Frauen und Männer Hamburgs!

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Frauen und Männer Hamburgs! [] Wir alle sind unzufriedennund haben gute Gründe dafür: unzureichende Ernährung, schlechte Wohnungen, fehlende Schuhe und Bekleidung für uns und unsere Kinder, Schwarzer Markt, Wohnungs- und Möbelbeschlagnahmen;...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Landesorganisation Hansestadt Hamburg, Kähler, Ernst, Auerdruck GmbH, Hamburg
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 13.10.1946
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/A37E94D3-371C-4F41-973C-D1F4B3C297A5
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Frauen und Männer Hamburgs! [] Wir alle sind unzufriedennund haben gute Gründe dafür: unzureichende Ernährung, schlechte Wohnungen, fehlende Schuhe und Bekleidung für uns und unsere Kinder, Schwarzer Markt, Wohnungs- und Möbelbeschlagnahmen; Abbau der Renten für Kriegsbeschädigte und -hinterbliebene; hohe Steuern lasten auf uns. Wir sind erbittert, daß unsere Kriegsgefangenen noch nicht heimgekehrt sind. [] Vergessen wir nicht, daß die großen Sorgen und Nöte, von denen wir alltäglich geplagt sind, nichts anderes sind als die Folgen der Hitler-Diktatur und des Hitler-Krieges. [] Es führt ein gerader Weg vom totalen Staat über den totalen Krieg zur totalen Niederlage. Nun regieren die Besatzungsmächte in Deutschland. [] Und trotzdem sollen wir wählen? Nicht trotzdem, sondern gerade deswegen ist die Wahl von besonderer Bedeutung. Noch haben wir keine Demokratie! Noch leben wir in einer Übergangszeit. Noch bestimmen die Fach- und Funktionsoffiziere sowie Sonderverwaltungen ohne Kontrolle des Volkes. Die kommenden Wahlen sind der [] erste entscheidende Schritt zur Demokratie, [] zur Übernahme der Verantwortung durch uns Deutsche selber! Wir Sozialdemokraten wollen die Verantwortung für die Neugestaltung Hamburgs übernehmen. Wir wollen alle damit verbundenen Pflichten auf uns nehmen, verlangen von den Besatzungsmächten aber auch das Recht, Hamburg nach unseren Grundsätzen neu zu gestalten. Die Aufgabe ist schwer, sie erfordert [] Arbeit, Arbeit, und noch einmal Arbeit! [] Wir Sozialdemokraten sind bereit, diese Aufgabe mit allen gutwilligen Kräften unter ehrlicher Abkehr von allen Formen und Methoden der Diktatur zu bewältigen. Nur eine lebendige Demokratie kann uns herausführen aus Not und Elend. Gleiches Recht für alle, die die Grundlagen der Demokratie anerkennen und achten! Freiheit des Geistes und der menschlichen Persönlichkeit, Gewissens- und Glaubensfreiheit! Das sind die sittlichen Grundlagen, auf denen sozialdemokratische Politik in Theorie und Praxis unveränderlich beruht. [] Nur eine zielklare sozialistische und demokratische Politik [] wird Hamburg zu einem lebensfähigen Gemeinwesen machen. [] Hamburg muß von Sozialdemokraten geführt werden! [] Hamburg ist keine Insel! Was wir hier zu schaffen haben, gilt gleichermaßen für Hamburg und für Deutschland, dessen wirtschaftliche und politische Einheit unverrückbares Ziel sozialistischer Politik bleibt. [] Hamburg hat eine deutsche Aufgabe! [] Was es einst vor dem Zerstörungswerk der Nazis war, muß es wieder werden: Das Tor zur Welt! Das erfordert eine weitgehende Selbstverwaltung Hamburgs im Rahmen eines künftigen demokratischen Deutschlands. Das erfordert vor allem auch den [] Wiederaufbau des Hamburger Hafens [] Seine Anlagen sind zu 60 %, zerstört. Ein- und Ausfuhrhandel sind durch die nazistische Autarkie und Kriegspolitik völlig vernichtet. [] Neubelebung des Ein- und Ausfuhrhandels [] ist darum die große deutsche Aufgabe, bei deren Lösung Hamburg mit dem übrigen Deutschland die Grundlagen für die Entwicklung einer neuen Friedensindustrie schaffen muß. Diese Friedensindustrie kann auch in Hamburg nur aufgebaut werden unter bewußter Abkehr von hochkapitalistischen Trusts und Konzernen, deren Machtpolitik Deutschlands Untergang mit herbeigeführt hat. Hamburg muß darum sein Gewicht für eine planvolle sozialistische und demokratische Wirtschaftspolitik einsetzen. [] Hamburg hat eine sozialistische Aufgabe! [] Ein Hamburg unter sozialdemokratischer Führung wird für die Sozialisierung des Bergbaues, der Grundindustrien, der Verkehrs- und Versorgungsbetriebe und der Großbanken wirken, zugleich aber auch alles tun für eine [] Förderung privater und genossenschaftlicher Unternehmungen in der Klein- und Mittelindustrie, in Handel und Handwerk. [] Es gilt auch in Hamburg die uns noch verbliebenen Produktionseinrichtungen vor sinnloser Zerstörung zu bewahren und neue Grundlagen für Handel, Schiffahrt und Gewerbe zu schaffen. Das wird weitgehend auch eine Aufgabe der wirtschaftlichen Selbstverwaltung sein. Sie erfordert vor allem auch demokratische Organe wirtschaftlicher Selbstverwaltung. [] Die Vollbeschäftigung für alle Arbeiter und Angestellten muß erreicht werden. Im Vordergrund steht dabei vor allem der [] Wohnungsbau [] und zwar die beschleunigte Wiederherstellung reparaturfähiger Wohnungen und der Bau neuer Wohnungen. Es gilt, schnellstens zu beginnen. Der Wohnungsbau darf nicht mehr Objekt kapitalistischer Spekulation sein. Ein sozialdemokratisches Hamburg wird den Wohnungsbau tatkräftig vorantreiben. Ein tiefgreifender [] Lastenausgleich im Geiste sozialer Gerechtigkeit [] für alle Opfer des Krieges und des Nazismus, für Ausgebombte, Kriegsbeschädigte, Kriegshinterbliebene, Vertriebene und alle sozial Bedrängten muß die Zufälle des Kriegsschicksals beseitigen. [] Neben diesen überragenden Aufgaben steht als Notwendigkeit [] die sittliche und geistige Erneuerung Hamburgs. [] Sie erfordert eine nachdrückliche Förderung des Kulturlebens, dessen Eigenart und Vielfalt der sorgsamsten Pflege bedarf. Im Vordergrund steht die Neugestaltung der Schule, des gesamten Erziehungswesens, die Entwicklung einer fortschrittlichen Universität. Den Begabten ist ohne Rücksicht auf ihre soziale Lage der Weg wirtschaftlich zu ebnen. Die Jugendbewegung bedarf uneigennütziger Hilfe und Förderung. [] Groß sind die Aufgaben, die zu lösen sind Wir wollen in Hamburg entscheidend dazu beitragen, das Zeitalter des materialistischen Kapitalismus zu überwinden durch die demokratische und sozialistische Tat. [] Tiefster Sinn des demokratischen Sozialismus ist, den Menschen wieder zum Maß aller Dinge zu machen! [] Hamburger! Arbeitet mit uns! [] Kämpft mit uns für Hamburg und für Deutschland! [] Wählt am 13. Oktober Sozialdemokraten! [] Ein sozialistisches Hamburg - [] die Parole, der Bürgerschaftswahlen 1946 [] Die Mehrheit aller Hamburger für die Sozialdemokratie! - Das ist der Sinn dieser Wahl! Denn nur ein sozialistisches Hamburg kann ein gesundes. und dann einmal wieder ein blühendes Hamburg werden. [] Die Sozialdemokratie kann und will keine goldenen Berge versprechen. Aber sie will jetzt mit der sozialen Gestaltung des öffentlichen Lebens beginnen. - Wir Hamburger Sozialdemokraten stützen uns dabei auf die Erfahrungen und unbestreitbaren Erfolge unserer Partei in der kommunalen Aufbauarbeit der Jahre 1919 bis 1932. [] Für die hamburgische Landespolitik sieht die Sozialdemokratie folgende Aufgaben: [] Wirtschaft [] 1. Rettung aller wirtschaftlichen Werte und Arbeitsgrundlagen vor Stillegung, Zerstörung oder Demontage. [] 2. Aufbau einer Friedensindustrie durch Erweiterung der vorhandenen und Errichtung neuer Industriebetriebe in Anpassung an Hamburgs Aufgabe als Ein- und Ausfuhrhafen. [] 3. Erhaltung ausreichender Werftanlagen für den Neubau von Fischereifahrzeugen, See- und Binnenschiffen sowie für die Bewältigung der Reparaturaufgaben des Hafens. [] 4. Schaffung eines Seeschiffsverkehrs für die Einfuhr von Lebensmitteln und Rohstoffen, die Ausfuhr deutscher Fertigerzeugnisse und die Beförderung internationaler Güter. [] 5. Zusammenfassung der finanziellen Kräfte der Hamburger Wirtschaft und Bevölkerung durch volkswirtschaftlich vernünftige Ordnung des Bankenapparates und planmäßige Lenkung des Kreditwesens. [] Öffentliche Wirtschaft [] 6. Überführung der Monopolbetriebe, wie Hamburger Hochbahn AG. und der Hamburgischen Electricitätswerke AG. inöffentlichen Besitz. [] 7. Zusammenfassung aller Betriebe der öffentlichen Wirtschaft (Elektrizitäts-, Gas-, Wasserwerke, Hochbahn, Hafendampfschiffahrt, Hafen- und Lagerhausbetriebe) zur besseren Ausnutzung der Erträge. [] 8. Verwendung der in deröffentlichen Wirtschaft erzielten Überschüsse zum Ausbau des Hafens und zur Ausgestaltung der wirtschaftlichen Grundlage Hamburgs. [] Wohnungsbeschaffung [] 9. Schleunige Wiederherstellung aller zerstörten reparaturfähigen Wohnungen. [] 10. Erhaltung des vorhandenen bewohnbaren Wohnungsbestandes durch Sicherstellung des für Reparaturen vorgesehenen Teils der Miete im Interesse der Mieter wie der Hauseigentümer. [] 11. Billigste Finanzierung der Instandsetzungen und Neubauten durch niedrig verzinsbare Mittel; schärfste Kontrolle der Baupreise, Bekämpfung der Bauverteuerung. [] 12. Aufstellung eines in Finanzierung, Baustoffbeschaffung und Bereitstellung von Arbeitskräften gesicherten Planes für den Neubau von Wohnungen, der im Anschluß an das Reparaturprogramm durchzuführen ist; Durchführung des Neubauprogramms nach gemeinnützigen Grundsätzen. [] 13. Sicherung sozialer Mieten. auch bei den vorhandenen Wohnungen, Abbau überteuerter Untermieten. [] 14. Sinnvolle Zusammenfassung aller Aufgaben der Wohnungsplanung, Wohnungsherstellung, Wohnungsbewirtschaftung und Wohnungsverteilung; Übergang aller Befugnisse auf deutsche, der Hamburger Bevölkerung voll verantwortliche Dienststellen. [] Hamburger Finanzen [] 15. Eine Steuerpolitik, die die wirtschaftliche Aktivität nicht lähmt, sondern im Rahmen zeitgemäß beschränkter Gewinnmöglichkeiten fördert. [] 16. Bereitstellung der erforderlichen Mittel für den wirtschaftlichen Aufbau Hamburgs und für die sozialen Leistungen an alle Hilfsbedürftigen. [] 17. Aufbringung der Mittel nach dem Grundsatz der Leistungsfähigkeit unter besonderer Heranziehung der großen Vermögen. [] Wirtschaftliche Verwaltung [] 18. Entscheidende Mitbestimmung der Arbeitnehmer und Verbraucher bei der Preiskontrolle und Preisfestsetzung, der wirtschaftlichen Lenkung, Planung und Verwaltung sowie in den Selbstverwaltungsorganen der freien Wirtschaft (Kammern) und in den Betrieben. [] 19. Die gesamte öffentliche und private Wirtschaft muß auch in Hamburg nach dem Grundsatz der vordringlichen Bedarfsdeckung planmäßig gelenkt werden. [] Kommunale Verwaltung [] 20. Weitgehende kommunale Selbstverwaltung und Einschaltung der Bevölkerung in das Verwaltungssystem der Ortsämter. [] Kultur [] 21. Fortschrittliche Entwicklung des Schulwesens im Geist des Friedens und der Völkerverständigung. [] 22. Ausreichende Ausbildungsbeihilfen an alle befähigten Minderbemittelten, insbesondere an die Opfer des Krieges und der Naziverfolgung. [] 23. Ausgestaltung der Universität: Lehrstühle für Soziologie, Gemeinwirtschaft und Auslandskunde: Bereitstellung der erforderlichen Lehreinrichtungen. [] 24. Ausbau der öffentlichen und der unter öffentlichem Einfluß stehenden Theater zu kulturell hochqualifizierten Volkstheatern. [] 25. Förderung des Sports, der Jugendbildung und aller Einrichtungen der Jugendwohlfahrt und Jugendbewegung. [] Entnazifizierung [] 26. Befreiung der nachweisbar nur nominell Belasteten von allen Benachteiligungen. [] 27. Ausschaltung und Bestrafung aller Aktivisten. [] Verantwortung nur als Freie! [] 28. Beschleunigter Übergang aller Verwaltungsfunktionen auf deutsche Dienststellen. [] SOZIALDEMOKRATISCHE PARTEI DEUTSCHLAND [] LANDESORGANISATION HANSESTADT HAMBURG [] Mit Genehmigung der Militärregierung. [] Für den Inhalt verantwortlich: Ernst Kähler, Hamburg. [] Druck: Auerdruck GmbH., Hbg. 1, EP 36. 886/460000/10.46/Kl. C
Published:13.10.1946