Liebe junge Frau! Lieber junger Mann!

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; WERNER HANSEN [] Köln-Sülz - Sülzgürtel 5 [] 29. August 1953 [] Liebe junge Frau! Lieber junger Mann! [] Sie stehen zum erstenmal in Ihrem Leben vor der Entscheidung, Ihre Stimme für einen Bundestagskandidaten abzugeben. [] Jeden Tag hören Si...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Hansen, Werner, Druckhaus Deutz
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 29.08.1953 - 06.09.1953
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/3C0765B4-CEA8-40DA-942B-D5B472C2D209
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; WERNER HANSEN [] Köln-Sülz - Sülzgürtel 5 [] 29. August 1953 [] Liebe junge Frau! Lieber junger Mann! [] Sie stehen zum erstenmal in Ihrem Leben vor der Entscheidung, Ihre Stimme für einen Bundestagskandidaten abzugeben. [] Jeden Tag hören Sie Aufrufe an die Jugend. Sie werden umworben, man erzählt Ihnen, was alles für Sie getan wird. Man sagt Ihnen, Sie seien der Träger der Zukunft. [] Sie erinnern sich aber, so etwas schon einmal gehört zu haben. Sie erinnern sich an eine Zeit, in der uniformierte junge Menschen, denen auch die Zukunft versprochen war, durch unsere Straßen zogen und sangen: "Heute gehört uns Deutschland und morgen die ganze Welt!" Für diese Jugend folgte ein bitteres Erwachen. Die versprochene Zukunft bestand aus Trümmern, aus der dumpfen Angst vor dem Morgen, aus einer zerschlagenen Welt! [] Wir alle haben neu angefangen, trotz alledem! Vieles läuft nicht so, wie wir es wünschen. Vor allem vor der Politik und den Politikern haben Sie ein gewisses Unbehagen. Manches, was Sie an Debatten des Bundestages über den Rundfunk hörten, und manches, was Sie jetzt im Wahlkampf erleben, wird von Ihnen abgelehnt. Sie meinen, daß man auch im politischen Leben sachlich bleiben und die Meinung und die Person des anderen achten sollte. Das ist auch meine Überzeugung! [] Es wird aber nicht besser, wenn wir abseits stehenbleiben! [] Wir haben uns mit der Politik zu beschäftigen, weil sich sonst die Politik mit uns beschäftigt, und zwar in einer Weise, die Sie sicher nicht wollen! Vergessen Sie bitte nicht, daß schon wieder politische Abenteurer durch die Lande reisen, die unser Volk, wenn sie an die Macht kommen, in ein neues Unglück stürzen würden. [] Was ist Ihr und was ist mein Wunsch? [] Sie möchten als freier Mensch in einer friedlichen Welt leben. Sie möchten arbeiten und eine Familie gründen können. Das möchten auch die jungen Menschen der übrigen Welt. Auch sie haben Sehnsucht nach einem Leben in Gerechtigkeit und Freiheit. [] Zwei entscheidende politische Auffassungen stehen sich bei den Bundestagswahlen gegenüber: Die Regierung Adenauer hat sich seit Jahren auf eine "Politik der Stärke" festgelegt. Die von ihr beschlossene Aufrüstung Westdeutschlands im Rahmen der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft verhindert nach meiner Meinung die Wiedervereinigung Deutschlands. Ohne daß der Bundeskanzler Adenauer oder die CDU dies will, beschwört eine solche Politik die Gefahr neuer kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen Ost und West herauf. Denn wenn wieder aus der Hitlerschule hervorgegangene Offiziere mit Kanonen und Soldaten spielen dürfen und wenn darüber hinaus rechtsradikale Kreise mehr politischen Einfluß bekommen, wird weder Adenauer noch die CDU die Geister bannen können, die sie riefen! [] Darum treten ich und die Partei, die ich als Bundestagskandidat vertrete, die Sozialdemokratische Partei, für eine Politik der Verständigung ein. Wir erstreben die Wiedervereinigung Deutschlands mit friedlichen Mitteln. Das kann nur erreicht werden durch Verhandlungen zwischen den Großmächten. [] Ich will nicht auf die sozialen und wirtschaftlichen Dinge eingehen, die bei dieser Bundestagswahl ebenfalls zur Entscheidung stehen. Ich bin Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes für den Landesbezirk Nordrhein-Westfalen. Als Gewerkschafter bin ich also mit den Sorgen und Nöten vertraut, die sich aus der täglichen Arbeit im Betrieb ergeben. Ich kenne auch die Schwierigkeiten der jungen Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens geboren sind und die trotzdem im Leben vorankommen wollen. Ich weiß, wie wenig die Frauen, trotz aller gegenteiligen Versprechungen, in ihrer Arbeit und auch sonst im öffentlichen Leben tatsächlich als Gleichberechtigte anerkannt sind. [] Diese Schwierigkeiten lassen sich nicht beheben, wenn man nur in alten Vorurteilen denkt. Diese Probleme lassen sich nur durch eine kühne und vorwärtsdrängende Wirtschafts- und Sozialpolitik lösen, die bereit ist, die Dinge auch tatsächlich neu zu ordnen. [] Ich sagte schon, daß ich als Bundestagskandidat der Sozialdemokratischen Partei zu Ihnen spreche. Ich erwarte nicht, daß Sie mit allem einverstanden sind, was die Sozialdemokratische Partei tut und sagt. Ich bin es auch nicht immer. Ich hoffe nur, daß Sie sich mit unseren Auffassungen und Taten auseinandersetzen, wie das jeder mit einer eigenen Meinung tut. Ihr Selbstbewußtsein darf es nicht zulassen, daß andere für Sie und über Sie entscheiden. [] Vergessen Sie nur am 6. September nicht: [] Die Entscheidung, die Du am Wahltag fällst, [] hast Du vielleicht als Kreuz zu tragen! [] In herzlicher Verbundenheit [] Ihr [] (Werner Hansen) [] Bitte beachten [] Am 6. September hat jeder Wähler zwei Stimmen. [] Eine Stimme ist abzugeben für den im Wahlkreis direkt zu wählenden Kandidaten. [] Die zweite Stimme gilt der Landesliste einer der politischen Parteien. [] Der Stimmzettel enthält auf der linken Seite in schwarzer Schrift die Namen der Kandidaten, die im Wahlkreis aufgestellt sind. [] Auf der rechten Seite sind in blauer Schrift die Partei-Landeslisten aufgestellt. [] Die Parteilisten werden durch die Parteibezeichnung und durch die ersten fünf Bewerber der Liste gekennzeichnet. [] Das Kreuz muß also auf der linken Seite des Wahlscheines in den Kreis gesetzt werden, der neben dem Kandidaten steht, den man wählen will. [] Auf der rechten Seite muß das Kreuz in den Kreis gesetzt werden, der neben der Partei steht, die man wählen will. [] Druck: Druckhaus Deutz
Published:29.08.1953 - 06.09.1953