Liebe Wählerinnen und Wähler!

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Liebe Wählerinnen und Wähler! [] Hugo Rimmelspacher [] Hugo Rimmelspacher kommt aus Verhältnissen, die für unsere Gegend typisch sind. Ein kleiner landwirtschaftlicher Besitz und die Beschäftigung des Vaters in der Industrie bildete die Exis...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Rimmelspacher, Hugo, Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), AZ, Mannheim
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 06.09.1953
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/0EA05144-4A2F-4FD2-BA44-429187ACDDBB
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Liebe Wählerinnen und Wähler! [] Hugo Rimmelspacher [] Hugo Rimmelspacher kommt aus Verhältnissen, die für unsere Gegend typisch sind. Ein kleiner landwirtschaftlicher Besitz und die Beschäftigung des Vaters in der Industrie bildete die Existenzgrundlage der Familie in der Arbeitergemeinde Forchheim bei Karlsruhe. Die allzu rasch groß gewordenen Gemeinden in der Umgebung von Karlsruhe drängen die gesamte Jugend zur Schule, in das Handwerk oder in den Handel. So kam auch Hugo Rimmelspacher in die Fabrik nach Karlsruhe und wurde Maschinenschlosser. Nach dem anschließenden Besuch des Staatstechnikums in Karlsruhe wurde er bereits mit 21 Jahren Ingenieur. Nach vielen Schwierigkeiten und ohne Fürsprecher wurde er schon im 30. Lebensjahr Betriebsleiter und nach dem Zusammenbruch im Jahre 1945 Leiter einer der bedeutendsten Maschinenfabriken in Mittelbaden. Von diesem Posten kam er durch die Volkswahl im Februar 1948 als Bürgermeister auf das Rathaus der alten traditionsreichen Stadt Ettlingen. [] Sein kommunales Wirken brachte ihm den Vorsitz im Nordbadischen Städtebund und eine große Zahl von anderen ehrenamtlichen Funktionen ein; so u. a. die Mitarbeit als Beirat der Kommunalen Landesbank in Karlsruhe, die Mitgliedschaft im Beirat des Arbeitsamts Karlsruhe, als Vertreter der Kommunen, Mitglied des Landessportausschusses für Nordbaden, und innerhalb des Landkreises Karlsruhe Mitglied des Kreisausschusses und als Abgeordneter der Verfassunggebenden Landesversammlung die Zugehörigkeit zu vier verschiedenen Parlamentsausschüssen. [] Daneben sei auch die Mitwirkung in der Selbstverwaltungsschule (Kommunalakademie) Ettlingen erwähnt. Die Selbstverwaltungsschule Ettlingen ist weithin als sehr gute Einrichtung im Bundesgebiet anerkannt, nicht zuletzt auch deshalb, weil in Ettlingen durch seinen Bürgermeister das in die Tat umgesetzt wird, was in der Selbstverwaltungsschule zum Vortrag kommt. [] Rimmelspacher ist heute 47 Jahre alt und gehört seit 1921 der sozialdemokratischen Bewegung an. Schon sehr früh bekleidete er innerhalb der SPD verschiedene Ämter. Zur Zeit ist er Mitglied des Bezirksvorstandes der SPD von Baden-Württemberg. [] Als Kommunalpolitiker, als Kenner der landwirtschaftlichen Verhältnisse, als Ingenieur mit umfassenden Fachkenntnissen und nicht zuletzt als Verfechter einer gerechten Sozialpolitik ist er weit über die Grenzen seines Heimatgebietes hinaus bekannt. [] Das Ergebnis der Bundestagswahl von 1949 war eine Regierung, die innenpolitisch gegen die SPD und außenpolitisch ohne die SPD regierte [] Die Folge war eine zunehmende Verschärfung der Gegensätze im Innern, außenpolitisch aber eine bedenkliche Aufspaltung deutscher Politik. [] Einige Tatsachen zur Innenpolitik: [] Die Umsatzsteuer wurde von 2% auf 4% erhöht. [] Die Folge: eine enorme Belastung des Haushaltungsgelds der breiten Verbraucherschichten. Eine gerechte Steuerpolitik schont die wirtschaftlich Schwachen und zieht die wirtschaftlich Starken mehr heran. Die Bundesregierung aber machte das Gegenteil, sie erhöhte die Verbrauchssteuern und ermäßigte die direkten Steuern. Wie die Einnahmen des Bundes gedeckt wurden, zeigt folgende Tabelle. [] 1949 zu 48% aus Eink.-Steuern = direkte Steuern, [] zu 52% aus allgem. Verbrauchssteuern [] 1951 zu 39% aus Eink.-Steuern = direkte Steuern, [] zu 61% aus allgem. Verbrauchssteuern [] Die kleinen Sparer wurden bei der Währungsreform enteignet, das Aktienkapital dagegen wurde geschont. Folgende Übersicht zeigt das klar: [] Spareinlagen des Volkes [] 1 Tag vor der Währungsreform 71 Milliarden [] 1 Tag nach der Währungsreform 3,6 Milliarden [] Aktienbesitz [] 1 Tag vor der Währungsreform 21 Milliarden [] 1 Tag nach der Währungsreform 17 Milliarden [] Trotz aller Propaganda um das sogenannte deutsche Wirtschaftswunder hinken die Löhne hinter den Kapitalgewinnen drein. Während die industrielle Lohnquote von 1936 auf 1951 um mehr als 10 % fiel, stieg die Bruttogewinnquote im selben Zeitraum um mehr als 10 % an. [] Eine vierköpfige Arbeiterfamilie muß 44%, eine zwei/dreiköpfige Rentnerfamilie sogar 50,5% ihres Einkommens allein für Lebensmittel ausgeben. Steigende Preise und Verbrauchssteuern machten jede kleine Erhöhung des Lohnes wett. Die Rentenempfänger werden durchweg mit viel zu niederen Renten abgespeist. [] 931000 Angest.-Vers.-Rentner erhalten durchschn. 70.70 DM [] 3,2 Millionen Sozialrentner erhalten durchschn. 58.50 DM [] 1.8 Millionen Fürsorgeempfänger erhalten ganze 38.- DM [] insgesamt sind es etwa sechs Millionen Menschen, die mit ihren Angehörigen von Bezügen leben müssen, die unter dem Existenzminimum liegen. Auf der anderen Seite ermöglichte es die Steuerpolitik der Bundesregierung, daß über 10000 Personen noch Abzug ihrer Steuern [] über ein Einkommen von mehr als 65000 DM [] verfügen können, und dies noch einer Währungsreform, nach der alle mit 40.- DM in der Hand dastanden. Im sozialdemokratisch regierten Schweden geht es gerechter zu. Dort ehrt man das Alter durch eine Volkspension von 4886.- Kronen = 3909,- DM im Jahr. Während bei uns an den notwendigsten Sozialausgaben gespart wird, behauptet Bundesfinanzminister Dr. Schäffer, ohne neue Steuern [] 10 Milliarden für die neue Aufrüstung [] aufbringen zu können. Gegen denselben Minister erzwang die SPD auch die Senkung der Kaffee- und Teesteuer. Immer mußte es zu Kampfabstimmungen im Bundestag kommen, bevor sich die Regierungsparteien zu kleinen Verbesserungen bereit fanden. Meist aber wurden die Vorschläge der SPD stur niedergestimmt. [] Es ist derselbe Pharisäer-Geist, [] der auch in der Außenpolitik den Gegensatz zwischen Regierung und Opposition immer scharfer hervortreten ließ. Von Anfang an betrieb die Regierungskoalition unter dauernder Ausschaltung der SPD ihre sogenannte [] Politik der Stärke. [] Man behauptet, nur dadurch könne man Rußland zum Entgegenkommen zwingen. Diese Auffassung wurde durch die jüngsten Ereignisse glatt widerlegt. Durch diese Politik kam immer wieder [] neues Elend über die Menschheit [] und die Gefahr, daß es auch diesmal so sein wird, ist viel größer, als man wahrhaben will. [] Wir warnen das Volk vor Adenauers Rüstungspolitik! [] Jede Regierung, die sich einbildet, sich nur auf Divisionen verlassen zu brauchen, hat diese Auffassung mit dem Blut ihres Volkes bezahlen müssen. [] Wollt Ihr wieder Kanonen statt Butter? [] Wer mit seinem Stimmzettel die Fortsetzung dieser CDU-Politik ermöglicht, lädt eine ungeheure Verantwortung auf sich. [] Noch ein Wort zum sogenannten "Nein-Sagen der SPD": Wir nehmen diesen Vorwurf deshalb ernst, weil er für viele Wähler etwas Bestechendes haben mag. Die Außenpolitik der Bundesregierung war keine Politik aus deutschem Willen, sondern war der Wunsch der westlichen Alliierten. Unsere Hinweise auf die Verfassungswidrigkeit dieser Politik wurden in den Wind geschlagen. Die von uns beantragte [] Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wurde hintertrieben. [] Da diese Entscheidung immer noch aussteht, kann die SPD aus politischen und verfassungsrechtlichen Gründen dieser Politik weder ganz noch teilweise folgen. Unser Nein ist die logische Folge des Verhaltens des Bundeskanzlers und seiner Regierung, die ausländische Presse und Staatsmänner besser unterrichtete als die eigenen Landsleute. [] Dr. Kurt Schumacher sagte einmal: "Wenn einer seine Jacke beim ersten Knopf falsch zumacht, dann ist nachher der ganze Anzug nicht in Ordnung." So ist es auch mit der Außenpolitik Adenauers. [] Liebe Wählerinnen und Wähler! Sie werden in diesen Tagen viel Propagandamaterial erhalten. Für die CDU wird es von der Industrie bezahlt, denn diese Kreise haben ein lebhaftes Interesse an der Fortsetzung dieser Politik. [] Wir können Sie nur noch einmal auf die Ergebnisse der letzten vier Jahre verweisen und Sie aufrufen, daraus auch politische Schlußfolgerungen zu ziehen. Es liegt in Ihrer Hand, diesen Kurs zu ändern. Die SPD und ihre Kandidaten versprechen keine Wirtschaftswunder für die oberen Zehntausend, sondern arbeiten unermüdlich für das große Ziel: Soziale Sicherheit für alle für Frieden in Freiheit. [] Wählen Sie den Kandidaten und die Liste der SPD [] AZ, Mannheim
Published:06.09.1953