre Stimme am 6. September in den neuen Bundestag entsandt werde. [] Mit ausgezeichneter Hochachtung [] Ihr Prof. Fritz Baade [] [] Muster-Stimmzettel [] Jeder Wähler hat 2 Stimmen! [] Erststimme für die Wahl des Wahlkreisabgeordneten [] Zweitstimme für die Wahl nach Landeslisten [] Sozialdemokratische Partei Deutschlands [] Prof. Baade, Fritz Kiel, Hindenburgufer 71 [] Ollenhauer Diekmann Pohle Annemarie Renger Prof. Baade [] [] 2 mal bei Nr. 2 ankreuzen, dann wählen Sie richtig! [] [] Herausgeber: SPD, Bezirksvorstand Schleswig-Holstein. Für den Inhalt verantwortlich Gerhard Strack, Kiel. Haase-Druck GmbH., Kiel.
Published:06.09.1953