Das Hamburger Stadion . Eine Weiherede von Bürgermeister Max Brauer

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; DAS HAMBURGER STADION [] EINE WEIHEREDE VON BÜRGERMEISTER MAX BRAUER [] VEREHRTE GÄSTE, LIEBE FREUNDE, [] LIEBE JUNGEN UND MÄDEL! [] Es ist mir eine große Freude und auch eine Genugtuung, heute an dieser Stelle zu stehen und über das herrlich...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Senat der Freien und Hansestadt Hamburg, Auerdruck GmbH, Hamburg
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 1953
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/4FCD7B90-2816-4C58-B5B6-DE433939695A
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; DAS HAMBURGER STADION [] EINE WEIHEREDE VON BÜRGERMEISTER MAX BRAUER [] VEREHRTE GÄSTE, LIEBE FREUNDE, [] LIEBE JUNGEN UND MÄDEL! [] Es ist mir eine große Freude und auch eine Genugtuung, heute an dieser Stelle zu stehen und über das herrliche Stadion zu blicken. In wenigen Wochen werden 28 Jahre vergangen sein, daß ich an dieser Stelle sprach, um das Volkspark-Stadion seiner Bestimmung zu übergeben. [] Unter großen Opfern hatte die Stadt Altona 1925 das Stadion vollendet. Damals hatten wir wie heute unter den verheerenden Wirkungen eines verlorenen Krieges schwer zu leiden. [] Aber der Wunsch, den Männern und Frauen und vor allem der heranwachsenden Jugend eine groß angelegte Sportstätte zur Verfügung zu stellen, überwand alle Schwierigkeiten. [] In meiner Weiherede am 13. September 1925 sagte ich: "Unter großen Opfern hat die Stadt Altona das Werk vollendet. Unseren Männern und Frauen und vor allem unserer heranwachsenden Jugend Gesundheit zu gewinnen und zu erhalten, ist die Aufgabe dieser Sportanlage. Die Hebung der Volkskraft ist das Ziel. Unsere Bevölkerung, die in Fabrik und Kontor tätig ist, soll hier draußen in Freiheit und Schönheit körperliche und sittliche Kraft sammeln. Ein ewig sprudelnder Quell neuer Lebensfreude soll dieses Stadion sein." [] Diese Sätze möchte ich auch der Weihe unseres aus den Trümmern schöner und herrlicher erschaffenen Stadions voranstellen. Sie sollen immer Geltung behalten. [] Meine lieben Freunde! [] Der Sport als eine Angelegenheit der großen Massen ist eigentlich erst eine Errungenschaft unseres Jahrhunderts. Früher galt Beschäftigung mit Spiel und Sport als ein Luxus. Der Sport war ein Privilegium der begüterten Schichten. Die Geschichte der deutschen Turnbewegung im 19. Jahrhundert ist die Geschichte eines schweren Kampfes gegen Unverstand und Reaktion. [] Nun ist der Sport eine Angelegenheit des ganzen Volkes geworden. [] Das Spiel unter freiem Himmel, die Entfaltung der Kräfte und der Gewandtheit des Körpers entspringt einem echten Bedürfnis der Menschen. Wir alle brauchen die Entspannung, die Befreiung von der einseitigen mechanischen Tätigkeit. Am stärksten ist dies Bedürfnis nach einem körperlichen Ausgleich bei dem berufstätigen Menschen vorhanden. [] Es ist in diesen Jahren und auch in der Zeit vor dem letzten Weltkrieg viel geredet und geschrieben worden über die sogenannte Freizeitgestaltung. Daß es eine Freizeit gibt, über deren Gestaltung man sich den Kopf zerbricht, ist heute eine Selbstverständlichkeit. In jenen Jahren nach dem ersten Weltkrieg, als der Sport zu einer Betätigung der gesamten Bevölkerung sich entwickelte, war die Freizeit keineswegs eine Selbstverständlichkeit. [] Sie war eine verhältnismäßig junge Errungenschaft. In ihrem Kampf um den sozialen Fortschritt hat die Arbeiterbewegung den Achtstundentag erst durchsetzen müssen. [] Erst durch diesen Sieg des Fortschritts ist uns die Möglichkeit geschenkt worden, einen Ausgleich für harte körperliche und geistige Arbeit im Spiel und im Sport zu finden. [] Alle unsere Sportanlagen dienen in erster Linie unserer Jugend. Ihr Jungen und Mädel wollt Sport treiben! Ihr wollt Euch in der frischen Luft tummeln, wollt Eure Kräfte entwickeln, wollt Euren Mut und Eure Gewandtheit erproben und Eure Kräfte miteinander messen! Gesundheit und Lebensfreude sind der Gewinn, der Euch dabei unmittelbar zufällt. Fast noch wertvoller aber ist der gesunde Geist, der in jedem Menschen entwickelt wird, der sich dem Sport hingibt. Ritterlichkeit und Fairneß sind die Ideale, die dem Sport eine so hohe Bedeutung im Leben jedes einzelnen und im Leben der Gemeinschaft geben. Wer auf dem Sportplatz Freundschaft und Ritterlichkeit pflegt, wird dies auch im täglichen Leben tun. Er wird damit eine der wichtigsten Voraussetzungen erwerben, ohne die ein Leben in der Gemeinschaft der einzelnen und der Völker auf die Dauer nicht denkbar ist. [] In dem Glauben und in der Hoffnung, daß die Gemeinschaft der Sporttreibenden in ihren eigenen Reihen diese ethischen Ziele verfolgt, haben wir in Hamburg auch von der Seite des Staates her versucht, der Sportjugend zu helfen. Wir haben in Hamburg einen eigenen Sportverband, der sich selbständig und ohne Einflußnahme des Staates immer blühender entwickelt. [] Wir haben versucht, der Sportjugend dadurch zu helfen, daß wir Sportplätze, Sommerbäder, Badeanstalten und Turnhallen wiederaufbauten, so weit es uns möglich war. Aber Ihr werdet verstehen, meine lieben Jungen und Mädel, daß wir in Hamburg immer noch viele andere Dinge aufbauen müssen, daß wir viele Dinge gleichzeitig tun müssen. Das ist die große Schwierigkeit! Wir müssen den Hafen weiter ausbauen, wir müssen Schulen bauen, und vor allem müssen wir noch viel mehr Wohnungen bauen. Deshalb können wir nicht erwarten, schon heute ideale Zustände im Sport zu haben. Um so mehr müssen wir uns darüber freuen, daß es uns gelungen ist, dieses herrliche Stadion jetzt zu schaffen. [] Der Krieg hat sehr viele Sportanlagen zerstört. Beim Wiederaufbau unserer Stadt, der in erster Linie der Schaffung von Wohnungen und der Ingangsetzung der Wirtschaft dienen mußte, haben wir die Errichtung von Sommerbädern und die Schaffung von Sportplätzen systematisch in den Aufbauprozeß eingegliedert. [] Genau so wie wir beim Aufbau der Geschäftshäuser und der Wohnblocks an die Schaffung von Grünanlagen und Parks gedacht haben, haben wir auch für die schrittweise Erneuerung der Sportplätze gesorgt. Heute stehen der Sportjugend wieder 130 Spielfelder und 140 Turnhallen zur Verfügung. In 11 Schwimmhallen und in 23 Sommerbädern sind nicht nur für den Sport, sondern für die gesamte Bevölkerung unserer Stadt vorbildliche Bademöglichkeiten geschaffen worden. [] Vor wenigen Tagen erst haben wir den Hamburger Amateursport von der Lustbarkeitssteuer befreit. Das alles möge Euch zeigen, daß wir uns nach Kräften bemühen, dem Sport, also Euch jungen Menschen, zu helfen. Wir wissen, daß es immer noch an Turnhallen fehlt. Aber wir glauben dennoch, daß wir stolz sein können auf das, was bisher geschaffen wurde. [] In einigen Fällen sind wir mit der Erneuerung der Sportstätten schon über den früheren Zustand hinausgelangt. Als ich das Altonaer Volksstadion 1925 einweihte, konnte es 42000 Besucher fassen. Diese Größe ist heute nicht mehr ausreichend. Deswegen haben wir, den Wünschen des Sports entsprechend, das Fassungsvermögen dieses Stadions verdoppelt. Wir haben uns nach Kräften bemüht, auch der Schwierigkeiten des Verkehrs Herr zu werden. Mit den Schwimmbahnen, die zu dieser Anlage gehören, haben wir ein Schwimmstadion geschaffen, das durchaus geeignet wäre, auch der Schauplatz von Sportwettkämpfen olympischen Ausmaßes zu werden. Wenn dieses Stadion auch in erster Linie unserer Hamburger Bevölkerung dienen soll, so werden wir doch sehr viele Sportereignisse von größerer Bedeutung und von internationalem Rang hier durchführen können. Schon im August werden Sie hier einen Fußballwettkampf zwischen einer mit internationalen Spielern besetzten Auswahlmannschaft der Stadt Birmingham und einer Hamburger Auswahlmannschaft sehen können. Im November wird eines der Vorrundenspiele der Fußballweltmeisterschaft, das Spiel zwischen Norwegen und Deutschland, hier ausgetragen werden. Und wir hoffen, daß die deutschen Leichtathletikmeisterschaften des Jahres 1954 ebenfalls hier stattfinden werden. Neben den vielen, über das ganze Stadtgebiet verstreuten Sportanlagen ist hier eine zentrale Sportstätte geschaffen worden, die beim Deutschen Turnfest im August dieses Jahres ihre erste Probe bestehen wird. [] Möge dieses Stadion, das ich hiermit seiner Bestimmung übergebe, allen Freunden des Sports, vor allem unseren jungen Menschen, eine Quelle der Kraft und der Freude sein. [] Möge es helfen, körperlich und seelisch gesunde Menschen heranzubilden. Sie sind die Voraussetzung und geben uns die Hoffnung, daß aus dem Ideal des schönen Menschen der wahre und gute Mensch geboren wird. Ein Ziel, nach dem wir alle gemeinsam und doch auch jeder für sich streben sollten. Darin liegen eingeschlossen: das Glück reifer Persönlichkeiten, die sittliche Gemeinschaft des ganzen Volkes und die Hoffnungen der Menschheit. [] Herausgegeben vom Senat der Freien und Hansestadt Hamburg, Staatliche Pressestelle, Juli 1953 [] Druck: Hamburger Buchdruckerei und Verlagsanstalt Auerdruck GmbH., Hamburg 1, Pressehaus
Published:1953