Extrablatt . CDU am Ende?

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Extrablatt [] Björn Engholm [] SPD [] CDU am Ende? [] Die Zeit für einen Machtwechsel ist gekommen [] B/S/A/ Lübeck/ Bonn. In den letzten Wochen und Monaten wurde es für jeden deutlich: Die CDU ist verbraucht. Nervosität, Unsachlichkeit, Mang...

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Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Lübeck, Wullenwever-Druck, Lübeck
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 28.09.1969
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/8C4264C0-C5E0-4EE6-B689-D9FFB8ECF8EB
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Extrablatt [] Björn Engholm [] SPD [] CDU am Ende? [] Die Zeit für einen Machtwechsel ist gekommen [] B/S/A/ Lübeck/ Bonn. In den letzten Wochen und Monaten wurde es für jeden deutlich: Die CDU ist verbraucht. Nervosität, Unsachlichkeit, Mangel anüberzeugenden Leitsätzen und Führungspersönlichkeiten kennzeichnen den politischen Stil einer handlungsunfähigen Partei, deren Tage gezählt sind. Immer mehr Menschen in der Bundesrepublik lehnen die Selbstherrlichkeit und Überheblichkeit der Unionsparteien ab. Der wahltaktische Mißbrauch lebenswichtiger Probleme und die zunehmende Diffamierung des politischen Gegners beweisen die Unfähigkeit der CDU, die Zukunft im Sinne des Friedens und der sozialen Gerechtigkeit zu gestalten. [] Union blockiert Fortschritt [] Politische Beobachter in Bonn verzeichneten in den letzten Monaten bei der CDU/CSU eine wachsende Unfähigkeit, mit den auftretenden Problemen der aktuellen deutschen Politik fertigzuwerden. Das zeigte sich besonders deutlich bei der Behandlung der Währungs- und Preisstabilität im Mai dieses Jahres, als alle Fachleute der Bundesregierung rieten, die DM aufzuwerten und damit einer importierten Inflation vorzubeugen. Nichtfachmann Kiesinger rührte sich nicht. [] Auch als es um die Position Deutschlands in der Welt ging und immer mehr Staaten die DDR anerkannten, glaubte Kiesinger, mit der Schließung unserer Botschaften sei es getan. Mit der Anwendung dieser längst überholten Hallstein-Doktrin überließ er die Alleinvertretung deutscher Interessen den Ostberliner Diplomaten. [] Strauß wartet schon [] Informierte Kreise wissen zu berichten, daß hinter den Kulissen der Unionsparteien bereits jetzt um Kiesingers Nachfolge gerungen wird. Niemand kann heute mit Sicherheit sagen, ob es dem Wähler mit Bundeskanzler Kiesinger nicht ebenso geht wie 1965 mit Ludwig Erhard. Auch damals wurde dem Wähler ein vielgepriesener Kanzler präsentiert, der dann aber schon Ende 1966 abserviert wurde. Die zahlreicher werdenden Widersprüche in Kurt-Georg Kiesingers Äußerungen lassen darauf schließen, daß längst andere Männer auf den Kanzlerposten warten: [] - Da ist zunächst Gerhard Schröder, der verhinderte Bundespräsidentenkandidat der CDU / CSU / NDP, der sich immer noch als Kanzleranwärter einer kleinen Koalition zur Verfügung hält. [] - Neben ihm wartet Kai-Uwe von Hassel, dessen jüngste Reden vermuten lassen, daß er als möglicher Führer einer Koalition mit der rechtsextremen NPD in Betracht zu ziehen ist. [] - Und schließlich ist da Franz-Josef Strauß, der geschickte und skrupellose Bayer, der mit List und Macht nach vorn drängt und dabei von der CSU und Teilen der CDU unterstützt wird. Ihm werden die größten Chancen beim Kampf um die Führung eingeräumt. [] Die Union bestreitet den Wahlkampf mit dem Slogan: Auf den Kanzler kommt es an. Wer damit letztlich gemeint ist, wird dem Wähler tunlich verschwiegen. [] Fachleute gesucht [] Während um die Kanzlernachfolge gerangelt wird, steht die CDU bei der Suche nach geeigneten Fachressortpolitikern vor einem ausgedehnten Nichts, Dafür nur zwei Beispiele: [] - Auf ihrem groß angekündigten Wirtschaftstag gelang es den Christdemokraten nicht, einen Wirtschaftsfachmann zu finden, den man gegen den immer beliebter werdenden Wirtschaftsminister Karl Schiller (SPD) hätte aufbauen können. Schatzminister Schmücker disqualifizierte sich selbst, indem er die deutschen Arbeitnehmer mit der Behauptung verprellte, seine Partei habe die große Krise bewußt herbeigeführt. [] - CDU-Minister a.D. Paul Lücke beleidigte rund 40 Millionen Mieter, indem er sie als "besitzlose Proletarier" abstempelte und nur den Hausbesitzern "staatsbürgerliches Bewußtsein" zubilligte. Dazu sagte Paul Nevermann, der Präsident des Deutschen Mieterbundes: "Das ist eine infame Beleidigung!" [] Mangel an Argumenten [] Statt mit Sachargumenten in die Wahlkampfarena zu steigen, begnügt sich die CDU allerorten mit dumfen Gefühlsappellen. Wie in alten Zeiten wird der politische Gegner verunglimpft. Das zeigt sich auch in Lübeck. Während die SPD hier am Ort ihre Vorstellungen bei rund 80 Versammlungen und Diskussionsgesprächen verdeutlicht hat, während sie sich täglich in ihrem "Gesprächswagen" dem Wähler stellt, beschränkt sich die Lübecker CDU darauf, in unpersönlichen Anzeigen ihre Mitbewerber zu diskriminieren. So werden der SPD und der FDP "Aufweichung" und "Geschwätz" vorgeworfen, die Gewerkschaften und die Wähler beleidigt. [] Das ist ein Stil, den der aufgeklärte Wähler verachtet. Dieser Art der Beschimpfung versagt sich jeder Bürger. [] Entscheidung im September [] Am 28. September wird die Zukunft Deutschlands entschieden. Fast 40 Millionen Wähler werden das politische Angebot der Parteien sorgsam abwägen und nach den Maßstäben der Vernunft ihre Stimme abgeben. Dabei werden verbrauchte Politiker und Parteien ihre verdiente Quittung erhalten. Eines liegt auf der Hand: Die CDU gehört nicht zu den Parteien, die das moderne Deutschland bauen. [] - Für Lübeck nach Bonn Björn Engholm Lübecks Bundestagskandidat - Für demokratische Reformen - Für stabile Preise - Für die Sicherheit der Arbeitsplätze - Für steigende Löhne und Gehälter - Für die qualifizierte Mitbestimmung - Für eine gerechte Vermögensverteilung - Für Frieden, Entspannung, Versöhnung - Für kontrollierte Abrüstung - Für Chancengleichheit im Bildungswesen - Für einen gesicherten Lebensabend [] F.D.P. und SPD in Moskau [] Der Wahlkampf beginnt auf Hochtouren zu laufen, die Parteien streiten um die Gunst des Wählers. Und dennoch: Auch in dieser Zeit muß Politik für Deutschland gemacht werden. [] Ein gutes Beispiel dafür haben gerade in jüngster Zeit die SPD und die F.D.P. geliefert. Beide Parteien haben Vertreter ihrer Führungsspitze nach Moskau geschickt. Im Bewußtsein ihrer Verantwortung für Deutschland haben diese Politiker mit den Repräsentanten der Sowjetunion Gespräche geführt. Damit haben sie einen weiteren Beitrag zur Entspannung geleistet. Beide Parteien haben wieder einmal bewiesen, daß sie auch gegen den Widerstand der konservativen Kreise aus CDU und CSU die deutschen Interessen wahrnehmen. [] Alle verstehen das. Nur einige deutsche Christdemokraten träumen immer noch vom Kalten Krieg. Ob die Bürger ihre gefährlichen Träume honorieren, wird am 28. September entschieden. HS [] [Bildunterschriften:] [] Strauß: Der Mann, der Bundeskanzler Kiesinger das Fürchten lehrt ... [] Traditionswußt der Zukunft verpflichtet: Das sind die Bürger unserer Hansestadt [] Prof. Schiller: Wir werden den Weg der Stabilität nicht verlassen [] Eine "lange schwelende Krise" ist nach den Worten des Bundeskanzlers in der Regierungserklärung vom 13. Dezember 1966 der Bildung der neuen Bundesregierung vorausgegangen. Heute, mitten in der Hochkonjunktur, wo dank Professor Schillers Wirtschaftspolitik jedem Arbeitslosen acht offene Stellen angeboten werden, heute sagt der damalige Wirtschaftsminister Schmücker, diese Rezession sei "gewollt" gewesen. [] So sah das Ergebnis dieses Wollens aus: [] - 700000 Arbeitslose - mehrere hundertausend Arbeitnehmer in Kurzarbeit - sinkende Industrieproduktion und stagnierende Einkommen - Existenzangst in Millionen Arbeiterfamilien - schwarze Fahnen an der Ruhr und 26 Millionen Tonnen Kohle auf Halde - Unsicherheit bei vielen Klein- und Mittelbetrieben; 3930 Konkurse. [] Das ist Krisen-Schmückers Bilanz. Aber nicht allein der ehemalige Wirtschaftsminister und heutige Vorsitzende der Wirtschaftsvereinigung der CDU versucht die Rezession 1966/67 zu bagatellisieren. Franz Josef Strauß redet jetzt nachträglich von der "Gnade der Stunde der Angst". Und der ehemalige FDP-Finanzminister Starke sagt, die [] SPD [] Die beste Zukunft, die Sie wählen können [] Krise war notwendig, weil der Staat "zur Ordnung gerufen werden" mußte. 700000 Menschen verloren ihren Arbeitsplatz, Millionen mußten eine Einkommensminderung hinnehmen, damit die damalige Bundesregierung "zur Ordnung gerufen werden konnte". Das ist eine zynische Zumutung und heißt: Arbeitslosigkeit als Mittel der Wirtschaftspolitik. Die Existenz Hunderttausender von Menschen wurde bedroht, um die Fehler der Finanz- und Wirtschaftspolitik auszubügeln. [] Frivoles Spiel beendet [] Die neue Wirtschaftspolitik Professor Schillers hat diesen zynischen Stil beendet. Sie hat die Arbeitsplätze gesichert und die Grundlagen eines Wachstums in Stabilität mit steigenden Einkommen und stabilen Preisen geschaffen. [] Doch Erfolg macht die Erfolglosen neidisch. Der Neid nimmt zu mit dem näherkommenden Wahltermin, und so haben die Unionsparteien vom Mai 1969 ab die Anwendung der richtigen Instrumente zum richtigen Zeitpunkt verhindert. [] Aufwertung - pro und kontra [] Professor Schiller wollte mit der Aufwertung der Deutschen Mark einen Damm gegen das Überschwappen der Preisflut aus dem Ausland bauen. [] Aufwertung als Schutzimpfung gegen den Inflationsbazillus von außen und zur Stabilisierung der Konjunktur auf Dauer. [] Folgen einer Aufwertung: [] - die Deutsche Mark wird wertvoller - ausländische Waren und Ferienreisen werden für uns billiger - heute kostet uns ein Dollar 4,- DM, nach der Aufwertung 3,75 DM. [] Folgen der Nichtaufwertung: [] - deutsche Waren werden zu billig an das Ausland verkauft - diese Exportschwemme räumt den Binnenmarkt und treibt bei uns die Preise in die Höhe - Verbraucher und Sparer zahlen die Zeche, Großindustrie und Großbanken verdienen daran. [] CDU treibt Volkverdummung [] Die Unionsparteien haben sich "auf ewig" gegen diese zur Preisstabilisierung notwendige Maßnahme ausgesprochen. [] Was davon zu halten ist, schreibt das "Handelsblatt" am 16. Juli 1969: [] "Die CDU/CSU und ihr Kanzler wissen insgeheim ganz genau, daß sie mit der strikten Verweigerung einer DM-Aufwertung eine falsche und schädliche Politik betrieben haben und betreiben. Die nichtökonomischen Gründe, die dafür den Ausschlag gaben, lassen sich in der Öffentlichkeit nicht vorzeigen. Also versteigt man sich nach dem vermeintlich probaten Rezept, daß Angriff die beste Verteidigung sei, von der Professorenbeschimpfung bis hin zu der grandios verdrehten Behauptung, ausgerechnet die Verweigerung einer DM-Aufwertung diene der Geldwertstabilität. Das ist in der Tat Volksverdummung". [] Diesem Kommentar des angesehenen Wirtschaftsblattes bleibt nichts hinzuzufügen. [] Wissen - wägen - wählen [] Es ist beklemmend, in dieser Vorwahlzeit zu erleben, wie laut eine Partei, die sich nahezu 20 Jahre lang mit der Staatsmacht identifiziert hat, durch eine Politik der Verunsicherung das Erreichte gefährdet und das für die Zukunft Notwendige vernebelt. Statt eine klare Bilanz aufzumachen und es dem Wähler zu überlassen, über Soll und Haben zu befinden, hat sich die CDU/CSU für ein Pokerspiel um die Wählerstimmen entschieden. [] Aus wahltaktischen Gründen haben die Minister Schmücker und Strauß in glatten Widerspruch zur Regierungserklärung die Rezession von 1960 als "gewollt" hingestellt und die damalige Unsicherheit der Arbeitsplätze als "Gnade der Stunde der Angst" bezeichnet. Wer solche Männer wählt, muß wissen, daß er eine neuerlich "gewollte" Rezession mitwählt, jenen Prozeß angeblichen "Gesundschrumpfens" also, der da "Arbeitskräftepolster abbaut" und den behaupteten "Mißbrauch" der Sozialversicherung verringert. [] Aus wahltaktischen Gründen war die CDU/CSU gegen die Aufwertung der D-Mark zum richtigen Zeitpunkt. Der "Bayernkurier" hat sogar den Rücktritt von Bundeswirtschaftsminister Schiller gefordert, obwohl dessen Vorschläge vom Sachverständigenrat, von über 100 Wirtschaftswissenschaftlern, vom Deutschen Industrie- und Handelstag, von den Sparkassen, der Bundesbank, dem DGB, dem Zentralverband des Handwerks und vielen anderen Gremien gebilligt wurde Wer eine solche Partei wählt, muß wissen, daß er sich für eine Politik des Preisverfalls und damit der Einkommensminderung entscheidet. [] Aus wahltaktischen Gründen weigert sich die CDU/CSU, dem bereits von fast 100 Ländern unterzeichneten Atomwaffensperrvertrag beizutreten, obwohl sie sehr genau weiß, daß nach dem Wahltag kein Weg an der Unterschrift vorbeiführen wird. Wer eine solche Partei wählt, muß wissen, daß er eine Politik gefährlichen Zauderns unterstützt, die unserer Friedenspolitik keineswegs dienlich sein kann. [] Aus wahltaktischen Gründen verdächtigt die CDU/CSU die SPD der "Aufweichung" und der "Verzichtpolitik", obwohl sie die eindeutigen Aussagen der SPD kennt und weiß, daß diese eindeutigen Aussagen Bestandteil der kommenden Regierungspolitik werden müssen. Wer eine solche Partei wählt, muß wissen, daß er die Gräben in Europa vertieft, statt feste Brücken zu einer echten Friedensordnung zu bauen. [] Aus wahltaktischen Gründen appelliert die CDU/CSU heute an den Bürgersinn für Ruhe und Ordnung, nachdem sie sich jahrelang notwendigen Reformen verschlossen hat. Während sie die "Linken" zum Hauptfeind erklärt, verharmlost sie gleichzeitig die neonazistische Rechte. Wer eine solche Partei wählt, muß wissen, daß er sich für einen rechtskonservativen Kurs entscheidet, der noch immer echtem Fortschritt im Wege stand. [] Aus wahltaktischen Gründen greift CDU-Generalsekretär Heck heute die SPD wegen ihres Godesberger Programms an, das ihm seit 10 Jahren bestens bekannt ist, nur um sie unter einen Hut mit den Extremisten und Radikalinskis zu bringen. Er weiß sehr genau, daß sich die SPD stets als Garant demokratischer Ordnung bewährt hat. Wenn allerdings als "links" gilt, was Heck der SPD jüngst übel angekreidet hat, nämlich daß sie Demokratie nicht nur für den staatlichen, sondern für alle gesellschaftlichen Bereiche anstrebt, dann ist die SPD in der Tat eine linke Volkspartei. [] Die SPD hat in diesen Jahren erreicht, was unter den Bedingungen einer Großen Koalition zu erreichen war. Darüber legt die Bundestagsfraktion jedem Bürger offen Rechenschaft ab, ohne etwas hinzuzufügen oder wegzulassen. Jetzt muß eine neue Regierung unter sozialdemokratischer Führung die Probleme anpacken, die bislang von der CDU/CSU-Mehrheit verwässert, blockiert, ausgeklammert oder im Wahlkampf zerredet wurden. Dafür gibt die SPD jedem Wähler ihr klares, alternatives Regierungsprogramm in die Hand. [] Jeder verantwortungsbewußte Staatsbürger sollte mit dem Stimmzettel von seinem Recht Gebrauch machen, die Politik der kommenden Jahre mit zu beeinflussen. Wer SPD wählt, weiß, daß er den Weg außenpolitischer Erfolge, wirtschaftlicher Stabilität und gesellschaftlicher Reformen wählt. Wer sich für die SPD entscheidet, entscheidet sich für ein modernes, demokratisches Deutschland. [] Auch Lübeck gefördert [] Wirtschaftspolitik der SPD half Lübeck mit 51 Millionen [] Ende 1966, Anfang 1967: Wie überall in der Bundesrepublik war auch in Lübeck das Ergebnis einer verfehlten Wirtschaftspolitik zu spüren. Die Wirtschaftskrise war da. Im April 1967 gab es in Lübeck 3,9 Prozent Arbeitslose. Dazu kam noch eine größere Anzahl von Kurzarbeitern. Auch diejenigen, die ihre Arbeit nicht verloren, waren schlecht dran, denn die außertariflichen Leistungen wurden rigoros gekürzt. Mit dem Eintritt der SPD in die Große Koalition und der Übernahme des Wirtschaftsministeriums durch den Sozialdemokraten Karl Schiller wurde die Wirtschaftskrise überwunden. Besonders bedeutsam bei dieser neuen Politik waren die Konjunktur-Haushalte, durch die die Wirtschaft wieder angekurbelt wurde. [] Aus diesen beiden Konjunkturhaushalten floß auch eine größere Summe nach Lübeck: insgesamt 51,4 Millionen DM. Davon wurden allein für den Wohnungsbau in Lübeck 33,2 Millionen DM ausgegeben. Für Gesundheitsfürsorge und Erholung wurden 235000 DM aufgewandt. Um die Verkehrslage zu verbessern flossen aus den Schillerschen Konjunkturprogrammen fast sechs Millionen DM in die Hansestadt. Auch die Summe von knapp 6,2 Millionen DM, die zur Förderung der Lübecker Industrie ausgegeben wurde, war für unsere Stadt von besonderer Bedeutung. [] Neben den Mitteln aus den Konjunkturprogrammen erhielt Lübeck im Zeitraum von 1967 bis 1968 noch weitere 26 Millionen DM aus dem Förderungsprogramm für Bundesausbaugebiete und zugunsten kultureller Einrichtungen im Zonenrandgebiet. [] Das Ergebnis dieser Förderungsmaßnahmen und einer vorausschauenden Wirtschaftspolitik von Professor Karl Schiller: Die Zahl der Arbeitslosen in Lübeck ist von 3,9 Prozent über 1,6 Prozent im April 1969 auf 0,9 Prozent im Juli/August 1969 gesunken. HjS [] [Bildunterschriften:] [] Bundeswirtschaftsminister Schiller: Wir werden unbeirrbar den Weg der Stabilität und des Aufschwungs weitergehen [] Die Demokratie darf vor den Werktoren nicht haltmachen [] Die Meinung [] Wir sprachen mit dem Betriebsratsvorsitzenden der Metallhütten-Werke, Lübeck, ERNST BACHERT [] Bachert sagte: "CDU zynisch" [] "Vor einiger Zeit ging durch sämtliche Zeitungen die Meldung, daß der CDU-Schatzminister Kurt Schmücker die große Wirtschaftskrise 1966 als von seiner Partei gewollt bezeichnet habe. Dieser Mann scheint sich überhaupt nicht vorstellen zu können, welches ungeheure Elend diese Krise für viele Arbeitnehmer bedeutet hat. Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, rigorose Streichungen außertariflicher Zulagen, Familienprobleme - das haben auch die Arbeitnehmer in Lübeck zu spüren bekommen. [] Die Lübecker CDU scheint das nicht zu stören. Sie besitzt den grenzenlosen Zynismus, Herrn Schmücker nicht nur in unsere Hansestadt einzuladen, sondern ihn auch noch als ersten Redner hier im Wahlkampf auftreten zu lassen. Das zeigt deutlich die Einstellung der CDU zum Arbeitnehmer. Meine Meinung ist: Wer die CDU wählt, wählt die Krise mit." [] Ein Tag im Kandidatenleben [] Kerstin Engholm: Mein Papi macht Politik - 72-Stunden-Woche ist die Regel - Die Ehefrau hilft kräftig mit [] Sehr viele Bürger kennen ihn schon, den jungen Lübecker Bundestagskandidaten der SPD, Björn Engholm. Er führt in unserer Stadt den öffentlichsten Wahlkampf, den es je gab. Seit rund sieben Monaten diskutiert er mit den Wählern. Bei Veranstaltungen, Podiumsgesprächen, während Betriebsbesichtigungen, im vielbeachteten "Gesprächswagen" der SPD, am Telefon: immer ist er bereit, sich um die politischen Sorgen der Lübecker zu kümmern. Wir haben hinter die Kulissen geschaut, haben einen Tag aus seinem Leben aufgezeichnet, aus dem Leben eines Mannes, der sich mit Leib und Seele der Politik verschrieben hat. [] Sechs Uhr morgens. Der arbeitsreiche Tag beginnt. Während Tochter Britt (sieben Monate jung) ihre erste Mahlzeit erhält und gewickelt wird, kümmert sich Björn Engholm um das Familienfrühstück. Die erste Stunde gehört der Familie. Während Ehefrau Barbara sich über die Verpflichtungen des Tages mit ihrem Mann abspricht, zupft Britt ihrem Vater die Krawatte schief. Es wird Zeit zum Aufbruch. Tochter Kerstin bringt ihren Papi zum Mini-Auto, und los geht es. [] In der Wahlzeit arbeitet Björn Engholm wieder in der Setzerei eines größeren Druckereibetriebes, um seine eigenen Wahlkampfbroschüren zu bearbeiten. Für ihn als gelernten Setzer ist das keine Schwierigkeit. Im Team mit den Kollegen geht alles schnell von der Hand. Es bleibt auch noch Zeit für einen Klönschnack über aktuelle Probleme der Arbeitnehmer. Der Kandidat kennt diese Anliegen aus seiner Gehilfenzeit, er kennt sie auch aus seiner Tätigkeit in der Erwachsenenbildung. [] Inzwischen sind auch seine Wahlkampfhelfer an der Arbeit. Sie informieren ihn über den neuesten Stand des Wahlkampfes. Ein Ministerialdirektor aus Bonn hat angerufen: Staatssekretär Börner aus dem Verkehrsministerium ist in Urlaub. Er wird sich gleich nach seiner Rückkehr mit Björn Engholm in Verbindung setzen. Eine Frauenarbeitsgemeinschaft möchte mit ihm über Verbraucherfragen diskutieren, in Itzehoe soll er auf einer Jungwählerversammlung sprechen, eine Betriebsbesichtigung steht vor der Tür. Alle Termine werden wahrgenommen. [] Mittags Gespräch im Rathaus mit einem Fachbeamten über Lübecker Wirtschaftsfragen. Anschließend geht es im Eiltempo zum Kindergarten, wo Kerstin schon ungeduldig auf ihren Vater wartet. Gemeinsam holen die beiden Ehefrau Barbara ab, um auf dem Wochenmarkt noch schnell einige preisgünstige Einkäufe zu erledigen. [] Nach dem anschließenden Mittagessen folgen drei Stunden politischer Kundendienst im "Gesprächswagen" der SPD. Zahlreiche Bürger kommen, um ihre Sorgen mitzuteilen, Anregungen zu geben, Kritik an den Mann zu bringen. Von der Straßenreinigung bis zur Weltpolitik kommt alles zur Sprache. Allen angeschnittenen Problemen geht der Kandidat nach. Auch wenn das nicht von heute auf morgen zu erledigen ist: vergessen wird nichts. [] Zum Abendessen ist die ganze Familie zusammen. Barbara, Björn, Kerstin und Britt freuen sich, daß auch die Oma da ist. Während die Töchter ihre Oma in Trab halten, überarbeitet der Kandidat seine Ausführungen, die er am Abend bei einem Podiumsgespräch vor Beamten Lübecks vortragen will. [] Früher stand die Volkshochschule, an der Engholm Kurse über Soziologie und Politik abhielt, auf dem Terminkalender. Früher war er ständig in der Jugend- und Erwachsenenbildung für Arbeit und Leben und die Gewerkschaften tätig. Jetzt in der Wahlzeit muß diese Arbeit zurückstehen. Dafür folgt Versammlung auf Versammlung. Bei der Diskussion mit den Beamten, an der auch die Kandidaten der CDU, Wendelborn, und der FDP, Madaus, teilnehmen, geht es lebhaft zu. Die Beamten argumentieren mit nüchternem Sachverstand und die Kandidaten haben manche harte Nuß zu knacken. Dabei kristallisieren sich auch deutlich die Unterschiede der fortschrittlichen Parteien zur CDU heraus. Eines ist ganz sicher: Wo die Argumente zählen, schneidet der SPD-Kandidat nicht schlecht ab. [] Zum Abschluß des Abends gibt es noch ein kühles Bier. Mit einigen Presseleuten und Jungpolitikern verschiedener Parteien trifft man sich bei "Gretl". Daß auch hier die Politik eine große Rolle in den Gesprächen spielt, wer könnte das in diesen Wochen, da es um die Zukunft der Bundesrepublik geht, nicht verstehen. [] So gegen 23 Uhr macht sich die Müdigkeit bemerkbar. Björn Engholm packt seinen kleinen Koffer mit Rauchutensilien und Manuskripten, verabschiedet sich von den Freunden und besteigt sein Kleinauto. [] Barbara Engholm ist noch wach, als ihr Mann nach Hause kommt. Sie liest einen Krimi von Agatha Christie. Sie freut sich, daß er da ist. [] Ein arbeitsreicher Tag ist zu Ende. So wie dieser Tag sehen alle aus. Nicht nur im Wahlkampf, sondern auch nach dem 28. September wird es so weitergehen, wenn es nämlich in Bonn darum geht, politische Zukunftsentscheidungen zu treffen. [] Das Alter sichern [] Die Sorge für den alten Menschen ist eine der vornehmsten Aufgaben der Gesellschaft. [] So wie sich der Mensch von heute zu seinen Alten einstellt, so werden sich einmal auch seine Kinder zu ihm einstellen. Zur sozialen Sicherung gehört insbesondere auch die Sorge für die älteren Mitbürger. [] Im Blick auf die gegenwärtigen Verhältnisse geht es nicht nur um die materielle Sicherung des Lebensabends, sondern gleichzeitig auch um jene menschlichen Sorgen, die aus der Vereinsamung und dem Gefühl des Verlassenseins vieler älterer Menschen erwachsen. [] Hier liegt eine soziale sowie menschlich bewegende Gemeinschaftsaufgabe vor. [] 1975 werden 11 Millionen Menschen über 65 Jahre alt sein. In der Bundesrepublik fehlen heute schon 152000 Altenwohnungen und Altersheimplätze. [] Die SPD fordert Sicherung des Bedarfes an preisgerechten Alterswohnungen, Altersheimplätzen, Pflegeheimplätzen. Die SPD fordert aber auch Alterskrankenhäuser, die besonders die Leiden und die Beschwerden alter Menschen beachten. Die SPD fordert dieses, da sie auf dem Standpunkt steht, daß der alte Mensch in die Gesellschaft gehört und in dieser Gesellschaft ein lebenswertes Leben leben soll. [] Wir schaffen das moderne Deutschland [] Willy Brandt: Heute schon Politik für morgen machen! [] Wir haben geprüft, wie unsere Politik auszusehen hat, wenn wir als Sozialdemokraten ab Herbst dieses Jahres hauptverantwortlich die Politik bestimmen: [] - Unsere Friedenspolitik bedeutet Sicherheit durch Entspannung. [] - Unsere Deutschlandpolitik will Verständigung und geregeltes Miteinander - im Interesse des Friedens. [] - Wir wollen, für alle, Stabilität durch Wachstum. Das ist der Sinn unserer Vorschläge für Wirtschaft und Finanzen. [] - Wir wollen für die Arbeitnehmer die Mitbestimmung in der Wirtschaft. Dies, und die Vermögensbildung durch viele, entspricht dem Auftrag des Grundgesetzes, die soziale Demokratie zu verwirklichen. [] - Sicherheit und Gerechtigkeit für Jedermann - das ist das Ziel unserer Sozialpolitik. So stolz wir auf viele Leistungen der letzten Jahre sein können, so wissen wir doch, daß es in unserem Land noch viel Angst und Armut gibt. Deshalb sage ich: Diese SPD muß sich auch verstehen als eine Partei der Jugend, die für das Alter sorgt. Ich füge hinzu: In unserem Land gibt es weiterhin viel Ungerechtigkeit. Und die SPD wird die Partei bleiben, die dem Recht und der Gerechtigkeit ein für allemal verpflichtet ist. [] - Sicherheit für die Zukunft, das ist Sinn und Ziel unserer Bildungspolitik. Wir betonen erneut, daß Bildung und Forschung die entscheidenden Aufgaben der siebziger Jahre sind. Die Kritik der Jugend gegen unsere Bildungseinrichtungen, gegen die Langsamkeit von Reformen war weithin berechtigt. Wir Sozialdemokraten werden alles nur Menschenmögliche tun, um aus dem theoretischen, institutionellen und föderativen Streit herauszukommen, um jene Realitäten zu schaffen, die unser Volk braucht. [] - Die Grundlagen unseres demokratischen Staates müssen Freiheit und Ordnung bleiben. Das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Recht auf Kritik dürfen durch nichts eingeschränkt werden. Entschiedenen, unerbittlichen Widerstand werden wir jedoch leisten, wenn sich irgendwer anmaßt, unsere demokratische Ordnung umstürzen zu wollen. [] Willy Brandt [] [Bildunterschriften:] [] Engholm in der Setzerei: Wann ist der Maschinensatz fertig? [] Ehefrau Barbara Engholm prüft kritisch Ware und Preis [] Björn Engholm und Willy Brandt beim Meinungsaustausch [] Kerstin: Vatis Mini-Auto ist das allerbeste . . . [] Tochter Britt freut sich, wenn Vati Urlaub von der Politik macht [] Björn Engholm im Gespräch mit Setzerkollegen [] Willy Brandt grüßt Lübeck [] Vorbeugen statt heilen [] Dr. Koke: Die SPD hat das Gesundheitsprogramm der Zukunft [] Das einzige Kapital des Menschen ist seine Gesundheit. Gesundheit ist die wichtigste Voraussetzung für die Leistungsfähigkeit und das Lebensglück des Menschen. Aus diesem Grunde fordert die SPD: gesunde Menschen - gesunde Umwelt. [] Die SPD fordert folgende Punkte: [] 1. Ärztliche Vorsorgeuntersuchungen für alle Bürger, für Männer und Frauen, für Säuglinge und Kinder. [] 2. Vorrang des Gesundheitsschutzes vor wirtschaftlichen Gewinn. [] 3. In Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft umfassende Gesundheitsvorsorge und Gesundheitserziehung zur Früherkennung von Krankheiten. [] 4. Ärztliche Behandlung ohne zeitliche Begrenzung durch den freigewählten Arzt. [] 5. Sicherung der Krankenhausversorgung für alle Bürger. Die Krankenhausversorgung sicherzustellen, ist eine öffentliche Aufgabe. Bei Krankheit hat jeder, unabhängig von seiner wirtschaftlichen Lage, Anspruch auf alle dem Stand der Wissenschaft entsprechende Heilmaßnahmen ohne zeitliche Begrenzung. [] 6. Ausbau der medizinischen Forschung, insbesondere auf dem Gebiet der Zivilisationskrankheiten. [] 7. Die Einrichung und Erweiterung von Pflege- und Hilfsdiensten für den kranken und für den alten Menschen. [] Technik und Zivilisation setzen heute den Menschen einer Vielzahl von gesundheitlichen Gefährdungen aus. Sie bedrohen nicht nur die lebende, sondern auch künftige Generationen. Die SPD fordert deshalb eine umfassende Gesundheitssicherung und eine Gesundheitsvorsorge. [] Nationale Gernegroße, kapitale Wirtschaftsbosse hielten unser armes Land zwanzig Jahre in der Hand. Alte kalte Kriegerzöpfe, angebräunte Pfeifenköpfe priesen ihren blauen Dunst selig als Regierungskunst. Dabei nahm die NATO Schaden, der Europatraum ging baden, EWG in Lethargie und die Einheit fern wie nie. Aber wir sind vollbeschäftigt, Bauch und Börse sind gekräftigt; unsre Bildung geht zwar drauf' doch dafür rückt Thadden auf. Kiesinger hat nun geboten, als "moderne Patrioten" müßten wir so weiter wählen - Mann, du kannst mir viel erzählen! Bürger, pfeif' doch endlich mal kurz entschlossen und brutal auf das falsche "Hohe C" - hab den Mut zur Es-Pe-De! [] ECKART HACHFELD [] CDU gekauft? [] Hat die CDU sich nur deshalb gegen die Aufwertung der D-Mark gesträubt, um sich dadurch Millionen Mark an Wahlgeldern aus der Industrie zu sichern? [] In Hamburg wurde bekannt: Die CDU dürfte der vom Bundeswirtschaftsminister geforderten Aufwertung nicht zustimmen, wenn sie nicht Gefahr laufen wollte, 35 Millionen DM für den Wahlkampf zu verlieren. [] Diesen Nachrichten zufolge hat zwischen dem Bundesverband der Deutschen Industrie und der CDU ein sogenanntes Spitzengespräch stattgefunden, bei dem die Vertreter der Industrie die Christlichen Demokraten vor die Alternative gestellt haben, entweder die Aufwertung zu verhindern oder die finanzielle Wahlhilfe zu verlieren. [] Offiziell ist über das bisher geheim gebliebene Gespräch nichts bekannt geworden. Die CDU/CSU hatte sich bereits im Mai bei Kabinettsberatungen gegen eine Aufwertung der Mark ausgesprochen. [] (Düsseldorfer "Expreß" vom 28. 7. 1969) [] Rezession kostete 30 Milliarden DM [] Auf 30 Milliarden DM schätzen Experten den Produktivitätsverlust der deutschen Wirtschaft infolge des von der Erhard/ Mende-Regierung 1966/67 verursachten wirtschaftlichen Rückschlags damals. [] Wer damals so leichtfertig mit unserem Geld umgegangen ist, sollte merken, daß man mit uns Wählern nicht so umgehen kann, die ihre Konsequenzen ziehen werden: für eine gesicherte Politik des Wachstums und der Stabilität: für Karl Schiller, SPD. [] [Bildunterschrift:] [] Dr. Gustav Heinemann: Unser Bundespräsident in Lübeck [] Herausgeber: SPD Lübeck [] Anzeige [] Sie sagen JA zur SPD PETER FRANKENFELD Show- und Quizmaster WOLF GRAF v. BAUDISSIN Schöpfer des "Bürgers in Uniform" MARION GRÄFIN DÖNNHOFF Chefredakteur der "Zeit" GOLO MANN Historiker und Publizist HANS-JOCHEN VOGEL Oberbürgermeister von München KURT SCHARF Bischof der Evangelischen Kirche THILO KOCH Journalist (NDR) und Schriftsteller URSULA HERKING Schauspielerin und Kabarettistin [] Männer, die wir jetzt brauchen - Björn Engholm - Lübecks Bundestagskandidat
Published:28.09.1969