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Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Fotos: Burkhard Lange, Neues Deutschland (ND) Menschenwürdige Wohnungen für alle! [] [] Wohnen ist Menschenrecht. [] [] PDS LINKE LISTE IM BUNDESTAG [] [] Ein Häuschen mit Garten? [] [] Die einen träumen vom eigenen Häuschen mit Garten. Die anderen finden es angenehm, in gut gestalteten Siedlungen mit viel Licht, Luft und Sonne inmitten freundlicher Nachbarn zur Miete oder in einer Genossenschaft zu wohnen. Ein Schreber- oder Hausgarten als Zugabe ist willkommen. Die Dritten lieben großstädtischen Trubel und die Anonymität des Wohnens in Hochhäusern. Viele wollen raus aus Bruchbuden, aus beengten Wohnverhältnissen, aus menschenunwürdigen Asylbewerber- und Obdachlosenasylen, aus aufbewahrenden Heimen. [] [] Wichtig ist das Wohnumfeld. Fußläufig erreichbare Schulen und Kindereinrichtungen, Läden und Dienstleistungen, Wohngrün, Spielplätze und der Park in der Nähe; verkehrsberuhigte Zonen und Parkplätze, barrierefrei, mit Treffpunkten für Alt und Jung, für Menschen unterschiedlicher Herkunft und Lebensart. Arbeitsstätten - soweit nicht störend - sollten ohne lange Wege erreichbar sein. Architektonische Vielfalt muß ja nicht in einen Jahrmarkt der Eitelkeiten ausarten. [] [] Häufig ist im Weichbild der Städte und Gemeinden - zumindest in Ostdeutschland - dafür genügend Raum. Es gibt Industriebrachen, aufgelassenes Bahngelände, durch offene Vermögensfragen oder Spekulationsabsichten blockierte Grundstücke. Diese Probleme müssen mit Blick auf das Gemeinwohl gelöst werden. Die weitere Zersiedelung der Landschaft und der Ausweis gigantischer Gewerbegebiete auf grüner Wiese - das ist der falsche Weg. Unvermeidliche Folgen einer solchen Städtebaupolitik wären die Aufblähung des Individualverkehrs und die Verödung der Innenstädte. [] [] Visionen einer menschengerechten Stadt gibt es seit Jahrhunderten. Einiges davon wurde realisiert, manches blieb auf halber Strecke liegen. [] [] Weiter voranzukommen stößt immer mehr auf solche Hindernisse wie privates Bodenmonopol und privatwirtschaftliche Verwertungsinteressen. In Artikel 14, Absatz 2 des Grundgesetzes heißt es: "Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen". Die PDS/Linke Liste ist dafür, daß dieses Verfassungsgebot ausgestaltet und mit Leben erfüllt wird. Das heißt vor allem: [] Die tatsächlichen Verfügungsrechte der Kommunen auf die Gestaltung ihrer Gemeinwesen stärken; [] Den Kommunen das Eigentum an kommunalen Einrichtungen, einschließlich Grund und Boden, übertragen; [] Ehemals militärisch genutzte Flächen den Kommunen kostenlos zur Verfügung stellen, [] Förderung alternativer Wohnkonzepte, z. B. für Menschen und Behinderungen, im Alter oder in anderen Gruppen. [] [] Das erfordert Mut in Ost und West in der Auseinandersetzung mit Einzel- und Sonderinteressen zur demokratischen Verwirklichung einer menschenfreundlichen Städtebau- und Siedlungspolitik. [] [] Wieso "rechnet sich" eigentlich der Wohnungsbau nicht mehr? [] [] Noch vor dreißig, vierzig Jahren reichten drei Jahreseinkommen eines Facharbeiters oder einer mittleren Angestellten aus, um eine Wohnung zu errichten oder ein bescheidenes Häuschen zu bauen. Heute genügen oftmals zehn Jahreseinkommen der betreffenden Bevölkerungsgruppen nicht mehr. Sicher spielen gewachsene Ansprüche an Größe und Ausstattung dabei eine Rolle, aber nicht die entscheidende: [] Gestiegen sind vor allem die Grundstückspreise - im Schnitt auf das 30- bis 40fache, in Großstädten und Ballungsgebieten auf das 100fache und mehr. [] Fleißig hat die Unternehmerlobby daran gearbeitet, über das DIN-Regelwerk Bauaufwand und Kosten hochzutreiben. Die ursprüngliche Zielsetzung, durch Normung Rationalisierungseffekte zu erzielen, wurde zum Teil ins Gegenteil verkehrt. [] Zinsverteuerungen trugen wesentlich dazu bei, den Preisanstieg bei Boden und Bauen so zu multiplizieren, daß die Lasten für den Kapitaldienst immer unerträglicher werden. [] Die Renditeerwartungen der privaten Anleger im Wohnungsbau orientieren sich am Hochzinsniveau - wie könnte es auch anders sein? [] [] Damit überhaupt noch Wohnungsbau stattfindet, sah sich der Staat genötigt, einzugreifen. So erhalten Reiche Steuergeschenke sogar für den Erwerb von Wohnungen aus dem Bestand, und im sozialen Wohnungsbau werden die überhöhten "Kosten"-Mieten zugunsten der Vermieter durch staatliche Zuschüsse heruntersubventioniert bzw. durch Wohngeld einigermaßen erträglich gemacht. Daß dieses System immer mehr an seine Grenzen stößt, ist offensichtlich. [] [] Auch wenn der Wohnungsbau in der "alten" Bundesrepublik nach dem historischen Tiefpunkt von weniger als 200000 Wohnungen Ende der achtziger Jahre sich etwas erholt hat - er ist noch weit entfernt von dem, was mit 600000 bis 700000 Wohnungen in den siebziger Jahren schon mal erreicht war. In den östlichen Bundesländern gibt es nach dem erzwungenen Ende des DDR-Wohnungsbaus nur schüchteme Anfänge. [] [] Notwendig ist ein langfristig angelegtes nationales Wohnungsbauprogramm, mit dem wenigstens 600000 Wohnungen pro Jahr, darunter mindestens 300000 Sozialwohnungen, zu schaffen sind. Die Modernisierung und Sanierung der vorhandenen Bestände, Leerstandsbeseitigung und Zweckentfremdungsverbot, sollten wichtige Bestandteile - dieses Programms sein. Nur so kann die in Deutschland herrschende Wohnungsnot schrittweise abgebaut werden. [] [] Menschenrecht auf Wohnung muß Verfassungsgebot werden. [] [] Auf dem Gebiet der Wohnungsversorgung muß der Staat das Seine tun; der Markt allein schafft es nicht. Ob in der "alten" BRD, ob in der DDR - egal, ob es nun ausdrücklich in der Verfassung stand oder nicht - der Staat tat etwas, um die Wohnungsnot zu bekämpfen: Nicht ohne Erfolg. Erst der jetzigen Koalitionsregierung blieb es vorbehalten, die "Deregulierung" als das Mittel anzupreisen und in einer Zeit zunehmender Wohnungsnot und Obdachlosigkeit die Bundesmittel für die Förderung des sozialen Wohnungsbaus zu kürzen. [] [] Um die Menschen in ihren Grundrechten von den Zufälligkeiten tagespolitischer Erwägungen oder zeitweiliger Mehrheiten zu schützen, muß das Recht auf Wohnung zum Verfassungsgebot werden. [] [] Damen und Herren von CDU/CSU und FDP finden eine solche Forderung unerträglich: Das Recht auf Wohnung sei mit dem Recht auf Sonnenschein gleichzusetzen. Und die "Realpolitiker" verweisen auf die erschreckenden Löcher in den Staatsfinanzen. [] [] Ist es wirklich so, daß die Haushaltslage eine großzügige Förderung des Wohnungsbaus für die breiten Schichten der Bevölkerung nicht zuläßt? Schaut man sich an, wohin das Geld wirklich fließt, kommt man zu anderen Ergebnissen. Nach Recherchen der IG Bau-Steine-Erden fördert der Bund das Wohnungswesen jährlich mit 75 Milliarden DM. Davon gehen 80 Prozent in Form von Steuergeschenken an die, die bereits Immobilien besitzen, 12 Prozent erhalten die, die eigentlich genug verdienen, um sich ein Haus zu bauen, aber denen der Staat mit dem famosen §10e EStG usw. zusätzlich unter die Arme greift. Ganze 8 Prozent bleiben übrig, um über die Förderung des sozialen Wohnungsbaus und mit Wohngeld denen zu helfen, die es wirklich brauchen - mehr als die Hälfte der Bevölkerung. Ordnungs- und vermögenspolitische Zielsetzungen haben die ursprünglich wohnungspolitischen Ziele der Wohnungsbauförderung weitgehend beiseite gedrängt. [] [] Forderungen der PDS/Linke Liste: [] Das Menschenrecht auf Wohnung muß in die Verfassung. [] Grundlegender Umbau des Systems der staatlichen Förderung des Wohnungsbaus. Primat der Förderung des sozialen Wohnungsbaus, der Wohnungsbaugenossenschaften und der selbstgenutzten Eigenheime für Normalverdiener. [] Keine steuerliche Förderung für den Erwerb von Wohnungen aus dem Bestand. [] Rigorose Besteuerung der sogenannten "Planungsgewinne" und der spekulativen Hortung von Bauland. [] Reform der Wohngeldgesetze in Ost und West. [] [] Mieten müssen bezahlbar bleiben! [] [] Sind sie es eigentlich noch? Die Bundesregierung sagt ja und verweist auf Durchschnittsberechnungen. Nun, wir kennen alle die Story von der Kuh, die im Teich ersoffen ist, obwohl er im Durchschnitt nur einen halben Meter tief war. Aber auch die Prozentzahlen der Miete am Einkommen besagen herzlich wenig. Entscheidend ist, was nach der Zahlung der Miete vom Einkommen übrig bleibt. Die Bundesregierung hat nicht verhindert, daß in den letzten 10 Jahren in den "alten" Bundesländern die Mieten schneller als Einkommen und allgemeine Lebenshaltungskosten angestiegen sind. Schon jetzt gibt es nicht wenige Rentner/innen, Arbeitslose und Alleinerziehende, bei denen wegen des relativ geringen Einkommens und hoher Mieten auch Wohngeld nicht davor schützt, unter die Sozialhilfesätze zu rutschen. [] [] Nachdem in Ostdeutschland in den letzten drei Jahren die Wohnkosten auf das 6 bis 8fache gestiegen sind, "verzichtet" die Bundesregierung im Wahljahr 1994 auf weitere administrative Mieterhöhungen. Umso ärger wird es 1995/96 mit der geplanten Einführung der ortsüblichen Vergleichsmiete, obwohl der Modus der Aufstellung der dazu notwendigen Mietspiegel völlig im Nebel liegt. Auch die Belegungsbindungen für kommunale Wohnungen laufen 1995 aus. Damit betreibt die Bundesregierung den weitgehende Rückzug des Staates aus einer einklagbaren Mietbegrenzung. Fast alles soll auf das Gleis privatrechtlicher Beziehungen zwischen Vermietern und Mietern geschoben, also entpolitisiert werden. Wer dabei bei der herrschenden Wohnungsnot den Kürzeren zieht, dürfte klar sein. [] [] Dies kann nicht hingenommen werden. Die Bundesregierung muß ihre Absichten über Mietpreisentwicklung und Mietrecht im Jahre 1995 jetzt offenlegen. [] [] Minimalforderungen der PDS/Linke Liste sind: [] Ein bis Ende 1996 befristetes Mietenmoratorium für mietpreisgebundene Wohnungen in Ostdeutschland; [] Gleichstellung des kommunalen Wohnungsbestandes in Ostdeutschland mit dem für Sozialwohnungen geltenden Recht; direkte Verfügungsrechte der Kommunen auf einen Teil dieses Bestandes; [] Keine Einführung des Vergleichsmietsystems ohne Begrenzung des Mietanstiegs und exakte Regeln zur Aufstellung von Mietspiegeln; Rückgriff auf das Prinzip der "schwarzen" und "weißen Kreise" in Ballungsgebieten; [] Keine Überwälzung des Kapitaldienstes für die sogenannten Altschulden auf die Mieten; [] Kappung der Modernisierungsumlagen auf max. 1,50 DM je Quadratmeter für 10 Jahre; Streichung der "freiwilligen" Instandsetzungsumlage; [] Kappung der zulässigen Mieterhöhung auf 10 Prozent in drei Jahren oder auf Einkommensindex für den gesamten Betsand [!] [Bestand]; Begrenzung der zulässigen Erhöhung des Mietzinses bei Neuvermietung auf 10 Prozent; [] Großzügige Förderung des Wohnungstausches mit dem Ziel der gerechteren Verteilung vorhandenen Wohnraums; gegenseitiger Eintritt in bestehende Verträge; [] Rechtliche Sicherung alternativer Wohnformen; grundsätzliches Verbot der Räumung auf die Straße; [] Anhebung der Einkommensgrenzen für Wohngeld um mindestens 20 Prozent; jährliche Anhebung der Obergrenze der zuschußfähigen Wohnkosten (Warmmiete) nach Mietindex für freifinanzierte Wohnungen. [] [] Die große Landnahme. [] [] König Ludwig XVIII. von Frankreich gehört wohl nicht zu den berühmtesten Monarchen der Weltgeschichte. Seine Verdienste sind auch eher bescheiden: Indem er nach dem Sturz Napoleons 1814 darauf verzichtete, die im Gefolge der Großen Französischen Revolution vollzogenen Eigentumsveränderungen - vor allem an Grund und Boden - rückgängig zu machen, sicherte er Frankreich immerhin den sozialen Frieden und das Aufblühen der Wirtschaft. [] [] Herr Kohl hielt es für richtig, umgekehrt zu verfahren. Mit dem Prinzip "Rückgabe vor Entschädigung" bedroht er das Eigentum ostdeutscher Häuslebauer. Mit der sogenannten "Altschuldenhilfegesetz" festgeschriebenen Zwangsprivatisierung von Wohnungen will er ostdeutsche Mieter und Genossenschaftler dazu zwingen, die mit ihrer Arbeit geschaffene Wohnung nochmals zu kaufen. Unverständnis, aber auch Resignation machen sich breit. Alles schon gelaufen? Nur, wenn man sich weiterhin alles gefallen läßt! Opposition und Widerstand unter Ausnutzung aller rechtsstaatlichen Möglichkeiten sind angesagt. [] [] Die PDS/Linke Liste fordert: [] Ersatzlose Streichung der Verpflichtung zur Zwangsprivatisierung von Wohnungen nach dem "Altschuldenhilfegesetz"; [] Umkehr des Prinzips "Rückgabe vor Entschädigung". Umfassender Bestandsschutz der Häuslebauer, Kleingärtner und Nutzer. [] Interessenausgleich zwischen Nutzern und den Nachfahren von Alteigentümern von Grundstücken auf der Grundlage der Einheitswerte [] [] Weitere Informationen zur Wohnungspolitik der PDS/ Linke Liste im Bundestag sind über über [!] das Referat Öffentlichkeitsarbeit der PDS/LL, Bundeshaus Bonn Center, 53113 Bonn oder Wahlkreisbüro MdB Dr. Ilja Seifert, Gubener Straße 27, 10243 Berlin, Telefon: (030) 589 28 08, Fax: (030) 707 42 83, zu beziehen. [] [] Herausgeberin: PDS/Linke Liste im Bundestag, Arbeitskreis "Ökologie, Soziales, Wirtschaft", 53113 Bonn, Bundeshaus [] Redaktion: Rolf Kühnert, André Nowak, Dr. Ilja Seifert V.i.S.d.P.: Dr. Ilja Seifert, MdB, Fotos: Burkhard Lange, ND
Published:16.10.1994