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IGM [] Nr. 1 / Juli / 2003 / D 4713 [] metall 89 extra [] In eigener Sache [] - Personaldebatte beendet [] Erklärung des Kandidaten-Duos Jürgen Peters und Berthold Huber [] - Klaus Zwickels Rücktritt [] Überraschender Abgang nach zehn Jahren [] - Meinungsbild [] Stimmen zur Krise der IG Metall [] - Die Entscheidung [] Gewerkschaftstag wählt Ende August [] Aktuell - Aktuell - Aktuell - Aktuell - Ak [] "Raus aus der Krise" [] Die Personaldebatte ist vorerst beendet. Das Führungsduo Jürgen Peters und Berthold Huber stellt sich den Delegierten zur Wahl - am 31. August. [] Die Geduld der IG Metall-Mitglieder wurde in den vergangenen Wochen auf eine harte Probe gestellt: Erst die Streikniederlage, dann der öffentlich ausgetragene Führungsstreit und die Erklärung von Berthold Huber, für kein Spitzenamt mehr zur Verfügung zu stehen. Das Chaos war perfekt und die Personalfragen wieder offen. Jetzt hat der Vorstand weiteren Spekulationen ein Ende bereitet. [] Er bestätigte den Beschluss vom April. Er empfiehlt den Delegierten Jürgen Peters, 59, zum Ersten und Berthold Huber, 53, zum Zweiten Vorsitzenden zu wählen. Sie sollen die IG Metall als Duo führen. [] Die neuerliche Kandidatur begründete Berthold Huber mit der Tatsache, dass sich kein geeigneter Kandidat gefunden hätte, der für die Integration der IG Metall stand. Deshalb habe er die Initiative ergriffen, um mit Jürgen Peters über Bedingungen für eine gemeinsame Arbeit zu reden. [] Jürgen Peters und Berthold Huber betonten, diese Lösung sei der beste Weg, um "zur Befriedung in der IG Metall beizutragen". Dabei solle ihre Verabredung helfen, "in allen wichtigen politischen und personellen Fragen gemeinsame Lösungen zu suchen" und keine Alleingänge zu unternehmen. [] "Eine Liebesheirat" sei es aber nicht, sagt Berthold Huber. Eher eine "Vernunftpartnerschaft auf Zeit". Es gebe keine "Sieger und Besiegten", betont Jürgen Peters. [] Während sich die IG Metall einen erbitterten Schlagabtausch lieferte, geriet der Auslöser für die Krise, die Streikniedertage im Osten, in den Hintergrund. [] Doch die Ursachenforschung hat begonnen. Hauptgrund für das Scheitern der Tarifauseinandersetzung seien die schwierigen wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen gewesen. Darin sind sich alle Beteiligten einig. Meinungsverschiedenheiten gibt es allerdings in der Frage, ob man die Probleme früher hätte erkennen können. [] Bis zum 1. Teil des Gewerkschaftstags soll ein Abschlussbericht vorgelegt werden. Dann will die IG Metall auch über Konsequenzen für die inhaltliche Arbeit beraten. [] Berthold Huber (links) und Jürgen Peters: Keine Alleingänge [] Solche Schlagzeilen sollen der Vergangenheit angehören [] Klaus Zwickel tritt ab [] Klaus Zwickel ist zurückgetreten. Er lehnte es aber ausdrücklich ab, "die alleinige Verantwortung für den gescheiterten Streik im Osten" zu übernehmen. [] Klaus Zwickel begründete seine Entscheidung damit, dass es ihm nicht gelungen sei, die Voraussetzungen für einen personellen Neuanfang zu schaffen. Bekanntlich hatte er nach dem gescheiterten Streik im Osten versucht, den Zweiten Vorsitzenden Jürgen Peters bzw. den gesamten Vorstand zu einem gemeinsamen Rücktritt zu bewegen. Ein plötzliches Ende für den 64jährigen Schwaben, der knapp zehn Jahre die IG Metall durch ruhige Zeiten steuerte. Fast so plötzlich, wie sein Weg an die Spitze. 1993 war er, nachdem Franz Steinkühler wegen unlauterer Aktien-Geschäfte seinen Rücktritt erklärt hatte, zum Nachfolger gewählt worden. Viele wichtige, nicht immer erfolgreiche und auch nicht unumstrittene Initiativen hat der gelernte Werkzeugmacher angestoßen. So überraschte Klaus Zwicket auf dem Gewerkschaftstag 1995 mit dem Vorschlag, zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ein "Bündnis für Arbeit" zu schaffen. Die Idee wurde später von der rot-grünen Bundesregierung realisiert, doch der von ihm erhoffte Erfolg blieb aus. Seine Vorschläge, die Wochenarbeitszeit auf 32 Stunden und das Rentenalter auf 60 zu senken, um Arbeitsplätze zu schaffen, fanden in der IG Metall keine Mehrheit. Auch die 1999 angestoßene Zukunftsdebatte geht auf Klaus Zwickel zurück. Sein Anliegen: Die IG Metall müsse neue Antworten auf die politischen Herausforderungen der Gegenwart finden. Sein Fazit: Die IG Metall müsse sich öffnen für die Vielfalt neuer Lebensentwürfe und Arbeitsverhältnisse. Persönlich angeschlagen war Zwickel durch die Mannesmann-Affäre 2001, wegen der ihm möglicherweise ein Verfahren wegen Untreue droht. [] Metaller sagen ihre Meinung [] Der Schock über den verlorenen Streik im Osten sitzt tief. Die Empörung über die öffentliche Suche nach Schuldigen ist groß. In Hunderten von Mails und Briefen brachten IG Metall-Mitglieder ihren Unmut zum Ausdruck. Einige Auszüge. [] - Was der Vorstand der IG Metall und eine Reihe weiterer Funktionäre praktizierten und noch betreiben ist aus unserer Sicht eine in den Medien ausgetragene Schlammschlacht, die simple Regeln des menschlichen Miteinander-Umgehens missachtet. Damit riskiert man sehenden Auges den Fortbestand einer einheitlichen, großen, stolzen, starken Organisation der arbeitenden Menschen zu einer Zeit, da die Gewerkschaft ihre größte Demütigung erfahren hat. [] Vertrauensleute Airbus Deutschtand, Nordenham [] - Wir finden es notwendig, dass in Zukunft die unterschiedlichen Positionen, die es in der IG Metall gibt, offen gelegt werden. Nur so sind Kontroversen nachvollziehbar. So wie es zur Zeit rüberkommt, werden wir von "Fürsten" geführt, die entweder hinter verschlossenen Türen beschließen oder vor laufender Kamera verkünden. [] Vertrauensteute Raytheon Marine, Kiel [] - In zwei Wochen habt ihr mehr Schaden angerichtet, als die Arbeitgeber in 13 Jahren. Das Schlimme daran ist, dass die Basis es ausbügeln muss. Konzentriert eure Kraft gefälligst auf das, was ansteht, die Zukunft. [] Klaus Zombronner, Leipzig [] - Wir sollten unsere Fehler aufarbeiten und nicht nach Sündenböcken suchen. Unsere Kolleginnen und Kollegen im Osten haben auch für uns im Westen gekämpft. Die Forderung nach der 40-Stunden-Woche, wie sie von Politikern, Verbandsvertretern und Medien gefordert wird, sollte für uns Warnung genug sein. [] Alfred Matejka, Wiesbaden [] - Aus Distanz besehen ist die Krise der IG Metall weniger eine Führungskrise als eine Identitätskrise. Im Gange der Globalisierung sind die Gewerkschaften hoffnungslos in Rückstand geraten. Weit ich aber hoffe, dass sich die Gewerkschaften dieser Verantwortung stellen, werde ich nicht aus der IG Metall austreten. [] Gebhard Bock, Rottenburg [] - Das miserable Erscheinungsbild der Führungsmannschaft während und nach dem Streik war beschämend. [] Radovan Barac, Mainz [] Gewerkschaftstag [] Um die Führungskrise in der IG Metall möglichst schnell zu beenden, hat der Vorstand beschlossen, den 20. ordentlichen Gewerkschaftstag in zwei Etappen durchzuführen. Der 1. Teil findet statt vom 29. bis 31. August in Frankfurt am Main, der zweite vom 14. bis 18. Oktober in Hannover. Auf er Tagesordnung des i. Teils stehen u. a. die mündlichen Geschäftsberichte des Vorstands, die Diskussion zu den Berichten und die Neuwahl des Vorstandes. [] metall [] Die nächste reguläre Ausgabe von Metall erscheint ausnahmsweise erst Mitte September. Diese Verschiebung um knapp zwei Wochen ist notwendig, um aktuell und ausführlich über die Ergebnisse des 1. Teils des Gewerkschaftstages Ende August berichten zu können. [] Kfz-Magazin [] Die nächste Ausgabe des Kfz-Magazins erscheint Ende September. Die Themen unter anderem: Die neuen Händlerverträge der Autohersteller und die Ausbildungssituation im Handwerk. [] Bestellungen: [] vertrieb@igmetall.de [] Impressum [] metallextra [] Herausgeber: Jürgen Peters, Bertin Eichler [] Chefredakteur.: [!] Claus Eilrich [] Verantwortlich für den Inhalt: Ruth Gruber [] Anschrift: metall-Redaktion [] Lyoner Straße 32 [] 60528 Frankfurt am Main [] Telefon: 069 - 6693-2445, [] E-Mail: metall-redaktion@igmetall.de; [] Internet: www.igmetall.de [] Aktuell [] Absender: metall extra IG Metalt D 4713 - PVSt.-DP AG-Entgett bezahlt 1/2003 [] Empfänger: [] "Aufbruch gemeinsam wagen" [] Erklärung von Jürgen Peters und Berthold Huber [] Die IG Metall braucht nach diesen schweren Wochen der inneren Zerrissenheit ein deutliches Signal der Einheit und des Aufbruchs. Vor diesem Hintergrund haben wir uns geeinigt, diese Verantwortung gemeinsam zu übernehmen. In den vergangenen Tagen haben wir mehrere Gespräche geführt, die durch unsere gemeinsame Verantwortung für eine Lösung der Führungskrise der IG Metall geprägt waren. [] Krise beenden [] Wir haben zu einer Vereinbarung gefunden, weil wir den festen Willen haben, die IG Metall zu einen. Wir sind der Ansicht, dass dies unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht ohne unsere Personen gelingen wird. Daraus ergibt sich der beiderseitige Wille, in allen Fragen zusammen zu arbeiten. Dies beinhaltet, dass alle wesentlichen politischen und personellen Fragen gemeinsam verabredet werden. Wir wollen - wenn der Gewerkschaftstag uns beauftragt - im Führungsduo die IG Metall repräsentieren. Wir wollen ein Beispiel für Zusammenarbeit geben und schließen Alleingänge aus. [] Die IG Metall befindet sich derzeit in einer schweren Krise. Im Vorfeld des 20. ordentlichen Gewerkschaftstages tun sich tiefe Meinungsverschiedenheiten auf, die dem Ansehen und der Stärke der IG Metall schaden. Eine Gewerkschaft, die den Interessen ihrer Mitglieder verpflichtet ist, muss alle Kräfte aufbringen, diesen Zustand zu beenden. [] Ausgehend vom verlorenen Arbeitskampf in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie ist in der IG Metall ein Streit über politische und mögliche persönliche Konsequenzen entbrannt. Die Tarifbewegung im Osten werden wir genau analysieren und aufarbeiten. [] Unabhängigkeit wahren [] Wir betonen: Die IG Metall ist als Einheitsgewerkschaft dazu verpflichtet, ihre Unabhängigkeit gegenüber Regierungen, Konfessionen und politischen Parteien zu wahren. Dies schließt die Akzeptanz unterschiedlicher politischer Meinungen ausdrücklich ein, verbietet aber die Aufteilung der IG Metall in Lager und Fraktionen. Die unselige Debatte über vermeintliche Modernisierer und Traditionalisten trifft nicht das Wesen der Meinungsunterschiede in der IG Metall. Wir müssen sie beenden. Unterschiedliche Meinungen, Widerstreit und Diskussionen sind unabdingbare Voraussetzungen für eine lebendige Organisation. Der Wettbewerb der Argumente gibt uns die Möglichkeit, unsere Ziele besser zu definieren. Unsere Fähigkeit, diese Vielfalt in solidarisches Handeln zu übersetzen, macht die IG Metall zu einer starken gesellschaftlichen Kraft. [] Reformen anpacken [] Wir sind beide überzeugt, dass die IG Metall nicht nur reformfähig, sondern auch reformwillig ist. Ihre geeinte Kraft ist unverzichtbar, um die Herausforderungen der Veränderungen der Arbeitsgesellschaft und des Sozialstaates im Interesse der abhängig Beschäftigten und des Gemeinwohls zu gestalten. Beide sind wir der Auffassung, dass wir die Debatte hierzu in einem offenen, beteiligungsorientierten und transparenten Diskurs in der IG Metall führen müssen. Hier können wir an die Ergebnisse der Zukunftsdebatte anknüpfen. Die IG Metall braucht Antworten auf die Herausforderungen der Globalisierung und der internationalen Standortkonkurrenz. [] Die IG Metall braucht angesichts der demographischen Entwicklung und der Finanzierungsstrukturen der sozialen Sicherung Antworten für die Reformen des Sozialstaates. Die IG Metall braucht Antworten auf die Herausforderungen der Arbeitsgesellschaft des 21. Jahrhunderts, die auch neue Wertmuster und veränderte Lebensbiographien der Beschäftigten aufnehmen. Die IG Metall wird ihren Reformanspruch in der Gesellschaft deutlich artikulieren. [] Standards verteidigen [] Gleichzeitig müssen wir uns gegen die Angriffe der Arbeitgeber und aus Teilen der Politik auf die Gewerkschaften, die Tarifautonomie und das System der Flächentarifverträge wehren. Die Verteidigung von in Tarifverträgen vereinbarten Mindeststandards und der Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte der Beschäftigten im Betrieb und den Unternehmen erfordert große Geschlossenheit in der IG Metall. [] Durchgesetzte Erfolge schützen und Gestaltungsfähigkeit beweisen - beides verlangt eine IG Metall, die in Betrieb, Region und Gesellschaft handlungsfähig ist. Basis hierfür ist die Bindekraft der Organisation in den Betrieben und die Gewinnung neuer Mitglieder. Wir müssen mit unserer Politik angemessen auf Veränderungen in der Struktur der Beschäftigten in den von der IG Metall vertretenen Branchen reagieren. Das verlangt u. a. eine Veränderung in unserem Auftreten, eine besondere Ansprache, Veränderungen in unserer betriebspolitischen Arbeit und bei unserem Bemühen um neue Mitglieder. Die Mehrheit der Arbeitnehmer bilden heute gut ausgebildete Beschäftigte. Sie für eine aktive Mitarbeit in der IG Metall zu gewinnen ist eine zentrale Herausforderung für die Zukunftsfähigkeit der IG Metall. [] Impulse geben [] Wir werden uns beide darum bemühen, dass der 20. ordentliche Gewerkschaftstag im Oktober die hierfür notwendigen Impulse gibt. [] Die IG Metall ist unter diesen Bedingungen fähig, aus der tiefen innerorganisatorischen Krise zu lernen und einen neuen Aufbruch zu wagen. Solidarische und demokratische Auseinandersetzungen im Innern, die Fähigkeit zur Bewältigung von Zukunftsaufgaben im Interesse unsere Mitglieder, das Formulieren klarer Ziele und Geschlossenheit nach außen machen die IG Metall zu einer attraktiven Organisation. [] Diese Fähigkeiten wollen wir der IG Metall gemeinsam erhalten und sie für die Zukunft verbessern. Wir wollen diese Verantwortung übernehmen und Vorbild für eine handlungsfähige IG Metall sein, mit der auch in Zukunft jeder rechnen kann und muss. [] Jürgen Peters Berthold Huber
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