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Summary:Bemerkungen: ; [] = Absatzmarken im Volltext des Originals Wort und Bild [] Letzter Schrei: die Venus [] Ist die Erde "unmodern" geworden? - Ein Menschheitstraum wird verraten [] Die Weltraumbehörde der USA hat angekündigt, daß in Kürze mit dem Start einer Forschungsrakete zn rechnen ist, die ins Schwerefeld des Planeten Venus eindringen und über Funk wichtige Daten der atmosphärischen Verhältnisse dieses Himmelskörpers zur Erde zurückmelden soll. In wissenschaftlichen Kreisen wird die Ansicht vertreten, daß die Venus trotz einer höheren Temperatur und einer wasserdampfhochgesättigten Lufthülle irdisches Leben beherbergen könne. Wie aus der Sowjetunion verlautet, hält man auch dort den Vorstoß zur Venus in absehbarer Zeit für möglich. Den unbemannten Raketen werden bemannte Raumschiffe folgen, die auf der Venus landen und den Anspruch auf Besitz- und Nutzungsrechte irdischer Staaten begründen sollen. [] Das kosmische Abenteuer der Menschheit begann in den zwanziger Jahren in der stillen Studierstube des deutschen Gelehrten Professor Oberth, der die theoretischen Grundlagen des Raumflugs erforschte und im Rückstoßprinzip der Rakete das Mittel fand, um zu praktischen Ergebnissen zu gelangen. [] Der geniale Einfall des Gelehrten wurde zum ersten Mal verfälscht, als im zweiten Weltkrieg Hitler sein "Geheimwaffe" V1 und später die V2 entwickeln ließ. Die ersten von der Menschheit geschaffenen Großraketen trugen ihre Last nicht zu den Sternen, wie Oberth und mit ihm viele gehofft hatten, sondern sie trugen Tod und Verderben in blühende Städte. [] Wernher von Braun war der wissenschaftliche Leiter dieses entsetzlichen Kriegsprogramms in Peenemünde. 1945 fiel er mit seinem Stab den anrückenden Alliierten in die Hände. Er wurde nach den USA gebracht und dort nach kurzer Unterbrechung in der Entwicklung noch größerer, noch weiter tragender Raketen eingesetzt. Auch dieses amerikanische Programm diente militärischen Zielen. [] Was den Amerikanern recht war, mußte den Sowjets billig erscheinen. Mit den in ihre Hände gefallenen Raketenspezialisten des deutschen Geheimwaffen-Programms nahmen auch sie die Forschung auf. Mit dem Einsatz unermeßlicher Mittel, die der Entwicklung einer friedlichen, das Gemeinwohl fördernden Konsumgüterindustrie entzogen wurden, erreichten sie das raumwissenschaftlich getarnte, in Wahrheit jedoch kriegerische Ziel als erste: die in den Weltraum vordringende erste Rakete der irdischen Technik trug den Namen Sputnik. [] Milliarden kosteten die Entwicklungsarbeiten. Viele Milliarden mußten ausgegeben werden, bis die erste Rakete erfolgreich startete. Eine im Fortschrittstaumel befangene Menschheit richtete den Blick begeistert nach oben, zum Sternenzelt. Sie sah fasziniert oder entsetzt, daß die Satelliten immer weiter vordrangen, sie hielt [] (Fortsetzung auf Seite 4) [] 3502 Millionäre [] 3502 Millionäre gab es Anfang 1957 in der Bundesrepublik. Wie Bundesfinanzminister Etzel mitteilte, waren es Anfang 1953 "nur" halb soviel, nämlich genau 1566. Neuere Zahlen standen dem Minister nicht zur Verfügung. Wenn die Entwicklung aber im gleichen Tempo weitergegangen ist, müßte es jetzt in der Bundesrepublik rund 7000 Millionäre geben. Sicher zahlen unsere Millionäre auch ganz ordentlich Steuern. [] Während der Beratungen des Staatshaushalts im Landtag von Baden-Württemberg meinte ein SPD-Abgeordneter, daß eine Übersicht über die von den einzelnen zuständigen Stellen gewährten Steuernachlässe für den Gesetzgeber, für das Parlament also, sehr interessant wäre. Nach Paragraph 131 der Abgabenordnung können in begründeten Fällen Steuernachlässe gewährt werden. Steuernachlässe, so konnte man von dem Abgeordneten hören, dürften nach diesem Paragraphen aber nicht willkürlich angewendet und einzelne, meist größere Steuerpflichtige dabei nicht ohne zwingende Notwendigkeit bevorzugt werden. "Die vielen kleinen Steuerzahler hoffen, daß das auch wirklich geschieht." [] Der Wahrheit eine Gasse [] Aufsehen erregte vor einiger Zelt Bundesfamilienminister Franz Wuermeling. Während eines Urlaubs im Schwarzwald wollte er einer staunenden Mitwelt weismachen, "daß die Länder im Flüchtlings-Wohnungsbau völlig versagt hätten und es leider in keinem Land mehr einen Wohnungsbauminister gebe, der aus christlicher Verantwortung selbst zu handeln in der Lage sei". Bundesinnenminister Schröder, ebensowenig wie Herr Wuermeling mit Sachkenntnis beladen, suchte sich eine CDU-Versammlung in Stuttgart aus, um von einer "stillen roten Sabotage weithin bei der Ausführung der Bundeswohnungsbaugesetze" zu sprechen. [] Beide Bundesminister stellten ihre Behauptung in Baden-Württemberg auf, einem Land, das auf dem Gebiet des Wohnungsbaus, für den die ganzen Jahre seit dem Zusammenbruch ein sozialdemokratischer Minister verantwortlich zeichnete, Vorbildliches geleistet worden ist. Das ist die Wahrheit, Herr Bundesfamilienminister, hören auch Sie zu, Herr Bundesinnenminister, was der sozialdemokratische Innenminister von Baden-Württemberg, Viktor Renner, vor dem Landtag erklären konnte und wofür er den Beifall des ganzen Hauses, auch den Ihrer Parteifreunde von der CDU, erhielt: [] "Wir haben in Baden-Württemberg zur Zeit etwas mehr als 7,5 Millionen Einwohner. Allein in den letzten zehn Jahren hat unser Land um etwa 2 Millionen Menschen zugenommen; dies ist nahezu die gleiche Zahl, um die die Bevölkerung in den Jahren 1855 bis 1939 gewachsen ist. Seit 1945 sind vom Land rund 1,36 Millionen Vertriebene und rund 460000 sonstige Zuwanderer aufgenommen worden. Sie [] (Fortsetzung auf Seite 2) [] AUCH DEINE STIMME AM 15. MAI DER LISTE 2 [] Wer hat 1970 die Macht? [] Bei der Bevölkerung von neun westlichen Ländern wächst der weltpolitische Pessimismus. Aus den Antworten einer Gallup-Umfrage geht hervor, daß die meisten Völker glauben, die Sowjetunion werde in zehn Jahren eine militärische Vormachtstellung unter allen Ländern besitzen. Aber auch auf kulturellem Gebiet vollzieht sich ein Wettlauf zwischen Ost und West. Professor Dr. Friedrich Edding hat in den Forschungs berichten des Instituts für Weltwirtschaft an der Universität Kiel festgestellt, daß die Bildungsausgaben in vielen Ländern als "eine Investition von hohem Prioritätsgrad" angesehen werden. Wie sieht die Wirklichkeit aus? [] Doch zunächst noch einmal zurück zum weltpolitischen Pessimismus. Nach der Gallup-Umfrage waren es in der Bundesrepublik 47 Prozent, die meinten, daß in zehn Jahren die Sowjetunion die militärische Vormachtstellung innehaben wird. Nur 24 Prozent gaben den Vereinigten Staaten die größere Chance. In Frankreich tippten 46 Prozent, in Großbritannien und in der Schweiz je 44 Prozent, in Norwegen 39 Prozent, in Holland 35 Prozent und in Indien 19 Prozent auf die UdSSR. Die USA werden in diesen Ländern erst an zweiter Stelle genannt. [] "Die Neuordnung der Welt ist im Gange. Die Leistungen auf geistigem, wissenschaftlich-technischem und ökonomischem Gebiet werden zu Schicksalsfragen der Völker", heißt es in dem Aufruf der Sozialdemokratischen Partei, der unter dem Titel "Die Zukunft meistern" realistische Vorschläge zur Lösung dieser Probleme unterbreitet. [] "Erziehung entscheidet unser Schicksal" ruft auch die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Lehrerverbände. "Worauf es ankommt" hieß es in einem der Referate vor dem bedeutenden Münchner Lehrerkongreß, "ist die weitsichtig geplante Investierung von Milliardenbeträgen im Bildungs- und Erziehungswesen. Wenn wir keinen anderen Ehrgeiz hätten als den, auch in Zukunft zu den Kulturvölkern zu gehören, so wär dieser eine Grund schon stichhaltig genug." [] "Ich könnte mir aber gut vorstellen", sagte damals Prof. Dr. Heinrich Rodenstein in München, "daß es in unserem Volke, auch in seinen tragenden Schichten, eine Gruppe von Mächtigen gibt, die der Gedanke, wir könnten aufhören, ein Kulturvolk zu sein, keineswegs um den ruhigen Schlaf bringt. Diese mögen sich sagen lassen, daß es nicht nur um kulturelle, d. h. immaterielle Werte geht, sondern daß, ganz schlicht, unsere reale Zukunft auf dem Spiel steht. Erziehung ist eben unser Schicksal geworden. Raffen wir [] (Fortsetzung auf Seite 3) [] Zwei Punkte sind wichtig: [] Sozialdemokraten haben sich in Baden-Württemberg bewährt [] Nur die SPD verhindert die Alleinherrschaft der CDU [] Sparfreude wird bestraft [] Geschenke des Bundes zahlen die Länder [] Dem Land Baden-Württemberg fehlen noch etwa 150000 Wohnungen. Bis zur Beseitigung der Wohnungsnot ist es noch ein weiter und anstrengender Weg. Daß die Landesmittel zur Förderung des Wohnungsbaues 1960 um 3,5 Millionen Mark auf rund 104 Millionen Mark erhöht worden sind, ist einem sozialdemokratischen Antrag im Landtag zu verdanken. Die SPD wird dem Wohnungsbau auch in den kommenden Jahren ihre besondere Aufmerksamkeit zuwenden. [] Die SPD im Baden-Württembergischen Landtag weiß, wo es am meisten fehlt. Die Schaffung von Wohnraum für kinderreiche und einkommensschwache Familien sowie der Bau von preiswerten Wohnungen für junge Ehepaare sind vordringliche Aufgaben. Erstmals wurden 1959 auf Antrag der SPD im Landeshaushalt 500000 DM eingesetzt, mit denen Zinsverbilligungsmaßnahmen für Wohnungsbaudarlehen an junge Ehepaare ermöglicht worden sind. [] Der soziale Wohnungsbau wird aber besonders durch die große Baulandnot betroffen. Auch hier fand die SPD einen Weg. Auf ihren Antrag beschloß der Landtag, daß Gelände, das sich im Landesbesitz befindet und für den Wohnungsbau geeignet ist, den Gemeinden ohne eigenes Bauland überlassen wird. Allein in vier Jahren sind über 500 Hektar staatlicher Liegenschaften dem sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt worden. [] Die Bundesregierung nimmt die Erfolge im Wohnungsbau gerne für sich in Anspruch. Sie versucht dies mit ihren finanziellen Leistungen an die Länder zur Förderung des Wohnungsbaus zu begründen. Es wäre schön, wenn es wirklich so wäre. Die Bundesmittel für den Wohnungsbau werden von Jahr zu Jahr geringer. Und nicht nicht nur das. 1959 wurden in Baden-Württemberg 105, 1960 rund 120 Millionen DM an Wohnungsbausparprämien gezahlt. Dieses durchaus begrüßenswerte Geschenk des Bundes an die Bausparer bezahlen jedoch die Länder. Die Mittel, die der Bund zur Abdeckung der Wohnungsbausparprämien benötigt, zieht er dem Land bei der Zuteilung der Mittel zur Förderung des Wohnungsbaus ab. In Baden-Württemberg wirkt sich das als Strafe für die Sparfreudigkeit der Bewohner aus. So großzügig wie der Bund tut, ist er also nicht. [] Die Wohnungsbaupolitik der SPD steht auch im Lande unter einem Ziel: Jeder Bürger hat das Recht auf eine anständige Wohnung, die er - und sei er noch so arm - auch bezahlen kann. Die Wohnungsbewirtschaftung ist kein vollgültiges Rezept zur Beseitigung der noch immer herrschenden Wohnungsnot. Aber in der vorliegenden Form kann der Entwurf eines Gesetzes zum Abbau der Wohnungszwangswirtschaft nicht befürwortet werden. Der Lücke-Plan hat noch viele Lücken [] Fortsetzung von Seite 1: [] Der Wahrheit eine Gasse [] alle mußten mit Wohnungen versorgt werden, obwohl mehr als 220000 Wohnungen in unserem Land durch Kriegseinwirkungen völlig unbewohnbar sowie zahlreiche Wohnungen beschädigt und nur behelfsmäßig bewohnbar waren. [] Eine harte, arbeitsreiche Zeit liegt auf diesem Gebiet hinter Landtag und Regierung. Mit Genugtuung können wir nun Bilanz ziehen und feststellen, daß wir heute etwa 2100000 Wohnungen im Lande haben. Dies sind 700000 Wohnungen mehr als beim Kriegsende noch vorhanden waren. Etwa die Hälfte der neuen Wohnungen wurde mit öffentlichen Baudarlehen gefördert. Jede dritte Wohnung in unserem Land ist neu geschaffen worden. [] 160000 Umsiedler [] Wir haben bisher etwa 160000 Umsiedler aus Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern im behördlich gelenkten Verfahren aufgenommen. Für sie wurden nahezu 43000 Wohnungen in den letzten Jahren gefördert. Diese Umsiedlung ist heute praktisch abgeschlossen Wir müßten an sich jetzt noch weitere 10000 bis 12000 Personen aufnehmen. Ihre Umsiedlung ist jedoch kaum mehr möglich; sie haben in der Zwischenzeit in den Abgabeländern wohl endgültig Fuß gefaßt. [] Noch war diese Maßnahme nicht beendet, als der Zustrom aus den Ostgebieten in den Jahren nach 1953 wiederum verstärkt einsetzte. Seitdem haben wir mehr als 250000 anrechenbare Zuwanderer aus den sowjetisch besetzten Gebieten, Aussiedler und Gleichgestellte im Land aufgenommen. Mit Bundes- und Landeshilfe wurden zur Unterbringung dieser Personen etwa 60000 Wohnungen gefördert. Alle arbeitsfähigen Umsiedler und die Zuwanderer stehen heute in Verdienst und Arbeit. Sie sind eine große Hilfe für unsere gesamte Wirtschaft geworden. [] Wohnraum ohne Bundesmittel [] Um die Größe der Leistungen unserer Bevölkerung ermessen zu können, muß man aber wissen, daß nur für etwa 400000 Personen, d. h. also für nur rund 100000 Wohnungen Sondermittel des Bundes bereitgestellt wurden. Wir haben die Bundeshilfe dankbar angenommen, aber es ist viel zu wenig bekannt, daß in unserem Lande ohne Bundeshilfe 1,4 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene mit Wohnraum versorgt wurden. Dies war nur möglich, weil die gesamte Bevölkerung in vorbildlicher Weise sich gegenseitig half. Man wird nicht fehl gehen, wenn man annimmt, daß bei den nach dem Krieg erstellten Wohnungen in unserem Land etwa 15 bis 17 Milliarden DM investiert wurden. Dabei sind die Kosten der Wohnungseinrichtungen, der Schulen, Kindergärten und der sonstigen Gemeinschaftseinrichtungen nicht enthalten. [] Zugegeben, auch die öffentliche Hand hat aus diesem gewaltigen Baugeschehen ihren Teil an Steuern und Abgaben erhalten, aber sowohl das Land als auch die Gemeinden haben sich infolge des Wohnungsbaus, verbunden mit der Erstellung der notwendigen kulturellen Einrichtungen stark verschuldet. Die kommenden Generationen werden von uns also nicht nur schöne Häuser, Schulen, Wegeanlagen und dergl., sondern auch ein Paket Schulden zu übernehmen haben. [] Noch immer großer Mangel [] Bei der Eindämmung der Wohnungsnot sind wir auch in den vergangenen Jahren wieder ein gutes Stück vorwärts gekommen. Es wäre aber vermessen zu behaupten, daß sie schon beseitigt ist; denn in vielen Gemeinden des Landes besteht noch ein mehr oder weniger empfindlicher Wohnungsmangel. Die Statistik des Bundes, wonach wir in Baden-Württemberg in der Hälfte unserer 72 Stadt- und Landkreise ein Wohnungsdefizit von weniger als 5% haben, hält zwar nicht jeder Kritik stand, beweist aber, daß wir bei der Beseitigung der Wohnungsnot weitaus an der Spitze gegenüber den anderen Ländern liegen. [] Dies macht uns nicht überheblich. Vor allem legen wir deshalb nicht die Hände in den Schoß; denn wir haben uns vorgenommen, den Wohnungsbau auch weiterhin tatkräftig zu fördern. [] Aus diesem Grunde haben wir trotz des Rückgangs der öffentlichen Wohnungsbaumittel nicht resigniert und verzagt, sondern ein Förderungssystem ausgearbeitet, das uns das bisherige Bauvolumen nahezu erhält, das aber in den nächsten fünf Jahren - und das ist wesentlich - auch keine Mieterhöhung und keine Erhöhung der Belastungen im Familienheimbau bringt. Gerade diese Übergangszeit liegt uns besonders am Herzen. Wir hoffen, daß sie nicht nur genützt, sondern auch ernst genommen wird. [] Die Pferde hatten mehr Verstand [] Eine Tierfabel - nicht von Aesop [] Auf einem großen Gutshof arbeiteten tagaus, tagein dreißig Schafe, die man schor, fünf Esel, die zu allem was der Verwalter anordnete, "I-i-i-j-a-a" sagten, fünfzig fleißige Kühe, nicht eingerechnet die Ochsen, die dumpf meist in einer Ecke standen und einander dumme Witze erzählten, ohne ein anderes menschliches Gefühl zu empfinden als jenes, zu fressen und zu saufen, wenn sie die Lust dazu anwandelte. Und es gab auch zwanzig Pferde, die wurden ständig eingespannt und zogen den Karren, ob es nun bergauf oder bergab ging. [] Zu diesen Tieren kam einmal ein fremder Fuchs und sprach: "Wir wollen wählen und dafür sorgen, daß der Gutshof eine bessere Leitung bekommt. Jetzt ist es so, daß jene am wenigsten erhalten, die am meisten schuften. Wollt ihr wählen?" Die fünfzig Kühe brummten mürrisch, und der Fuchs hörte aus dem Gebrumm heraus, daß sie zu sagen wünschten, die Obrigkeit werde sicher böse sein und die Futterrationen schmälern. Überhaupt müsse man, wie es sich für tüchtiges Rindvieh gezieme, Untertan der Obrigkeit sein. Die Ochsen aber waren dafür, brüllten jedoch, daß sie in keinem Fall irgendwelche Verantwortung übernehmen wollten. Das ist die Art der Ochsen. [] Die Pferde waren uneingeschränkt dafür, und sogar bereit, die Verantwortung zu tragen. Auch die Esel sagten "I-i-i-j-a-a", aber vielleicht nur aus Gewohnheit. Kurz und gut: die Tiere wollten wählen. Aber der Verwalter hatte Wind von der Sache bekommen und sich mit vielen Versprechungen an die Kühe gewandt, die übrigens alle schwarzgefleckt waren, was niemand wundern kann, wenn er den Ausgang dieser Geschichte hört. Die Kühe bildeten eine Betriebsgruppe und mühten sich, so viel wie möglich von den Pferden dazu zu bewegen den Verwalter selbst in das Parlament zu wählen. Der Verwalter hatte nämlich erklärt, daß er der beste Parlamentarier sei, weil er sich am genauesten auskenne, und wisse, wie man dem lieben Gott - der auch eine Rolle im Wahlkampf spielte - am wohlgefälligsten diene. Die Kühe glaubten ihm und stellten ihn als ihren Spitzenkandidaten auf. [] Die Schafe hörten auch von der Geschichte, aber - sie blökten nur und dachten bei sich, daß es einerlei sei, wen man wähle, und daß man vielleicht überhaupt nicht zu wählen brauche. Die Esel sagten bei jeder Wahlversammlung "I-i-i-j-a-a" und begriffen nichts von der Sache. [] Der Wahltag kam. Eine neutrale Kommission vom benachbarten Gutshof zählte die Stimmen und verkündete das Ergebnis: Von den zwölf Mandaten waren sieben an die Kühe gegangen. Sie hatten die absolute Mehrheit bekommen, und der Verwalter rieb sich die Hände. Die Pferde brachten nur drei Kandidaten durch, und das schmerzte sie sehr, weil sie wußten, daß der Verwalter nun auf jeden Reformvorschlag pfeifen würde. Sie ärgerten sich über die Kühe und wieherten zornig: "Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihren Metzger selber!" Die Schafe hatten einen Abgeordneten und die Esel auch einen. [] Der Fuchs schüttelte, als er es vernahm, verwundert den Kopf. Und dachte bei sich: "Die Wähler in Baden-Württemberg hätte ich doch für gescheiter gehalten." [] Investitionen für eine gesicherte Zukunft [] SPD hörte den Ruf der Gemeinden [] Den Letzten beißen die Hunde. Die Letzten sind in unserem föderalistischen Staatsaufbau die Gemeinden, die zwar in politischen Sonntagsreden gern als die eigentliche "Schaufenster der Demokratie" bezeichnet werden, aber politisch und finanziell so behandelt werden, als käme es in der heutigen Zeit nirgendwo auf gefällige und attraktive Schaufensterdekorationen an. Man überträgt den Gemeinden eine Fülle von Aufgaben, beschneidet ihnen jedoch wo immer es angeht die finanziellen Mittel zu ihrer Bewältigung. Einem fast unlösbaren Problem sehen sich die Gemeinden nach Kriegsende gegenüber: dem Wiederaufbau der vielen zerstörten Schulhäuser. Zum Wiederaufhau des Zerstörten kam die Deckung des Nachholbedarfs angesichts von Hunderttausenden ins Land gekommener Neubürger. [] Hier war es wiederum die SPD-Landtagsfraktion, die den entscheidenden Beitrag zur staatlichen Hilfe für die Gemeinden leistete. Von 1949 bis 1955 hatten die Gemeinden allein weit über eine halbe Milliarde für den Wiederaufbau, Ausbau und Neubau von Schulen ausgegeben. Das Land hatte lediglich Zuschüsse von 18 Prozent geleistet. Die Diskonterhöhung von 1956 legte die Tatkraft der Gemeinden völlig lahm, da sie die Darlehen für ihre Pläne nicht mehr beschaffen konnten. Es war ein Gebot der Stunde, zu helfen. [] Die SPD hörte den Ruf in monatelangen erbitterten Auseinandersetzungen, insbesondere mit dem Finanzminister, der den Schulhausbau als alleinige Aufgabe der Gemeinden bezeichnete, konnte die Landtagsfraktion der SPD die Landesregierung veranlassen, ein neues Gesetz vorzulegen. Als dieser Gesetzentwurf jedoch hinausgezögert wurde, brachte die SPD einen eigenen Entwurf im Landtag ein, der einen allgemeinen Zuschuß von 30 Prozent vorsah. Nun erst kam die Regierung mit ihrem Entwurf, der die Hilfsbereitschaft mindern wollte Die Beratungen dauerten Monate. Endlich, am 10. April 1957, wurde das endgültige Gesetz verabschiedet, das ein Kompromiß zwischen den Vorschlägen der Regierung und der SPD war, und die Zuschüsse dem jeweiligen Leistungsvermögen der Gemeinden mit Beträgen zwischen 20 und 45 Prozent, in besonderen Notfällen sogar darüber hinaus, anpaßte. [] Auch in den folgenden Jahren war es die SPD, die jede Verringerung der staatlichen Zuschüsse für den Schulhausbau der Gemeinden entschieden entgegentrat, und oftmals Erhöhungen durchsetzte. Die SPD weiß: Investitionen für die Ausbildung unserer Kinder sichern uns allen die Zukunft. [] Stirling Moss stieg aus einem Wrack [] Was die Maschine dem arbeitenden Menschen voraus hat / Wenig Sinn für Volksgesundheit [] In atemloser Spannung blicken die Menschen auf der Zieltribüne die Straße hinauf: in wenigen Sekunden muß in der Kurve der Wagen des Siegers auftauchen. An der Ziellinie steht der Offizielle, die Fahne in der Hand, mit der er diesen Sieger abwinken wird. Der Wagen kommt in die Kurve, rast auf das Ziel zu. Jubel brandet auf. Stirling Moss hat es wieder geschafft. Seine Augen leuchten, doch die unerbittliche Schlacht der Motoren hat Spuren in seinem Gesicht hinterlassen. Und der Wagen? Niemand achtet auf ihn. Er steht verlassen an der Box. Ein Monteur wird sich später mit ihm beschäftigen, wird den Kopf schütteln und seinem Vorgesetzten melden: "Total im Eimer." Für die Maschine war die Belastung zu groß. Wen kümmert das? Der Sieg ist errungen. [] Sieg ohne Ehrung, Kranz und Lorbeer, bittere Siege, durch äußerste Anstrengung bis zur Erschöpfung erkauft, erringt in der Schlacht des Alltags auch das Millionenheer der Berufstätigen. Von diesem Heroismus aber berichtet kein Funkreporter, keine Zeitung. Es gilt als selbstverständlich. Selbstverständlich ist es, die Arbeitskraft täglich bis zum letzten anzuspannen. Wer fragt danach, daß diese alltägliche Aneinanderreihung von Höchstleistungen den Organismus zerschleißt? Ein Rennfahrer steigt fürs nächste Rennen, für den nächsten Sieg in einen anderen Wagen. Der Mensch aber, der am Fließband und an der Werkbank steht, oder über endlosen, dringenden Akten gebeugt sitzt, kann nicht "umsteigen". [] Und so sieht das Ergebnis aus: In der Bundesrepublik betrug 1957 das Durchschnittsalter der Invalidenrentner bei den Männern 56,1 Jahre, in Baden-Württemberg sogar 54,8 Jahre. 140000 (bzw. 22000) Männer waren dem Hetztempo nicht gewachsen; zehn Jahre vor dem Ziel blieben sie krank, gebrochen auf der Strecke liegen. [] Von 100 Rentenanträgen im Jahr 1957 entfielen bei den Männern im Bundesgebiet auf Altersrente nur 36, auf Frühinvaliditätsrenten aber 64. In Baden-Württemberg beantragten 33 von 100 Männern ihre Altersrente, jedoch 67 die Frühinvaliditätsrente. [] In der Angestelltenversicherung waren von 100 Versicherten bei den Männern 51 vorzeitig als Rentner aus dem Arbeitsprozeß ausgeschieden, bei den Frauen sogar 71. [] In jedem Jahr scheiden etwa 22000 Menschen in Baden-Württemberg vorzeitig aus dem Arbeitsleben aus: das entspricht der gesamten Einwohnerschaft einer Kleinstadt. [] Rennwagen und andere Hochleistungsmaschinen unterliegen im Einsatz einer ständigen Kontrolle. Zeigen sich auch nur geringfügige Störungen, so wird augenblicklich das Notwendige getan. Der Mensch jedoch ist weitgehend schutzlos den ungeheuren Beanspruchungen des Arbeitsprozesses ausgeliefert. Gerade in Baden-Württemberg, dem klassischen Land der Klein- und Mittelbetriebe, sind die Bedingungen am Arbeitsplatz noch häufig besonders rückständig. Hier ist es die Pflicht des Staates, die Gewerbeaufsicht schlagkräftig auszubauen. Trotz zahlreicher dringender Interventionen sozialdemokratischer Landtagsabgeordneter ist dies nur in unzureichendem Umfang geschehen. [] In Baden-Württemberg entfallen auf einen einzigen Beamten der Gewerbeaufsicht 1816 Betriebe, in Bayern aber nur 1065, in Hessen - dessen Regierung maßgebend von Sozialdemokraten getragen wird - sogar nur 728. Im hochindustrialisierten Nordrhein-Westfalen mit seinen vielen Großbetrieben sind es 600. Zur gründlichen Überprüfung der Arbeitsschutzmaßnahmen und allgemeinen Arbeitsbedingungen eines Betriebes benötigt der Beamte zwei bis drei Tage: das bedeutet, daß in unserem Land bei der völlig unzureichenden Besetzung der Gewerbeaufsichtsämter die meisten Betriebe nur in Abständen von mehreren Jahren überprüft werden können. [] Für den Schutz der menschlichen Arbeitskraft durch Maßnahmen der Gewerbeaufsicht wurden 1958/59 in Baden-Württemberg pro Arbeitnehmer nur 1,27 DM ausgegeben. In Bayern waren es 1,63 DM, in Hessen 2,- DM, in Nordrhein-Westfalen 2,04 DM. Die Quittung für diese verhängnisvolle Sparsamkeit am falschen Ort haben wir in der Tatsache, daß Baden-Württemberg den höchsten relativen Anteil an der Frühinvalidität des Bundesgebietes stellt. Das Wirtschaftswunder kostet einen hohen Preis: den Preis einer völlig zerrütteten Volksgesundheit. [] Die Sozialdemokratische Landtagsfraktion beantragte angesichts dieser düsteren Verhältnisse [] - Personalvermehrung der Gewerbeaufsicht, [] - Errichtung eines Arbeitsmedizinischen Instituts, [] - Aufbau der arbeitsmedizinischen Forschung und Lehre an den Hochschulen des Landes. [] Die erste Forderung wurde dank der unermüdlichen Initiative des sozialdemokratischen Arbeitsministeriums wenigstens in bescheidenem Umfang erfüllt. Die weiteren Forderungen fanden bei der Mehrheit des Landtags keine Gegenliebe, doch konnte jüngst wenigstens die Einrichtung eines "Instituts für Arbeitsmedizin und technisches Meßwesen" beschlossen werden. [] Was die andern sagen [] Kulturpolitik - Fehlanzeige? "In Karlsruhe wird im Frühjahr der Bundesparteitag der CDU stattfinden ... man muß von ihm eine aktuelle Wegweisung in allen wichtigen Fragen erwarten. [] Daher kann man nur mit größtem Unbehagen zur Kenntnis nehmen, daß der Geschäftsführende Vorstand der CDU plant, die kulturpolitischen Fragen in Karlsruhe nicht behandeln zu lassen. Dafür soll dann im Herbst ein eigener Kongreß der Partei über die einschlägigen Probleme beraten. [] Die richtige Reihenfolge wäre genau die umgekehrte: Eine in der Tat nötige Spezial- und Studientagung für Kulturpolitik müßte schleunigst konkrete Vorschläge erarbeiten, so daß der Bundesparteitag auf Grund dessen die verlangten Entscheidungen treffen kann. Wenn man aber einen Kulturkongreß mit selbstverständlich minderen Befugnissen - denn er kann kein Organ der Parteiverfassung mit dem Recht bindender Beschlüsse sein - in beträchtlichem Abstand an den Bundesparteitag anhängt, verschiebt man die Auseinandersetzung ins Unverbindliche, ja man bagatellisiert sie. [] "Rheinischer Merkur" - bekannt als Kanzlerblatt - in Nr. 10 vom 11. März 1960. [] Ein problematischer Programmpunkt der CDU/CSU ist ihre Politik für die Konfessionsschule. Die Mehrheit der Bevölkerung - und auch die Mehrheit der CDU/CSU-Anhänger - tritt für die Gemeinschaftsschule ein ... [] Die CDU/CSU hat es in Kenntnis dieser Sachlage vermieden, in ihrer Propaganda in der Frage der Schulpolitik allzu prononciert Stellung zu nehmen. Die propagandistische Taktik der CDU/CSU wurde also hier durch Umfrage-Ergebnisse beeinflußt ... [] "Die befragte Nation". Verlag Rombach Freiburg, Seite 113. [] Fortsetzung von Seite 1: [] Bildung ist unser Schicksal [] uns nicht dazu auf, viele Milliarden zu investieren, so droht uns in wenigen Jahrzehnten der Zusammenbruch des gesamten Lebensstandards ..." [] Prof. Edding - um darauf zurückzukommen - hat in seiner Untersuchung nachgewiesen, daß zwischen dem Stand der volkswirtschaftlichen Entwicklung und den Ausgaben für Schulen und Hochschulen eine enge Verbindung besteht. In Prof. Eddings Untersuchungen wird der Prozentsatz des Volkseinkommens, der für Schulen und Hochschulen ausgegeben wurde, für 1954 bei Indien mit 0,9 Prozent, in der Bundesrepublik mit 3,6 Prozent und in den Vereinigten Staaten mit 4,6 Pozent angegeben. Freunde der Mathematik werden sich jedoch ausrechnen, was das bei dem wesentlich höheren Volkseinkommen der USA bedeutet. Edding hat aber auch einige Ausnahmen festgestellt, die in der Öffentlichkeit kaum bekannt sind: Ägypten gibt 5 Prozent seines Volkseinkommens für Schulen und Hochschulen aus, Japan 6 Prozent und die Sowjetunion 8 Prozent. [] Es kann keinem Zweifel unterliegen daß diese Länder unverhältnismäßig hohe Aufwendungen machen, um ihren Platz in der internationalen Skala der Entwicklung zu verbessern. Die Bundesrepublik ist schon jetzt in der Gefahr, in dieser Skala zurückzufallen, wenn es nicht gelingt, eine höhere Rate des Volkseinkommens für die Bildungsaufgaben zu investieren. [] Was die Sozialdemokratie immer wieder fordert ist eine Rangordnung der Ausgaben [] für Erziehung und Bildung, soziale Sicherheit, Verteidigung und andere wichtige Bereiche, die unter Berücksichtigung der weltpolitischen Entwicklung aufeinander abgestimmt werden müssen. Die Kraft der Länder reicht zur Bewältigung der kulturellen und Bildungsaufgaben nicht aus. Die Länder haben nach dem Grundgesetz zwar die Kulturhoheit. Sie werden sie je doch erst dann so ausüben können, wie es der Ernst der Stunde fordert, wenn der Bund den Ländern nicht die hierfür nötigen finanziellen Voraussetzungen vorenthält. [] Bessere Straßen - weniger Unfälle [] Seit 1938 hat sich die Zahl der Kraftfahrzeuge im Gebiet des Landes Baden-Württemberg vervierfacht. Damals wurden 272000 Kraftfahrzeuge gezählt. Mitte vergangenen Jahres waren es 1108400 und heute dürften es weitere 50000 mehr sein. Der Ausbau der Straßen hat mit der Entwicklung nicht Schritt gehalten. Nur bessere Straßen können die Zahl der Unfalltoten senken. [] Der Generalverkehrsplan des Landes Baden-Württemberg ist ein wichtiger Schritt, um die Straßen dem wachsenden Verkehr anzupassen und damit den Verkehrsteilnehmern - gleich ob Fußgängern oder Autofahrern - größere Sicherheit zu bieten. [] Nach dem Generalverkehrsplan wird der Ausbau der Straßen nach Dringlichkeitsstufen vorgenommen. 165 Millionen Mark waren 1959 nötig, um den dringendsten Straßenbauaufgaben gerecht zu werden. Seit 1955 - als der Generalverkehrsplan ausgearbeitet worden ist - hat sich einiges geändert. Der neuen Verkehrsentwicklung muß auch im Straßenbau entsprochen werden. Die Sozialdemokraten verlangten deshalb im Landtag, daß der Generalverkehrsplan umgehend auf den neuesten Stand gebracht werden muß. Sie forderten ferner die dafür zusätzlich benötigten Mittel in einem Nachtragshaushalt. Der Landtag sagte ja zu dem sozialdemokratischen Antrag. [] "Mehr Mittel für den Straßenbau" war auch die SPD-Forderung zurn Staatshaushalt 1960. Die Mittel für den Generalverkehrsplan konnten wiederum erhöht werden. 165 Millionen DM stehen in diesem Jahr bereit. Falls es die Bauleistungen ermöglichen, kann auf weitere 10 Millionen DM an Bindungsermächtigungen für den Straßenbau zurückgegriffen werden. Auch das ist ein sozialdemokratischer Antrag, der die Billigung des Landtags fand. [] Der neue Generalverkehrsplan wird die Geschicke der Verkehrspolitik in Baden-Württemberg für die nächsten Jahre bestimmen. [] Nicht blenden lassen [] SPD wählen [] Fortsetzung von Seite 1: [] Erde unmodern geworden [] den Atem an, als die Lautsprecher in aller Welt verkündigten, daß eine russische Rakete die Ruhe des Mondes gestört hatte. Immer neue Raketen stiegen mit ohrenbetäubendem Lärm zum Himmel. Man begann von der "Eroberung" der Venus und des Mars zu reden. Aber liegt dort unser Heil? [] In den Entwicklungsländern hungern und darben Millionen. Ein Bruchteil der Kosten des Raketenprogramms der Amerikaner und der Sowjets hätte ausgereicht, ihr irdisches Dasein zu einem lebenswerten Dasein zu machen. Ein wenig von der technischen Intelligenz, die in der kriegerischen Raumforschung und im Wettlauf um die Eroberung von Sonne, Mond und Sternen gebunden ist, freigemacht für die Bewältigung der Rückständigkeit in weiten Teilen unserer irdischen Welt würde die Existenzbedingungen von zwei Dritteln der Menscheit schlagartig verbessern. [] Der Schöpfer hat dem Menschen die Erde gegeben, damit er sie zu seiner Wohnstätte mache. Er gab ihm nicht Mars und nicht Venus zu eigen. Aber er gab ihm ferner Wissen und Träume, damit er seine Lage verbessere. Er gab ihm schließlich die Nutzung der Naturkraft. Gewiß nicht zu dem Zweck, fremde Sterne zu erobern und seinen irdischen Unfrieden ins Weltall hinauszutragen. [] Die Weltraumforschung ist zwar nichts Verbotenes, und in sich selbst gewiß auch nicht unsittlich. Aber es ist unverantwortlich, sich ihr mit voller Kraft zu widmen, solange der Erdball für die Mehrheit der Menschen ein düsteres Gefängnis ohne Lebensraum und Lebensglück bleibt. Solange Hunger und Krankheit noch unter uns weilen, solange unschuldige Kinder noch zu Tausenden hilflos sterben müssen, weil ihre Eltern zu unwissend und arm sind, ihnen das Leben, das sie ihnen schenkten, auch zu erhalten, da ist ein Flug zu den Sternen nur eine Flucht vor der Verantwortung die jeder Mensch und jeder Staat für jeden anderen Menschen und jeden anderen Staat unabweisbar trägt. Es ist zu früh für eine Landung auf der Venus. Und das All ist nicht tief genug, als daß die ihre Verantwortung Fliehenden dem stummen Fluch der Kreatur entrinnen könnten. [] Was können wir, die wir in unserem Lande keinen Weltraumraketen-Startplatz haben, tun, um das Unrecht, das die Mächtigen der Welt den Notleidenden zufügen, zu ändern? Einen sehr realen Wegn dazu gibt es: Wir müssen jene Kräfte stärken, die den Gedanken der Solidarität aller Menschen, die hohe Idee von der Brüderlichkeit über Rassen und Zivilisationsstufen hinweg über den Fanatismus des technischen Fortschritts stellen. In Baden-Württemberg haben wir am 15. Mai Gelegenheit dazu. Die Sozialdemokratie braucht und nützt Ihre Stimme zum Segen all jener, die ihr täglich Brot noch im Schweiße des Angesichts verdienen müssen und deren Bäume nicht in den Himmel wachsen. [] Jürgen fühlt sich um die Chance betrogen [] Die Gleichheit der Startbedingungen für den Lebenskampf ist noch nicht gesichert [] Der Gerichtsvorsitzende beugt sich vor, überrascht, als zweifle er, richtig gehört zu haben, was der Angeklagte Jürgen B. soeben sagte. "Ich habe keine Chance gehabt", sagte der junge Mann, dem eine Serie schwerer und raffiniert, mit hoher Intelligenz ausgedachter Einbruchsdiebstähle vorgeworfen wurde, "denn meine Eltern waren arm und rückständig. Am Geld fehlte es, als ich ins Gymnasium wollte. Sie steckten mich als jungen Hilfsarbeiter in einen Betrieb, wo ich mich nicht hochrappeln konnte. Mit Abendkursen wollte ich später das Abitur nachmachen, aber ich war einfach zu müde und fertig. Da erkannte ich, daß man mich betrogen hatte. Und so habe ich auch betrogen." Das Gericht, die Gesellschaft, verurteilte Jürgen B. unter Anrechnung mildernder Umstände zu zweieinhalb Jahren Gefängnis. Ohne Bewährung. Er hatte dank seiner enttäuschten, ins Negative umgeschlagenen Intelligenz, zu großen Schaden angerichtet. [] Im Namen des Volkes wurde das Urteil gesprochen. Es traf einen jungen Mann, den seine Lebensenttäuschung zur törichten, bei aller Klugheit der Ausführung dummen Tat getrieben hatte. Sie ist vielleicht menschlich verständlich, verzeihlich aber ist sie nicht. Doch neben und hinter Jürgen B. stehen Hunderte, Tausende, die nicht minder enttäuscht sind, doch zum Glück nicht die Energie und den asozialen Willen aufbringen, zu protestieren wie er. Eine unbekannt große Zahl von Menschen ist durch Geburt und soziale Stellung "um ihre Chance betrogen" worden. Man verweigerte ihnen ihren moralischen und auch im Grundgesetz der Bundesrepublik verankerten rechtlichen Anspruch auf eine ihrer Begabung entsprechende Ausbildung, auf einen Platz an der Sonne. Das ist nur die eine, die subjektive Seite. [] Denn auch die Gesellschaft hat ein vitales Interesse daran, daß jedes Talent nach Kräften gefördert wird: die Anforderungen, die die Zukunft an uns alle stellen wird, können nur erfüllt werden, wenn auch die verborgenste Begabung voll entwickelt, zum Nutzen der Gemeinschaft voll entfaltet werden kann. Der Staat darf es nicht zulassen, daß irgendwo ein Talent verkümmert, nur weil die Zufälle von Geburt und sozialem Stand es ihm verwehren, selbst nach vorn zu stoßen. [] Sozialdemokraten haben wie überall so auch in Baden-Württemberg maßgebenden Anteil daran, daß das Privileg des Besitzes und der Beziehungen in der heutigen Gesellschaft mehr und mehr zugunsten der Gerechtigkeit und der Gleichheit der Startbedingungen zurückgedrängt wird. Sozialdemokraten setzten das Gesetz über die Lehr- und Lernmittelfreiheit durch, Sozialdemokraten kämpften seit Jahren für die Einführung des neunten Schuljahres zur Hebung des Bildungstandes und zur Vorbereitung auf das Arbeitsleben. Sozialdemokraten waren maßgebend an der Einführung des zweiten Bildungsweges, der Abschaffung des starren veralteten Schulsystems ohne Aufstiegsmöglichkeiten für Spätentwickler beteiligt. Sozialdemokraten drangen unaufhörlich auf die Verbesserung im Gewerbe- und Berufsschulwesen. Sie waren und sind der Motor in allen Fragen einer zukunftweisenden Kulturpolitik. [] Dies alles geschah meist gegen beträchtlichen Widerstand der anderen politisch verantwortlichen Kräfte des Landes. Es gehört zur Tragik des Konservatismus in unserer Zeit, daß seine Vertreter trotz redlicher Bemühung die Dynamik der weltgeschichtlichen Entwicklung nicht begreifen können und im Stil vergangener Epochen Problemen zu Leibe rücken möchten, die nur nach allgemeinem Umdenken lösbar sind. Wer dem Kommunismus mit Waffen und seiner ansteckenden Geistverwirrung mit den Parolen der Hausmannspredigten des letzten Jahrhunderts entgegentreten will, wird unweigerlich zum hilflosen Spielball kommunistischer Taktik. [] Kulturpolitik Schlüssel der Zukunft [] Die Kulturpolitik ist der Schlüssel zur Zukunft. Ein besser geschultes, mit den Problemen unserer Zeit vertrautes, gerecht behandeltes und seine demokratischen Rechte und Pflichten wahrnehmendes Volk ist besser gegen die ideologische Eroberung durch einen auf Waffengewalt nicht angewiesenen Feind geschützt als ein Volk, das in Waffen starrt. [] Nicht zuletzt dieser geistigen Aufrüstung und der Festigung unserer inneren Widerstandskraft dienen die von der SPD vorgeschlagenen und nachdrücklich geförderten Maßnahmen zur Reform unseres Bildungswesens. [] Noch schneller noch Hause [] Die Probleme des Berufsverkehrs sind ungelöst "In diesem Hohen Hause", so erklärte der SPD-Sprecher vor dem baden-württembergischen Landtag, "ist schon öfter zum Berufsverkehr Stellung genommen worden. Bestimmt ist auf diesem Gebiet schon einiges geschehen. Heute aber müssen die bestehenden Zustände nochmals mit aller Deutlichkeit aufgezeigt werden. Was teilweise den berufstätigen Menschen an Beförderungsmitteln geboten wird, das verdient die schärfste Kritik. Die berufstätigen Menschen haben ein Recht darauf, ausgeruht und mit neuzeitlichen Verkehrsmitteln an ihre Arbeitsplätze zu gelangen, denn je ausgeruhter der Werktätige an seinen Arbeitsplatz gelangt, desto größer wird der volkswirtschaftliche Nutzen seiner Arbeit sein. Der berufstätige Mensch hat ein Anrecht darauf, auch nach seiner Arbeit wieder in gleicher Weise befördert zu werden. [] In Baden-Württemberg gibt es rund 2,7 Millionen Beschäftigte. Davon sind rund 900000 Pendler. Jeder dritte Arbeitnehmer ist also auf den Berufsverkehr angewiesen. Welches Land in Westdeutschland weist solche Zahlen auf? Zahlen, die sich laufend nach oben verändern! [] Die sozialdemokratische Landtagsfraktion machte sich wiederholt zum hartnäckigen Fürsprecher einer besseren Ausstattung des Berufsverkehrs Sie wird dieser Fürsprecher bleiben. [] Den sozialdemokratischen Abgeordneten im baden-württembergischen Landtag war und bleibt es ein wichtiges Anliegen, neben der Fortführung der Elektrifizierung der Bundesbahnstrecken auch - und nicht zuletzt - durch Landeskredite der Bundesbahn den Bau von modernem und zeitgemäßem Wagenmaterial für den Berufsverkehr zu ermöglichen. Die Sozialdemokraten verlangen nur Garantien dafür, daß dann diese Wagen auch in unserem Lande bleiben In den nächsten fünf Jahren werden vom Land der Bundesbahn Darlehen im Gesamtbetrag von 160,4 Millionen DM für die Weiterführung der Elektrifizierung und den Ausbau von Bundesbahnstrecken zur Verfügung gestellt. Aber es ist an der Zeit, zu überprüfen, was vordringlicher ist: die Elektrifizierung, die zweifellos auch notwendig ist, oder ganz besonders die Neuanschaffung von Wagen für den Berufsverkehr. [] Intoleranz trieb sie aus der Heimat [] Was in einem Lande ohne Sozialdemokraten möglich ist [] Fast drei Jahre lang mußte die in Rheinland-Pfalz geborene Lehrer-Studentin Leni Fried darauf warten, daß sie in ihrem von einer absoluten CDU-Mehrheit regierten Heimatland zum Studium an einem Lehrerseminar zugelassen wurde. Weil sie nicht das richtige Gesangbuch hatte, wurde ihr das grundgesetzlich verbürgte Recht auf freie Wahl von Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte verweigert. Leni Fried gehört einer Freireligiösen Gemeinde an. Aus diesem Grund war sie weder in einer pädagagischen Akademie noch im Lehrfach erwünscht. [] Es bedurfte einer mehrjährigen gerichtlichen Auseinandersetzung, die der SPD-Bundestagsabgeordnete und "Kronjurist" seiner Partei, Adolf Arndt, für die Benachteiligte führte. Erst durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes, das sich zu dem Grundsatz bekannte, das konfessionelle Bildungsmonopol sei verfassungswidrig, wurde für Leni Fried der Weg in die Heimat wieder frei: sie war gezwungen gewesen, ihr Studium in Saarbrücken zu beginnen. [] Den Bescheid, die Lehramtskandidatin von den rheinlandpfälzischen pädagogischen Akademien fernzuhalten, hatte das Mainzer Kultusministerium u. a. damit begründet, bei einer konfessionellen Zusammensetzung der Bevölkerung des Landes von 56,3 Proz. Katholiken und 42 Proz. Protestanten, aber nur 1,7 Proz. Andersgläubigen, bestehe kein Anlaß, dieser letzten Gruppe, der Leni Fried angehört, entgegenzukommen, da "die Interessen der Allgemeinheit oder einer bedeutsamen Personenzahl nicht berührt" würden. [] In Baden-Württemberg sind solche konfessionsarithmetisch bedingten Benachteiligungen einzelner Bürger, die entweder nicht das richtige oder überhaupt kein Gesangbuch besitzen, so lange unmöglich, als eine hinreichend starke sozialdemokratische Vertretung auch Einfluß auf die Entscheidungen nehmen kann. Das hart umkämpfte, vom letzten Landtag verabschiedete Lehrerbildungsgesetz, das neben der schon bestehenden konfessionellen Lehrerbildung in Südbaden und Südwürttemberg auch die simultane Lehrerbildung sichert, ist wesentlich mitbestimmt durch sozialdemokratischen Geist. Es gewährleistet die Freiheit der Religionsbekenntnisse an den Pädagogischen Hochschulen und in den Schulen, solange es in seinem Wesen nicht durch eine absolute CDU-Mehrheit verändert wird. [] SPD [] WÄHLEN IST RICHTIG! [] Herausgegeben von der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Landesbezirk Baden-Württemberg
Published:15.05.1960