Der Griff nach den zweiten 5 Prozent

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Herbert Kriedemann [] Der Griff nach den zweiten 5 Prozent [] Wer auf dem Standpunkt steht, daß der Lastenausgleich nicht aus einer scharfen Erfassung der erhalten gebliebenen Vermögen, sondern aus dem Arbeitsertrag finanziert werden müsse, b...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Parteivorstand, Hannoversche Presse, Druck- und Verlagsgesellschaft m.b.H., Hannover
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 1948 - 1949
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/083AE338-2036-4C0D-82D7-A5562EA704BB
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Herbert Kriedemann [] Der Griff nach den zweiten 5 Prozent [] Wer auf dem Standpunkt steht, daß der Lastenausgleich nicht aus einer scharfen Erfassung der erhalten gebliebenen Vermögen, sondern aus dem Arbeitsertrag finanziert werden müsse, bekennt sich zu dem Grundsatz, daß auch der zweite Weltkrieg von den arbeitenden Menschen bezahlt werden müsse, und nicht etwa von denen, die ihn angezettelt haben, weil sie daran profitieren wollten. Alle tiefsinnigen Begründungen, auch wenn sie von Herrn Professor Erhard stammen, sind nur ein Versuch, die Lebensfrage des deutschen Volkes, den Lastenausgleich, auf ein falsches Gleis zu schieben. Den Besitzenden mag die Finanzierung des ersten Weltkrieges recht gut gefallen haben. Der Großbesitz ist jedenfalls durch die Abwälzung der Kriegslasten auf die Schultern der wirtschaftlich Schwachen in der Lage gewesen, auf dem Umwege über Herrn Hitler in sehr kurzer Zeit einen Zweiten Krieg zu starten. Unter den Auswirkungen dieser Abwälzung haben sich damals ein paar hunderttausend alte Leute aufhängen müssen, während z. B. die Ruhrindustrie allein siebenhundert Goldmillionen in die Tasche stecken konnte. Die Sozialdemokratie wird dafür sorgen, daß das unvergessen bleibt. [] Der zweite Weltkrieg hat wiederum Millionen junger Menschen das Leben gekostet und an seinem Ende stehen wieder Hunderttausende alte und arbeitsunfähige Deutsche, stehen Millionen Vertriebene und Ausgebombte. Ihnen muß schnell und wirkungsvoll geholfen werden. Das ist die erste Aufgabe des Lastenausgleichs. [] Es wäre aber ein sehr merkwürdiger Lastenausgleich, wenn etwa die arbeitenden Menschen zu diesem Zweck trockenes Brot essen müßten, während die großen Herren, in deren Auftrag und zu deren Nutzen Herr Professor Erhard seine Theorie entwickelte, geschont würden. Eine solche Schonung hätte auch deshalb keinen Sinn, weil diese unbelehrbaren Leute mit den ihnen dann verbleibenden wirtschaftlichen Macht doch nichts Gescheiteres anzufangen wüßten, als einen neuen Hitler zu finanzieren. [] Ueber die Währungsreform hat niemand soviel und vor allem soviel Widerspruchsvolles geredet wie Herr Prof. Erhard. Seine Währungstheorien gehen offenbar so durcheinander, wie die von ihm veranstaltete freie Wirtschaft mit freier Preisbildung. Nachdem er die neue Währung den Freibeutern in die Hände gegeben hat, sucht er nun verzweifelt nach Mitteln, den dadurch entstandenen Schaden wieder gutzumachen. Dabei bedient er sich großzügig der letzten Reserven des kleinen Mannes, indem er vorschlägt, daß die zweiten 5 Prozent der Abwertungsquote zu Kreditzwecken verwendet werden sollen, anstatt sie zur Auszahlung zu bringen. Zweifellos verfügen gewisse Kreise bereits, heute über zu viel Geld. Es sind schon wieder Warenhortungen nachzuweisen und ebenso finden Geldhortungen in großem Umfange statt. Diesen Leuten noch weitere Beträge in die Hände zu geben, wäre völlig falsch. Vor allem aber darf nicht vergessen werden, daß für hunderttausende Alte und Arbeitsunfähige die noch verbleibenden Beträge die allerletzte Reserve sind, auf die sie schon heute warten. Der Lastenausgleich, auch wenn er durch eine echte VoIksbewegung gegen die Sabotage der Großverdiener schnell durchgesetzt werden kann, wird nicht so schnell wirksam sein, daß er einem großen Personenkreis rechtzeitig Hilfe bringt. Die Freigabe der zweiten 5 Prozent ist deshalb äußerst dringend. Daß darüber hinaus Mittel für Investitionskredite zur Verfügung gestellt werden sollen - und zweifellos ist die Kreditfrage ein sehr [] ernstes Problem - ist nur in Verbindung mit einer öffentlichen Kredit- und Investitionskontrolle möglich. Es kommt vom sozialdemokratischen Standpunkt aus unter keinen Umständen in Frage, daß irgendeine Form des Zwangssparens veranstaltet wird, nur damit Leuten, die nach einem arbeitslosen Einkommen suchen, das dafür notwendige Anfangskapital zur Verfügung gestellt werden kann. Wir haben in Deutschland Beweise genug für das weite Gewissen derjenigen, die sich dabei auf allgemeine Kosten finanzieren, Beweise, zu denen täglich neue kommen. [] SPD [] Herausgeber: Vorstand der SPD, Druck: Hannoversche Presse, Druck- und Verlagsgesellschaft m. b. H., Hannover
Published:1948 - 1949