Erinnerungsblatt

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals Erinnerungsblatt. [] Der 5. August 1848 [] gehört zu den seltenen, die im menschlichen Leben vorkommen. Schon mehrere Tage vorher war es beschlossen, daß dieß zweite Bataillon der Brünner National-Garden einen Uebungsmarsch nach der Herrschaft...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Friedrich Wilhelm Goldbach, Franz Gasil
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 05.08.1848
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/EE852553-85B0-49CE-8E5B-BD6B45DCE6B7
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals Erinnerungsblatt. [] Der 5. August 1848 [] gehört zu den seltenen, die im menschlichen Leben vorkommen. Schon mehrere Tage vorher war es beschlossen, daß dieß zweite Bataillon der Brünner National-Garden einen Uebungsmarsch nach der Herrschaft Sokolnitz unternehmen solle. Die stürmisch regnerische Nacht und der trübe unsichere Morgen hinderte zwar den frühen Abmarsch von Brünn, aber auf Regen - folgt Sonnenschein! Kaum blickte die Sonne durch die zerrissenen Wolken hindurch, so traten die Herren Garden in größter Eile zusammen, und marschirten Schlag neun Uhr von Ihrem Commandanten, Herrn Grafen Wladimir Mittrowsky, geführt, mit Jubel und klingendem Spiel zum Thore hinaus. [] Der Zug ging echt militärisch, in Reih' und Glied, durch Dick und Dünn - bis Nennowitz, wo sich ein kleines Gefecht entspann; hierauf zogen die Sieger und Besiegten in größter Harmonie weiter; in Turas wurden Sie mit einer Fahne und Musikbande von dem Landvolk empfangen, der Herr Commandant beschenkte sie reichlich. Als der Zug nahe an Sokolnitz kam, machte er Halt, und gab eine Generalsalve; in einer Viertelstunde rückte das Bataillon wohlbehalten mit klingendem Spiele, unter lautem Vivatruf und zuwehenden Tüchern auf dem Platz seiner Bestimmung an, wo sich das ganze Bataillon in einer Front vor dem aus Reißig verfertigten Zelt aufstellte. Nachdem die Posten vertheilt, die Gewehre in Pyramiden gestellt, begaben sich die Herren Garden, an die im Schatten aufgeschlagenen und jede Compagnie bezeichneten Tische, auf denen schon die Gläser für das echte deutsche Getränk standen, welches der Herr Graf eigens dazu hatte brauen lassen. Die Damen der dortigen Beamten hatten sich's zur Aufgabe gemacht, in der Küche für guten und kräftigen Imbiß zu sorgen. Nach einer kleinen Abkühlung, brauste der kräftige Gerstenwein aus den Glasern und ward jubelnd in vollen Zügen hinabgestürzt. Die Freude ward immer lebhafter; Vivatruf, Jubellieder, Händedruck und Umarmungen wechselten, Musik und Tanz, woran Alles Theil nahm; selbst der Herr Vicepräsident Graf Lazanzky, Ober-Commandant Graf Logothetti und Graf Atems, Commandant der Studentenlegion, waren zugegen, und ergetzten sich im Kreise der Fröhlichen! Die Stunden schwanden wie Augenblicke und die Trommel rief zum Abmarsch. Jeder griff nach seinem Gewehr, die Capelle spielte, der Zug setzte sich unter tausendstimmigen Vivatruf in Bewegung, mir schlug das Herz vor Freude und Wehmuth! meine Kräfte sind zu schwach, das Ganze würdig zu schildern, ich bitte daher den Versuch gütigst aufzunehmen. [] Abschiedsworte. [] Wer leiht mir Wort und Pinsel? das zu mahlen - [] Was bei dem Fest mein Herz empfand! [] In jedem Auge sah ich Perlen strahlen - [] Den warmen Freundschaftsdruck der Hand! [] Der schönste war's, von meinen Lebenstagen - [] Und Alle stimmen mit mir ein! [] Dieß Bruderfest! so hör' ich Alle sagen, [] Wird unvergeßlich für uns seyn! [] Hier herrschte wahre Lust und Freude - [] Nicht Schmeichelei, kein eitler Zwang! [] Man sang und scherzt', beschattet von der Weide [] Und labte sich am deutschen Göttertrank; [] Es tönten laut die neuen Jubellieder: [] "Was ist des Deutschen Vaterland!" [] Und tausendstimmig ruft das Echo wieder, [] Hoch lebe unser Commandant!!! [] Den Herren Garden [] dargebracht [] von [] Fried. Wich. Goldbach. [] Druck von Franz Gaftl.
Published:05.08.1848