Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Hintergrund: Das Flugblatt ist als Werbemittel im Rahmen der Aufklärungsaktion zur Friedenspolitik Willy Brandts in der Zeit vom 15.4.1972 - 30.4.1972 im Vorfeld zur Ratifizierung der Verträge mit der Sowjetunion und Polen an Bundesbürger verteilt worden. Vgl. Rundschreiben des Parteivorstands der SPD vom März 1972, Beilage zum Flugblatt "Sichern wir uns und unseren Kindern Frieden und Freunde!" 6/FLBL001800. Information zur aktuellen Diskussion um die sogenannten Moskauer "Protokolle" [] 1. Es gibt keine Protokolle. Im Sprachgebrauch des Normalbürgers sind "Protokolle" von beiden Seiten genehmigte Niederschriften. [] Hier handelt es sich um Gesprächs-Notizen von Stenographen und Verhandlungsteilnehmern. [] 2. Das Material, aus dem der Verlauf der Verhandlungen in Moskau hervorgeht, umfaßt etliche Aktenordner. Das Machwerk, das jetzt in die Diskussion lanciert wurde, ist eine zusammengeschnipselte Fälschung, die Gesagtes aus dem wirklichen Zusammenhang reißt, um den gewünschten "Dreh" zu bekommen. [] 3. Es gibt keine Geheimabsprachen zwischen der Sowjetunion oder Polen und der Bundesrepublik. Alles, worüber der Bundestag zu entscheiden hat, steht in den Verträgen - alles liegt offen. [] 4. Die Opposition im Bundestag und im Bundesrat hat jede ihrer Fragen beantwortet bekommen. Sie wurde auch in der Frage der Verträge besser informiert als je eine Opposition vor ihr. [] 5. Die Information wurde auch durch Beamte vermittelt, die unter Eid stehen und zur Wahrheit verpflichtet sind. Das Mißtrauen der CDU/CSU trifft vor allem diese Beamte, die sich politisch nicht wehren können. [] 6. Der Schutz der Vertraulichkeit ist eine Voraussetzung für internationale Verhandlungen. Die Vertraulichkeit ist dringend erforderlich für die Vertragspartner, aber auch für die Erfolge solcher Verhandlungen. Warum? [] Weil Verhandlungs-Notizen Auskunft über die wandelnden Positionen der Verhandlungspartner geben. Ein Vertrag ist immer ein Kompromiß miß. Der Weg zum Verhandlungserfolg - also der Vertrag ist mit extremen Standpunkten beider Seiten gepflastert. [] Das Bloßlegen jeder einzelnen Stufe dieser Verhandlungstreppe ist eine unerträgliche Indiskretion in die Willensbildung der anderen Seite - hier der Sowjetunion. Es wäre widersinnig, durch einseitige Indiskretionen eine Schadenfreude auf dieser Seite über die "Zugeständnisse" der anderen Seite auszulösen. Wir würden unserem nationalen Interesse schaden. [] Weil jede bestehende und kommende Regierung der Bundesrepublik Deutschland bei künftigen Verhandlungen handlungsfähig bleiben muß. Und wer verhandelt noch offen mit der Regierung eines Landes, in dem jedes Verhandlungswort auf den offenen Markt getragen wird? [] Um es an einem anderen Beispiel zu sagen: Wenn Nixon heute die Gesprächsnotizen über sein Gespräch mit Mao veröffentlichen müßte, wäre wahrscheinlich alles kaputt, was an Ansätzen für ein Gespräch zwischen den USA und China gefunden worden ist. [] 7. Selbst die sinnentstellenden Fetzen aus den Gesprächs-Notizen deuten an: in Moskau hat die Bundesrepublik hart verhandelt und viel herausgeholt. Dieser Erfolg, der den Abschluß der Berlin-Vereinbarung erst ermöglichte, darf nicht durch eine unverantwortliche Opposition - die der CDU/CSU die Steigbügel zur Macht halten will - gefährdet werden. [] 8. Die CDU/CSU-Opposition hat, offenbar wegen der Landtagswahl in Baden-Württemberg, kurz vor dem Verglimmen ihrer Argumenten-Flamme auch die Fälschung der Gesprächs-Notizen in ihre Argumentation eingereiht. [] Dazu Willy Brandt am 18. April 1972: [] "Die Opposition möge ihre politischen Argumente nicht auf anonyme Briefe aufbauen; denn anonyme Briefe landen bei anständigen Menschen in der Welt und auch in diesem Lande dort, wo sie hingehören, nämlich im Papierkorb." [] Herausgeber: Vorstand der SPD, Abteilung Öffentlichkeitsarbeit, Bonn [] Druck: Vorwärts-Druck, Bonn-Bad Godesberg, Kölner Straße 108-112 [] 4 - 72 - A 1 - 30
Published:04.1972