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SPD stellt vor: ihren Kandidaten zur Landtagswahl im Wahlkreis 45 Kurt Prätsch Sierksrade, Kreis Lauenburg [] Verehrte Mitbürger, Wählerinnen und Wähler, liebe Jugend! Ehe Sie am 9. Juli zur Landtagswahl gehen, werden Sie sich sicher die Frage vorlegen, wer die Kandidaten sind, die um Ihre Stimme werben. Zwar bin ich einem großen Teil meiner Wähler bekannt. Ich kenne viele, von Ihnen persönlich und Sie kennen mich, aber all denen, die kennenzulernen ich bisher keine Gelegenheit hatte, möchte ich auf diesem Wege-sagen, mit wem sie es zu tun haben. Ich bin 30 Jahre alt, gehöre also zu der Generation, die in der Zeit zwischen den beiden verhängnisvollen Kriegen aufgewachsen ist, ihre besten Lebensjahre dem 2. Weltkriege opferte und 1945 erschüttert den grausamen Zusammenbruch Deutschlands erlebte. Übrigens habe ich die unheilvollen Folgen des Krieges schon in meinen Kinderjahren verspürt. Mein Vater war Schwerkriegsbeschädigter aus dem ersten Weltkrieg und starb nach jahrelangem Sichtum 1932. In dieser Zeit bereits lernte ich die sozialen Nöte der Menschen kennen, die auf der Schattenseite des Daseins leben. Ich bin Schlesier und besuchte in Liegnitz die Volksschule und danach die Aufhauschule. Ich erernte den Beruf eines Vermessungstechnikers. Als ich am Ende einer langen Ausbildungszeit gerade angefangen hatte, selbst Geld zu verdienen, brach der Krieg aus. Vom Polenfeldzug angefangen machte ich ihn bis zum bitteren Ende als Soldat mit. Drei Jahre davon in Rußland. Die Verhältnisse nach dem Zusammenbruch kennen Sie. Gefangenschaft, die Heimat verloren, als einzigen Beisitz eine zerschlissene Uniform und - -den Willen, dennoch wieder aufzubauen. Ich studierte in Braunschweig Geodäsie, zog dann zu meiner Frau nach Sierksrade, wo diese als Flüchtling aus Stettin ein Unterkommen gefunden hatte. Meinen Lebensunterhalt verdiente ich mir teils als Hilfsarbeiter; teils durch Mitarbeit an verschiedenen Zeitungen. 1948 von den Flüchtlingen des Ortes zu ihrem Beauftragten gewählt, hatte ich reichlich Gelegenheit, die unbeschreibliche Not der Vertriebenen kennenzulernen. Zur Sozialdemokratischen Partei hatte ich 1946 gefunden. Der Eintritt in sie war eigentlich nichts anderes als, die logische Schlußfolgerung aus den Erfahrungen meines bisherige Lebens: Es ist viel Ungerechtigkeit in der Welt. Wir müssen alle mithelfen, um ein besseres Leben für jeden Menschen zu schaffen. Der einzige Weg dazu ist der Sozialismus in einer freien Demokratie. Bei den Kommunalwahlen im Herbst 1948 kandidierte ich, deshalb für die SPD. Ich wurde dann zum Bürgermeister der Gemeinde, gewählt. Ich habe mich dabei stets von dem Grundsatz leiten lassen, daß Parlamente, Dienststellen und Behörden får,die Einwohner da sind und nicht etwa umgekehrt. Besonders der wirtschaftlich Schwache bedarf in jedem Falle -der besonderen Unterstützung. Angesichts der großen Not konnte nicht allen gehoffen werden. Die Not an der Wurzel fassen kann nur eine gründliche soziale Neuordnung, wie sie von der SPD seit jeher angestrebt wird. Nur so wird es möglich sein, über die nackte Lebensexistenz hinaus jedem Menschen ein glückliches Leben zu sichern, auf das er einen unveräußerlichen Anspruch hat. Viele von Ihnen werden sicher mit dem Einwand kommen, was denn in Schleswig-Holstein schon getan worden sei. Nun, ich bitte Sie, sich einmal die Zeit von vor 3 Jahren in das Gedächtnis zurückzurufen. Vergleichen Sie den Zustand von damals mit dem von heute und Sie werden zugeben, daß inzwischen viel Arbeit geleistet worden ist. Freilich, viel zu wenig noch ist getan in Anbetracht der riesigen Not. Bedenken Sie aber, daß sich in dem kleinen Land Schleswig-Holstein fast über Nacht die Bevölkerungszahl verdoppelte und die Probleme kaum lösbar erschienen, so erscheint das Geleistete dafür in einem ganz anderen Licht. Wunder konnten nicht vollbracht werden und werden von den, denen die Kritik leicht fällt, nachdem das Schwerste geschaffen ist, auch nicht zu erwarten sein. Um aber nur ein kleines Beispiel zu geben: In Schleswig=Hollstein wurden seit der Währungsreform 30 000 Wohnungen gebaut, 1000 Industriebetriebe und 300 000 Arbeitsplätze geschaffen. Prüfen Sie deshalb bitte leidenschaftslos, welche Partei stets die Interessen der Nichtbesitzenden vertreten hat und auch heute wieder vertritt. Sie werden dann erkennen, daß es in Ihrem Interesse liegt, dieser Partei den Einfluß zu verschaffen, den sie braucht, um ihre Ziele erreichen zu können. Wir wissen, wie groß die Not unserer Altrentner, Heimatvertriebenen, Kriegsbeschädigten und =hinterbliebenen sowie der Arbeitslosen ist. Unzulänglich sind die Mittel, die diesem Land zur Verfügung stehen. Ich gebe allen meinen Wählern die Versicherung ab, daß es mein ganzes Bestreben sein wird, mich gerade für diese Kreise einzusetzen, denn ihnen muß weiterhin geholfen werden. Besonders aber möchte ich mich an die Frauen und Mütter dieses Wahlkreises wenden. Wer sich für die SPD entscheidet, entscheidet sich für Frieden und bekundet damit, daß er die Bombennächte die Austreibungen, die Kriegsgefangenen und die zahllosen Opfer des Krieges nicht vergessen hat. In Euren Händen, Ihr Frauen und Mütter liegt das zukünftige Schicksal Eurer Kinder, Männer und Söhne. Sorgt dafür, daß das Kreuz auf dem Wahlzettel nicht wieder wie 1933 das Grabkreuz für Millionen wird. Lasse sich niemand beirren durch die Propaganda der Rechtsparteien, die schon einmal durch leichtfertige Versprechungen den Weg zum Krieg vorbereitet haben. Ich wende mich mit diesem Appell an alle Schaffenden, ob Arbeiter, Angestellte oder Gewerbetreibende, geistig und produktiv tätige Menschen. Sie müssen zu einer Front zusammenstehen, um zu verhindern, daß die Lasten des Krieges nicht einseitig auf ihre Schultern gewälzt werden. Haben Sie Vertrauen, wählen Sie mich als ihren Kandidaten der SPD. Kurt Prätsch [] Aufbewahren und zur Wahl als Minister mitnehmen! Dorthin gehört Dein Kreuz! Muster-Stimmzettel für die Wahl zum Landtag am 9. Juli 1950 [] Nicht mehr als einen Bewerber ankreuzen! Ankreuzen von mehreren Bewerbern macht den Stimmzettel ungültig! Der Stimmzeuel ist in dieser Spalte anzukreuzen [] Prätsch, Kurt [] Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) [] Wullenwever-Druckverlag, Lübeck 145 627 10000 Juni 50
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