10 Punkte Grundgesetz

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; 10 Punkte [] Grundgesetz [] Generalvertrag EVG [] [] Die Westalliierten fordern einen deutschen Wehrbeitrag an Gut und Blut, Milliarden und Divisionen. [] Sie wollen mit Hilfe der gefügigen Bundestagsmehrheit von CDU/CSU, FDP, DP und BHE dem...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Bundesvorstand, Vereinsdruckerei und Verlag GmbH, Koblenz
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 06.09.1953
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/E7F18792-0030-4499-BD22-9CA4969AC6AA
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; 10 Punkte [] Grundgesetz [] Generalvertrag EVG [] [] Die Westalliierten fordern einen deutschen Wehrbeitrag an Gut und Blut, Milliarden und Divisionen. [] Sie wollen mit Hilfe der gefügigen Bundestagsmehrheit von CDU/CSU, FDP, DP und BHE dem deutschen Volke eine Verteidigungsgemeinschaft von nur sechs der vierzehn freien Staaten Europas aufzwingen. Beide Verträge widersprechen dem Grundgesetz als der Verfassung der Deutschen Bundesrepublik. Denn: [] [] 1 Das Grundgesetz hat dem Bundestag weder eine Gesetzgebungskompetenz für Militärangelegenheiten gegeben, noch hat es militärischen Oberbefehl, das Offiziers-Ernennungsrecht und die Militärverwaltung geregelt. Der Parlamentarische Rat hat in vollem Bewußtsein auf eine Regelung des Militärwesens verzichtet, da nach seiner Meinung eine solche Regelung die Spaltung Deutschlands weiter vertieft hätte. [] Die in den Verträgen vorgesehene Aufstellung deutscher Truppen-Kontingente ist daher ohne vorherige Einfügung der fehlenden Kompetenzen verfassungswidrig. [] [] 2 Das Grundgesetz kennt keine Wehrpflicht. Die persönliche und politische Freiheit eines jeden Staatsbürgers ist ohne jeden Vorbehalt in bezug auf eine militärische Dienstpflicht gewährleistet. Die Einführung einer allgemeinen Wehrpflicht und die damit notwendige Beschränkung einzelner Grundrechte setzt daher eine Verfassungsänderung voraus. [] [] 3 Nach dem Grundgesetz (Präambel und Art. 146) ist die Wiedervereinigung Deutschlands unser oberstes verfassungsmäßiges Ziel. [] Der Generalvertrag soll den Alliierten in der Frage der Wiedervereinigung ein absolutes Vetorecht einräumen (Präambel und Art. 7 Abs. 2 und 3 des Generalvertrags). Diese Bestimmungen des Generalvertrages hindern die verfassungsmäßig gebotene Wiedervereinigung Deutschlands und sind daher verfassungswidrig. [] [] 4 Nach dem Grundgesetz (Art. 65) bestimmt jeder Bundeskanzler selbständig die Richtlinien seiner Politik. [] Der Generalvertrag soll als Richtlinie die Politik auch künftiger Bundeskanzler festsetzen, daß sie eine Wiedervereinigung Deutschlands nur unter der Bedingung erstreben sollen, daß ganz Deutschland in das westliche Militärsystem eingegliedert wird. Der Generalvertrag (Präambel und Art. 7 Abs. 2 und 3) verletzt daher auch mit dieser Bestimmung unser Grundgesetz. [] [] 5 Im Grundgesetz sind die Notstandsbefugnisse der Bundesregierung in Art. 91 abschließend geordnet. Nach dieser Bestimmungen stehen der Bundesregierung nur Polizeikräfte und auch diese nur in beschränktem Umfange im Notstandsfall zur Verfügung. [] Art. 12 des EVG-Vertrages räumt dem Bundeskanzler das Recht ein, in Notstandsfällen EVG-Truppen anzufordern. Art. 5 Generalvertrag räumt den Alliierten kraft deutschen Rechts die Befugnis ein, die unbeschränkte Regierungsgewalt in Deutschland zu übernehmen, wobei die Alliierten unter Ausschluß der schiedsgerichtlichen Kontrolle selbst bestimmen, wann ein Notstand vorliegt. Diese Notstandsbefugnisse der Verträge verletzen unsere Verfassung. [] [] 6 Bestandteil des Grundgesetzes, wie aller demokratischen Verfassungen, ist der Grundsatz der Gewaltenteilung. (Art. 20 Abs. 2) [] Durch den Generalvertrag (Satzung des Schiedsgerichts Art. 11) soll ein Schiedsgericht errichtet werden, das nicht nur Gesetze aufheben, sondern auch selbst Gesetze erlassen kann, also Befugnisse der Rechtsprechung und der Gesetzgebung in sich vereinigt. Der Generalvertrag verletzt damit ein Grundprinzip eines jeden demokratischen Verfassungsstaates. [] [] 7 Nach dem Grundgesetz kann ein Deutscher nur von einem deutschen Gericht rechtskräftig verurteilt werden. [] Durch den Generalvertrag (Art. 5-7 des sogenannten Überleitungsvertrages) soll die Bundesrepublik sämtliche Urteile der alliierten Militärgerichte als nach deutschem Recht in jeder Beziehung rechtsverbindlich und rechtskräftig anerkennen. Diese Bestimmung ist daher verfassungswidrig. [] [] 8 Nach dem Grundgesetz. (Art. 16 Abs. 2) darf kein Deutscher an das Ausland ausgeliefert werden. [] Im Generalvertrag - im sogenannten Truppenvertrag - wird den Alliierten das Recht eingeräumt, über die Auslieferung Deutscher, die alliierten Streitkräften angehören, zu entscheiden und sie ins Ausland zu verbringen. Diese Bestimmung verstößt daher ebenfalls gegen unser Grundgesetz. [] [] 9 Nach dem Grundgesetz (Art. 14 Abs. 3) darf eine Enteignung nur durch ein Gesetz erfolgen, das zugleich Umfang und Art der Entschädigung regelt. [] Im Generalvertrag (6. Teil des Überleitungsvertrages) soll die Bundesrepublik die Enteignungen der Alliierten bezüglich des deutschen Auslandsvermögens anerkennen und die betreffenden alliierten Gesetze als deutsches Recht übernehmen. Da Art und Umfang der Entschädigung nicht geregelt sind, verstößt auch diese Bestimmung gegen unsere Verfassung. [] [] 10 Im Generalvertrag wie im EVG-Vertrag sind zahlreiche weitere Vorschriften enthalten, die gegen unsere Verfassung verstoßen. So wird in mehreren Fällen der Rechtsweg, der durch Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz garantiert ist, ausgeschlossen. [] Eine Aufzählung aller Verfassungsverstöße würde einen umfangreichen Band füllen. [] [] Die SPD lehnt beide Verträge - EVG und Generalvertrag - ab, weil diese die Wiedervereinigung Deutschlands unmöglich machen und Deutschlands Minderstellung als einer besiegten Nation verewigen würden. Gegen die SPD aber gibt es keine Zweidrittelmehrheit im Bundestag, die das Grundgesetz ändern könnte. So wollen die Regierungsparteien das Grundgesetz beugen und die Verträge mit einfacher Mehrheit verabschieden. [] Die SPD hat Klage beim Bundesverfassungsgericht erhoben. In Verteidigung der Freiheit und Einheit des deutschen Volkes kämpft die SPD gegen Verfassungsbruch u. Wiederaufrüstung unter fremdem Kommando. [] Darum wählt die Partei der Freiheit, die SPD [] [] Herausgeber: Vorstand der SPD Bonn, 6. 1953 [] Druck: Vereinsdruckerei und Verlag GmbH., Koblenz
Published:06.09.1953