Ein Brief für Sie! [Serie] . Adolf Arndt, Ihr Kandidat spricht zu Ihnen

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Ein Brief für Sie! [] Adolf Arndt, [] Ihr Kandidat spricht zu Ihnen: [] Sehr geehrte Wählerinnen und Wähler, liebe Jugend! [] Als Kandidat für das erste deutsche Bundesparlament im Wahlkreis Hersfeld, Hühnfeld, Rotenburg stelle ich mich hierm...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Arndt, Adolf, Nuhr-Druck, Kassel
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 14.08.1949
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/4D4051B2-592D-4D03-B6C4-84323A617EF6
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Ein Brief für Sie! [] Adolf Arndt, [] Ihr Kandidat spricht zu Ihnen: [] Sehr geehrte Wählerinnen und Wähler, liebe Jugend! [] Als Kandidat für das erste deutsche Bundesparlament im Wahlkreis Hersfeld, Hühnfeld, Rotenburg stelle ich mich hiermit der Wählerschaft vor: [] Als am 30. Januar 1933 die Weimarer Republik zugrunde ging, war ich 28 Jahre alt, parteilos und von Beruf Landrichter in Berlin. Ich legte mein Staatsamt nieder und wurde Rechtsanwalt. Reisen führten mich nach Holland, England, Frankreich, Ungarn und in die Schweiz. Meine Beobachtungen zeigten mir, wie in Deutschland Recht und Gerechtigkeit verloren wurden und eine, der vielfach ahnungslosen Bevölkerung durch Gewalt und Lüge aufgezwungene Diktatur, dem Kriege zusteuerte. Wie so viele andere Menschen habe ich die Schrecken dieses Unheils zu spüren bekommen. Mein Sohn mußte mit 16 Jahren zur Flak -und erst in diesem Frühling erhielt ich ihn über das Lager Hersfeld aus russischer Kriegsgefangenschaft zurück. Meine Frau und meine Tochter waren wegen des Luftkrieges 1941 in ein kleines Familienbesitztum nach Marklissa/Schlesien gezogen, wo wir dann durch die Austreibung 1945 unsere Habe verloren. Nach zwei Jahrzehnten Berufsarbeit bin ich heute ärmer als vor 23 Jahren zur Zeit meiner Eheschließung. Ich selbst wurde nach dem 20. Juli 1944 mit dem Ziel der "Liquidierung" in ein Zwangslager verschleppt. [] Nach diesen Erlebnissen hatte ich nach Beendigung des Krieges den heißen Wunsch, mit all meiner Kraft dem Neuaufbau unseres armen Vaterlandes zu dienen und für eine bessere Zukunft zu arbeiten. [] Während ich mich heimatlos bei meiner seit 1920 in Marburg lebenden Mutter aufhielt, wurde ich dort zum Oberstaatsanwalt bestellt, aber schon im November 1945 vom Justizminister Zinn, dessen engster Mitarbeiter ich seitdem bin, nach Wiesbaden berufen. [] Da ich in den Jahren 1933/45 als Anwalt beobachtet hatte, wie das gutgläubige Volk von den Rüstungs- und Kriegsgewinnlern betrogen und ins Verderben getrieben wurde, erkannte ich, der bisher Parteilose, die Pflicht, am politischen Leben teilzunehmen. Deshalb schloß ich mich 1946 der SPD an, da sie die Partei ist, die seit Jahrzehnten für Frieden, für soziale Gerechtigeit [!] und für die werktätigen Massen der Bevölkerung eintritt. Gleichzeitig trat ich in die Gewerkschaft ein, deren grundsätzliche Forderungen ich mir zu eigen gemacht habe. [] Im Februar 1948 wählte mich der Hessische Landtag in den Wirtschaftsrat. Voller Zorn und Schmerz habe ich dort als Abgeordneter erleben müssen, daß wieder wie vor 1933 die kleine Gruppe der noch Besitzenden durch ihre Politik der »zügellosen Wirtschaft« nach der Währungsreform die Reichen reicher und die Armen ärmer machte. Wieder sind mehr als eine Million Arbeiter erwerbslos geworden und die Landwirtschaft gerät in eine schwierige Lage. Wenn unser so bitter verarmtes Vaterland wieder zu Wohlstand kommen soll, kann dies allein durch die Arbeit aller geschehen und muß darum ein gerechter Wohlstand für alle werden. [] Ohne Gerechtigkeit ist das Leben sinnlos. Ich bin ein Mensch, der die sachliche Arbeit liebt und sich zu Christus bekennt; daher verabscheue ich den Krieg und die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. Deshalb erhebe ich auch die Forderung, daß man das deutsche Volk wieder über alle Zonengrenzen hinweg sich vereinigen läßt und ihm endlich den ersehnten Frieden gewährt. [] Wir haben ein Vaterland; im Westen können aber nicht »11 Vaterländer« durch das Gegeneinanderregieren der Besatzungsmächte weiterhin gevierteilt werden. Ob die künftige Bundesregierung in Bonn sitzt und dort wieder den Wünschen der Besitzenden, die ihre alte Macht zurückerobern wollen, gefügig sein muß, oder ob die Bundesregierung selbst in Frankfurt und später in Berlin die Stimme Deutschlands für den europäischen Neuaufbau und für den Weltfrieden zur Geltung bringen kann, wird davon abhängen, ob jeder erkennt, daß ein grundsätzlicher Kurswechsel notwendig ist und der Bundestag keine Vertretung von Interessenten, sondern eine wirkliche Volksvertretung sein soll. [] Ich bitte um Ihre Stimme für den Listenvorschlag 1 und verbleibe [] hochachtungsvoll [] gez. Adolf Arndt [] Jurist [] Nuhr-Druck Kassel-W., Ruf 5684 [] Abs.: Adolf Arndt, Jurist, [] Wahlkreiskandidat Hersfeld-Hünfeld, Rotenburg [] Wahlanschrift: Hersfeld, Ob. Frauenstraße 14, SPD-Büro [] SPD [] Expreß!
Published:14.08.1949