Die neue Mitbestimmungsinitiative des DGB

Die neue Mitbestimmungsinitiative des DGB [] Der Deutsche Gewerkschaftsbund und seine Gewerkschaften starten eine Initiative für mehr Mitbestimmung. [] Neu ist, daß es nicht nur um die Mitbestimmung in Betrieben und Unternehmen, in Betriebs- und Aufsichtsräten geht, sondern um eine umfassende Mitbes...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), Bundesvorstand, Düsseldorf, Union-Druckerei, Frankfurt/M.
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: ca. 1982
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/30270242-CC1D-4D0F-9884-6E4D5FA07740
Description
Summary:Die neue Mitbestimmungsinitiative des DGB [] Der Deutsche Gewerkschaftsbund und seine Gewerkschaften starten eine Initiative für mehr Mitbestimmung. [] Neu ist, daß es nicht nur um die Mitbestimmung in Betrieben und Unternehmen, in Betriebs- und Aufsichtsräten geht, sondern um eine umfassende Mitbestimmung. Am Arbeitsplatz. Im Betrieb. Im Unternehmen. Und im gesamtwirtschaftlichen Bereich. [] Es geht um die Mitbestimmung auf der ganzen Linie. [] Mehr Mitbestimmung: [] warum gerade jetzt? [] Unsere Wirtschaft steckt in einer tiefen Krise. Die Folgen dieser Krise sind [] Abbau von sozialen Rechten, Entlassungen und für die, die noch Arbeit haben, [] ein höherer Leistungsdruck. [] Angesichts der ungebrochen wachsenden Arbeitslosenziffern ist die Neigung von Politikern und Arbeitgebern, [] Verantwortung auf andere, vor allem auf die Arbeitnehmer, abzuwälzen, ständig gestiegen. Wirksame Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vollbeschäftigung dagegen bleiben aus. Es wird lediglich gefordert, die Gewinne der Unternehmen steigen zu lassen, in der Hoffnung, dies würde zu verstärkten Investitionen führen. [] Die Unternehmer sehen die Lösung der wirtschaftlichen Probleme darin, die Sozialleistungen zu kürzen: die Folgen der Wirtschaftskrise sollen die Arbeitnehmer und ihre Familien tragen. [] Und deshalb brauchen wir mehr Mitbestimmung. Gerade jetzt. [] Mitbestimmung ist eine wichtige Voraussetzung zur Sicherung der Arbeitsplätze, zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, Mitbestimmung ist Sicherung der Interessen der Arbeitnehmer. [] Mitbestimmung auf der ganzen Linie: vom Arbeitsplatz bis zum gesamtwirtschaftlichen Bereich. [] Wenn Mitbestimmung wirklich greifen soll, brauchen wir Mitbestimmung auf der ganzen Linie. Am Arbeitsplatz. Im Betrieb. Im Unternehmen. Im gesamtwirtschaftlichen Bereich. [] Der einzelne Arbeitnehmer muß stärker als bisher in die betrieblichen Willens- und Entscheidungsprozesse einbezogen werden. [] Die Mitbestimmungsrechte des Betriebs- und Personalrats müssen ausgebaut und erweitert werden. [] Eine neue Unternehmensverfassung für alle großen Unternehmen des privaten und öffentlichen Rechts muß geschaffen werden. Diese neue Unternehmensverfassung muß sich an dem seit über 30 Jahren bewährten Montan-Modell orientieren. [] Die Mitbestimmung muß über die Bereiche Arbeitsplatz, Betrieb und Unternehmen hinausgehen. Auch im gesamtwirtschaftlichen Bereich, in Regionen, in den Ländern und im Bund müssen die Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaften mitbestimmen. [] Mitbestimmung am Arbeitsplatz: Mitbestimmung von Anfang an. [] Ein wichtiger Bestandteil der Mitbestimmungs-Initiative des DGB ist eine stärkere Einbeziehung der einzelnen Arbeitnehmer an ihren Arbeitsplätzen und innerhalb ihrer Arbeitsbereiche in die betriebliche Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse. Eine solche Mitwirkung soll sich insbesondere erstrecken auf: [] eine Gestaltung der Arbeitsbedingungen, die dem Leistungsvermögen der Arbeitnehmer angepaßt ist; [] die Ausfüllung der Arbeitstätigkeit mit möglichst sinnvollen Arbeitsaufgaben; [] eine Sicherung und Erweiterung der beruflichen Qualifikation; [] die Abwehr gesundheitlicher Gefährdungen und das Abstellen von Verstößen gegen Arbeitsschutzvorschriften. [] Mitbestimmung im Betrieb: mehr Rechte für den Betriebsrat. [] Im Mittelpunkt der Forderungen des DGB zur Mitbestimmung im Betrieb steht die Ausweitung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats. [] Der DGB fordert: [] Verbesserung der Arbeitsmöglichkeiten des Betriebsrats, [] Verstärkung der Grundlagen der Zusammenarbeit zwischen Gewerkschaft und Betriebsrat, [] Einbeziehung aller Arbeitnehmer in die Schutzfunktion des Betriebsverfassungsrechts, [] Abbau der Gruppenschranken zwischen Angestellten und Arbeitern. [] Wie dringend erforderlich eine umfassende Mitbestimmung des Betriebsrats ist, wird gerade in der jetzigen Zeit deutlich. Immer mehr greifen computergestützte Arbeitsabläufe in den Betrieben um sich. Durch entsprechende betriebsverfassungsrechtliche Grundlagen muß es dem Betriebsrat ermöglicht werden, Fehlbeanspruchungen, Leistungsverdichtungen, berufliche Dequalifizierungen und menschenunwürdige Kontrollen zu verhindern. [] Eine wirksame Einflußnahme des Betriebsrats muß bereits bei der Personalplanung gegeben sein. [] Bei Kündigungen - der einschneidensten Arbeitgebermaßnahme - ist der Arbeitgeber zu verpflichten, eine Gestaltungsklage beim Arbeitsgericht zu erheben, wenn er trotz des Widerspruchs des Betriebsrats an der Entlassung festhalten will. Der Arbeitnehmer ist bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts weiter zu beschäftigen.- [] Die vier Ebenen der Mitbestimmung: [] DGB [] Arbeitsplatz [] Betrieb [] Unternehmen [] Gesamtwirtschaft [] Die Forderungen des DGB zur Mitbestimmung im Betrieb sind nicht allein Forderungen für den Bereich der privaten Wirtschaft. Es sind auch Forderungen für denöffentlichen Dienst. Auch die Mitbestimmungsrechte der Personalräte müssen ausgebaut und erweitert werden. [] Mitbestimmung im Unternehmen: das Montan-Modell als Maßstab. [] Ziel der Forderungen des DGB zur Mitbestimmung im Unternehmen ist es, in allen Großunternehmen eine Reform der Unternehmensverfassung durchzusetzen, die bewirkt, daß wesentliche Entscheidungen, von denen die Arbeitnehmer dieser Unternehmen und oft auch Arbeitnehmer in der übrigen Wirtschaft betroffen sind, sozial kontrollierbar werden. [] Von der neuen Unternehmensverfassung sollen alle Unternehmen des privaten und öffentlichen Rechts betroffen sein, die von den folgenden Merkmalen mindestens zwei erfüllen. [] 1000 Arbeitnehmer, [] 150 Mio DM Umsatz oder vergleichbare Einnahmen, [] 75 Mio DM Bilanzsumme. [] Die institutionelle Ausgestaltung der neuen Unternehmensverfassung in Großunternehmen soll sich an dem seit über 30 Jahren bewährten Montan-Modell orientieren. [] Das bedeutet für die Ebene des Aufsichtsrats: [] paritätische Besetzung mit Vertretern der Arbeitnehmer und der Anteilseigner unter Einschluß eines neutralen Mitglieds; [] gleichgewichtige und gleichberechtigte Einbeziehung von betrieblichen und außerbetrieblichen Vertretern auf der Seite der Arbeitnehmer; [] keine Sonderrechte für bestimmte Gruppen (z.B. leitende Angestellte) bei der Wahl zum Aufsichtsrat; [] Wahl der betrieblichen Arbeitnehmervertreter durch die Betriebsräte bzw. Personalräte, Bestellung der außerbetrieblichen Arbeitnehmervertreter durch die Spitzenorganisation der im [] Unternehmen vertretenen Gewerkschaften; [] keine Aushöhlung von Entscheidungskompetenzen des Aufsichtsrats durch Verlagerungen auf die Eigentümerversammlung. [] Das bedeutet für die Ebene des Vorstandes bzw. der Geschäftsführung: [] volle Gleichberechtigung der Mitglieder der Unternehmensleitung untereinander; [] Errichtung eines Vorstands-Ressorts für Personal und Soziales (Arbeitsdirektor); [] Anbindung des Arbeitsdirektors an das spezielle Vertrauen der Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat; [] Wahl bzw. Abberufung aller Mitglieder der Unternehmensleitung durch den Aufsichtsrat. [] Mitbestimmung im gesamtwirtschaftlichen Bereich: [] in den Regionen, Ländern und im Bund. [] Die Unternehmensmitbestimmung ist nicht geeignet, auf Struktur-, regional- und wirtschaftspolitische Entscheidungen Einfluß zu nehmen. Deshalb fordert der DGB in den Regionen, Ländern und im Bund paritätisch mit Vertretern der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände besetzte Wirtschafts- und Sozialräte. Diese Wirtschafts- und Sozialräte sollen gegenüber Parlamenten, Regierungen und Verwaltungen Informations-, Beratungs- und Initiativrechte in allen wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten erhalten, die die Interessen der Arbeitnehmer besonders berühren. [] Mitbestimmung: es geht um unsere Interessen. [] Es gibt keine wirtschafts- und sozialpolitische Entscheidung, die nicht in irgendeiner Form Auswirkungen für die Arbeitnehmer hat. Nur durch die Mitbestimmung werden Entscheidungen sozial kontrollierbar. Durch eine Mitbestimmung auf der ganzen Linie. [] Es geht jetzt darum, daß die Wirtschafts- und Beschäfttgungskrise nicht zur Stunde derjenigen wird, die gesellschaftliche Reformen von der Tagesordnung streichen wollen. [] Es geht darum, daß die Probleme von heute und morgen mit den Arbeitnehmern und nicht gegen sie gelöst werden. Es geht um unsere Interessen. [] Wir wollen mehr Mitbestimmung. Gerade jetzt! [] DGB [] M13 [] Herausgeber: DGB-Bundesvorstand, Düsseldorf Druck: Union-Druckerei, Frankfurt/M.
Published:ca. 1982