Land Hannover . Seine Aufgabe für Deutschland

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; LAND HANNOVER [] Seine Aufgabe für Deutschland [] Aufruf der Niedersächsischen Partei [] Hannoveraner, Niedersachsen! [] In der Stunde tiefster Not unseres deutschen Vaterlandes ist für unsere hannoversche Heimat ein historisches Ereignis ein...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Niedersächsische Landespartei (NLP), Buchdruckerei Albert Funke, Hannover
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 23.08.1946
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/5F9CE928-5AEF-4A5C-8985-1FB0D90EB9DE
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; LAND HANNOVER [] Seine Aufgabe für Deutschland [] Aufruf der Niedersächsischen Partei [] Hannoveraner, Niedersachsen! [] In der Stunde tiefster Not unseres deutschen Vaterlandes ist für unsere hannoversche Heimat ein historisches Ereignis eingetreten. Mit dem 23. August 1946 hat sie gemäß dem Willen aller ihrer Parteien und Körperschaften aufgehört, eine preußische Provinz zu sein, und ist als selbständiges Land in die Gemeinschaft der freien deutschen Stämme zurückgekehrt. Am 80. Jahrestag des Machtspruches von Prag, der das Recht unserer Heimat sinnlos zerbrach, ist die Fahne Hannovers wieder aufgestiegen über dem alten Haupt- und Kernland Niedersachsens. [] Hannoveraner! Niedersachsen! Mit tiefer Bewegung stehen wir als die Vertreter eines 80jährigen Kampfes um Wahrheit, Freiheit und Recht vor der Erfüllung einer Forderung, die vier Generationen in allen Erscheinungen und Systeme Flucht treu und unbeirrt verfochten haben. Mit tiefer Bewegung empfinden wir aber auch gerade an diesem Ehrentag der Heimat das Unglück unseres ganzen deutschen Vaterlandes doppelt hart. So entscheidend die Wendung des 23. August 1946 sich einmal auswirken wird, so bedeutet sie zunächst doch nur einen ersten Schritt auf einem gänzlich neuen Wege, den wir für eine bessere gesamtdeutsche Zukunft erst noch freikämpfen müssen. [] Hannoveraner! Niedersachsen! Hannover ist frei! Nun gilt es, all die bewährten Grundlagen und das wohlerworbene Erbgut unseres Heimatvolkes im Sturm dieser Zeiten zu bewahren. Nun gilt es, gemeinsam mit den anderen Ländern unserer Stammesheimat das ganze Niedersachsen zu schaffen! Nun gilt es, das neuerstandene Gefäß unseres alten Heimatstaates mit einem Leben zu erfüllen, das rein und unverfäscht [!] unserer so lange unterdrückten Eigenart entspricht. Nun gilt es, die deutschen Stämme zu einer großen Familie zu einen, in der jedem Gliede volle Lebens- und Leistungsfreiheit für das Ganze gesichert ist. Nun gilt es unserem Heimatvolke und allen deutschen Menschen, insbesondere aber den Heimatlosen und Kriegsopfern aller Art, ein menschenwürdiges Dasein zu sichern, das unseren hohen sozialen Idealen und dem Gebot der Stunde entspricht. Es sind also gewaltige Aufgaben, die unsere volle Hingabe fordern! [] Hannoveraner! Niedersachsen! Ueber dem Hannoverland wehen wieder die Fahnen der Heimat! Sinnbilder sind sie unserer Treue, Sinnbilder unserer Kampfentschlossenheit von gestern, von heute und von morgen! Ihre leuchtenden Farben mahnen und fordern: vorwärts! [] Das Direktorium der Niedersächsischen Landespartei [] Hellwege, Alpers, Farke, Biester, Dr. Häsemeier. Dr. Seebohm, Cramer v. Clausbruch. [] Heinrich Hellwege spricht im Landtag [] Es bedeutet für meine Freunde und mich, als die Sprecher der Niedersächsischen Landespartei, einen tief bewegenden Augenblick, wenn wir nun hier in Ihnen, meine Herren Minister und Abgeordneten, namens der Niedersächsischen Heimatbewegung die erste eigene Regierung und die erste eigene Volksvertretung begrüßen dürfen, deren sich unser deutsches Hannoverland nach einer genau achtzigjährigen unnatürlichen Bindung wieder erfreuen kann. Das Kern- und Hauptland Niedersachsens ist damit auf den ihm gebührenden, historischen Platz an der Ehrentafel der freien deutschen Stämme zurückgekehrt! Der Hannoveraner darf wieder seinem deutschen Vaterlande als unmittelbares Glied der deutschen Länderfamilie dienen! [] Wir wissen, daß alle unter ihnen, die unserer Heimat und unserer Stammesart nahe verbunden sind, jetzt dasselbe empfinden wie wir. Und sie werden es uns deshalb nachfühlen, wenn wir in diesem Augenblick voll Ehrfurcht der heimattreuen Männer und Frauen des Hannoverlandes gedenken, die acht Jahrzehnte von Generation zu Generation, von System zu System in guten und schlechten Zeiten - achtzig Jahre hartnäckig für das Recht ihres Landes und Volkstum eingetreten sind. Diesen Männern und Frauen ist es zu verdanken, daß die Mündigkeit Hannovers als Land, in der Idee immer erhalten geblieben ist und heute nun zur Forderung aller Parteien unseres Landes erhoben werden konnte, um an - dem gestrigen - denkwürdigen 23. August 1946 Wirklichkeit zu werden. [] 1866- 1946 [] Damit hat dieses Datum für unsere Heimat eine doppelte Bedeutung erlangt. Denn auf den Tag genau ist 80 Jahre vor dieser Neukonstituierung des Hannoverlandes, nämlich am 23. August 1866, der Friede von Prag unterzeichnet worden, in welchem ohne Anhörung, oder Zulassung von Vertretern des protestierenden hannoverschen Volkes mit einem Federstrich über die Annexion unserer Heimat entschieden wurde. [] Aber dieses symbolische Zusammentreffen zweier so beziehungsreicher und doch so entgegengesetzter Daten kann die Niedersächsische Bewegung nicht verlocken, hier nun etwa zu prunken mit der historischen Rechtfertigung ihres achtzigjährigen Kampfes für Wahrheit, Freiheit und Recht und an die tragische Bestätigung all ihrer Warnungen zu erinnern. Die Not unseres deutschen Vaterlandes ist zu erschütternd und auch zu heilig, um daraus billige Triumphe abzuleiten. [] Im Geist der Gemeinschaft [] In diesem Geist reichen wir Ihnen allen heute die Hand, um mit Ihnen gemeinsam für unseres Heimatvolkes und Heimatlandes Wohl und für unseres deutschen Vaterlandes Neuerstehung in ehrlichem demokratischen Wettstreit zu arbeiten. Wenn uns auf die Regierungsbildung auch nicht der Einfluß eingeräumt worden ist, den wir auf Grund unserer Stellung im Lande mit Recht beansprucht haben, so soll das vorläufig keine Ursache darstellen, daß wir uns vor der Regierungs-Mitarbeit zurückzögen. Wir haben für die uns angetragene verantwortungsschwerste Aufgabe der Gegenwart, nämlich für das Ministerium für Volksernährung und Landwirtschaft einen einheimischen befähigten Fachmann zur Verfügung gestellt. Dieses geschieht jedoch unter der Voraussetzung, daß wir für die Schaffung der Grundlagen jener Arbeit und Aufgabenlösung die gebührende Mitwirkungsfreiheit behalten. [] Wir selbst wissen uns frei von parteilichen Vorurteilen und sinnlosem Kleben an der Parteidoktrin. Wir wollen auf einer höheren politischen Ebene stehen, als das frühere Parteigezänk sie bot. Wir waren und bleiben nichts anderes als das Gewissen der Heimat und der Natürlichkeit! Jeder vernünftigen, guten und gesunden Leistung wird unsere Unterstützung gehören, gleichgültig von welcher Partei sie vorangetrieben wird. Den gleichen Geist erwarten wir aber auch von den anderen Fraktionen, in deren Reihen wir manche führende Männer in persönlicher gegenseitiger Achtung uns verbunden wissen. Das braucht an unseren sachlich verschiedenen Auffassungen nichts zu ändern. In der Vielfalt soll unsere Stärke liegen! [] Keine Zerstückelung Niedersachsens [] Das letzte Wort über die Neugestaltung unserer engeren Heimat ist noch nicht gesprochen. Immer noch sind Kräfte vorhanden, die einer Zerstückelung oder Verstümmelung unseres Hannoverlandes das Wort reden, um irgendwelche kleinstaatliche Länderneubildungen in Nordwestdeutschland zu konstruieren. Hiergegen wenden wir uns mit aller Entschiedenheit. Wir werden jedes Ansinnen aufs schärfste bekämpfen, das auch nur einen Fußbreit hannoverschen Bodens abzusplittern trachtet. Diese Einstellung entspringt nicht der Eigenbrötelei. Im Gegenteil! Unser Hannoverland soll in hoffentlich kürzester Zeit ja erst das Rückgrat bilden für ein größeres organisch zusammengefügtes Land Niedersachsen in welchem aber auch die bisherigen eigenstaatlichen Gliedländer Braunschweig, Oldenburg und beide Lippe in Gestalt von besonderen Selbstverwaltungskörpern ungeschmälert erhalten bleiben müssen. Niedersachsen, wie es uns vorchwebt [!] und wie es in der wirtchaftlichen [!] und Verkehrspolitik vieler Jahrzehnte zu einem festen Begriff geworden ist, dieses Niedersachsen bedeutet längst eine gewachsene Einheit, an der es nichts zu deuteln und zu rütteln gibt. Ein solcher an innerer Lebensfähigkeit und Leistungskraft geradezu idealer Landeskörper könnte deshalb auch nur beeinträchtigt werden, wenn er etwa durch Zusammenfassung mit struktuell verschiedenen Gebieten künstlich aufgebläht werden würde. Darum erheben wir ernsteste Bedenken gegen den Vorschlag, daß Niedersachsen mit dem Hansestädten und [] Schleswig-Holstein zu einem einzigen Land verschmolzen werden müsse. Schleswig-Holstein und die Hansestädte können ihrer besonderen Situation und ihren Aufgaben für Gesamtdeutschland nur gerecht werden, wenn sie ihre Kräfte mit derselben Eigenständigkeit entfalten, wie wir es für das kommende Land Niedersachsen fordern. [] Praktische Aufbauarbeit [] Hierzu ist nun der erste große Schritt mit der Restituierung Hannovers getan worden. Und damit beginnt zugleich eine praktische Aufbauarbeit, die beispiellose Schwierigkeiten zu überwinden haben wird. Wir halten hier zwar Ort und Stunde nicht geeignet, um parteipolitische Aktionsprogramme zu exerzieren. Aber auch in diesem Augenblick gedenken wir der furchtbaren Not, die rings im Lande herrscht. Kaum übersehbare Massen von Kriegsbetrieben und eine ungeheure Zahl von einheimischen Kriegsopfern entbehren zum großen Teil der notdürftigsten Versorgung. Ein unerträgliches Wohnungselend harrt der Linderung durch schleunigste Wohnbauaktionen. Das Hungergespenst wird auch nach der Ernte für die britische Zone nur durch außerordentliche Hilfsmaßnahmen gebannt werden können. Ein neuer Winter allerschwerster Sorgen und Nöte steht bald vor der Tür. Die Volkswirtschaft und das Finanzwesen befinden sich in einem lebensgefährlichen Zustand der Lähmung und Zerrüttung. Das alles bedeutet wahrhaft übermenschliche Aufgaben für diese erste Regierung und Volksvertretung unseres neuerstandenen Hannoverlandes. Die Kraft, sie anzupacken, werden wir nur aus dem unerschütterlichen Glauben an ein gerechtes göttliches Walten gewinnen können. Und darum werden wir auch nicht nachlassen dürfen, immer wieder bei den Siegermächten an das Lebensrecht unseres Volkes zu gemahnen und für die ewigen Gesetze der Vernunft, der Gerechtigkeit und der Menschlichkeit einzutreten. [] In dieser schweren Notzeit unseres Volkes aber bedürfen wir in unserer neuen parlamentarischen Arbeitsgemeinschaft - wie schon betont - eines ehrlichen Willens zur sachlichen Zusammenarbeit. Möge unser Hannoverscher Landtag durch Sachlichkeit und Leistung den Beweis dafür erbringen, daß die erzwungene achtzigjährige staatliche Unmündigkeit nicht nur spurlos vorübergegangen ist, sondern daß es sogar in höchstem Grade ungerechtfertigt und unzweckmäßig gewesen ist, die Mitwirkung des niedersächsischen Hauptlandes vom gesamtdeutschen Staatsleben auszuschalten. [] Das deutsche Gewissen [] Aber niemals soll unser Blick und unser Streben sich dabei vom Ganzen, von unserem deutschen Vaterlande wenden. Seine Zerrissenheit durch Zonengrenzen, die teilweise unübersteigbar sind, bedeutet ein ständiges Bluten aus tausend Wunden. Auch wir wollen nicht ruhen, bis diese Wunden geschlossen sind. Schon vor rund 130 Jahren, auf dem Wiener Kongreß, war es allein Hannover, das in Front mit dem Freiherrn vom Stein und mit dem Vertreter Englands die Wiedererrichtung der von Napoleon zerschlagenen deutschen Einheit durchzusetzen suchte. Damals mußte diese Forderung an der Übermacht des preußisch-russischen Widerspruchs scheitern. Vor achtzig Jahren waren es abermals von Hannover ausgehende nationaldeutsche Einigungsideen, die durch das Machtprinzipüberwalzt wurden. Und so stehen wir heute wiederum, nun zum dritten Male, vor einer deutschen Einigungsfrage inmitten eines unsagbaren Volkselends. Und wiederum soll im Hannoverland das deutsche Gewissen nicht weniger vernehmlich seine Stimme erheben als irgendwo anders. [] In diesem Sinne laßt uns nun bei aller Verschiedenheit der Auffassungen doch als Kameraden ehrlich um unseres deutschen Volkes Zukunft ringen und so dem Namen und der Fahne unserer neuerstandenen Heimat Ehre machen! [] Als Ehrengäste nahmen auch Herzog Ernst August zu Braunschweig und Lüneburg, die Herzogin, Erbprinz Ernst August und Prinz Welf-Heinrich an der Feier der Landtagseröffnung teil. [] Und nun an die Arbeit! [] Das Land Hannover ist wieder erstanden. [] Mit Erschütterung geht unser Blick in die Vergangenheiten zurück. Wir erleben die Erfüllung eines heißen Wunsches unserer Väter. Unserer Heimat wurde aber erst ihr Recht in der dunkelsten Stunde der deutschen Geschichte, im Zusammenbruch unseres Vaterlandes. Welch fürchterlicher Preis mußte gezahlt werden, weil man die Warnungen unserer Väter hochmütig überhörte. [] Unser Herz gehört unserer Heimat und damit Deutschland. Der Standhaftigkeit und Treue unserer Väter verdanken wir es, daß Hannover überhaupt wieder erstehen konnte, daß der Geist unserer Heimat 80 Jahre unter der Asche der erzwungenen Geschichtslosigkeit glühte und nun eine wärmende Kraftquelle sein darf im frostigen Elend unserer bitterschweren Gegenwart. [] Nun erst beginnt der eigentliche Weg der NLP als Heimatbewegung mit der ganzen Fülle der Aufgaben. Nur die Voraussetzung, nicht das Ergebnis unseres Wirkens ist bis jetzt geschaffen. Wir haben über unsere bedrohte Heimat zu wachen. [] Deutschland wird leben aus der Heimttreue seiner Bewohner oder es wird nicht mehr sein. Allen Heimatlosen, den geistig Friedlosen und den Entwurzelten muß wieder ein sicherer Grund ihres Daseins geschaffen werden. Geborgenheit in ihrem Vaterlande. [] Fülle der Gaben und Vielfalt der deutschen Art ist heimatbedingt. Nur mit ihrer Hilfe wird die Gegenwart gemeistert. [] Wir Niedersachsen sind ein unbestechlicher und unbeugsamer Stamm. Recht und Freiheit sind uns heilig. Das sei unseren Gegnern gesagt. Wir sind Realisten, nüchtern und zäh. Wir verstehen, hart zu arbeiten. Nicht ein Idyll erhoffen wir uns, aber freien Raum zum Schaffen gemäß unserer Eigenart. [] Damit der niedersächsische Stamm mit der ihm eigenen Kraft dem deutschen Vaterland dienen vermag, fordert die NLP das wirtschaftlich und räumlich eindeutig gegebene Land Niedersachsen zwischen Teutoburger Wald und Elbe, dessen Rückgrat unsere hannoversche Heimat ist. Die Erhaltung des unverfälschten niedersächsischen Elementes ist keine geringe Garantie dafür, daß das wahre Antlitz Deutschlands seine lauteren und klaren Züge bewahrt. Wir wollen in eine erneuerte deutsche und darüber hinaus in die europäische Gemeinschaft als Glied einer befriedeten Welt hineinwachsen. [] Darum bekämpfen wir alle Gleichmach[er,] jedes brutale Auswalzen der Unterschiede, sei es in der Kultur, in der Gesellschaft oder im Besitz. Nur wer Eigengepräge hat, ist zur sozialen Solidarität fähig. Wir bekämpfen jeden Totalitätsanspruch und vor allem die Herzlosigkeit einer die Menschen zum Verwaltungsobjekt erniedrigenden Bürokratie, wie sie im sozialistischen Zwangsstaat unvermeidlich ist, der die Menschen aus Heim, Familie und Beruf willkürlich herauszureißen droht. [] So gewaltig unsere Not auch ist, sie kann nicht durch Zwang, sondern nur durch die schöpferische Tat gewendet werden, deren Quelle nicht das Kollektiv, sondern die freie selbständige Einzelpersönlichkeit ist. [] Wiederaufbau des Zerstörten, Hilfe und Trost allen, die in unserer Mitte darben, Solidarität mit den Kriegsopfern! Den Flüchtlingen rufen wir zu: durch unsere Heimatkraft wollen wir eure verlorene Heimat zurückgewinnen! An diesem Ziel halten wir fest, denn es ist gleichbedeutend damit, ob Deutschland leben wird oder untergeht. Helft auch ihr Flüchtlinge uns. [] Und nun an die Arbeit!
Published:23.08.1946