Bürgermeister Koch zieht seine Kandidatur zurück!

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Bürgermeister Koch zieht seine Kandidatur zurück! [] Aus Protest gegen die unanständige Kampfesweise des Vaterstädtischen Bundes [] Das Büro von Bürgermeister Koch teilt mit: [] Bürgermeister Christian Koch hat sich heute auf Grund der unsach...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Hamburg, Auerdruck GmbH, Hamburg
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 16.10.1949
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/1663F55B-B313-48E5-A8C5-EA35969DFC7F
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Bürgermeister Koch zieht seine Kandidatur zurück! [] Aus Protest gegen die unanständige Kampfesweise des Vaterstädtischen Bundes [] Das Büro von Bürgermeister Koch teilt mit: [] Bürgermeister Christian Koch hat sich heute auf Grund der unsachlichen Führung des Wahlkampfes durch den Vaterstädtischen Bund entschlossen, seine Kandidatur auf der Landesliste des Vaterstädtischen Bundes zurückzuziehen und sich damit öffentlich von der Sammlungsbewegung der CDU, FDP und DKP und ihren Bindungen zu lösen. [] Den äußeren Anlaß zu diesem schwerwiegenden Entschluß gibt das ohne Druckvermerk veröffentlichte Flugblatt des Vaterstädtischen Bundes "Der Staat ist keine Pfründe, Schluß mit der Parteibuchwirtschaft". [] Zur Begründung erklärt Bürgermeister Koch: [] Ich halte es für meine politische Verpflichtung, mich vom Vaterstädtischen Bund zu trennen, da sich diese Vereinigung von allen politischen Idealen entfernt hat, denen ich in einem langen Leben zu dienen und in vielenöffentlichen Ämtern gerecht zu werden versuchte. [] Schon als 18jähriger stieß ich zu Friedrich Naumann und suchte mir seine Grundsätze zu eigen zu machen, daß Politik um der Menschen willen aus sozialer Verantwortung, nicht aber um der Interessen wegen getrieben werden muß. Schon um die Jahrhundertwende kam ich in enge und freundschaftliche Verbindung mit Hamburgs nachmaligem Regierenden Bürgermeister Carl Petersen und mit dem in Hamburg auch heute noch unvergessenen Dr. Karl Braband. 1903 schlossen wir uns mit der Freisinnigen Vereinigung zusammen, deren Vorsitzender Carl Barth war. Das Jahr 1906 brachte uns ein neues Wahlrecht, für das sich Hamburgs fortschrittliche Bürger, ohne Scheu vor der gegen uns damals versuchten gesellschaftlichen Ächtung, einsetzten, denn wir waren leidenschaftliche Gegner eines volksfeindlichen Klassenwahlrechts, durch das der vierte Stand an der verantwortlichen Mitarbeit am Staat gehindert wurde. 1904 trat ich nach einem lebhaften Wahlkampf, den ich in Eimsbüttel führte, als Abgeordneter in die Hamburger Bürgerschaft ein, nachdem ich die Stichwahl gewonnen hatte. Der Verfassunggebenden Nationalversammlung von Weimar gehörte ich als Hamburger Abgeordneter an und betrachte noch beute die Ideen Carl Petersens, Bluncks, Helene Langes und Curt Platens als ein politisches Vermächtnis, das im gegenwärtigen Wahlkampf für die Hamburger Bürgerschaft völlig in Vergessenheit geraten ist. [] Die Fraktionen der Deutschen Demokratischen Partei in der Nationalversammlung, im späteren Reichstag und in der Hamburger Bürgerschaft .waren niemals Massenfraktionen. Um so unbeirrter verfolgten sie die Ziele sozialer Gerechtigkeit, politischer Freiheit und wirtschaftlichen Fortschritts. Um so stärker war ihr politischer Einfluß. Wir erhielten Nachwuchs und gewannen neue Hoffnung aus den Kreisen der Jugend, die Heinrich Landahl und später Erich Lüth in der Vereinigung der Hamburger Jungdemokraten sammelten und die von gleicher Entschiedenheit waren wie Naumann, Braband und Petersen. [] Nach dem furchtbaren zweiten Weltkrieg wurde ich Mitbegründer der Freien Demokratischen Partei in Hamburg und zeitweilig deren Vorsitzender. Ich habe mich mit großer Entschiedenheit gegen die Preisgabe einer klaren politischen Linie durch den Vaterstädtischen Bund zur Wehr gesetzt, leider ohne Erfolg. Ich hatte die Hoffnung, daß sich Hamburgs Freie Demokraten wieder auf einer eindeutigen politischen Linie finden und aus dem Vaterstädtischen Bund lösen würden, um selbständig ihren Weg zu gehen. Nun zwingen mich die unverantwortlichen Äußerungen in der Flugblattwerbung des Vaterstädtischen Bundes, Klarheit zu schaffen, ehe der Wahltag vorüber ist. Ich kann die Verantwortung für derartige Veröffentlichungen nicht tragen, denn ich weiß aus sachlicher Mitarbeit im Senat, hinter dessen Leistungsbericht "Drei Jahre Arbeit" ich mich mit meinem Namen stelle, daß der Staat Hamburg nicht als Pfründe mißbraucht und daß im Rathaus keine Parteibuchwirtschaft getrieben wird. Ich habe auch meinen Senatskollegen Bürgermeister Max Brauer in dreijähriger enger Zusammenarbeit kennengelernt und bezeuge, daß ich für seine klare, sachlich und aufrechte Politik ebenso für seine unanfechtbare Personalpolitik die größte Hochachtung gewonnen habe. Die Einstellung und Beförderung von Beamten erfolgt nach Vorschlägen durch eine Beamtenernennungskommission, der Vertreter verschiedener Parteirichtungen angehören. Die Integrität dieser Persönlichkeiten kann nicht in Zweifel gezogen werden. Wenn der [] Vaterstädtische Bund dennoch diese Diffamierung versucht, so bleibt für mich kein anderer Weg, als mein Verzicht auf die Kandidatur auf der Landesliste des VBH und meine öffentliche Lossagung von dieser Sammlungsbewegung, in der die politische Linie des fortschrittlichen Hamburger Bürgertums untergegangen ist. [] gez. Christian Koch. [] Herausgeber: SPD Hamburg. Druck: Auerdruck GmbH., Hamburg 1
Published:16.10.1949