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Anton Becker SPD [] geb. 1897 zu Bredenborn (Kr. Höxter), Tischlermeister, Stadtverordneter und Amtsvertreter von Steinheim, Mitglied des Kreistages und Kreisausschusses. [] Seine Meinung: Die Forderung unserer Zeit ist die Entwicklung einer wahrhaften religiösen Persönlichkeit. Christentum und Sozialismus sind allein in der Lage, Europas Kultur zu retten. Alle Christen der Tat wählen daher den Sozialisten [] Anton Becker [] An alle Wählerinnen u. Wähler! [] Ich setze voraus, daß ich Ihnen bereits auf Grund meiner kommunalpolitischen Tätigkeit bekannt bin. Sollte das aber nicht der Fall sein, so gestatten Sie mir, mich Ihnen vorzustellen. Ich heiße Anton Becker, wohnhaft in Steinheim, geboren am 6. Dezember 1897, bin Tischlermeister von Beruf, katholischer Konfession. [] Nach dem ersten Weltkrieg kam ich im Jahre 1919 zur SPD und habe im Jahre 1919 zur Nationalversammlung zum erstenmal meine Stimme für die SPD abgegeben. Von 1925 bis 1929 war ich Vorsitzender des Deutschen Holzarbeiterverbandes, Zahlstelle Steinheim. In jener Zeit war ich auch als Arbeitervertreter im Steinheimer Stadtparlament längere Zeit vertreten. Bei den letzten Kommunalwahlen im Oktober 1948 wurde ich wiederum als Stadtverordneter in Steinheim gewählt. Bei denselben Wahlen wurde ich dann auch in den Kreistag Höxter gewählt, und gehöre ich auch gleichzeitig dem Kreisausschuß an. [] Von dem Vertrauen meiner Partei getragen, bewerbe ich mich auch als Kandidat um das Vertrauen der gesamten Bevölkerung des Kreises Höxter-Warburg-Büren. Meine Aufgabe als Abgeordneter sehe ich darin, für ein freies und selbständiges Deutschland einzutreten. Die deutsche Zerrissenheit ist nicht nur das Ergebnis der Siegerpolitik, sondern auch viele Deutsche an maßgebender Stelle haben diese Entwicklung leider noch begünstigt. Allein in Deutschland stehen sich elf Länder in Konkurrenz gegenüber, so daß ein Lastenausgleich, der alle gleichmäßig erfaßt, schon dadurch unmöglich ist. [] Meine Meinung: Die Ueberwindung der deutschen Not kann keine Länder- sondern eine allgemeine deutsche Angelegenheit sein, die nur durch eine starke Bundesregierung einer endgültigen Regelung zugeführt werden kann. [] Die Reste der bisherigen Zwangswirtschaft müssen so schnell wie möglich verschwinden. Zwangswirtschaft ist Notwirtschaft, geboren aus den Verhältnissen des Krieges. Eine Planung aber innerhalb der Wirtschaft ist notwendig. Wir wollen im großen planen damit wir im kleinen bei der Verteilung vollkommen freie Hand haben. Eine vollkommen freie Wirtschaft gibt es auch in den Siegerländern nicht. Die freie Wirtschaft bringt immer Wirtschaftskrisen mit sich, die ihren Ausdruck finden in der Arbeitslosigkeit. In Westdeutschland werden 1,3 Millionen Erwerbslose gezählt. Die Zahl ist alarmierend hoch. Und ich möchte Ihre Gedanken auf das Jahr 1932 zurücklenken, wo auch eine große Arbeitslosigkeit vorhanden war, die sehr beträchtlich dazu beitrug, den Menschen für den Radikalismus reif zu machen. [] Wir haben in Deutschland ein unbeschreibliches Wohnungselend. Trotzdem sind 200000 Bauarbeiter arbeitslos. [] Ein Ergebnis der freien Wirtschaftspolitik des Prof. Erhard, der ja bekanntlich der CDU nahe steht. [] Volle Beschäftigung in Industrie, Handel und Gewerbe muß durch eine planvolle Wirtschaftspolitik erreicht werden. [] Die notwendige Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus kann auch durch eine noch sparsamere Verwaltung wesentlich gefördert werden, als wie das zur Zeit der Fall ist. [] Die Vertriebenen sind nicht die einzigen Verlierer des Krieges. Im Bundesparlament werde ich mich dafür einsetzen, daß auch ihnen Gerechtigkeit wird durch Verlagerung der Lasten, damit auch sie eine gleiche Höhe ihrer Lebenshaltung wie die einheimische Bevölkerung erhalten. [] Freiheit und Toleranz in Religion und Kultur waren immer sozialdemokratische Forderungen. Als christlicher Sozialist trete ich dafür ein, daß niemand wegen seiner religiösen Einstellung benachteiligt werden darf. Europas Kultur wird vernichtet, wenn man die Grundlagen des Christentums angreift. Nicht Christentum und Sozialismus sind gegensätzliche Anschauungen, sondern Habsucht und Ichsucht, Unterdrückung des Menschen durch den Menschen sind unvereinbar mit Geist und Inhalt christlicher Weltanschauung. Für das Recht der Eltern, ihre Kinder nach ihrem religiösen Glaubensbekenntnis erziehen zu lassen, trete ich ein, so wie es im Bonner Grundgesetz ausgesprochen worden ist. Da in der christlichen Gemeinschaftsschule der Religionsunterricht getrennt nach Konfessionen erteilt werden soll, sehe ich auch in dieser Schulart die einzige Möglichkeit, daß die konfessionelle Zerrissenheit Deutschlands überwunden wird, und aus der Bekämpfung der einzelnen Volksteile aus religiöser Einstellung heraus nunmehr der Weg freigemacht wird zum gegenseitigen Verstehen und Achten. Für Frieden und Völkerverständigung mich einzusetzen, ist für mich als Christ und Sozialist selbstverständlich. Ein neuer Krieg wird alles vernichten. Die politischen Spannungen in Europa sind auch mir bewußt. Trotzdem glaube ich, daß es möglich sein wird, mit ein bißchen Vernunft etwas Glück für unser Volk und damit auch für die Menschheit zu erreichen. [] Da ich annehme, daß sie den großen Linien der von mir aufgezeigten Politik beistimmen, darf ich Sie wohl um Ihr Vertrauen bitten, mir am Wahltage Ihre Stimme zu geben. [] Mit vorzüglicher Hochachtung! [] Anton Becker [] Postwurfsendung [] An alle Haushaltungen [] Zeitungsverlag für Westfalen GmbH., Bielefeld, Nr. NRW/ 12/ 7D3/ 230/ 1809 - 50000 - 8.49/ Kl. C
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