An die Mitglieder!

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals An die Malieder! [] Kolleginnen! Kollegen! [] Die Aussperrung der organisierten Tabakarbeiter in Westfalen und den lippischen Orten ist perfekt geworden. 8000 organisierte Kolleginnen und Kollegen stehen nunmehr im heißen Kampf mit den Fabrika...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Vorstand und Ausschuss des deutschen Tabakarteiterverbandes, Vorstand und Ausschuss des Verbandes der Zigarrensortierer und Kistrenbekleber Deutschlands, Hamburger Buchdruckerei und Verlagsanstalt Auer & Co, Hamburg / C. Arnold, Hamburg
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 28.10.1899
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/F90EF1EE-0FC2-4B87-8508-98E5BA3B6048
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals An die Malieder! [] Kolleginnen! Kollegen! [] Die Aussperrung der organisierten Tabakarbeiter in Westfalen und den lippischen Orten ist perfekt geworden. 8000 organisierte Kolleginnen und Kollegen stehen nunmehr im heißen Kampf mit den Fabrikanten. Der Kampf wird voraussichtlich noch größeren Umfang annehmen, da die Kollegenschaft bei den beteiligten Firmen in Hamburg, Bremen, Verden, Langwedel, Burgdamm, Achim und Scharmbeck bereits Stellung zur Aussperrung nimmt. Weitere Tausende werden vielleicht schon in den nächsten Tagen in den Kampf hineingezogen. [] Die Ursachen des Kampfes sind Euch bereits bekannt; die Fabrikanten richten ihre Maßnahmen nunmehr gegen unsere Organisationen, wie sie in ihrem Organ erklärt haben. Sollten wir zugeben, daß die bei einigen Firmen gestellten Forderungen zurückgezogen wurden und die Arbeit bedingungslos wieder aufgenommen werde? Wohlan, Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gekämpft, daß es vorwärts gehe, wir wollen in diesem Sinne weiter kämpfen! Es ist ein Riesenkampf, wie ihn die Tabakarbeiter noch nicht erlebt haben; er soll und muß im Interesse der ganzen deutschen Tabakarbeiterschaft durchgefochten werden. Die Vorstände und Ausschüsse unserer Organisationen haben über die Situation beraten und mußten sich sagen, daß der gewaltige Kampf, dessen Ende zunächst nicht abzusehen ist, auch gewaltige Kosten verursacht. Sind auch die Mittel unserer Verbände zum Glück nicht klein, so würden wir kurzsichtig handeln, wenn wir nicht für alle Fälle rüsteten und für längere Zeit für Munition sorgten. Unsere Mitglieder werden das ohne Ausnahme verstehen und haben schon zum Teil nach dieser Richtung hin gedrängt. Wir müssen zeigen, daß selbst dieser große Kampf unsere Kassen für künftige Zeiten nicht schwächen kann. Aus diesen Erwägungen heraus haben die unterzeichneten Vorstände und Ausschüsse für ihre beiden Verbände beschlossen: Alle männlichen Mitglieder haben 13 Extrabeiträge von wöchentlich mindestens 50 Pfennig, alle weiblichen Mitglieder und Lehrlinge von wöchentlich mindestens 25 Pfennig zu zahlen. Es sei ausdrücklich bemerkt, daß es sich um einen Mindestbeitrag handelt; wer in der Lage ist und das Pflichtbewußtsein größere Leistungen in sich trägt, wird gewiß einen noch höheren Extrabeitrag leisten wollen. [] Der erste Extrabeitrag ist am Sonnabend, 28. Oktober, fällig. Arbeitslosen, kranken, streikenden und ausgesperrten Mitgliedern wird der Extrabeitrag gestundet. Wer in beiden Verbänden Mitglied ist, braucht den Extrabeitrag nur an einen Verband zu zahlen; die Wahl des Verbandes bleibt den Kollegen überlassen. Die Bevollmächtigten haben für die pünktliche Zahlung Sorge zu tragen. Es werden sofort entsprechende Marken versandt werden. Die Marken für Extrabeiträge sind auf die innere Rückseite des Umschlages vom Mitgliedsbuch zu kleben. [] Ferner haben unterzeichnete Vorstände und Ausschüsse beschlossen, daß alle angestellten Mitglieder des Deutschen Tabakarbeiterverbandes und des Verbandes der Zigarrensortierer und Kistenbekleber Deutschlands, auch wenn sie außerhalb der genannten Verbände angestellt sind, wöchentlich, und zwar dreizehn Wochen lang, beginnend am 28. Oktober, folgende Extrabeiträge zu leisten haben: Bei einem Gehalt bis jährlich 1500 Mark 2 Mark, bei einem Gehalt von 1500 bis 2000 Mark 3 Mark, bei 2000 bis 2500 Mark 4 Mark und bei 2500 Mark und darüber 5 Mark. [] Kolleginnen! Kollegen! Wir sind uns bewußt, was wir beschlossen haben, sind aber auch festüberzeugt, daß der große Moment keine kleinliche Kollgenschaft finden wird. Es könnte den Fabrikanten so passen, unsere Kassen zu leeren und uns auf Jahre hinaus lahmzulegen. Nein! So wie in Westfalen bedürfen auch die Tabakarbeiter überall dringend einer Verbesserung ihrer Lohn- und Arbeitsverhältnisse. Dieses und das Bewußtsein, in dem gegenwärtigen für heute und die Zukunft grund-fätzlichen Kampf nicht zu unterliegen, soll uns leiten, soll uns die Opfer tragen helfen. Vorwärts! Vorwärts! Es kann für die gedrückten Tabakarbeiter niemals ein Zurück mehr geben! Unablässig sind die Organisationen bestrebt gewesen, die Lage der Tabakarbeiterschaft zu verbessern, trotz Tabaksteuer und aller Widerwärtigkeiten. Der jetzige Kampf muß zur belebenden Parole für die gesamte Tabakarbeiterschaft werden! [] Kolleginnen! Kollegen! Auf den Posten überall! Drauf und dran! Zeigt, daß Ihr den großen Moment begriffen, daß die Bewegung der deutschen Tabakarbeiter aus den Kinderschuhen heraus ist! Es gilt Eure Existenz! Biegen oder brechen! Es liegt an Euch! [] Es lebe der Kampf! Es lebe die Solidarität! [] Vorstand und Ausschuß des Deutschen Tabakarbeiterverbandes. [] Vorstand und Ausschuß des Verbandes der Zigarrensortierer und Kistenbekleber Deutschlands. [] Verlag: C. Arnhold, Hamburg. - Druck: Hamburger Buchdruckerei und Verlagsanstalt Auer K Co. in Hamburg.
Published:28.10.1899