Thema: Rechtsextremismus

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Thema: Rechtsextremismus [] Die Wahlerfolge der NPD bei den hessischen Kommunalwahlen und der falschen Republikaner (REPs) in Berlin haben ins öffentliche Bewußtsein gerückt, daß es in unserem Land ein gefährliches Maß an rechtsextremistische...

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Main Authors: Butter. Agentur für Werbung GmbH, contact@butter.de, Tel. 0211 . 86797 - 0, Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Bundesvorstand, Referat Öffentlichkeistarbeit, Courir-Druck GmbH, Bonn
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 05.1989
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/14C8E18E-6833-40A0-B456-AFEBB2FC724C
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Thema: Rechtsextremismus [] Die Wahlerfolge der NPD bei den hessischen Kommunalwahlen und der falschen Republikaner (REPs) in Berlin haben ins öffentliche Bewußtsein gerückt, daß es in unserem Land ein gefährliches Maß an rechtsextremistischen Einstellungen gibt. Die Ergebnisse in Berlin und Frankfurtwaren waren so nicht vorhersehbar, aber zufällig waren sie nicht! [] Sinus-Studie 1981: 13 % Rechtsextreme [] Schon 1981 ermittelte das Sinus-Institut, daß etwa 13% der Deutschen über ein geschlossen rechtsextremes Weltbild verfügen. Das Fanal zum Aufbruch rechtsaußen war 1985 der Erfolg der falschen Republikaner bei den bayerischen Landtagswahlen mit rund 3 % der Stimmen - und das noch zu Zeiten von F.J. Strauß. [] Zwischen Schwarz und Braun ... [] Mitgeholfen beim Aufstieg der extremen Rechten haben seit der Wende die Union und die konservativ-liberale Bundesregierung. Der Ausbau des Wohlstands von zwei Dritteln der Gesellschaft auf Kosten der übrigen, Korruptionsskandale und das ungelöste Problem der Arbeitslosigkeit - sie alle rufen berechtigten Protest hervor. Der Appell an Nationalstolz, die" Entsorgung deutscher Vergangenheit" durch rechte Historiker, die Herabwürdigung von Ausländern und Asylbewerbern - sie alle garantieren nicht mehr die Integration der rechtsextremen Opposition. Im Gegenteil! Dadurch werden und wurden die Brücken nach rechtsaußen erst gebaut, rechtsextreme Positionen hoffähig gemacht. Die CDU-Hetze gegen Ausländer im Frankfurter Kommunalwahlkampf war der traurige Höhepunkt dieser verfehlten Taktik der Unionsparteien. [] Wer und was rührt sich rechtsextrem? [] Die rechtsextreme Szene wird im wesentlichen von zwei Formationen bestimmt: dem Bündnis von NPD und DVU, der sog. DVU - Liste D sowie den falschen Republikanern. [] Europa-Konzept [] "Ja zu Europa - nein zu dieser EG!", so lautet die Überschrift des Programms der REPs für die Europa-Wahl. Deutlich an die Parole der französischen Front National Le Pens angelehnt (Les français d'abord) der Schluß: "Deutschland zuerst." Auch die Liste D skandiert zum Verwechseln ähnlich: "Erst Deutschland - dann Europa!" Zu Recht schrieb die Januarausgabe der NPD-nahen "Nation Europa": "Wie diese Wahlparolen gleichen sich auch die Programme wie ein Ei dem anderen." [] Was sich an den Parolen zeigt, zeigt sich auch an den handelnden Akteuren. Viele von ihnen entstammen demselben braunen Sumpf. [] Unzufriedenheit ist das Stichwort [] Das Berliner Wahlergebnis weist eines deutlich auf: Neben einem gut Teil Wählern, bei denen kein Zweifel daran herrscht, wes Geistes Kind sie sind, gibt es einen beachtlichen Teil, für den soziale Unzufriedenheit im Vordergrund der Wahlentscheidung stand. Was wir brauchen, um die mit der Bundesregierung Unzufriedenen für uns zu gewinnen, ist eine Politik, die die materiellen Ursachen der Angst beseitigt, damit kulturellen Ängsten begegnet werden kann. Im Mittelpunkt einer solchen Politik hat die Überwindung von neuer Armut, von Arbeitslosigkeit und Ausbildungsnot zu stehen. "Eine Politik", so der Vorsitzende der niedersächsischen SPD-Landtagsfraktion, Gerhard Schröder, "die die gesellschaftlichen Ursachen von Fremdenfeindlichkeit überwindet, eine neue Politik, die Schluß macht mit neuer Armut, eine solche Politik leistet den wichtigsten Beitrag für eine humane Gesellschaft, in der Anderssein als Bereicherung und nicht als Bedrohung begriffen und angenommen werden kann." [] Zu solchen humanen Grundsätzen zählt die Unantastbarkeit des politischen Asyls ebenso wie das kommunale Wahlrecht für Ausländer. Die vernünftigen Teile der CDU/CSU sind aufgefordert, sich zu diesen Prinzipien einer modernen und weltoffenen Gesellschaft zu bekennen und sie in den eigenen Reihen durchzusetzen. [] Dr. Herta Däubler-Gmelin [] Stellvertretende Vorsitzende der SPD [] Frage: Bei den Wahlen in Berlin haben die Republikaner ... [] Antwort: ... die sogenannten Reps haben mit dem, wofür Republik steht - Freiheit, Gleichheit, Brüder- und Schwesterlichkeit - nichts im Sinn. Das ist Etikettenschwindel. [] Frage: ... diese falschen Republikaner konnten in Berlin 7,5 % der Stimmen erringen. Wo liegen die Gründe? [] Antwort: In Berlin gibt's sicherlich einige Wähler mit einem rechtsextremen Weltbild. Auch in der Bundesrepublik. Aber: die Mehrheit ihrer Wähler sind wohl konservative Protestwähler gegen die CDU/FDP-Politik der sozialen Kälte und der Heuchelei. Sie ärgern sich über steigende Mieten und Wohnungsnot, während zur gleichen Zeit Gutverdienende mit dicken Ellenbogen große Steuererleichterungen bekommen. Das haben sich die unverantwortlichen Funktionäre der Rechtsextremisten geschickt zunutze gemacht. [] Frage: Den Wählern der sogenannten Reps scheint die Ausländer- und Aussiedlerfrage ganz besonders wichtig zu sein. [] Antwort: Ja, zweifellos. Auch Teile der Union haben Stimmung gegen diese Gruppen unserer Bevölkerung gemacht. Sozusagen als Blitzableiter für Unmut über perspektivlose Politik, die zur Verschärfung sozialer Probleme, Mehrkosten im Gesundheitsbereich, Wohnungsnot, Konkurrenzdruck auf dem Arbeitsmarkt, Massenarbeitslosigkeit geführt hat - alles Folgen der Kohlschen Zweidrittelpolitik. Dazu kommt bei vielen die Angst, in unserer immer mehr auf Flexibilität, Mobilität und Anpassungsfähigkeit ausgerichteten Gesellschaft nicht mehr mitzukommen. Die Angst, man selbst oder die eigenen Kinder würden an den Rand gedrückt. Die Angst haben viele auch im Hinblick auf den EG-Binnenmarkt. Und dann zeigt jemand mit dem Finger auf Fremde ... Das kann dann zu der explosiven Mischung werden, in der rechtsextreme Parolen ankommen. [] Frage: In der Mitgliederzeitschrift der Sozialausschüsse, "Soziale Ordnung", schrieb das CDA-Bundesvorstandsmitglied Peter Köppinger im März 1989: "Es wäre ein Wunder gewesen, wenn diese (Zimmermanns) Ausländerpolitik nicht über kurz oder lang die Rechtsradikalen auf den Plan gerufen hätte." [] Antwort: Ich glaube, er hat recht. Aber auch in sich nach außen reputierlich gebenden konservativen Zeitschriften wie "Mut" oder "Criticon" haben Unionspolitiker die Grenze zwischen Konservativen und Rechtsextremen längst eingerissen. [] Frage: Die CDU/CSU scheint Gefangene der eigenen Argumentation zu werden. Aussiedler waren willkommen, gegen Ausländer und Asylanten wurde zu Felde gezogen ... [] Antwort: Aussiedler, ausländische Arbeitnehmer und Flüchtlinge gegeneinander auszuspielen - das ist mehr als schäbig. Wir werden das Asylrecht nicht antasten, und wir sagen, daß die ausländischen Arbeitnehmer und ihre Familien bei uns mehr Rechte und mehr Sicherheit für ihre Lebensplanung brauchen. Mittlerweile aber schlagen die fremdenfeindlichen Ressentiments auch gegen Aussiedler durch. Alle leiden darunter. Die Bundesregierung unternimmt viel zu wenig um durch Schaffung von Wohnraum und Arbeitsplätzen, durch eine vernünftige Sozialpolitik auch für die Einheimischen, für gute Nachbarschaft in unserem Land zu sorgen und damit auch die Integration der Aussiedler zu fördern. Wer jahrelang auf eine bezahlbare Wohnung gewartet hat und jetzt vom Wohnungsamt erfährt, wenn er Aussiedler wäre, bekäme er eine Wohnung, der ärgert sich. Das ist verständlich. So kann man es nicht machen. [] Frage: Gerade im Frankfurter Kommunalwahlkampf zog die CDU mit einer beispiellosen Hetze gegen Asylbewerber und ausländische Mitbürger zu Felde. [] Antwort: Die Union versuchte dort opportunistisch, rechtsaußen im Trüben zu fischen. Es war auch geradezu grotesk anzusehen, wie sich der bayerische Ministerpräsident Streibl (CSU) und NPD-Funktionäre nach der Berlin-Wahl darum stritten, von wem wohl die sogenannten Reps ihre politischen Forderungen abgeschrieben hätten. Der hessische Kommunalwahlampf hat aber auch bestätigt: Die Union bereitet den Boden und die Rechtsextremen fahren die Ernte ein. Das müßte die Union eigentlich zum Nachdenken bringen. [] Frage: Wäre es nicht an der Zeit, über Parteigrenzen hinweg beispielsweise einen humanen Umgang mit unseren ausländischen Mitbürgern zu propagieren? [] Antwort: Hans-Jochen Vogel hat das mehrfach gefordert und Gespräche angeregt. Auch aus Kirchen und Gewerkschaften hört man das immer wieder. Aber ohneÄnderungen bei der Union geht das nicht ... [] Frage: ... Was ist nötig ... ? [] Antwort: Stopp für ausländerfeindliche Töne in der Union. Mehr Rechte für ausländische Arbeitnehmer und ihre Familien; z. B. Unterstützung des kommunalen Wahlrechts, wie das Europäische Parlament es fordert ... [] Frage: Wie soll wachsendem Rechtsextremismus begegnet werden? [] Antwort: Durch eine neue Politik, die eben nicht nur die Gutverdienenden im Blick hat und die anderen übersieht. Die sich glaubwürdig um Reformen und soziale Gerechtigkeit bemüht. Beides ist bei den Rechtsextremen bekanntlich schlecht aufgehoben ... [] Frage: Ist auch Aufklärung notwendig? [] Antwort: Dringend. Über die Ziele und Methoden der Rechtsextremisten. Wir sollten gerade den jugendlichen Wähler [!] der sogenannten Republikaner deutlich sagen, wie weit deren Ziele von dem entfernt sind, was junge Leute in ihrem Leben wollen: Die denken und fühlen doch heute international, die schützen die multikulturellen Einflüsse in unserem Land, die wollen sich doch gar nicht auf nationale Engstirnigkeit oder deutsche Volksmusik festlegen lassen. Wir sollten auch über unsere deutsche Geschichte reden - und darüber, was Rechtsextreme in unserem Land schon einmal angerichtet haben. [] Frage: Wo liegen die Möglichkeiten für den einzelnen und die einzelne? [] Antwort: Es gibt heute viele, die wissen: Europa geht mit Ausländerfeindlichkeit und nationaler Engstirnigkeit nicht zusammen. Demokratie paßt nicht zu antidemokratischen Parolen. Das muß man auch sagen. Ich wünsche mir statt Stillschweigen oder antifaschistischer Maskerade mehr demokratisches Selbstbewußtsein, mehr Aufrichtigkeit und Zivilcourage. Da kann jede und jeder tagtäglich zu Hause, in der Schule oder am Arbeitsplatz einen Beitrag leisten. [] Jugend auf dem Weg noch rechtsaußen? [] Seit den Landtagswahlen in Bremen und Baden-Württemberg wächst der Stimmanteil von Erst- und Jungwählern bei den Rechtsextremen rasch an. Etwa 15% von ihnen gaben in Berlin den REPs die Stimme. Dies sind keineswegs alles Leute, die "mit dem Hakenkreuz unterm Arm" herumlaufen. Auch die gibt es - vor allem im Umfeld der neonazistischen" Freiheitlichen Arbeiterpartei" (FAP), die sich in der Nachfolge der NSDAP sieht: eine quasi "terroristische Vereinigung", zu der Michael Kühnen zahlt. [] Der nordrhein-westfälische Innenminister Schnoor fordert seit langem das Verbot dieser Schlägertruppe. Hier ist angebracht, was ansonsten die Verrechtlichung eines sozialen und politischen Problems wäre: das Verbot. [] Aber auch in diesen Kreisen wollen viele der jugendlichen Mitläufer bloß Protest artikulieren, ihren Frust loswerden. Dies sind nicht alles Nazis! Eine intensive Jugendarbeit, auch durch Verbände und Kommunen, der Einsatz von "Streetworkern"', die Förderung bspw. von Fan-Club- oder Skin-Projekten, das kann durchaus Erfolge bringen. [] Man muß schon genau hinschauen, warum Jugendliche sich an rechtsextreme Organisationen anlehnen und was sie bewegt. [] Viele junge Wählerinnen und Wähler der falschen Republikaner leben in gesicherten, wenn auch bescheidenen Verhältnissen. Sie stört die offensichtliche Korrumpierbarkeit der Mächtigen, die (scheinbare oder tatsächliche) Untätigkeit angesichts als drängend empfundener Probleme. Ein Großteil von ihnen fahrt gern ins Ausland, ißt in der Pizzeria nebenan, besucht die Disco. Ihr Lebensstil unterscheidet sich meilenweit von der Welt, die Funktionäre und Programme der NPD, DVU - Liste D und der REPs der Gesellschaft gerne aufzwängen. Darum wird es auch darauf ankommen, deutlich zu machen, daß Spaß und Freude, Reisen und Kontakte, jugendliche Power im braunen Mief erstickt werden sollen. Nicht zuletzt: Unser Wohlstand gründet auf einer politisch und wirtschaftlich offenen Gesellschaft. Er gerät durch Aus- und Abgrenzung in ernste Gefahr. [] Aktionsfeld Europa [] "Europa" ist für die extreme Rechte schon lange zum Aktionsfeld geworden. Sie haben gute Kontakte untereinander, national wie international, bei allem jeweiligem Nationalismus ... Ein Europa der getrennten Volksgemeinschaften - so die Denkschulen der Neuen Rechten - soll imperiale Größe wieder möglich machen. Ideologische Modernisierung und "Outfit"-Korrekturen sollen die extreme Rechte aus dem Ghetto nationalsozialistischer Nachfolgeorganisationen herausbringen. So mancher harmlose Programm-Satz erhält erst seine eigentliche Bedeutung, wenn sich die Akteure zu Wort melden. Ununterbrochen distanziert sich bspw. Schönhuber von alten und neuen Nazis, um dann mit dem zweiten und dritten Satz genau in deren Sinne Stimmung zu machen: "Wer bei den Republikanern als Antisemit auftritt, bekommt es mit mir persönlich zu tun - aber so allmählich hat man ja als Deutscher den Eindruck, der Zentralrat der Juden ist die 5. Besatzungsmacht auf deutschem Boden." [] Es ist eine kapitale Fehleinschätzung zu glauben, Rechtsextremismus sei eine Angelegenheit von "Ewiggestrigen", dumpfdröhnenden Biertisch-Strategen oder verelendeten Skinheads. Themen werden breit aufgenommen und oft bewußt in sprachlicher Nähe zu Sozialdemokraten oder Grünen angegangen (z. B. Ökologie, Renten, Gesundheitsreform, Abrüstung). Dahinter verbergen sich jedoch nur scheinbar deren Ideen. Es ist zu sehr aus dem Blickfeld geraten, daß die deutsche Rechte durchaus Traditionen hat, die sich im Nationalsozialismus nicht durchsetzen konnten, aber ihm sehr wohl in den Sattel geholfen haben. Die Deutsch-Nationalen sind dafür ein Beispiel, der "linke" Strasser-Flügel der Nazis ein anderes. [] "Anti"' allein reicht nicht [] Es ist wichtig zu wissen, wohin die Rechte Deutschland schon einmal geführt hat. Der Blick auf den Nationalsozialismus und das Wissen um ihn allein reichen heute nicht mehr aus, um überzeugende Gegenpositionen beziehen zu können. [] Die politische Alternative der Sozialdemokratie liegt in unserem Engagement für mehr demokratische Redlichkeit und Zivilcourage sowie in einem überzeugenden Politikkonzept für die heutigen Probleme begründet. Wir haben allen Grund, mit Selbstbewußtsein der Herausforderung der extremen Rechten entgegenzutreten. [] Es gibt den Satz "Jeder ist Ausländer - fast überall". Er entfaltet seine volle Wirksamkeit in einem Europa, das wirtschaftlich, rechtlich und sozial ein gemeinsamer Ort des Lebens für viele werden wird, die unterschiedlich sind. Welch ein Wahnsinn, in einer solchen Situation Fremdenfeindlichkeit und dumpfen Nationalismus zu predigen! [] juso magazin [] FREIHEIT, GLEICHHEIT, SOLIDARITÄT! [] Den rechten Rattenfängern keine Chance! [] Erinnern, nachdenken über Rechtsradikalismus ... [] Der Schein von Gemeinschaft - Attraktivität neofaschistischer Gruppen [] Der braune Traum von der heilen Welt [] Zwischen Schwarz und Braun [] Thesen zur Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus [] Skins, die unbekannten Wesen [] »Und drinnen waltet die züchtige Hausfrau« - Frauen bei den Neonazis [] Wie Phönix aus der Asche - Der Aufstieg der NSDAP [] Partei im Vormarsch: Frankreichs Front National [] und zahlreiche Beispiele aus der ANTIFA-Praxis [] juso magazin [] Einzelpreis DM 4,- [] Zu beziehen über: Juso-Bundessekretariat [] Postfach 2280, 5300 Bonn 1 [] Schönhuber und die Waffen-SS: "Ich war dabei" [] 1942 sah er sich am Ziel seiner Wünsche: Als Freiwilliger wurde er von der Leibstandarte Adolf Hitler der Waffen-SS aufgenommen. Eine glückliche Zeit, so der Unterscharführer Schönhuber in seinem Buch, das in der Verlags-Präsentation als "Standardwerk ehrlicher Vergangenheitsbewältigung" angepriesen wird. Militaristische Schwärmerei prägen die Bekenntnisse; falsch sei dieses Engagement zwar gewesen - unehrenhaft aber nicht (S. 148). Kostprobe: Vom Selbstmord Adolf Hitlers erfährt Schönhuber im Kreis von SS-Mannern. Viele von uns hatten Tränen in den Augen. Ich auch ... In diesem Augenblick waren wir auch wieder ein Haufen, die Männer der Waffen-SS, des Heeres, der Luftwaffe und der Marine ... Einer ... trat in die Mitte des Saales und rief: 'Unserem Führer, Adolf Hitler, ein dreifaches Sieg Heil, Sieg Heil, Sieg Heil!" (S. 170). Millionen von Toten stören die sorgfältig ausbalancierte Linie nicht. Napoleon habe ja schließlich auch Fehler gemacht. Kostbar, so der vermittelte Eindruck, sei das Leben eines "blutjungen" SS-Mannes gewesen (S. 56), der wegen eines Diebstahls erschossen wurde: "Er starb mannhaft". Die KZ-Opfer der SS-Schergen werden dagegen als ausgemergelt, leblos und blutleer beschrieben. KZ-Tote - ein Fehler halt, aber ein gleichwertiger Verlust? Wohl kaum, macht Schönhuber den Leser glauben. Anschließend erfolgt im Erschießungskommando das totale Besäufnis. So wird verdrängt. Übrig bleiben ihnen "Schicksal" und "Tragik" und "Männerehre". Wer wird da von etwas [] Schnödem wie individueller Verantwortung reden wollen? [] "Blanke Wut"' habe ihn nach dem Krieg "über junge Richter" gepackt, "die zur fragwürdigen Zeit noch in den Windeln lagen oder noch nicht geboren waren, wenn sie mit zynischer Arroganz menschliche Wracks in den Orkus werfen!" (S. 178) Menschliche Wracks - damit sind alt gewordene Nazis gemeint. Als zynische Arroganz - so vermerkt die FAZ zu Recht - wird die Härte gegeißelt, mit der "junge Richter" - relativ selten - über alte Nazis geurteilt haben. Der Orkus - das ist die Gefängnisstrafe. Bedauern: "Unser Zeitgeist erlaubt ja keine anständigen ehemaligen Faschisten" (S. 331). Sollte der Zeitgeist sie "erlauben"? [] Und heute? Eine "Entkriminalisierung" der deutschen Geschichte "sei angesagt", so Schönhuber am 8.2.1989 in Cham: "Wir erklären die Umerziehung der Deutschen für beendet und den Fahrkartenschalter nach Canossa für endgültig geschlossen!" Beiseite schieben, schnell abdrängen - wie 1945. Damals, auf der Flucht nach Lübeck, die Konfrontation mit einer Gruppe von KZ-Häftlingen, die vor dem Eintreffen der Alliierten deportiert worden waren: "Meine Waffen-SS-Kameraden und ich waren wie erstarrt!' Wie bei einer möglichen Gefangennahme den Unterschied erklären können, "daß wir von der kämpfenden Truppe sind, von der Waffen-SS und nicht von der Wächtertruppe? Wir sagten dem Fahrer, er solle sofort abfahren" (S. 165). [] "Wir haben die Nase voll" so ein Plakat auf einer REP-Veranstaltung im Sommer 1988. Die Rettung, sagt Schönhuber, komme nur von "einem Deutschland, in dem wieder Gesetz, Ordnung und Anstand herrschen". Wie hieß noch der Wahlspruch der SS?: "Unsere Ehre heißt Treue!" [] DVU - Liste D: Extreme Rechte bläst zum Sammeln! [] 1987 war es soweit: Gerhard Frey, der Vorsitzende der Deutschen Volksunion (DVU) und Martin Mußgnug, sein Pendant von der NPD, verkündeten die Gründung einer "Deutschen Liste", deren vornehmstes Ziel "die Sammlung aller nationalbewußten Deutschen" sei. Die "wahrhafte Wende" müsse herbeigeführt, der Untergang Deutschlands durch Überfremdung verhindert, der "Ehrenschutz für unsere Frontsoldaten" wiederhergestellt und die Wiedervereinigung zumindest in den Grenzen von 1937 postuliert werden. [] Schon seit geraumer Zeit war eine Annäherung zwischen NPD und Dr. Frey zu beobachten. 1985 kaufte der Münchener Verleger (u. a. "Deutsche National-Zeitung" und "Deutscher Anzeiger") die NPD-nahe "Deutsche Wochen-Zeitung" auf. [] Der Wahlverbund war keineswegs eine Liebesheirat, sondern wurde und wird durch Not und - seit neuerem - auch Erfolg zusammengeschweißt. Förderlich für die Einigungsbestrebungen zwischen den beiden traditionellen rechtsextremen Organisationen war wohl auch die bittere Pille des Wahlerfolgs der REPs in Bayern. [] Die (relativen) Wahlerfolge in Bremen und Baden-Württemberg bestärkten den als Juniorpartner fungierenden NPD-Vorsitzenden Mußgnug in der Fortsetzung des Bündnisses für die Europa-Wahl. Innerparteiliche Kritiker wurden (vorerst) ruhiggestellt. 12-15 Millionen sollen in den Europa-Wahlkampf investiert werden. Durch den Erfolg der falschen Republikaner in Berlin fühlt man sich verunsichert und bestärkt zugleich. Einerseits scheint mächtige Konkurrenz aufzukommen. Zum anderen hofft Frey, daß der Wähler statt der "Mogelpackung" REPs doch lieber das Original, die DVU - Liste D, wählen werde. [] Nach der Europa-Wahl wird Zwischenbilanz gezogen: Bei Erfolg halt die Eintracht, beim Gegenteil ... Sind beide, DVU - Liste D und REPs, für einen Einzug ins Parlament zu schwach, werden sich die Stimmen mehren, die im Hinblick auf die Bundestagswahl 1990, ein Wahlbündnis der beiden großen rechtsextremen Formationen für geboten -halten. Mußgnug und Neubauer könnten dabei neue Aufgaben zuwachsen. [] Der braune Traum von der heilen Welt [] So vielfältig die Gruppen der extremen Rechten, so unterschiedlich ihr Auftreten - Ihre ideologischen Vorstellungen unterscheiden sich oft nur in Kleinigkeiten. Ein Blick auf die Programme von DVU - Liste D, der NPD und der REPs macht dies deutlich: Sie alle betonen unentwegt ihre Grundgesetztreue, bemühen sich um Reputierlichkeit und meiden wie der Teufel das Weihwasser den Eindruck "Ewiggestriger" oder gar nationalsozialistischer Nachfolgeorganisationen. NPD und DVU sind deutlich um "Outfit"-Korrekturen bemüht. Sieht man einmal von den geforderten "Schnellrichtern" und dem Tatbestand "Asylbetrug"" und der Forderung nach Aufhebung der Abgeordneten-Immunität ab, so enthält das REP-Programm rein verbal wenig, was man nicht schon aus christdemokratischem Mund gehört hatte. [] Bei REPs, DVU - Liste D und NPD sind die Themen - mit unterschiedlichem Gewicht - dieselben: Ausländer, Deutschland, innere Sicherheit, Hilfen für Mittelstand und Bauern etc. Nebeneinander gelegt machen sie den Eindruck der Arbeitsteilung. So manche harmlos wirkende Passage wird enttarnt, wenn Praxis und Reden der Beteiligten den Nebel auflösen. Mit der Stange beginnt man dann zu fühlen, wo die Truppen herkommen. [] Da helfen alle Beteuerungsversuche beispielsweise der REP-Führung wenig, man habe deutliche Trennungsstriche zu den sog. "Rechtsradikalen" gezogen. Dies belegt auch die junge Parteigeschichte. Kurz nach der Gründung, im November 1983, verabschiedete man Grundsätze, die deutlich machen, wie sehr sich die REP-Führung inzwischen an die extreme Rechte anlehnt. Ausländer- und Asylpolitik hatten damals einen untergeordneten Stellenwert. Forderungen zur Einschränkung oder gar Abschaffung des Asylrechts wurden noch nicht aufgestellt. Zwar gab es schon eine Reihe von Aussagen zur Verschärfung des Ausländerrechts, doch waren diese gekoppelt mit einer Reihe von Maßnahmen, die eine Wiedereingliederung der Rückkehrer in ihren Heimatländern erleichtern sollten. Sie fehlen jetzt völlig. Diese deutliche Radikalisierung ist nicht nur im Bereich Asyl-, Ausländerpolitik zu beobachten: Deutschlandpolitik sei ebenso benannt wie der Versuch, mit der rechtspopulistischen FPÖ in Österreich oder der Front National Le Pens ins Gespräch zu kommen. Die Mitarbeit der REPs in der "Fraktion der europäischen Rechten" habe Le Pen angeboten - "keine Auskunft", so die Antwort von Generalsekretär Neubauer. Zu dieser Gruppe im Europäischen Parlament, die neben der Front National die griechische EPEN und die italienischen Neofaschisten des MSI umfaßt, wird wohl die DVU - Liste D stoßen, wenn sie die 5%-Hürdeüberschreitet. [] Aber auch national geht es voran. [] Die pseudowissenschaftlichen Hilfstruppen der extremen Rechten tun ein übriges zur vereinheitlichenden Kontaktpflege: Vom Stahlhelm-Flügel der CDU/CSU bis hin zu alten und neuen Faschisten reicht der Kreis derer, die rechtsaußen Ideologie fleißig diskutieren und hoffähig machen wollen. Zeitschriften wie "Mut", "Nation Europa", "Criticon" oder "Elemente" sind dafür beredte Zeugnisse. [] blick nach rechts [] Der Stimmenanteil der Rechtsextremen hat sich verdreifacht - Wir berichten, was andere verschweigen - "blick nach rechts" leuchtet den braunen Sumpf aus - Der einzige Spezialdienst für Fragen des Rechtsextremismus ... [] ja, ich möchte den "blick nach rechts" kennenlernen und bitte um Zusendung eines Probeexemplars. Bitte ausschneiden und absenden an: Sozialdemokratischer Pressedienst GmbH, Postfach 120408, 5300 Bonn 1 [] Name: [] Vorname: [] Straße: [] Wohnort: [] (80 Pfennig Versandkosten liegen in Briefmarken bei.) [] Personalia [] Michael Krämer, heute Vorstandsmitglied im tausend Mitglieder starken Bezirk Oberbayern der REPs, wollte schon 1986 "gnadenlos zurückschlagen". Anlaß: Hessentag in Herborn. Den wollte der 26-jährige damals "zu einem Fanal für die Befreiung des Deutschen Reiches und die "Wiedererweckung des germanischen Blues" machen. Doch daraus wurde nichts, und so verschlug es den wegen Volksverhetzung Vorbestraften von Hessen ins oberbayerische Miesbach und vom Neonazi Michael Kühnen zum alten Kämpen Franz Schönhuber. Routine hat Krämer neben dem Feilbieten braungefärbter Literatur auch im Verfassen von Drohbriefen, z. B. an den Bürgermeister von Dillenburg, als der ihm die Stadthalle nicht für einen Parteitag der rechtsextremen "Freiheitlichen deutschen Arbeiterpartei" (FAP) geben wollte. [] Auf der "Republikaner"-Weste gibt es aber auch noch andere braune Flecken. So hatte der Parlamentarische Geschäftsführer in Berlin, Rudolf Kendzia, früher den NPD-Landesvorsitz inne. Und 1988 übernahm er die Redaktion eines übel beleumundeten Rechtsaußenblattes und versicherte auch noch den Lesern, er werde die Arbeit "im Sinne der alten Schriftleitung" weiterführen. Darunter waren Kameraden, die auch schon neue Rassegesetze, Zerschlagung des Parteienstaates und Todesstrafe für "Volksschädlinge" gefordert hatten. Wirbel gab es auch um Carsten Pagel (26) und Markus Motschmann (24), mittlerweile frischgebackene REP-Abgeordnete in Berlin. Beide waren verstrickt in die blamable Affäre um einen Jubelartikel auf den NS-Fliegeroberst und Alt-Nazi Hans-Ulrich Rudel. Einem Ausschluß aus der Jungen Union kamen sie durch Austritt mit etwa 30 Gesinnungsgenossen zuvor. Gute Kontakte zu verfassungsfeindlichen Organisationen gibt es bei den schleswig-holsteinischen REPs. Landesvorsitzender Emil Schlee unterstützt die extreme Rechte durch Beiträge in einschlägigen Zeitschriften und ist auch bereit zur Zusammenarbeit mit den Nationaldemokraten. In- und auswendig ist REP-Bundessprecher Harald Neubauer (37) mit der NPD vertraut. Von 1969 bis 1980 mischte er tatkräftig bei den Nationaldemokraten mit und hatte verschiedene Parteiämter inne. Zehn Jahre lang diente er als Redakteur, Kundgebungsredner und "rechte Hand" dem Münchner Verleger Gerhard Frey. Als Autor der "Deutschen National-Zeitung" [] floß ihm als Rezensent mitunter braune Soße aus der Feder: "Judenräte und Gewerkschaftsfunktionäre haben in unheilvoller Allianz ein politisches Propagandapamphlet erstellt, mit dem Lehrer zur systematischen Verdummung ihrer Schüler angehalten werden sollen", schrieb er über Unterrichtsmaterialien zum Nationalsozialismus. [] Wie er den Einsatz von "Schnellrichtern" am liebsten sehen würde, kann man aus einerÄußerung aus dem Jahr 1977 erahnen. Auf einer Kundgebung der DVU sagte er: "Jeder Kommunist ist ein geistiger Verbrecher und ein potentieller Mörder. Der Kommunist darf nur soviel Spielraum haben wie ein Gehenkter zwischen Hals und Strick." [] Günther Willms, Bundesrichter a. D., Autor im "Republikaner" und für den "Schutzbund für das deutsche Volk", fordert u. a. die Beendigung der "grundgesetzwidrigen und völkerfeindlichen Integration von Fremden ..." [] Armin Mohler, Wanderer zwischen den rechtsextremen Welten und einer ihrer führenden theoretischen Köpfe. Autor im "Republikaner". Trat 1942 in die SS ein. 1967 Adenauer-Preisträger der "Deutschland-Stiftung"; Geschäftsführer der "Carl-Friedrich-von-Siemens-Stiftung" (1964-85). Autor unter Pseudonym in der "Deutschen National-Zeitung" und in "Nation Europa". Mitarbeit bei "Criticon". Mohler steht in enger Verbindung mit dem Kreis um den theoretischen Kopf der französischen extremen Rechten, Alain de Benoist. [] Albrecht Möller war verantwortlich für die Veröffentlichungen der "Kieler Liste für Ausländerbegrenzung" und deren Spitzenkandidat 1982. 1986 schrieb er in einer Broschüre mit dem Titel " Wer sind die Republikaner?": "Grün zu denke und zu handeln, heißt Artenschutz und Lebensraumschutz - Biotopschutz ... Konsequent grün zu denken und zu handeln, hieße dann die Anwendung dieses Gedankens auch auf die Menschen ... Da Nahziel ist dann die Wiederherstellung des Biotops Deutschlands." Möller ist Autor im "Republikaner". [] Argumente gegen Rechts [] Fortschritt nur mit uns. [] SPD [] Herausgeber: SPD-Parteivorstand, Referat Öffentlichkeitsarbeit, 5300 Bonn 1 [] Bestell-Nr. 260484 [] Fotos: dpa [] Druck: Courir-Druck GmbH, 5300 Bonn 3 [] 5-89 - A1 - 100
Published:05.1989