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Hamburg, 17. Februar 1933. [] An die Mitglieder der Partei! [] Werte Genossin! Werter Genosse! [] Im vergangenen Jahre hat die Reaktion in zwei Präsidenten- und zwei Reichstagswahlen viermal zum Sturm angesetzt, um unsere Front zu zersprengen. Es ist ihr nicht gelungen, weil Ihr, Genossinnen und Genossen, der Partei die Treue gehalten und große Opfer auf Euch genommen habt. [] Mit der November-Wahl haben wir die Papen-Regierung unmöglich gemacht! Jetzt ist Adolf Hitler - nicht im "Front-Angriff", sondern auf den Schleichwegen seiner Kapitals-Günstlinge - Kanzler geworden. Der korrumpierte Kapitalismus macht seinen letzten, aber darum auch erbittertsten Versuch, mit Rechtsbruch, Terror und rohester Gewalt an der Macht zu bleiben! [] Mit der Wahl am 5. März ist dem Volke eine letzte Gelegenheit gegeben, auf dem Wege der Stimmabgabe sein Schicksal zu wenden! [] Bringt diese Wahl nicht eine Niederlage der Hitlerpartei, bringt sie uns, der Sozialdemokratie, nicht einen Sieg, dann werden die Reste der noch bestehenden demokratischen Volksrechte, das Koalitionsrecht, das Recht der freien Meinungsäußerung, ja, dann wird auch das freie Wahlrecht, für das unsere Bewegung sieben Jahrzehnte gekämpft hat, vom Faschismus zerstört werden! [] Wir rufen Euch daher auf, auch Dich, Genossin, auch Dich, Genosse, überbietet alle Anstrengungen, übertrefft alle Opfer der zurückliegenden Kämpfe! [] Noch unentwegter muß Eure Mitarbeit, noch freigebiger muß Eure finanzielle Unterstützung werden, wenn Ihr die Schrecken des Faschismus von Euch abwenden wollt! [] Schlagen wir jetzt die Hitler-Partei und die schwarzweißrote Reaktion zurück, dann wird bald die Stunde des Sozialismus für Deutschland geschlagen haben! [] Wer aber jetzt nichts gibt, wer jetzt nicht opfert für sein Recht und seine Freiheit, der trägt dazu bei, daß er mit seiner Freiheit und seinem Recht alle Hoffnung auf eine bessere wirtschaftliche Zukunft verliert! [] Nur durch Opfermut und Kämpfe ist der Sozialismus zu verwirklichen! [] Genossin, Genosse! [] In dieser Stunde höchster Gefahr für Deine eigene Existenz und die Freiheit der Arbeiterklasse rufen wir Dich, wie jedes Mitglied, persönlich auf, alles, aber auch alles zu tun, was dazu beiträgt, die Reaktion zu schlagen! [] Der ist kein Sozialist, der jetzt nicht so handelt, als hinge von seinem Tun und seinem Unterlassen das Schicksal seiner ganzen Klasse ab. Es liegt das Schicksal der Arbeiterklasse Europas in den Händen der deutschen Sozialdemokraten! [] Du kannst mehr tun, als das, was wir in Nachstehendem von Jedem einzelnen Genossen fordern! [] Dies aber ist das Mindeste, was Du tun mußt! [] Aufbewahren! Wieder durchlesen! Erstes Kampfgebot: Zeige Bekennermut! Jetzt erst recht! Sei kein Feigling! [] a) Trage das Kampfabzeichen der Eisernen Front, die drei Freiheitspfeile! Trage es sichtbar auf der Brust! Trage es immer, wo es auch sei! b) Grüße mit unserm Kampfruf "Freiheit"! [] Werde darin nicht lau! In der kraftvollen Art unseres Kampfrufes zeigst Du dem Schwankenden wie dem Gegner, wie fest Du an den Sieg des Sozialismus glaubst! [] c) Zeige die rote Freiheitsfahne der Eisernen Front mit den drei Pfeilen und die schwarzrotgoldene Fahne der Republik! [] Rote Freiheitsfahnen sind im Parteibüro, Gr. Theaterstr. 44, erhältlich. Bestellungen evtl. durch die Bezirksfunktionäre. Zeige Deine Kampfentschlossenheit durch Deine Fahne. [] d) Beginn des Fahnen-Kampfes: Die Fahnen der Eisernen Front werden einheitlich in ganz Hamburg erst am Sonntag, 26. Februar, dann aber auch Punkt 10 Uhr morgens, gehißt. In der letzten Wahlkampfwoche muß aus den Fenstern der Wohnung jedes unserer Genossen und unserer Wähler in ganz Hamburg die rote Freiheitsfahne des Sozialismus und die schwarzrotgoldene Fahne der Republik wehen. [] Zweites Kampfgebot: Sei ein Kämpfer! Greife an! [] a) Warte nicht, bis Du in eine Diskussion "hineingezogen" wirst. Suche die Diskussion! [] Schneide Dir Angriffsmaterial aus Deiner Zeitung "Hamburger Echo", "Echo der Woche", Flugblättern usw. aus. Lege es in ein Stückchen Karton, führe es stets bei Dir als Deine Munition. Der Nazi-Kapitalist kämpft mit seinem Scheckbuch, der Sozialist mit seinem Diskussions-Katechismus. [] b) Stelle Dich sofort von selbst Deinem Bezirksführer als aktiver Helfer zur Verfügung. [] Warte nicht auf Anforderung. [] c) Besuche die Versammlungen und Kundgebungen der Partei und demonstriere mit der Eisernen Front für Deine Freiheit! [] Drittes Kampfgebot: Sei ein Werber neuer Wähler! [] Unmittelbar vor der Wahl wird das Lesebedürfnis wegen Ueberhäufung der Wähler geringer. [] Beginne sofort damit: [] a) Deine gelesene Zeitung einem Nachbarn, Kollegen, Verwandten oder einer uns nicht zugehörenden Familie zuzustellen. [] b) Deine Zeitung in den Verkehrsmitteln, Straßenbahnen, Eisenbahnen usw., liegen zu lassen. [] c) Deine Zeitung an Verwandte und Bekannte auf dem Lande mit der Aufforderung um Weitergabe ihrerseits weiterzusenden. Vervielfache so die Werbekraft unserer Presse! [] d) Schreibe Postkarten und kurze Briefe mit aufklärendem politischen Inhalt an Verwandte und Bekannte auf dem Lande, in denen Du sie aufforderst, für unsere Partei zu stimmen. Das ist nur eine kleine Mühe für Dich, aber sehr wichtig und nachweislich sehr erfolgreich. [] e) Gib die Flugblätter der Partei an die Gegner weiter. [] f) Nimm Dir fest vor, der Partei mindestens drei neue Wähler zu gewinnen. Suche Dir die geeignetsten aus Deinem großen Bekannten- und Kollegenkreise aus und bearbeite sie systematisch auch durch mündliche Einwirkung. Scheue keine Mühe. Denke stets daran, was davon abhängt, daß es gelingt. [] Viertes Kampfgebot: Sei opferfreudig! Gib Dein Freiheitsopfer! [] a) Die Nazis erhalten Millionen von den Kapitalisten. Wir sind ganz allein auf die Gebefreudigkeit unserer Mitglieder angewiesen. Die Partei verausgabt Sammellisten und Wahlkampf-Marken à 25 Pf. und à 50 Pf. Kaufe sie! Zeichne! [] Der Parteivorstand hat beschlossen, daß alle Mitglieder einen doppelten Monatsbeitrag im Monat Februar bezahlen! Zahle mindestens diesen Beitrag zum Kampf! Denke daran, daß Du unsere Kampfkraft schwächst, wenn Du nicht Dein Scherflein beiträgst. Setze das Freiheitsopfer, das die Partei von Dir verlangt, in Verhältnis zu dem Verlust Deiner ganzen Freiheit, der eintreten wird, wenn Du jetzt das kleine Opfer nicht bringst. [] Genossin! Genosse! [] ES KOMMT AUF DICH AN! [] Sei ein Soldat der Menschenrechte! Sei nicht nur Anhänger, sei Kämpfer für den Sozialismus! [] TUE DEINE PFLICHT! [] Die Parole ist: [] Jede Frau, jeder Mann in die Front! Nieder die Tyrannei! Kämpft für die Freiheit! [] Der Parteivorstand der Landesorganisation Hamburg. [] I. A.: [] Vorsitzender. [] Zentrale Wahlkundgebungen, an denen sich alle Parteimitglieder beteiligen: Sonntag, 26. Februar, 15.30 Uhr, ab Heiligengeistfeld Straßen-Demonstration. Anmarsch von den Distrikts-Sammelplätzen (siehe Tageszeitung). [] Dienstag, 28. Februar, 20 Uhr, Saal-Kundgebng [!] bei Sagebiel, Drehbahn. Referent: Staatsanwalt Dr. W. Högner, München. [] Freitag, 3. März, 20.-30 Uhr, ab Lübecker-Tor-Feld. Straßen-Demonstration. Fackelzug der Freiheitskämpfer der Eisernen Front. Anmarsch von den Distrikts-Sammelplätzen (siehe Tageszeitung). [] Verantwortlich: Karl Meitmann in Hamburg. - Druck: Hamburger Buchdruckerei und Verlagsanstalt Auer & Co. in Hamburg
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