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Ehemaliges KP-Vorstandsmitglied fordert zur Wahl von SPD-Kandidaten auf! [] Eduard Wald, das frühere Mitglied des Landesvorstandes Niedersachsens der KP, ehemaliger Lizenzträger der kommunistischen Niedersächsischen Volksstimme und ehemaliger Vorsitzender der VVN Niedersachsens, hat zum Wahltage am 14. August nachfolgenden Brief an den Vorstand der SPD geschrieben. [] Werte Genossen! [] Im Zusammenhang mit den bevorstehenden Bundeswahlen werde ich von meinen alten Freunden, Mitgliedern und Angehörigen der KP immer wieder befragt, welche Partei ich am 14. August wählen werde, [] da ich ja nicht mehr der KP angehöre und auch nicht Mitglied der SPD sei. In den Jahren meiner KP-Zugehörigkeit kämpfte ich in ihren Reihen stets für die Einheit der Arbeiterbewegung und für die Ueberwindung der Spaltung. [] 25 Jahre gehörte ich der kommunistischen Partei an. In all diesen Jahren versuchte ich, die unselige Spaltung der Arbeiterbewegung Deutschlands überwinden zu helfen. Manchmal erschienen meine Bemühungen erfolgversprechend, dann kamen wieder Zeiten schwerster Enttäuschungen. [] Es waren aber nicht nur die politischen Erwägungen, die mich dazu veranlaßten, sondern in eben solchem Maße die ganze Parteistruktur der KP, die mich in wachsendem Maße abgestoßen hat. Ohne Zweifel kann eine Partei nur aktionsfähig sein, wenn sie auf freiwilliger Disziplin aufbauen kann. [] In der Kommunistischen Partei aber wurde der einzelne Genosse nicht mehr als Mensch mit eigenem Denken und Gefühlen behandelt, sondern als ein Teil einer ferngelenkten Maschine. Jeder, der jemals seine eigenen Gedanken zum Ausdruck brachte, wurde der "Abtrünnigkeit" verdächtigt; er und seine Freunde wurden in der häßlichsten Weise bespitzelt und eine wirklich freie politische Aussprache oder Meinungsbildung wurde unmöglich gemacht. [] Als ich nach 1945 immer wieder erleben mußte, daß die Kommunistische Partei ganz und gar nicht eine wirkliche einheitliche Arbeiterbewegung wünscht, sondern nur die Zerstörung der Sozialdemokratie, als ich die unseligen Erfahrungen mit der sogenannten "Einheitspartei" in der Ostzone hinter mir hatte, zog ich den Schlußstrich und verließ die KP. [] Wie sehr dieser Schritt berechtigt war, zeigte die inzwischen durchgeführte Säuberung der SED, die anhaltenden Verhaftungen alter Kommunisten und Sozialdemokraten, die völlige Eingliederung der SED-KPD in die sowjetische Politik bis zum widerwärtigen Schauspiel der "Nationalen Front" mit den ewigen Feinden der Demokratie. [] Diese Entwicklung veranlaßt mich auch zur erneuten Stellungnahme. [] Viele einfache Kommunisten können sich noch immer nicht von der Kommunistischen Partei lösen. Jahrzehntelange Beeinflussung einerseits und Unkenntnis der wirklichen Lage der Arbeiterschaft in Sowjetrußland und den sogenannten Volksdemokratien andererseits sind einige der vielen Gründe. Auch viele persönliche Bindungen zu alten Kampfgefährten spielen dabei eine große Rolle. Für all das habe ich weitgehendst Verständnis. Trotzdem glaube ich, daß es meine Pflicht ist, allen Mitgliedern und früheren Wählern der Kommunistischen Partei heute zu sagen: [] Die Einheit der Arbeiterbewegung ist nach wie vor höchstes Ziel. Will man diese ernsthaft, so muß man sich überlegen, mit welcher Partei diese realisierbar ist, die wirklich tolerant ist und die in ihren Reihen Putz für alle Strömungen hat, die zum Sozialismus drängen. [] Auch mir gefällt so manches nicht an der SPD. [] Trotzdem glaube ich, daß jeder ehrliche Arbeiter keiner anderen Partei am 14. August seine Stimme geben kann als der SPD. [] Kommunisten zu wählen, bedeutet nicht nur eine Zersplitterung, sondern auch, daß diese Stimmen faktisch der sozialistischen Bewegung verloren gehen. [] Die Vertreter der KP in den Parlamenten treiben heute eine reine Demonstrationstaktik und keine wirklich sachliche Politik. Ihre Anträge in den Parlamenten sind fast immer auf Agitation eingestellt, berücksichtigen nicht aber die Durchsetzungsmöglichkeit. [] Notwendig ist aber, der Arbeiterklasse heute zu greifbaren Erfolgen zu verhelfen und sie nicht auf eine spätere "klassenlose Gesellschaft" zu vertrösten. Wenn man wirklich ehrlich ist, dann muß man zugeben, daß dieses nur die SPD versucht. [] Deshalb kann es für uns alle gar keine andere Entscheidung am 14. August geben, als SPD zu wählen. [] Mit sozialistischem Gruß [] gez. Eduard Wald [] Buchdruckwerkstätten Hannover GmbH, CDH 524, Klasse C. [] Gedruckt für SPD
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