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Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Die Krise in der SPD [] SPD gegen eigenen Oberbürgermeister [] 14 Funktionäre aus der SPD ausgetreten [] Nach Pressemeldungen hat die Berliner Stadtverordneten-Versammlung in einer außerordentlichen Sitzung am 11. April 1947 mit 85 gegen 20 Stimmen bei einer Stimmenthaltung einen sozialdemokratischen Mißtrauensantrag gegen den sozialdemokratischen Oberbürgermeister Dr. Ostrowski angenommen. Nach der vorläufigen Verfassung von Groß-Berlin wurde damit die für eine Abberufung eines Magistratsmitgliedes erforderliche Zweidrittelmehrheit nicht erreicht. Doch nicht die verfassungsrechtliche Seite ist das Wichtige an den Ereignissen im Berliner Stadtparlament, deren weitere Entwicklung abgewartet werden muß. Wichtig ist die Tatsache, daß die Berliner SPD ihre innerparteilichen Differenzen auf der Tribüne des Parlaments austragen mußte. [] Einheitsfeindliche SPD-Politik führte zur Krise [] Die verantwortungslose Politik hemmungsloser Versprechungen, die vor den Wahlen am 20. Oktober 1946 von der Berliner SPD betrieben wurde, wurde nach den Wahlen abgelöst durch eine Politik bedenkenloser Antragstellerei im Stadtparlament, die eine verantwortungsbewußte Arbeit des neuen Magistrats in Berlin weitgehend unmöglich machte. Dabei war die Politik Neumanns und Swolinzkys darauf angelegt keine Zusammenarbeit der beiden Arbeiterparteien in Berlin zuzulassen und damit die Ausnutzung der sozialistischen Mehrheit für eine planmäßige Wiederaufbauarbeit und die Ueberwindung der ärgsten Nöte der Bevölkerung unmöglich zu machen. [] Dr. Ostrowski und mit ihm eine ganze Reihe anderer Mitglieder des neuen Berliner Magistrats mußten nach kurzer Zeit einsehen, daß ihnen diese Neumann-Swolinzky-Politik jede fruchtbare Arbeit unmöglich macht. Er versuchte daher ein normales Verhältnis zu allen vier Besatzungsmächten herzustellen und auch eine mögliche Basis für eine Zusammenarbeit der SPD und der SED-Fraktion des Berliner Stadtparlaments zu finden. Die Folge davon war, wie Dr [!] Ostrowski im Berliner Stadtparlament selbst erklärte, daß gegen ihn in der eigenen Partei eine mit Gerüchten und Diffamierungen betriebene Kampagne begonnen wurde. [] Die SPD Im Schlepptau der CDU [] Die CDU brachte einen Antrag ein indem die Stadtverordnetenversammlung "ihr starkes Befremden und ihr Bedauern" darüber aussprechen sollte daß der Magistrat sich zur Klärung einer Verfassungsfrage an die alliierte Kommandantur gewandt hatte. Dieser Antrag wurde von Neumann und Swolinzky gehorsam unterstützt und bildete den Ausgangspunkt für die Parlamentsdebatte. Die Berliner SPD befand sich also durchaus im Schlepptau der CDU [!] [] Nachdem der Fraktionsführer der SPD Neumann zuerst den Rücktritt des ganzen Magistrats gefordert hatte, mußte er unter dein Eindruck der Gegenargumente seinen Antrag zurückziehen. Nunmehr stellte Neumann einen Mißtrauensantrag allein gegen den Oberbürgermeister. [] Damit war das Bild klar, Dr. Ostrowski sollte fallen, weil er einen Schritt zur Herbeiführung der Zusammenarbeit der beiden Arbeiterparteien getan hatte. Er sollte fallen, weil er sich nicht zu der antisowjetischen Hetze der Neumann und Swolinzky mißbrauchen lassen wollte. Und er sollte schließlich fallen weil ihm die sachliche Arbeit im Interesse der Bevölkerung höher stand als die verantwortungslosen Agitationsanträge der CDU- und SPD-Fraktion. [] Der Wille zur Einheit läßt sich nicht unterdrücken [] Der Beschluß der Parteileitung der SPD, daß jedes Mitglied der SPD aus der Partei ausgeschlossen wird, wenn es sich an Versammlungen der SED beteiligt oder sich aktiv für die Einheit der Arbeiterklasse einsetzt, wurde in einer Erklärung von 14 bekannten Funktionären der SPD in Hessen kritisiert. [] Auf Grund der undemokratischen Einstellung ihrer Parteileitung sind diese 14 SPD-Funktionäre aus der Partei ausgetreten. [] Unter ihnen befinden sich: [] Karl Hauser, Ingenieur, Mitglied des Vorstandes der Metallarbeitergewerkschaft; Walter Kohlhöfer, Schriftsteller bis 1933 Redakteur der sozialdemokratischen "Volksstimme"; Wilhelm Dieterle, Betriebsrat; Otto Lichtinger, Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt; Jakob, langjähriger Vorsitzender der SPD für Darmstadt; Gottfried Wasler. Bezirksvorsitzender der Gewerkschaft [] Daß ist das Ergebnis der einheitsfeindlichen Schumacher-Politik. Das ist aber auch das Ergebnis der aussichtslosen Koalitionspolitik mit den bürgerlichen Parteien. Der Wille zur Einheit aller Werktätigen läßt sich nicht durch undemokratische Anordnungen unterdrücken. [] CDH 37, 388/ 40000. 4. 47, Kl. C
Published:11.04.1947