Ein jeder von uns Deutschen kennt . den Mann, der sich Herr Schäffer nennt,

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Ein jeder von uns Deutschen kennt ,den Mann, der sich Herr Schäffer nennt, den man schon deshalb nicht vergißt, weil er Finanzminister ist. Ihr lest nun hier auf diesem Blatt, was er in Bonn geleistet hat. Das Bundeshaus war froh erregt, Herr...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), Vorstand, Müller, Heinz, Taunus-Druck GmbH, Frankfurt am Main
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 1954
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/B09C7544-E984-464F-A80B-13E5E101D077
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Ein jeder von uns Deutschen kennt ,den Mann, der sich Herr Schäffer nennt, den man schon deshalb nicht vergißt, weil er Finanzminister ist. Ihr lest nun hier auf diesem Blatt, was er in Bonn geleistet hat. Das Bundeshaus war froh erregt, Herr Schäffer hat ein Ei gelegt, womit er uns, das Volk, beschenkt und - wie er sagt - die Steuern senkt. Sehen wir das Wunder-Ei uns an und klopfen mal ein wenig dran. Puhh das riecht faul [] Aenderung der Einkommensteuer! Die bisher den Flüchtlingen, Kriegssachgeschädigten und po.atischen Verfolgten gewährten Steuerermäßigungen fallen in Zukunft fort. - Die bisher zugunsten des Wohnungsbaues gewährten Steuererleichterungen nach §§ 7c und 7d des Einkommensteuergesetzes f allen ebenfalls fort. Schaut tiefer nur ins Ei hinein, Ihr werdet starr vor Staunen sein. Herr Schäffer änderte die Steuertarife. Das sieht auf dem Papier so aus: Bonn, im März 1954 [] Die neue Steuerermäßigung beträgt bei einem Einkommen [] über 4000 DM im Jahr 12,81% [] über 5000 DM im Jahr 7,1% [] über 6000 DM im Jahr 6,4% [] über 8000 DM im Jahr 9,9% [] über 80000 DM im Jahr 17,9% [] über 100000 DM im Jahr 24,0% [] über 1000000 DM im Jahr 21,5% [] Und in der Praxis sieht das so aus: Ein Steuerzahler mit eine Monatseinkommen von 250,- DM hatte bisher im Jahre 89,- DM Steuern zu zahlen. Nach der "Steuerreform" des Herrn Schäffer wird seine Steuerlast auf 51,- DM gesenkt und er erspart im Monat 3,15 DM. Wenn dieser Steuerzahler (verheiratet mit Kind) ausgebombt ist, so erhielt er bisher eine Steuervergünstigung von 6,-DM monatlich. Das sind 72,-DM im Jahr. Zieht man die 72,- DM von 89,- DM ab, so blieben bisher 17,- DM, die der Steuerzahler zu zahlen hatte. Diese Steuervergünstigung soll aber nun fortfallen. Dadurch erhöht sich die Steuerlast dieses Steuerzahlers von bisher 17,- DM im Jahr auf 51,- DM. Er hat, nach der "Steuersenkung" des Herrn Schäffers, 34,- DM mehr Steuern zu zahlen als bisher. Die Handvoll Konzernherren mit dem Millioneneinkommen bekommen von Herrn Schäffer Hunderttausende Mark geschenkt. Bei einem Einkommen von 1000 001 DM im Jahr erhält der Millionär ein Steuergeschenk von 136 000 DM. Das ist so viel, wie 90 Arbeiter im ganzen Jahr zusammen verdienen. Wir sehen jetzt schon ganz klar: Bonn - das ist der Staat der Reichen. Die Werktätigen sind im Bonner Staat -nur gut genug zum Steuerzahlen und zum Soldat werden. In unserer Bundesrepublik sind Ehe und Familienglück Minister Würmelings Ressort und Stoff für manches fromme Wort. Indes Herr Schäffer unbewegt, das Eheglück in Stücke schlägt. Bisher wurden Eheleute, wenn beide Teile arbeiten, steuerlich getrennt veranlagt. Nach dem neuen Bonner Steuerentwurf sollen sie in Zukunft gemeinsam veranlagt werden. Wenn ein Arbeiter, der monatlich 350,- DM verdient und seine mitarbeitende Frau 250,- DM, dann müssen sie in Zukunft 50,- DM mehr Steuern zahlen als bisher. Finanzminister Schäffer erklärte im Bundestag: "Ohne ironisch zu werden, darf ich betonen, daß die neue Regelung auch dem Gedanken der Gleichberechtigung besser entspricht." Da lachen ja die Hühner! Der neue Steuertrick des Herrn Kriegskassenverwalters Schäffer hat mit Gleichberechtigung genau so wenig zu tun, wie Herr Adenauer mit der deutschen Wiedervereinigung. An die Adresse der Bonner Regierung: Gleichberechtigung heißt: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit bei Mann und Frau. Keine Bestrafung von Eheleuten durch Ehesteuer. Noch mehr hat Schäffer ausgeheckt und in dem Wunder-Ei versteckt. Das sogenannte "Notopfer Berlin" soll weiter bestehen bleiben. Dank dieser großzügigen Bonner Spende konnte der Kriegsgewinnler-Konzern Siemens in Westberlin, nach Mitteilung der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 15. März 1954, seine Dividende von 6 Prozent auf 8 Prozent erhöhen. Der Gewinn erhöhte sich von 13,9 Millionen DM im Geschäftsjahr 1951/52 auf 19,4 Millionen DM im Geschäftsjahr 1952/53. Dagegen ist von einer Erhöhung der Arbeitslosenunterstützung für die Westberliner Arbeitslosen noch nichts bekannt geworden! Stattdessen soll der Brotpreis in Westberlin erhöht werden. Kommt Ihr nun endlich auf den Grund, macht Ihr am Schluß noch einen Fund. Und was für einen! Erhöhung der Umsatzsteuer beim Großhandel um 500/e. Die Umsatzsteuer spielt in Bonn eine ganz besondere Rolle. Sie wird nicht direkt vom Lohn oder Gehalt abgezogen, sondern sie muß bei jedem Einkauf bezahlt werden. Wenn der Erzeuger seine Ware dem Großhändler verkauft, dann wird Umsatzsteuer draufgeschlagen und so verteuert sich die Ware von mal zu mal. Diese Umasatzsteuer ist typisch für das Bonner Regime. Durch sie wird beim Kauf einer Schachtel Streichhölzer der arme Rentner genau so belastet, wie der Millionär. Für den Rentner mit seinem geringen Einkommen bedeutet das einen schweren Schlag. Der Reiche zahlt es aber aus der Westentasche. Umsatzsteuererhöhung bedeutet in jedem Fall weitere Preissteigerung auf allen Gebieten. Kriegskassenverwalter Schäffer und sein Chef Adenauer schmunzeln: Sie haben wieder einen ganz großen Fischzug zur Finanzierung der Wiederaufrüstung gemacht. Denn darum geht es überhaupt nur. Sie wollen aufrüsten und dann zum Ural stürmen. Staatssekretär Hallstein hat das ja schon 1952 gesagt. Bis jetzt kostet uns diese Politik jährlich 9,6 Millionen DM allein an Besatzungskosten. Und wenn erst der EVG-Vertrag in Kraft tritt und die westdeutsche Remilitarisierung auf volle Touren kommt, dann sollen wir, nach einer Erklärung des früheren französischen Außenministers Schuman, vom 17. Februar 1954 sogar 14 Milliarden bezahlen! Adenauer behauptet Immer wieder, die Wahlen vom 6. September seien ein Volksentscheid gewesen. Millionen Wähler hätten durch ihre Stimmabgabe für die CDU, FDP, DP und den BHE der Bonner Regierung einen Freibrief für ihren Raubzug auf die Löhne und Gehälter, für ihre Politik der Wiederaufrüstung und Kriegsvorbereitung gegeben. Haben die Wähler denn das gewollt, was die Führer dieser Parteien jetzt in Bonn mit ihnen vorhaben? Man muß sich merken, wie diese Parteien den Wählerwillen verfälschen. Man muß die Konsequenzen ziehen und darf nicht noch einmal ihren Sirenengesängen Gehör schenken. Man muß sich auch das Verhalten der SPD-Führer merken, die zu allen diesen Lebensfragen unseres Volkes im Bundestag "Qpposition" spielen und dann in Geheimverhandlungen mit Adenauer die Wogen wieder glätten. Brauchen wir die Remilitarisierung Westdeutschlands, die alten Hitler-Generale und SS-Kommandeure? Haben wir ein Interesse am Marsch bis zum Ural? Natürlich nicht, denn das alles bringt uns nur Unglück, Teuerung, soziale Unsicherheit, Beseitigung unserer Rechte und Freiheiten und schließlich Krieg und Vernichtung. Was wir brauchen, ist der Abzug aller Besatzungstruppen, die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands und den Abschluß eines Friedensvertrages. Damit sparen wir unser Geld, erhalten unsere Arbeitsplätze, Handel und Wandel werden belebt, der Friede bleibt erhalten und unsere Zukunft ist gesichert. Deshalb entspricht es auch unseren ureigensten Interessen, wenn Molotow auf der Berliner Außenministerkonferenz vorschlug: Annullierung des Generalvertrages und des EVG-Vertrages, Abschluß eines Friedensvertrages mit Deutschland, Bildung einer provisorischen gesamtdeutschen Regierung zur Durchführung von freien Wahlen in ganz Deutschland, Sicherung der vollen Unabhängigkeit und Selbstbestimmung für - ein einheitliches, demokratisches und friedliebendes Deutschland. Wir Kommunisten lehnen Schäffers neue Steuerreform ab, weil sie der Finanzierung der Kriegsvorbereitung dient und den Armen noch mehr nimmt, während die Reichen Millionen Mark geschenkt bekommen. Die Kommanisten schlagen eine wirkliche Steuerreform vor: 1. Fortfall des Notopfers Berlin. Das bedeutet für uns: Durch das "Notopfer Berlin" werden uns in diesern Jahr 965 Millionen Mark aus den Taschen gezogen. Sein Fortfall würde sich auf jeder Lohntüte, auf jeder Gehältsabrechnung, bei jedem Brief und auf jecler Postkarte bemerkbar machen. 2. Senkung , der Umsatzsteuer auf 2 Prozent. Das bedeutet für uns: Die Umsatzsteuer soll der Bonner Kriegskasse in diesem Jahr 9,2 Milliarden DM einbringen. Eine Senkung von 50 Prozent, wie wir Kommunisten sie fordern,.würde uns 46 Milliarden DM zur Verfügung stellen, wodurch vor allem die Lage der Masse der arbeitenden Menschen und der Rentner erleichtert wird. 3. Senkung aller übrigen indirekten Steuern, wie Tabaksteuer, Kaffeesteuer, Zuckersteuer, Salzsteuer, Mineralölsteuer um 50 Prozent. Dies würde folgende Erleichterung für die westdeutsche Bevölkerunq bedeuten: Bei Tabaksteuer könnten wir 1,2 Milliarde DM sparen, bei der Kaffeesteuer 150 Millionen, bei der Zuckersteuer 190 Millionen, bei der Branntweinsteuer 285 Millionen, bei der Mineralsteuer 285 Millionen, bei der Mineralölsteuer 465 Millionen, bei der Salzsteuer 22 Millionen, bei Zündwesensteuer 32 Millionen. Jede Familie hätte nach Verwirklichung des Steuerprogramms der KPD 50 DM mehr im Monat zur Verfügung. 4. Senkung der Lohnsteuer um durchschnittlich 20 Prozent bei Erhöhung des steuerfreien Betrages aüf 300,- DM monatlich und bei besonderei Berücksichtigung des Familienstandes. Ermäßigung der Einkommensteuer für Einkommenstufen bis zu 20 000 DM jährlich um 50 Prozent. Jeder weiß, wie sich eine solche Senkung der direkten Steuern in der Lohntüte bemerkbar machen würde. Auch für die Bauern, Handwerker und Geschäftsleute bedeutet das eine große Entlastung. 5. Uneingesehränkte Bereitstellung der Einkommen- und Körperschaftssteuer an die Länder zur Erfüllung ihrer sozialen und kulturellen Aufgaben. Befreiung der Betriebe der öffentlichen,Hand von der Körperschaftssteuer. Garantie eines Mindestanteils von 30 Prozent der Einkommen- und Körperschaftssteuer für die Gemeinden. Das ist vor allen Dingen wichtig, damit die Länder und Gemeinden wieder ihre Aufgaben erfüllen können, damit Schulen, Krankenhäuser, Straßen und Wohnungen in ausreichender Zahl gebaut werden können. Trotz des Steuerausfalls wäre die Regierung in der Lage, ihre sozialen und kulturellen Verpflichtungen nicht nur einzuhalten, sondem sie sogar auch noch zu verbessern, wenn sofort die Vorschläge Molotows verwirklicht werden: Senkung der Besatzungskosten auf 5 Prozent der Staatseinnahmen, Streichung aller Reparationen und staatlichen Nachkriegsschulden. Es ist offensichtlich, daß die Verwirklichung dieser Vorschläge eine bedeutende Verbesserung unserer Lage bringt. Sie tritt um so eher ein, je entschlossener wir gegen die Remilitarisierung, gegen die Verwirklichung des EVG- uncl Generalvertrages für eine gesamtcleutsche Verständigung und den Abschluß eines Friedensvertrages eintreten. Erst dann gibt es wlrklich freie Wahlen [] Und nun ans Werk in Stadt und Land, schlagt Schäffer kräftig auf die Hand und haltet nicht mehr länger still, wenn er uns frech bestehlen will. Wenn Ost und West zusammenstehn, muß er mit Adenauer geh'n, erst dann beginnt für uns die Zeit des Friedens und der Einigkeit. Herausgeber: PV der KPD Verantw.: Heinz Müller Hilden. Druck: Taunus-Druck GmbH., Frankfurt um Main
Published:1954