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Was wäre, wenn ... [] Am Vorabend der Moskauer Konferenz legte Axel Eggebrecht im Nordwestdeutschen Rundfunk diese Frage dem deutschen Volke vor, indem er uns aus dem Jahr 2047 einen Rückblick auf heute machen ließ. Wir wollen im Jahre 1947 bleiben und fragen: [] Was wäre, wenn ... [] nach dem ersten Weltkrieg die Grundstoff- und Schwerindustrien sozialisiert und dadurch die Krupp und Stinnes, die Vögler und Kirdorf, die Flick und Hugenberg wirtschaftlich und politisch entmachtet worden wären? [] Was wäre, wenn ... [] der Volksentscheid über die Fürstenenteignung im Jahre 1927, von der SPD eingeleitet, trotz der Gegenwehr des Adels, der Junker, aller Verbandssyndici vom deutschen Volk siegreich gestaltet worden wäre? [] Was wäre, wenn ... [] nach dem Jahre 1929, nach dem Einbruch der großen kapitalistischen Wirtschaftskrise das deutsche Volk den von der SPD empfohlenen sozialistischen Weg mit Sozialisierung und Planwirtschaft gewählt hätte, statt sich, wie geschehen, dem kapitalistisch-faschistischen "Retter" Hitler anzuvertrauen? [] Die Antwort ist einfach. Die Rüstungs- und Schwerindustriellen hätten aus Deutschland keinen neuen Exerzierplatz für Militarismus und Nationalismus machen können. Die Enteignung der ehemaligen Fürstenhäuser hätte den ersten Anstoß zum Abbau des Junkertums und zur Durchführung einer Bodenreform gegeben. Das bunte Gemisch von Landsknechtsorganisationen und Vaterländischen Verbänden mit ihren politischen Märchen und Morden wäre uns erspart geblieben. Hitler hätte keine Subventionen aus den Geldschränken der Konzern- und Bankfürsten bezogen. Er hätte nicht von jeder Tonne geförderter Ruhrkohle 5 Pfennig für seine Propagandamaschine erhalten. [] Durch die wirtschaftliche Entmachtung des Großgrundbesitzes und des Industriellen Großkapitals wäre auch die politische Vorherrschaft des zusammengeballten Kapitalismus gestürzt und seine politische Diktatur verhindert worden. Das deutsche Volk, wirtschaftlich und politisch mündig geworden, hätte von sich aus keine Tyrannei des Dritten Reiches und keinen zweiten Weltkrieg in Gang gesetzt. [] Es ist anders gekommen, weil in allen Fällen der soziale Neuaufbau von Wirtschaft und Gesellschaft von Egoisten und Geldsackpolitikern hintertrieben wurde. Es erscheint unfruchtbar, darüber heute Betrachtungen anzustellen. Die Qualität und die Höhe der Kalorien erfahren dadurch keine Besserung. Die Ruinenstädte verwandeln sich dabei nicht in behagliche Heimstätten und gepflegte Anlagen, und die Millionen unserer Toten, begraben in allen Erdteilen, werden nicht wieder zum Leben erweckt. [] Und doch: ein Volk muß aus der Geschichte lernen. Die Frage von heute lautet: [] Was wird, wenn ... [] es dem junkerlichen und kapitalistischen Eigennutz auch heute wieder gelingt, das Volk irrezuführen. Wir müssen die Grund- und Schwerindustrien sozialisieren, weil wir dadurch den entscheidenden Schlag gegen den Feind des Volkes führen, gegen den organisierten Großkapitalismus, der Deutschland und Europa ins Verderben gestürzt hat. Ihn dürfen wir nicht zum neuen Leben erwecken. Ihm dürfen wir nicht wie Selbstmörder erneut die Zukunft des deutschen Volkes anvertrauen. Das Volk selbst hat sich deshalb zu der zukunftsgläubigen und befreienden Tat aufzuraffen. Wir können das nur auf dem Weg von Sozialismus und Demokratie, d.h. durch die Befreiung der Menschen von jeder wirtschaftlichen und politischen Vorherrschaft und Knechtschaft, der im Kapitalismus nicht nur die Arbeitnehmer, sondern ebenso die Handwerker und Bauern, die Kaufleute und die geistigen Berufe, kurzum alle schaffenden Menschen unterworfen sind. [] Um der Freiheit willen ist für die Sozialdemokratie die Sozialisierung keine Verstaatlichung. Wir wollen keinen allmächtigen Staatskapitalismus, der wie ein Tyrann in den Wolken über uns schwebt und die Menschen verplant. Wir wollen die organisierte Macht des Kapitals brechen und durch die Demokratisierung der Wirtschaft zu ihrem Herrn alle Bevölkerungsschichten, als Schaffenden und Verbraucher, d.h. alle Arbeiter, Angestellte, Handwerker, Kaufleute, Bauern, Einzelunternehmer, machen, die mit ihrer Arbeit die alleinigen Träger unseres Wirtschaftslebens sind. [] Was wird, wenn ... [] das deutsche Volk diese seine geschichtliche Aufgabe nicht erkennt? Kapitalismus, Nationalismus und Imperialismus toben in der Welt. Aber auch wir stehen jetzt am Kreuzweg. Wir wollen keinen neuen Kapitalismus, der uns dann erneut in nationalistische und kriegerische Abenteuer hineinführen muß. [] Was wird, wenn ... [] Blicken Sie einmal in das Auge eines Kindes, und Sie werden die Antwort wissen. Die Welt und das deutsche Volk haben es dringend nötig, daß es anders wird auf dieser Erde, daß wir eine neugeordnete Lebensgrundlage finden, und daß wir deshalb den entscheidenden Sieg über den Kapitalismus erringen. [] Am 20. April haben alle die Möglichkeit, für Sozialismus und Demokratie aktiv zu kämpfen, und wenn wir um jede Stimme für den Kandidaten der SPD werben, so gilt das nicht nur für diesen einen Tag, sondern um ein fortlaufendes Vertrauensverhältnis, damit der Wille des Volkes durch seine Vertrauensmänner überall gehört wird und zum Durchbruch kommt. [] Der neue Niedersächsische Landtag wird die Verfassung beschließen und die Entscheidung über Sozialisierung und Bodenreform, also über die Mobilisierung der wirtschaftlichen Kräfte zum Besten des gesamten Volkes fällen müssen. [] Der Geist der gegenseitigen Hilfe, die Achtung vor der Menschenwürde, das Bestreben, nur das Bestmögliche für das gesamte Volk zu gestalten, müssen in ihn einziehen, und daraus muß die Tat der sozialistischen Gemeinschaft geboren werden. [] Nur so kann es anders werden, nur so wird das deutsche Volk den Weg in eine bessere Zukunft finden, und für diese Aufgaben sind die Kandidaten der SPD aus dem Geist des Sozialismus und der Demokratie durch ihr Gewissen verpflichtet. [] Der Kandidat Ihres Vertrauens für die Wahl zum Niedersächsischen Landtag ist der Kandidat der SPD. Er heißt in Ihrem Wahlkreis 2 Hannover-Nordstadt: [] Egon Franke [] Hannover, Jahnplatz 8 [] Geboren am 11. April 1913 in Hannover. 1927 bis 1931 Erlernung des Tischlerhandwerks. [] Aktive politische Tätigkeit in der SPD, 1933 bis 1935 Tischlergeselle. April 1935 Verhaftung durch die Gestapo, 21/2 Jahre Zuchthaus wegen Vorbereitung zum Hochverrat. 1937 bis 1943 als Tischler tätig. 1943 für bedingt wehrwürdig erklärt und zur Bewährungseinheit 999 eingezogen. Juni 1945 aus der amerikanischen Kriegsgefangenschaft entlassen. Seitdem als Bezirkssekretär der Sozialdemokratischen Partei tätig. [] Landtagskandidat Egon Franke spricht im Wahlkreis 2: [] am 10. April 1947, 19 Uhr, in der Gastwirtschaft Stelter, Engelbosteler Damm 80. [] am 11. April 1947, 19 Uhr, Bürgerschule 22. [] am 12. April 1947, 18 Uhr, öffentliche Kundgebung auf dem Jahnplatz. [] am 15. April 1947, 19 Uhr, Frauen-Wählerversammlung in der Gastwirtschaft Henze, Möckernstraße 2.
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