Demonstration am 9. Mai in Bonn

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals DEMONSTRATION AM 9. MAI [] IN BONN [] SOLIDARITÄT MIT DEM POLNISCHEN VOLK [] Das Kriegsrecht gegen das polnische Volk, datiert an. General Jaruzelski hat in Moskau versichert, daß er jede Opposition in Polen entschlossen unterdrücken wird. Nic...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Kordinationskreis "Solidarität mit dem polnischen Volk"
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 09.05.1982
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/B96CB7B6-712C-467B-8A8A-63B3904502AB
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals DEMONSTRATION AM 9. MAI [] IN BONN [] SOLIDARITÄT MIT DEM POLNISCHEN VOLK [] Das Kriegsrecht gegen das polnische Volk, datiert an. General Jaruzelski hat in Moskau versichert, daß er jede Opposition in Polen entschlossen unterdrücken wird. Nichts deutet auf eine Normalisierung hin. Die Repression ist zum unerbittlichen Alltag geworden. [] Mißwirtschaft und Kriegsrecht haben das polnische Volk in eine tiefe moralische und wirtschaftliche Krise gestoßen. Fabriken stehen still, die Not im Lande wächst. [] 1970 hat Bundeskanzler Brandt in Warschau eine demonstrative Geste der Sühne getan. Die Entspannung hatte sich die Aussöhnung mit Polen zur glaubwürdigen Verpflichtung gemacht. Die Bevölkerung nahm beifällig daran Anteil und hegte große Hoffnungen: Nach einer jahrhundertelangen Geschichte preußisch-russischer und großdeutsch-sowjetischer Teilung und Unterdrückung Polens schürte die offizielle deutsche Politik nicht mehr die Gegensätze zwischen Deutschen und Polen, sondern förderte gute Nachbarschaft. [] Heute braucht das polnische Volk unsere ungeteilte private und öffentliche Solidarität. Dringlich ist humanitäre Hilfe zur Linderung der ärgsten Not. Genauso wichtig aber ist die moralische Unterstützung bei der Eindämmung der Repression und der Herstellung der demokratischen Rechte, für die "Solidarnosc" stand. Wir sind überzeugt, daß es keinen Gegensatz zwischen Entspannung und Demokratie gibt, und wir wissen, daß die Deutschen keinen Frieden haben werden, wenn er auf der Unfreiheit Polens gründet. [] Die Empörung der Weltöffentlichkeit hat eine wichtige moralische Dimension, weil sie betont, daß demokratische Werte unteilbar sind, daß diese Werte in aller Welt ihre Verteidiger haben und auch dann nicht aufhören, Werte zu sein, wenn sie mit Soldatenstiefeln getreten werden. Für verhaftete und verfolgte Menschen ist das eine Injektion von Hoffnung, ein wahres Licht in dem düsteren Tunnel, den der polnische Alltag im Kriegszustand darstellt. (Adam Michnik aus einem Gefängnis dei polnischen Militärregimes) [] Anmeldung für die Busfahrt zur Demonstration am (Beitrag ca. 50.- DM) bitte an folgende Adresse schicken: [] Koordinationskreie "Solidarität mit dem polnischen Volk" [] c/o Olaf Kaschube, Albrechtstr. 93, 1000 Berlin 41 [] Aufruf zur Veranstaltung [] "Die soziale Lage der Polen in Berlin nach dem 13. Dezember 1981" [] Diskussionsveranstaltung mit Vertretern von Senat und Behörden [] Donnerstag, 6.Mai [!] 1982, 19.30 Uhr - Heim des Ringes politischer Jugend, Kurfürstendamm 96 [] POLNISCHER APPELL AN DIE DEUTSCHEN [] "Deutsche Nachbarn! Was heute in Polen geschieht, ist für ganz Europa und die Welt von, großer Bedeutung - nicht nur für das polnische Volk, sondern auch für Euch, unsere jahrhundertealten Nachbarn. Deutsche und Polen leiden beide unter der willkürlichen Teilung Europas. Daher sollte die deutsche Politik angesichts des Versuches des polnischen Volkes, sich ein menschenwürdiges Leben zu errichten, von Verständnis und Solidarität getragen sein. [] Vor allem sollte eine Politik vermieden werden, die an das deutschsowjetische Bündnis vor dem Zweiten Weltkrieg erinnern könnte. Diese Politik hatte sich gegen Polen gerichtet, die Folgen hatten letzten Endes aber auch das deutsche Volk und ganz Europa zu tragen. Heute darf es im Herzen Europas keinen Platz mehr für eine solche egoistische Politik geben. [] Daher schauen wir beunruhigt auf die Tätigkeit mancher deutscher Politiker, die die Gewalt, welche auf Anweisung Moskaus gegen das wehrlose polnische Volk angewendet wird, herunterzuspielen versuchen. Diesen Politikern verdeckt ein kurzsichtiger Blick auf wirtschaftliche Interessen nicht selten jegliche geschichtlichen und moralischen Perspektiven. Sie werden unempfindlich für die Tatsache, daß ein passives Hinnehmen dieser weiteren sowjetischen Aggression auch den Westen ganz unmittelbar bedroht. [] Das Gespenst eines "Neutralismus", einer stufenweisen Unterwerfung, kreist über West-Europa. Es verbirgt sich hinter dem Trugbild wirtschaftlicher Vorteile und einer angeblichen Stabilisierung. Dies ist ein Trugbild, denn die Milliarden Deutsche Mark, die als Kredite, an die Regierung Gierek in Warschau gingen, haben keinen Nutzen gebracht. Mit neuen Krediten gibt es auch keine Gesundung der Wirtschaft, denn das Jaruzelski-Regime führt Krieg gegen die ganze polnische Gesellschaft. Es versucht mit Hilfe des "Kriegszustandes", mit Massenlagern und Unterdrückung das von der Gewerkschaft "Solidarität" symbolisierte Streben des Volkes nach Demokratie, Selbstverwaltung, und Unabhängigkeit zu ersticken. [] Ist die immer engere wirtschaftliche Zusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland mit der Sowjetunion langfristig gesehen nicht sogar selbstmörderisch? Auch das Erdgas-Röhren-Geschäft trägt zur wirtschaftlichen Aufrüstung der UdSSR bei und könnte sich außerdem als Werkzeug der Erpressung erweisen bzw. Westeuropas politische Selbständigkeit gefährden. Diese Gefahr bedroht uns alle gemeinsam, Deutsche wie Polen. Also sollten wir gegenüber dem sowjetischen Imperialismus und seinen Warschauer Vertretern gemeinsam handeln. [] In der Entschließung des Deutschen Bundestages vom 18. Dezember 1981 haben Eure Politiker, die Abgeordneten aller Parteien, ihre Solidarität mit dem polnischen Volk und seinem Freiheitskampf bekundet und Forderungen für praktische Schritte erhoben. Diese Bundestagsentschließung ist für uns Polen eine große Unterstützung, wenn sie nun in die Tat umgesetzt wird. [] Wir appellieren daher an Sie: [] 1. Bis zur Erfüllung der in der Bundestagsentschließung gestellten Forderungen an die Militärregierung Jaruzelskis (Freilassung aller politischen Gefangenen, Wiederherstellung der bis zum 13. Dezember 1981 erreichten bürgerlichen Freiheiten und so weiter) sollten alle direkten und indirekten Kredite für die Regierungen in Warschau und Moskau unterlassen werden. [] 2. Verzichtet aus politischer Vernunft auf das Erdgas-Röhren-Geschäft, das der UdSSR große Vorteile bringt und zum Werkzeug der Erpressung des freien Teiles Europas werden könnte, der nach Jalta und. Helsinki noch übriggeblieben ist! [] 3. Humanitäre Hilfe für die notleidende polnische Bevölkerung muß außerhalb jeglicher Regierungskanäle verlaufen - nur über kirchliche und unabhängige karitative Organisationen oder vertrauenswürdige Einzelpersonen. Nehmen Sie Briefkontakt mit einem Polen auf, schicken Sie einer notleidenden Familie Pakete! [] 4. Wir möchten mit diesem Appell einen Dialog zwischen deutschen und polnischen Menschen einleiten. Ihre Meinung ist uns wichtig, schreiben Sie uns, nehmen Sie Stellung zu unserem Aufruf! [] Deutsche Nachbarn, Ihr habt uns materiell schon viel geholfen - wir bedanken uns dafür. Moralische und politische Hilfe ist nicht weniger wichtig für uns. Es ist an der Zeit, die Gemeinsamkeiten unseres Kampfes um Freiheit, Demokratie und Selbstbestimmung zu erkennen. Dieser Kampf muß eine solidarische Aktion der Völker Europas sein. [] Wir glauben an die Zukunft, wir glauben an unsere und Eure Freiheit!" [] Ryszard Batory, Germanist, Auslandsabteilung der Unabhängigen Gewerkschaft "Solidarität", Landeskommission Lodz (zur Zeit Bundesrepublik Deutschland), [] Miroslaw Chojecki, Chemiker, Gründer des Unabhängigen Verlagshauses "Nowa" in Warschau, Mitglied von KOR (zur Zeit Frankreich), [] Jerzy Giedroyc, Redakteur der Zeitschrift "Kultura", Gründer des "Institut Litteraire" in Paris, [] Gustaw Herling-Grudzinski, Schriftsteller, Neapel, [] Konstanty Jelenski, Literat, Paris, Leszek Kalakowski, Philosoph, Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchpreises 1977, Mitglied von KOR (zur Zeit Vereinigte Staaten), [] Jerzy Kosinski, Schriftsteller, Vereinigte Staaten, [] Jozef Mackiewicz, Schriftsteller, München, [] Czeslaw Milosz, Dichter und Schriftsteller, Nobelpreisträger für Literatur 1980, Vereinigte Staaten, [] Piotr Naimski, Chemiker, Herausgeber der unabhängigen Zeitschrift "Glos" (Die Stimme) in Warschau, Mitglied von KOR (zur Zelt Vereinigte Staaten), [] Tadeusz Nowakowski, Schriftsteller, München, [] Witold Wirpsza, Schriftsteller, Berlin. [] 27.4.82 [] Adresse des Koordinationskreises "Solidarität mit dem polnischen Volk" []c/o Jost-Olaf Kaschube, Albrechtstr.93, 1000 Berlin 41, Tel.795 66 72
Published:09.05.1982