Volk hab' acht! (Blätter zur Reichstagswahl 1930); Dein Wille bestimmt

Bemerkungen: Fraktur! Eine Einbindung des Volltextes ist aus technischen Gründen derzeit noch nicht möglich! Volk hab' acht! [] BLÄTTER ZUR REICHSTAGSWAHL 1930 [] Nr. 1 Sonntag, 31 August 1930 [] Dein Wille bestimmt [] In 14 Tagen wird der neue Reichstag gewählt. Nie ist eine Reichstagsmahl ent...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Bugdahn, Paul, Hamburger Buchdruckerei und Verlagsanstalt Auer & Co., in Hamburg
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 31.08.1930 - 14.09.1930
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/9F5A41FD-B07A-4402-B7C6-D0E0149C6003
Description
Summary:Bemerkungen: Fraktur! Eine Einbindung des Volltextes ist aus technischen Gründen derzeit noch nicht möglich! Volk hab' acht! [] BLÄTTER ZUR REICHSTAGSWAHL 1930 [] Nr. 1 Sonntag, 31 August 1930 [] Dein Wille bestimmt [] In 14 Tagen wird der neue Reichstag gewählt. Nie ist eine Reichstagsmahl entscheidender gewesen als dieses Mal, noch nie hat der Verfassungsgrundsatz "Die Staatsgewalt geht vom Volke aus" so unmittelbare Bedeutung gewonnen, als bei dieser Wahl. [] Ja, am 14. September hat das deutsche Volk wirklich zu entscheiden, wie die Staatsgewalt hinfort gehandhabt werden soll. Soll das neue Deutschland, das sich die Massen des werktätigen Volkes unter unsäglichen Mühen und Opfern selbst erbaut, das sie nach einem Meer von Blut und Tränen aus dem Chaos gerettet und wieder zu einem in der Welt geachteten Staat gemacht haben, soll dieses neue Deutschland, wie einst der alte Obrigkeitsstaat, eine Beute großkapitalistischer Wirtschaftsherren und ihrer Befehlsgänger werden? [] Um Höchstes geht es! Gierig strecken die Herren der Wirtschaf, denen die auf Kapitalkonzentration, internationale Kartelle und Trusts begründete wirtschaftliche Macht noch nicht genügen, jetzt auch ihre Hände nach dem Staate aus. Ihn sich ihren Zwecken ganz, [!] dienstbar zu machen, den politischen Einfluß der breiten Volksmassen wieder auszuschalten, die soziale Fürsorge für Kranke und Schwache, für Arbeitslose und Erwerbsunfähige wieder auf den kümmerlichen Stand der Vorkriegszeit zurückzuschrauben, ist das Ziel ihres Strebens. Brutal und rücksichtslos nutzen sie die Wirtschaftskrise aus, eifrigst und dienstbeflissen leistet der Bürgerblock Hilfe. [] Gegen die Sozialdemokratie! Das ist zur Wahlparole aller bürgerlichen Parteien geworden. Sie können sich zwar alle untereinander nicht leiden, sie hassen sich und zanken sich, aus kleinen und kleinlichsten Interessentenwünschen bestimmt sich ihre politische Haltung, doch wenn es gegen die Sozialdemokratie geht, diesem großen, festen, unerschütterten Block des werktätigen Volkes, der allein den Kapitalgewaltigen noch Widerstand entgegenzusetzen vermag, dann sind sie alle eines Sinns! Seht auf die Deutsche Volkspartei, die unter Dr. Scholz' Leitung jede Geistigkeit verloren hat, seht auf das Zentrum, das unter dem Druck des Kapitals feine sozialpolitischen Grundsätze in die Ecke drückt, seht auf die Konservativen und die Hugenberg-Partei, seht auf die Wirtschafts- und selbst auf die neugebackene Staatspartei, die ihre kümmerliche Existenz der Resignation schwach gewordener Demokratenführer verdankt - alle, alle, stimmen sie ein in dem Ruf: Gegen die Sozialdemokratie! [] Gegen die Sozialdemokratie! Das soll der Rettungsanker sein für die Bürgerblock-Parteien, die jetzt den Urteilsspruch der Wähler fürchten. Sie fürchten ihn mit Fug und Recht! Denn groß ist ihre Schuld. Zum zweiten Male in kurzer Zeit stehen sie vor dem Zusammenbruch ihrer Politik. Das erste Mal: das war vor den Maiwahlen im Frühjahr 1928. Da konnte sich das Bürgerblock-Kabinett unter dem Zentrumskanzler Marx nicht anders mehr der drohenden Finanzpleite erwehren, als durch den Appell ans Volk, eine andere Regierungsmehrheit zu wählen. [] 1000 Millionen Reichsmark Ueberschüsse, die das Reich in den Jahren 1924/25 angesammelt hatte, waren unter der Herrschaft des demokratischen Finanzministers Reinhold und des Zentrumsfinanzministers Köhler aufgezehrt worden. Und nicht nur das. Als der Sozialdemokrat Hilferding das Amt übernahm, mußte er zu seiner Ueberraschung und zu der der ganzen Regierung feststellen, daß außerdem noch ein Defizit von 904 Millionen Mark vorhanden war. Diese Pleitewirtschaft des Bürgerblocks ist durch den Reichsrat im Frühjahr 1929 öffentlich und in aller Form festgestellt worden. Aber nicht genug damit, der Bürgerblock hatte auch keine Vorsorge getroffen für die steigenden Reparationslasten, die für 1928/29 allein mehrere hundert Millionen Mark mehr ausmachte. [] Was aber taten die bürgerlichen Parteien, als Hilferding zur Beseitigung dieser Defizitwirtschaft neue Besitz- und Verbrauchssteuern, gleichmäßig verteilt, vorschlug und der Sozialdemokrat Wissell schon im Mai 1929 die Erhöhung der Arbeitslosenbeiträge auf 4 % forderte? Sie verhinderten durch ihren Widerstand die dringend notwendige Finanzsanierung und ließen den deutschnationalen Fraktionsführer Oberfohren widerspruchslos im Reichstag die Forderung aufstellen, man müsse den Mut haben zum Defizit-Etat! Und diesen Widerstand gegen eine vernünftige Finanzsanierung haben die bürgerlichen Parteien immer wieder geleistet, bis darüber das Kabinett Müller zerbrach und Herr Brüning sein Minderheitskabinett mit dem Kurs nach rechts bildete. Da stellten sich die bürgerlichen Parteien hin, wie sie es auch letzt im Wahlkampf wieder tun, und bezichtigen die Sozialdemokratie der finanziellen Mißwirtschaft! Dieselben Parteien, die Hilferdings Deckungsprogramm zerschlagen haben und "den Mut zum Defizit-Etat" hatten, die wollen jetzt die Sozialdemokratie für die Folgen ihrer Sünde verantwortlich machen. [] Schlimmer hat noch nie sich das Versagen der bürgerlichen Parteien gerächt. Sie, die der Sozialdemokratie eine Erhöhung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge auf 4 % rundweg abschlugen, haben jetzt unter Verletzung der Verfassungsbestimmungen sogar eine Erhöhung auf 4 ½ % durchgesetzt. Sie, die das Volk in den Wahn baldiger Steuersenkung hüllten, haben jetzt in einseitiger Belastung der breiten Massen und unter Schonung des Besitzes viel umfangreichere Steuererhöhungen und neue unsoziale Steuern eingeführt, um auch nur kümmerlich über die durch ihre Politik verursachte Finanzkrise hinwegzukommen. Das Volk muß jetzt die Fehler der Bürgerblock-Parteien auskosten und drohend erhebt sich im Hintergrund das Gespenst der faschistischen Diktatur. [] Volk hab' acht! Es gilt bei dieser Wahl Abrechnung zu halten und es gilt, die staatsbürgerliche Freiheit und die noch verbliebenen sozialen Errungenschaften der Nachkriegsjahre zu schützen. Es gilt auch, dem faschistischen Spuk ein Ende zu machen, der mit den Hitlerhorden, die Land auf, Land ab eine unerhörte Mord- und Bluthetze entfalten, drohend am Horizont aufgetaucht ist und die Zukunft der deutschen Republik nicht nur, sondern auch die Wirtschaft und damit die Existenz der breiten Massen gefährdet. [] Volk hab' acht! Es geht um höchstes! Zersplittere<NZ>nicht deine Kraft am 14. September. Schließ dich zusammen zur einmütigen Abwehr aller Diktatur- und Katastrophengelüste. [] Hinweg mit dem Bürgerblock, hinweg mit den Hakenkreuzphantasien, hinweg auch mit den kommunistischen Wegbereitern des Faschismus. [] Alle Stimmen vereinigt auf die Sozialdemokratie! Es gibt am 14.September nur eine Wahl: [] Louise Schroeder, Liste 1 [] Die Kandidaten der Sozialdemokratie [] Nicht wie andere Parteien, die sich wie die KPD. mit Thälmann, die Konservativen mit Treviranus, die Landvolkliste mit Schiele sogenannte Paradepferde als Scheinkandidaten für Schleswig-Holstein aufgestellt haben, hat die Sozialdemokratie gehandelt, sondern sie hat auf ihrem Bezirksparteitag, der von über 100 Delegierten aus allen Teilen der Provinz besucht war, einstimmig wieder die bisherigen, in langjähriger Arbeit bewährten Reichstagsabgeordneten an die Spitze ihrer Kandidatenliste gesetzt. Geführt wird die Liste wieder von der ausgezeichneten Sachkennerin der sozialen Fürsorge und Wohlfahrt [] Frau Louise Schroeder, Altona [] die sich im Reichstag weit über den Rahmen ihrer Parteifreunde bedeutenden Ansehens erfreut und als Listenführerin der schleswig-holsteinischen Sozialdemokratie beweist, daß es der Sozialdemokratie mit der Gleichberechtigung der Frau ernst ist. Die weiteren Kandidaten der Sozialdemokratie sind: [] 2. Otto Eggerstedt, Polizeipräsident, Altona. [] 3. Max Richter, Sekretär des Lederarbeiterverbandes, Neumünster. [] 4. Louis Biester, Lehrer, Hoisbüttel. [] 5. Paul Löhrke, Vorsitzender des Landarbeiterverbandes, Berlin. [] 6. Richard Hansen, Parteisekretär, Kiel. [] 7. Paul Dölz, Stadtrat, Tönning. [] 8. Dr. Walter Lamp' l, Senator, Altona. [] 9. Hugo Denkmann, Arbeiter, Lägerdorf. [] 10. Heinrich Fick, Angestellter des Landarbeiterverbandes, Stockelsdorf. [] 11. Wilhelm Schweizer, Polizeikommissar, Kiel. [] 12. Ernst Pusch, Sekretär des Landarbeiterverbandes, Rendsburg. [] 13. Emma Drewanz, Ehefrau, Kiel. [] 14. Max Brauer, Oberbürgermeister, Altona. [] Was die Sozialdemokratie wollte [] Es ist nicht war... [] daß die Regierung Brüning zur Anwendung des Diktaturparagraphen greifen muhte, weil es einen andern Ausweg aus den finanziellen Schwierigkeiten des Reiches nicht gegeben hätte. [] Die Wahrheit wird direkt auf den Kopf gestellt, wenn man sich die Unterstellung erdreistet, die Sozialdemokratie habe sich den Staatsnotwendigkeiten versagt, so daß deshalb zum Artikel 48 gegriffen werden mußte. [] Wahrheit ist: [] In den Reichstagsausschüssen und im Plenum des Parlaments hat die Sozialdemokratie sich auf den Standpunkt gestellt, daß dem Reiche die zur Ueberwindung der Finanznot und zur Aufrechterhaltung der sozialpolitischen Leistungen notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen. Obwohl in der Opposition, hat es die Sozialdemokratie als ihre Pflicht betrachtet, geeignete Wege zur Beseitigung der finanziellen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu weisen. Die Sozialdemokratie hat es allerdings abgelehnt, das von der Regierung vorgeschlagene unsoziale, lediglich die breiten Massen belastende Steuerprogramm anzunehmen. Die Sozialdemokratie hat an seiner Stelle andere Vorschläge gemacht, die einen gerechten Lastenausgleich bedeuteten. [] Die sozialdemokratischen Sanierungsvorschläge [] die jeder Kritik standhalten, lauteten: [] 1. Sparsamkeit am rechten Platze, vor allem erhebliche Senkung der Ausgaben für militärische Zwecke und für den auswärtigen Dienst, Senkung der hohen Gehälter und Pensionen sowie aller andern Ausgaben, die mit dem Ernst der Wirtschafte und Finanzlage nicht im Einklang stehen. [] 2. Schaffung neuer Einnahmen durch Heranziehung der leistungsfähigen Volksschichten, dergestalt, daß ein Zuschlag von 10 % der Einkommensteuer auf die höheren Einkommen, etwa von 8000 M. an, erhoben wird. [] 3. Eventuell auch Sonderheranziehung derjenigen Volksschichten, die der Gefahr der Arbeitslosigkeit nicht ausgesetzt sind. Freilassung der kleinen Einkommen und soziale Staffelung dieser Notabgabe. [] 4. Vermeidung des Zusammenbruchs der Gemeindefinanzen durch Schaffung einer Schankstättenverzehrssteuer, gestaffelt nach der Ausstattung der Gaststätten, so daß diejenigen, die in diesen Zeilen bitterster Not ihre Tage und Nächte in Luxuslokalen aller Art verbringen können, in erster Linie zur Sanierung der Gemeindefinanzen herangezogen würden. [] 5. Keine Anlastung der sozialen Verpflichtungen des Reiches, insbesondere keine Herabsehung der Leistungen für die Arbeitslosen, kein Lohnabbau, sondern allgemeiner Preisabbau. [] Das waren die sozialdemokratischen Sanierungsvorschläge. Auf dieser Grundlage konnte sich mit der Sozialdemokratie verständigen, wer bereit war, der Not der Zeit mit Maßnahmen Herr zu werden, die in jeder Beziehung sozialen Geist atmen. [] Der Zentrumskanzler Brüning hat eine solche Verständigung mit der Sozialdemokratie nicht gesucht, denn [] Brüning ist der Gefangene der Großindustrie und der nimmersatten Agrarier, [] die ihn Schritt um Schritt weiter nach rechts führten. [] ...und was der Bürgerblock getan hat [] So urteilte [] ein Blatt der Bürgerblockparteien, der Hamburgische Correspondent (Deutsche Volkspartei), über die Tätigkeit des Kabinetts Brüning wenige Tage vor der Auflösung des Reichstags (6. Juli 1930): [] Ein Kapitel von politischen Ratlosigkeiten. [] "Das Kabinett Brünung, das sich nicht in großen Worten ankündigte und das man begrüßte als das Kabinett der klugen Köpfe; der starken Faust, des eisernen Willens, der energischen tat, der unnachgiebigen Konsequenz-, was ist aus ihm geworden? Die klugen Köpfe haben sich nicht klüger erwiesen als Hunderte von ihnen; das Eisen ihres Willens ist in ihrer kautschukartigen Dehnbarkeit und Nachgiebigkeit geradezu ein komisches Paradoxon geworden; die starken Fäuste haben sich längst als die unsicher tastenden Hände entpuppt, die in der Rastlosigkeit ihres Hind [!] und Her mehr Porzellan zertepperten als der Laden hergeben mochte; die Konequenz des Handelns hat die Konsequenz seit langem beiseitelegen müssen, da von dem Handeln der tat nichts weiter übrig geblieben war als der kuhhandel. Wir stehen heute wieder da, wo wir im april dieses Jahres gestanden hatten. Nur stehen wir schlechter da! Die finanzpolitische Situation ist seitdem nicht besser geworden; im Gegenteil: wir wissen, daß das Loch in unseren Kassen um ein paar bedeutende Risse breiter geworden ist. In der Deckungsfrage sind wir seitdem nicht klüger geworden und um keinen Schritt weiter gekommen; im Gegenteil!" [] Das volksparteiliche Blatt klagt dann über den Verlust an Prestige, über nicht ausgenutzte Chancen und schreibt: [] "wir hatten die Chance - wir alle im bürgerlichen Lager von Dietrich nud Trevianus - den Beweis zu erbringen, daß im Bürgertum der Mitte politische Klugheit, taktische weisheit, einmütiger Wille, energische Stoßkraft genug vorhanden sei, um durchzuführen, was von andern und im Verein mit anderen nicht durchzuführen war; ja, wir hatten uns angemaßt, es durchführen zu können. Und es waren Voraussetzungen genug gegeben: die autorität des Reichspräsidenten, die Machtmittel der "roten Mappe" und des § 48. Die Chance wurde nicht ausgenutzt, weil es an Klugheit, an Taktik, an Einmütigkeit, an Energie fehlte. Und mit der aufgegebenen Chance haben wir ein Prestige verloren: für lange Zeit haben viele, allzu viele die Hoffnung aufgegeben, daß aus dieser Ecke des Bürgertums noch einmal die Rettung kommen sollte. Und so stehen wir heute ärmer da, als wir vor drei Monaten angefangen haben: mit der Hoffnung ist ein Stück Glaube geschwunden..." [] Der Glaube ist geschwunden! Wenn schon die eifrigsten Befürworter der Bürgerblockregierung dieses Selbsterkenntnis ablegen - wer soll dann noch Zuvertrauen [!] zu dieser Regierung haben. [] Die Bürgerversicherung... [] Die Kopfsteuer, die denkbar ungerechteste aller Steuern, eingeführt; [] die Sonderumsatzsteuer für Konsumvereine durchgesetzt, von der 15 Millionen Konsumenten betroffen werden; [] die Ledigensteuer eingeführt, bei der die kleinen Einkommen mit 25 %, die großen dagegen nur mit 10 % belastet werden; die Mineralwassersteuer eingeführt und damit die Armen mit 77 Millionen Mark mehr belastet; [] die Umsatzsteuer erhöht und dadurch den Konsumenten 110 Millionen Mark mehr Steuern auferlegt; [] die Zölle erhöht für Getreide, Mehl, Graupen, Grieß, Stärke, Sago, Federvieh, Schweine, Kartoffelflocken, Hopfen, Rüben, Braugerste, Benzin und Benzol; [] neue Zölle eingeführt für Milch, Zuckerrüben usw.; [] die Leistungen der Krankenversicherung erheblich verschlechtert; [] die Zuschüsse für die Familienwochenhilfe auf die Hälfte herabgesetzt; [] die Leistungen der Arbeitslosenversicherung bei gleichzeitiger Beitragserhöhung um rund 120 Millionen Mark verschlechtert; [] die Mittel für den Landarbeiterwohnungsbau auf ein Viertel gekürzt; [] die Lohnkürzung für 200 000 Arbeiter verbindlich erklärt, ihnen damit jährlich 200 M. Lohn geraubt und das Signal für Lohnkürzungen in der ganzen Industrie gegeben; [] die zollfreie Gefrierfleischeinfuhr aufgehoben; [] die Mittel für die Invalidenversicherung verringert; [] die Aufhebung der Zuckersteuer abgelehnt; [] die Steuerbefreiung des für Krankenhäuser, Sportplätze und Kantinen bestimmten Mineralwassers verweigert; [] durch den Nichlabschluß des deutsch-polnischen Handelsvertrages 100000 Erwerbslosen die Aussicht auf Beschäftigung geraubt; [] die Handelsbeziehungen mit dem Ausland aufs schwerste gefährdet und dadurch die von der Ausfuhr lebenden drei Millionen Arbeiter der Gefahr der Arbeitslosigkeit trotz größter Finanznot den Wehretat gegenüber 1929 nicht gesenkt, sondern sogar erhöht; [] die Verfassung in gröblichster Weise verletzt, soziale Bestimmungen, die [?] mit Hilfe des Artikels 48 nicht aufgehoben werden dürfen, aufgehoben; [] Dafür aber hat die Regierung [] Dutzende von Millionen den Chemiekönigen und Braunkohlengewaltigen bei der Benzinzollerhöhung an Sondergewinn zugeschanzt; [] den Brauereien und Gastwirten bei der Biersteuererhöhung Sondergewinne von mehreren hundert Millionen ermöglicht; [] die überschuldeten östlichen Großgrundbesitzer auf Kosten der Allgemeinheit "saniert"; [] den Bäckermeistern durch die Ablehnung des festen Brotgewichts große Gewinne verschafft; [] den Allgäner Käsebauern den ganzen Bestand abgekauft und so den Bauern und Händlern guten Verdienst verschafft und endlich [] der schwerreichen Zigarettenindustrie gestattet, die Raucher um rund 100 Millionen Sonderprofit bei der Tabaksteuererhöhung auszuplündern. [] Zieht die Lehre: Wählt Liste 1 [] HAKENKREUZ [] Nationalsozialisten über ihre Ziele [] Hartmut Plaas am 15.3.1930: Wir müssen den Staat bekämpfen, den Staat unmittelbar, ihn ruinieren, zersetzen, vernichten. [] Bodo Uhse, Redakteur in Husum, 30.7.1929: Mir treiben bewußte Katastrophenpolitik. Leider haben wir noch nicht so terrorisieren können, wie wir wohl möchten. Unser Ziel ist, alles kaputt zu hauen, was heute ist. Nicht mit dem Verstand wird Deutschland befreit, sondern mit der Faust. [] Gregor Strasser, Juni 1929: Mit einem Wort, wir treiben Katastrophenpolitik. [] Dr. Albert Krebs, 20.4.1930: Mag Deutschland zur Wüste werden. - Ihr schimpft uns Katastrophenpolitiker, jawohl, wir sind es! [] Hitler macht sich bezahlt [] Die Leute mit dem Hakenkreuz, die abends auf ihren Versammlungen so radikale Reden halten, und die vormittags auf den Stempelstellen aus dem Elend der Erwerbslosen politisches Kapital schlagen wollen, dürfen es mit ihren Auftraggebern nicht verderben. [] Kapitänleutnant v. Mücke, ehemals ein prominenter Hitlerianer, hat offen erklärt, daß sich Herr Hitler sehr genau nach seinen Geldgebern, besonders jedoch nach dem Fabrikanten Mutschmann [?] richten muß. In mehreren Prozessen ist festgestellt worden, daß zu den Gönnern Hitlers Leute gehören, die in der Industrie eins bedeutende Rolle spielen. Es ist nachgewiesen, daß aus den Taschen solcher Kapitalisten ansehnliche Beträge in die Parteikassen der Nationalsozialisten geflossen sind. [] Niemand wird glauben machen, daß die Industriellengelder um der schönen Augen Adolf Hitlers willen fließen. Die Wirtschaftskapitäne wissen, was sie an ihrem Hitler haben. Ihr Geld ist gut angelegt. Hitler sorgt für sie; wer Hitler nachläuft und aufs "Dritte Reich" vertraut, hat keine Zeit für Lohn- und Arbeitskämpfe. [] Adolf, der Hitler [] Adolf Hitler entseckt 1919 in München den Stammtisch "Deutsche Arbeiterpartei". Als 7. Mann schließt er sich an, um wenigstens als Stammtischredner eine Rolle spielen zu können. [] Adolf Hitler macht Fortschritte. Er knüppelt bei Demonstrationen seiner inzwischen gewachsenen Partei Andersdenkende nieder. [] Adolf Hitler macht weitere Fortschritte. Er prügelt nicht mehr selbst, das besorgt jetzt seine SA. (Sturmabteilung). [9 Adolf Hitler hat's geschafft. Nicht mehr Debattierklub, nicht mehr Prügler und Prügelführer, Hitler spricht jezt [!] vor "Auserwählten", vor Großindustriellen, Bankiers usw. Er ist arriviert. [] UND SOWJETSTERN [] Der Pfahl im Fleische [] Die Kommunisten sind die Hoffnung und der Trost der reaktionären Mächte in Deutschland. In der schwerindustriellen, auf dem rechten Flügel der Deutschen Volkspartei stehenden "Deutschen Allgemeinen Zeitung" wurde in Nr. 56 vom 3. Februar 1930 folgendes Bekenntnis abgelegt: [] "Was die Kommunisten selbst betrifft, so haben sie in bestimmten Grenzen für das staatspolitische Leben eine nützliche Funktion. Die Frage ist nur, ob diese Grenzen bereits erreicht oder gar überschritten worden sind. Die Kommunisten müssen verhindern, daß die Sozialdemokratie übermächtig wird, sie sind für den bürgerlichen und kapitalistischen Staat solange ein wertvolles Merkzeug, als sie als Pfahl im Fleische der Sozialdemokraten wirken." [] So charakterisiert dies Blatt, das keine andern als die nacktesten Kapitalinteressen vertritt, das Wirken der KPD. Und daß es dieses Urteil nicht lediglich als eine gelegentliche unbedachte Aeußerung, sondern wohlüberlegt gibt, bestätigt es durch folgende Aeußerung aus allerneuester Zeit über die Rolle der KPD. im jetzigen Wahlkampf: [] "Notwendig ist daher vor allem, zu verändern, daß die Sozialdemokratie womöglich noch gestärkt zurückkehrt. [] Vielleicht die ausschlaggebende Rolle kommt dabei den Kommunisten zu, [] die, wie wir schon öfters zu betonen Gelegenheit hatten, dazu berufen sind, das Anwachsen der Sozialdemokratie zu verhindern und als Pfahl im Fleische dieser großen Partei zu wirken." [] Sie wirken beide als [] Wegbereiter [] der Kapitalsdiktatur! [] Wählt Sozialdemokraten! [] Sagt, Leute, wie gefällt Euch der Kapitalismus? [] Der Kapitalismus bläht sich vor Stolz, daß er den Erdball wieder schrankenlos beherrscht. Nach dem Weltkrieg, den er verschuldet hat, schien seine Situation verzweifelt. Waren doch die Menschen allerorten geradezu von Wut erfüllt gegen ein System, das sie in eine solche Katastrophe gestürzt halte, und ihr Entschluß schien unwiderruflich, daß sie mit der kapitalistischen Ordnung Schluß machen und alle ihre Kräfte auf das Ziel konzentrieren werden, der Menschheit eine andere Gesellschaftsordnung zu erringen, eine Gesellschaftsordnung, in der alle ihre Wohlfahrt gesichert haben, in der die Arbeit, die Erhalterin des Menschengeschlechts, die ihr gebührende Stelle erhalten, in der nicht nur die Freiheit, sondern auch die Gerechtigkeit ihre Erfüllung finden wird. Aber es ist dem Kapitalismus, seinen Innehabern und seinen Werkzeugen, gelungen, die beherrschenden Stellungen wieder zu besetzen; langsam und behutsam hat er sich wieder hinaufgeschlängelt, und heute verkündet er mit Stolz, er habe es erreicht, daß das wankende kapitalistische Gebäude wieder konsolidiert sei, daß sich die Entwicklung nur im Zeichen der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaftsordnung vollziehen könne. Wie aber schaut es in dieser Zeit der schrankenlosen Herrschaft des Kapitalismus aus? Diese Herrschaft hat nur noch ein grauenhaftes Merkmal: die Arbeitslosigkeit und Not und Elend in allen Erwerbszweigen. Und womit entschuldigt sich der Kapitalismus, wenn man ihm vorhält, was er angerichtet: was ist der Trost, den er der bekümmerten Menschheit zu spenden hat? Die Arbeitslosigkeit sei ja nicht auf ein Land beschränkt, sie sei eine "Welterscheinung", und deshalb sei Klage und Anklage nicht berechtigt. Er begreift also nicht einmal, daß die Arbeitslosigkeit als Welterscheinung seine Unfähigkeit und Unfruchtbarkeit nur noch schärfer beleuchtet! Denn daß die Volkswirtschaft in einem Lande verdorrt und Arbeitslosigkeit die Wirkung ihres Verdorrens wird, das könnte auch in den besonderen Umständen dieses Landes liegen, in der Unergiebigkeit seines Bodens, in der Rückständigkeit seiner Bewohner; das wäre dann die Tragik des Schicksals eines Landes. [] Aber wenn die Arbeitslosigkeit den ganzen Planeten verheert, wenn sie auch dort wütet, wo für das Blühen der Wirtschaft alle Voraussetzungen gegeben sind, auch in den größten und reichsten Ländern, deren Menschen den Ruhm besonderer Tatkraft und Tüchtigkeit haben - man denke nur an Großbritannien oder an Amerika -, dann kann doch nicht bestritten werden, daß die Arbeitslosigkeit die Folge eines gesellschaftlichen Systems ist, das unfähig geworden ist, die Gaben der Natur und den Ertrag der Arbeit, die beide der Menschheit in so unermeßlicher Fülle zuströmen, in der den Menschen zweckmäßig dienenden Weise zu meistern. [] Der Kapitalismus meint von sich, er sei die beste Ordnung, die der Welt überhaupt verliehen werden könnte, aber die Arbeitslosigkeit, die den ganzen Wirtschaftlichen Organismus zerfrißt, möchte er als Schuld den Sternen zuschreiben. [] Welch ein grauenvoller Widerspruch: die Menschheit wird an Gütern und Kräften immer reicher, die Menschen aber versinken in Sorge, Not und Elend. Müssen die Menschen hungern und darben, müssen sie Lebensbedürfnisse auf ein unerträgliches Nichts reduzieren, weil es eben daran fehlt, wessen die Menschen bedürfen? Es ist genau umgekehrt: die wirtschaftliche Krise besieht darin, daß von allem zuviel da ist - deshalb zuviel da ist, weil es der Kapitalismus nicht mehr zuwege bringt, die Arbeit der einen mit den Gütern der andern auszutauschen. [] Wir haben die Fruchtbarkeit des Bodens in ungeahnter Weise gesteigert. Die Technik vollbringt geradezu Wunder, hebt Raum und Zeit auf, überspannt die Kontinente; nichts scheint dem menschlichen Geist mehr unerreichbar. Die Ertragfähigkeit der menschlchen [!] Arbeit wächst ins Unermeßliche. Und das Ergebnis von allem? Daß der so riesenhaften Mehrung aller Güter ein immer furchtbarer werdendes Anwachsen menschlicher Entbehrung entspringt. [] Das ficht die Herren der Welt natürlich nicht an: sie rationalisieren, konzentrieren, ökonomisieren natürlich weiter, ob auch der Weg ihrer angeblich unaufhaltsamen Entwicklung über Leichen geht. Aber nicht, daß der Kapitalismus von menschlichem Leid unbewegt bleibt, ist das Ueberraschende, daran hat er auf seinem Siegeszug die Welt gewöhnt; aber daß das System der gesellschaftlichen Ordnung so geartet ist, daß jeder Fortschritt, den sie sachlich macht, für die Menschen zum Unheil wird, das ist das Erstaunliche. Und am erstaunlichsten, daß die Menschen dieses System weiter und geduldig tragen. [] Scheiden wir die unmittelbaren Nutznießer der kapitalistischen Ordnung aus, die natürlich alle Ursache haben, die Legende von der alleinigen Möglichkeit und allgemeinen Nützlichkeit des Kapitalismus verbreiten zu lassen, so könnte man wohl [] jedem die Frage stellen, ob er Anlaß hat, zu bekennen, daß ihm der Kapitalismus wohlgefalle. [] Sprechen wir nicht von den Arbeitern, die der Nachkriegskapitalismus um alle Lebenssicherheit und Aufstiegsmöglichkeit bringt; sprechen wir nicht von den Angestellten, die die bürgerlich-kapitalistische Welt vor gar nicht langer Zeit noch für sich reklamiert hat, die sie nun aber so "abbaut", wie man eine Maschine stillsetzt, sprechen wir nicht von den Bauern, nicht von dem Heer der kleinen Gewerbetreibenden und Kaufleute, deren Emsigkeil kein Erfolg blüht; sprechen wir einmal von der berühmten Mittelklasse, in der die bürgerlich-kapitalistische Ordnung ihre festeste Burg hat und die wieder dieser Ordnung in unerschütterlicher Zuversicht treu bleibt. Stellen wir uns einmal so eine bürgerliche Familie vor, die es ihren Söhnen ersparen kann, mit vierzehn Jahren ihr Leben selbst fristen zu müssen, die es ihnen ermöglicht, sich alle Kenntnisse anzueignen, die der bürgerliche Kampf ums Dasein erfordert. [] Was bietet ihm nun die Kapitalistische Ordnung an Chancen? [] Es wird nicht überall in der Welt so düster aussehen, wie jetzt bei uns; aber voller Geigen hängt der Himmel nirgends. Wie es aber den intellektuellen Berufen geht, den Schriftstellern, Rechtsanwälten, Ingenieuren, Künstlern, das weiß man aus unzähligen Erfahrungen; und wenn diese Mittelklasse nur ihr eigenes Leben betrachten wollte, sie würde den Wahn, daß die bürgerlich-kapitalistische Ordnung "freie Bahn dem Tüchtigen" schafft und eine Ordnung ist, in der Geist und Wissen unwiderruflich mit dem Erfolg vergolten werden, sie würde die Anhänglichkeit an die Kapitalistische Ordnung rasch aufgeben. [] Sagt, Leute, gefällt euch der Kapitalismus? [] Die Antwort könnte nur sein: Wie soll der Kapitalismus den Menschen gefallen, da er doch derüberwiegenden Masse von ihnen nur Unheil und Mißerfolg, nur Arbeitslosigkeit und Not beschert? [] Es ist also ein Beweis großer Kunstfertigkeit, daß es dem Kapitalismus und seinen Lobrednern noch immer gelingt, das Reifen der Erkenntnis über das unfruchtbare, auf allen Punkten versagende kapitalistische System zu verhindern. Dazu mußte er die große Lüge in Kurs bringen, daß der Sozialismus der Feind der Menschen ist, und um dieser Lüge den Glauben zu verschaffen, ruft er allerorten die "Bewegungen" hervor, die, indem sie "den Marxismus" bekämpfen, vor dem kapitalistischen System Schildwacht halten. Namen und Formen wechseln, aber der Zweck ist überall derselbe: mit dem Ausrufergeschrei des Antimarxismus die Menschen zu benebeln, zu verblöden - damit sie, die die Opfer der bürgerlich-kapitalistischen Ordnung sind, zu ihren Stützen sich wandeln. Aber kein Schwindel hält lange vor und die bürgerlich-kapitalistische Ordnung entschleiert sich nun in ihrer ganzen, so furchtbaren Hilflosigkeit, daß das Verlangen nach einer besseren Ordnung unwiderstehlich werden muß. Denn ein Kapitalismus, der über die Welt das Elend der Arbeitslosigkeit bringt, verurteilt sich selbst. [] Heute, Sonntag [] findet im großen Saal des Kaiserhofes (Altona) eine [] große öffentliche Wahl-Versammlung [] statt. Um 11 Uhr ist Beginn. Es spricht die Reichstagsabgeordnete Toni Senbder, Berlin. - Nicht nur alle Frauen, sondern auch die Männer gehen heute zu [] Toni Sender [] Das [] sind [] sie! [] unsere Hauptgegner [] im Wahlkampf - - [] Von ihnen kann nicht erwartet werden, daß sie das "Hamburger Echo" lesen, wohl aber von jedem klassenbewußten Arbeiter! [] Sind deine Kollegen schon Leser des "Hamburger Echo?" [] Preisabbau [] Beim Ankauf unserer Möbel gewähren wir, auch bei langfristiger Teilzahlung [] Rabatte bis zu 20 % [] Haus- und Hausrat Gildenhall G.m.b.H. [] Kiel (Möbelladen Hoffnung) [] Kiel, Brunswikerstraße 32, (früher Kieler Möbelhaus, Altona, Gr. Bergstraße 147, Wandsb., Litzowstr. 45, früher Hausrat) [] Heraiusgeber: Paul Bugdahn, Altona. Verantwortlicher Schriftleiter: Johannes Richter, Altona. - Druck Hamburger Buchdruckerei und Verlagsanstalt Auer & Co. in Hamburg
Published:31.08.1930 - 14.09.1930