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PETER BLACHSTEIN [] HAMBURG, den 5. August 1949, [] Moorkamp 5, II. [] Junge Freunde! [] Die bei vielen jungen Menschen vorhandene Abneigung gegen die Politik, ist durch die Hetze im Wahlkampf zum Bundesparlament leider noch verstärkt worden. Die Auseinandersetzung über die Politik ist notwendig, doch sollten wir dabei den ehrlichen Gegner respektieren und die Vereinigung aller Kräfte erstreben, die am Neubau eines sozialen Deutschlands mitwirken wollen. [] Dieser Brief an die jungen Wähler soll an Sie appellieren, am 14.8. zur Wahl zu gehen. Sie können sich der Politik nicht entziehen, die politischen Entscheidungen werden auch Ihr Leben maßgeblich beeinflussen. Die Enttäuschung über das vergangene Regime, das den Glauben der deutschen Jugend so schmählich mißbrauchte, und die Enttäuschung über die politische Entwicklung nach dem Kriege darf Sie nicht länger abseits stehen lassen. [] Das Vertrauen der Hamburger Sozialdemokraten stellt mich der Bevölkerung des Wahlkreises 1 als Kandidaten zum Bundesparlament. Ich bin 38 Jahre alt, komme aus der deutschen Jugendbewegung und meine, daß der Einsatz der ganzen Persönlichkeit, aus eigener Verantwortung und in dem Bewußtsein mit dem Schicksal des ganzen Volkes unlösbar verbunden zu sein, uns den rechten Weg weisen wird. [] Meinen Sie nicht auch, daß aus vier Zonen und anderthalb Dutzend Ländern wieder ein freier Staat werden soll und die Schaffung der westdeutschen Bundesrepublik der erste Schritt auf dem Wege zu einem freien und geeinten Deutschland ist? Möchten Sie nicht mitarbeiten an der Zurückgewinnung unserer Souveränität und Selbstbestimmung von den Siegermächten? Sicher sind Sie mit mir der Meinung, daß ohne Teilnahme der jungen Generation am politischen Leben die Freiheit Deutschlands nicht errungen werden kann. [] Dieses Mal gilt es für Deutschland zu leben. Und warum solltet Ihr im Leben weniger tapfer sein als im Sterben? Es gilt die Kameradschaft und gegenseitige Hilfe ins tägliche Leben einzuführen und einen sozialen Staat aufzubauen. Nur eine entschlossene sozialistische Politik wird Privilegien aufheben und jeden jungen Menschen nach seinen Leistungen ausbilden und allen den Ertrag ihrer Arbeit sichern. Die heutige Generation hat ein Recht auf Arbeit und Wohnung, auf die Gründung einer eigenen Familie. Die Mädchen und Frauen, die soviel geleistet und gelitten haben, sollen gleichberechtigt an der Seite des Mannes stehen und die Sicherheit haben, nicht wieder ihre Männer und Söhne dem Kriege opfern zu müssen. [] Das Wohl des Menschen ist das Ziel sozialistischer Politik. Laßt uns zusammenstehen für einen sozialistischen Neubau Deutschlands, in der Verteidigung der Freiheit und für unsere Selbstbestimmung. In diesem Sinne werde ich politisch tätig sein. [] Mit freundschaftlichem Gruß [] Peter Blachstein
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