Hamburg Dokumentation [Serie] . Für eine verantwortliche Ausländerpolitik

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; HAMBURG DOKUMENTATION [] Für eine verantwortliche Ausländerpolitik [] Info [] Vielen Deutschen machen die zahlreichen Ausländer in unserer Stadt Sorgen. Zunehmende Ausländerfeindlichkeit ist unverkennbar. Gefährliche Spannungen können entsteh...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Landesorganisation Hamburg, Eigendruck Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Landesorganisation Hamburg
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 05.1982
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/1C1A9209-5765-4ED8-85B0-6CE302B3701E
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; HAMBURG DOKUMENTATION [] Für eine verantwortliche Ausländerpolitik [] Info [] Vielen Deutschen machen die zahlreichen Ausländer in unserer Stadt Sorgen. Zunehmende Ausländerfeindlichkeit ist unverkennbar. Gefährliche Spannungen können entstehen. Wer mit diesen Problemen in seinem eigenen Interesse und im Interesse unserer Stadt erfolgreich umgehen will, der muß sich zunächst informieren. [] Der Anteil von ausländischen Mitbürgern hat zugenommen. [] In allen Großstädten der Weit gibt es heute viele Ausländer. In der Bundesrepublik allerdings weniger als z.B. in Frankreich, England oder in den Niederlanden. Und in Hamburg gibt es wesentlich weniger Ausländer als in anderen deutschen Großstädten. So betrug 1981 die Anzahl der ausländischen Bevölkerung pro tausend Einwohner in Hamburg 92, in Frankfurt 232, in Offenbach 213 und in Düsseldorf 148. [] In einigen Ortsteilen - insbesondere in den Bezirken Mitte, Altona und Harburg - liegt der Anteil der dort lebenden ausländischen Arbeitnehmer und ihrer Familien höher als in den anderen Ortsteilen. Die sehr ungleichmäßige Verteilung der Ausländer auf einige Stadtteile ist weder Ergebnis eines natürlichen Prozesses noch von den Ausländern in dieser Form wirklich angestrebt. Sie ist vielmehr dadurch entstanden, daß Ausländer vor Jahren dort leichter billig Wohnungen gefunden haben. [] Ausländer haben oft andere Gewohnheiten als ihre deutschen Nachbarn. Sie haben oft auch einen anderen religiösen Glauben. Nachbarschaft kann daher Probleme aufwerfen. Auch in Hamburg sind die Ausländer für manche Bürger eine Sorge. Besonders in den Stadtteilen, in denen die Ausländeranteile verhältnismäßig hoch sind. [] Anzahl der ausländischen Bevölkerung pro tausend Einwohner (1981) in deutschen Großstädten [] Frankfurt 232 Offenbach 213 Stuttgart 183 München 173 Köln 152 Remscheid 152 Mannheim 151 Düsseldorf 148 Ludwigsburg 138 Ludwigshafen 136 Berlin 120 Hannover 103 Hamburg 92 Kiel 61 SPD [] Seit 1973: Anwerbestopp von ausländischen Gastarbeitern [] Ursache der Zuwanderung von Ausländern war ursprünglich die Anwerbung von Gastarbeitern, weil es auf dem deutschen Arbeitsmarkt entweder keine Arbeitskräfte gab oder keine Arbeitskräfte, die Tätigkeiten übernehmen wollten, wie sie die Ausländer zu tun bereit waren. Durch die ganzen 60er Jahre ließ die CDU/CSU-geführte Bundesregierung beliebig Ausländer für die Bundesrepublik anwerben. Als die SPD-geführte Bundesregierung dann 1973 die Anwerbung von ausländischen Gastarbeitern stoppte, stellte sich die Frage nach dem Nachzug der Familienangehörigen. Durch den Nachzug der Familien hat sich die Zahl der Ausländer in der Bundesrepublik seit 1973 noch einmal erheblich vermehrt. [] Dies hat die Bundesregierung inzwischen bewogen, auch den Familiennachzug entsprechend zu begrenzen. Dadurch ist der Familiennachzug im vergangenen Jahr um die Hälfte gegenüber den Vorjahren zurückgegangen. [] Politisches Asylrecht: JA - Mißbrauch des Grundrechts auf Asyl: NEIN [] Neben den Gastarbeitern sind auch Asylsuchende in die Bundesrepublik gekommen. Die Bundesrepublik hat 1949 eine Verfassung geschaffen, die es politisch Verfolgten in der Welt erlaubt, Asyl in Deutschland zu finden. Der Grund für dieses Verfassungsrecht ist darin zu suchen, daß die Väter des Grundgesetzes sich 1949. noch sehr deutlich daran erinnerten, daß nur ein Jahrzehnt früher hunderttausende von Bürgern Deutschlands als politisch Verfolgte Asyl in der Welt suchen mußten. Zu ihnen gehörten z.B. Hamburgs Bürgermeister Max Brauer und Herbert Weichmann. Auch sie waren Asylanten. [] Allerdings wird in der Zwischenzeit in erheblichem Maß versucht, das Grundrecht des politischen Asyls zu mißbrauchen. [] Beispielsweise geben Wirtschaftsflüchtlinge politische Verfolgung vor, um in der Bundesrepublik unter günstigeren Bedingungen als in ihrer Heimat leben zu können. Diese Entwicklung mußte und muß gebremst werden. So ist es in Hamburg - zum ersten Male in der Bundesrepublik - gelungen, die Dauer der Asylverfahren von 2 Jahren auf weniger als 3 Monate abzukürzen. [] Eine weitere Verkürzung ist unerläßlich, um den Mißbrauchsversuchen völlig Einhalt zu gebieten. [] Für eine besonnene Ausländerpolitik [] Auch die konsequente Politik des Senats kann das Problem, daß das Zusammenleben mit Ausländern in der Stadt für die Nachbarn bedeuten kann, nicht vollständig lösen. Wir müssen davon ausgehen, daß in Hamburg wie in anderen Großstädten auch in Zukunft zahlreiche Ausländer leben werden. Deswegen ist die Hauptfrage: Wie können wir erreichen, daß man mit Ausländern in einer guten Nachbarschaft lebt ? [] Die Deutschen in diesen Stadtteilen können sich auf den Senat verlassen; aber sie müssen selber zur guten Nachbarschaft beitragen. Dieselbe Aufforderung richten wir an die Ausländer selbst. Auch sie müssen sich um Lebens- und Umgangsformen bemühen, die eine gute Nachbarschaft ermöglichen. [] Grundsätze der Politik Hamburger Sozialdemokraten gegenüber ausländischen Mitbürgern: [] 1. Strikte Einhaltung des Anwerbestopps. [] 2. Finanzielle Hilfen für Ausländer, die in ihre Heimat zurückkehren wollen. [] 3. Begrenzung des Familiennachzugs entsprechend den Vorschlägen der Bundesregierung. So dürfen z.B. erwachsene Kinder (über 16) nicht mehr in die Bundesrepublik nachziehen. [] 4. Der Mißbrauch des Asylrechts muß unterbunden werden. Der sozialdemokratisch geführte Senat hat beschlossen, das Asylverfahren, soweit Hamburg zuständig ist, zu beschleunigen. Im übrigen unterstützt der Senat die Bemühungen des Bundes zur Beschleunigung des Asylverfahrens. Zugleich hat der Senat beschlossen, neueinreisende Asylanten in Gerneinschaftsunterkünften unterzubringen und sie mit Sachleistungen anstatt mit Bargeld zu versorgen, auch damit Vermittler aus dem Ausland (Schlepper) Asylanten nicht mehr "abkassieren" können. Im übrigen soll für die Rückkehr von nichtbestätigten Asylbewerbern sowie illegal bei uns lebenden Ausländern gesorgt werden. Die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sind konsequent anzuwenden. Daneben muß die Tätigkeit von illegalen Schlepp- und Vergleichsorganisationen wirksam unterbunden werden. Auch ist die Bekämpfung der illegalen Beschäftigung zu intensivieren. [] 5. Die Schaffung nachbarschaftlicher Verhältnisse zwischen Deutschen und Ausländern ist eng mit dem Wohnungsproblem verbunden. Damit die ausländischen Mitbürger sich nicht weiterhin so stark in den Stadtteilen konzentrieren, in denen sie hauptsächlich wohnen, soll eine gleichmäßigere Verteilung auf alle Stadtteile angestrebt werden. So soll schrittweise eine Entlastung der heute stark von Ausländern besiedelten Stadtteilen erfolgen. Die Beschlüsse des Senats über die Einrichtung von Gemeinschaftseinrichtungen für Asylbewerber unter gerechter Verteilung auf alle Bezirke sind ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Weitere Schritte im Rahmen der Wohnungsvergabe müssen folgen. [] 6. In den Stadtteilen mit relativ hohem Ausländeranteil sollen in den Kindertagesheimen und in den Schulen besondere Anstrengungen (beispielsweise durch Einsatz von mehr Personal) unternommen werden, um die sozialen und bildungsmäßigen Entwicklungschancen der deutschen und der ausländischen Kinder sicherzustellen. [] 7. Das Zusammenleben von Deutschen und Ausländern wird besonders von Verhältnissen im engeren Lebensumfeld - von den "'kommunalen" Verhältnissen - geprägt. Die Kommunalpolitik muß gewährleisten, daß Deutsche und Ausländer in friedlicher Nachbarschaft miteinander leben können. Daraus ergibt sich die Frage, ob Ausländer - die ja in der Regel seit langen Jahren in der Stadt leben, arbeiten, Steuern zahlen und beispielsweise erheblich zur Rentenversicherung beitragen - an der Kommunalpolitik mitwirken sollen. [] Ausländische Arbeitnehmer sind in unseren Betrieben seit jeher berechtigt, Betriebsräte zu wählen, selber Betriebsräte zu sein und alle anderen Rechte zur Mitwirkung und Mitgestaltung in der Arbeitswelt wahrzunehmen. [] Bürger der Europäischen Gemeinschaft haben heute ein unbeschränktes Recht, in jedem Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaft zu wohnen und zu arbeiten. Die Bürger der Europäischen Gemeinschaft sind miteinander in der Gemeinschaft eng verbunden. Sie tragen gemeinsame Rechte und Pflichten. Vor diesem Hintergrund vertreten wir die Auffassung, daß im Rahmen der bundes- und landesrechtlichen Zuständigkeiten Bürgern der Europäischen Gemeinschaft auch ein kommunales Wahlrecht eingeräumt werden sollte. Wer z.B. einem Bürger aus unserem dänischen Nachbarland, der in Hamburg seit vielen Jahren lebt und dauerhaft seinen Wohnsitz hier genommen hat, das kommunale Wahlrecht grundsätzlich verweigern wollte, wäre offenkundig kein guter Europäer. Bürger anderer Staaten, die nicht Vollmitglied der Europäischen Gemeinschaft sind, sollten nicht automatisch ein Wahlrecht zu den Bezirksversammlungen erhalten. Hier sind weitere Voraussetzungen nötig. [] Für die schon mindestens 8 Jahre bei uns lebenden Ausländer, sollte die Bürgerschaft in der nächsten Legislaturperiode prüfen, unter welchen Bedingungen diese ausländischen Mitbürger das Wahlrecht zu den Bezirksversammlungen beantragen können. [] Wesentliche Voraussetzungen dafür werden u.a. das Ausmaß der Integration sein; ein Anzeichen hierfür dürfte insbesondere auch der Antrag auf Einbürgerung sein. [] Neo-nazistischen Tendenzen Einhalt gebieten [] Niemand darf sich von Gruppen verführen lassen, wie z.B. der Hamburger Liste für Ausländerbegrenzung, die lediglich Gefühle und Ärger schüren, aber keine Lösungen anbieten. [] Solche Gruppen wollen aus der latent vorhandenen Abneigung gegen die zunehmende Zahl von ausländischen Mitbürgern politisches Kapital schlagen und neue Kundschaft [] gewinnen. Es wird versucht, berechtigte Sorgen und Emotionen vor den Karren längst vergangen geglaubter Ideologien zu spannen. Einer solchen Entwicklung muß Einhalt geboten werden; ein Nährboden für antidemokratische und rechtsradikale Kräfte darf nicht entstehen. [] Das Zusammenleben mit Ausländern stellt oft erhebliche Forderungen an den demokratischen Geist der Bürger. [] Ausländeranteil in den Hamburger Bezirken [] Bezirk 1979 % 1980 % 1981 % [] Mitte 34.084 14,3 38.653 16,1 42.437 17,5 [] Altona 24.297 10,0 25.891 10,8 27.891 11,6 [] Eimsbüttel 20.769 8,6 22.183 9,3 23.491 9,7 [] Nord 22.313 7,4 24.137 8,1 25.652 8,6 [] Wandsbek 15.995 4,1 18.065 4,7 20.521 5,3 [] Bergedorf 3.636 4,0 3.864 4,3 4.213 4,7 [] Harburg 19.838 10,2 22.020 11,4 23.393 12,0 [] Herausgeber: SPD-Landesorganisation Hamburg, Kurt-Schumacher-Allee 10, 2 Hamburg 1 [] Eigendruck Mai 1982
Published:05.1982