Die Regierung fordert Kampfeinstellung

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; [!] = sic!; [?] = vermutete Leseart Bochumer Anzeiger [] und [] General Anzeiger [] Geschäftsstelle: Alleestraße 8. [] Mittag-Ausgabe [] Mittag-Ausgabe [] Samstag, den 27. März 1920. [] Die Reichsregierung fordert Kampfeinstellung. [] Aufruf...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Bochumer Anzeiger und Generalanzeiger, Bochumer Anzeiger und Generalanzeiger (Laupenmühlen & Dierichs), Bochum
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 27.03.1920
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/40458200-DF9D-4F46-ADBC-440D961FDC24
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; [!] = sic!; [?] = vermutete Leseart Bochumer Anzeiger [] und [] General Anzeiger [] Geschäftsstelle: Alleestraße 8. [] Mittag-Ausgabe [] Mittag-Ausgabe [] Samstag, den 27. März 1920. [] Die Reichsregierung fordert Kampfeinstellung. [] Aufruf der Reichsregierung an die Rheinländer und Westfalen. [] WTB Berlin, 27, März. Die Reichsregierung hat an die Bevölkerung von Rheinland, und Westfalen nachstehenden Aufruf gerichtet: [] Der Anschlag der Reaktion ist Zurückgewiesen. In gewaltigem Ansturm hat das deutsche Volk die Putschisten in Berlin und im Lande hinweggefegt. Jetzt muß, wollen wir nicht ganz verelenden, Staat und Wirtschaft schnellstens wieder in den normalen Stand zurückgeführt werden. Zu einem großen Teile ist dies erfolgt. Nur an einigen Stellen im Lande, so auch im Ruhrbecken, finden, noch Kampfhandlungen von Arbeitertruppen statt, die sich gegen Teile der Reichswehr richten, und die im Falle weiterer Entwicklung ernste Gefahren für unser Land bringen können. Diese Kampfhandlungen sind unberechtigt, da die Reaktion von rechts erledigt ist. Wir beirren mit aller Schärfe, daß gegen die verantwortlichen Putschisten mit der äußersten Strenge des Gesetzes vorgegangen wird. Die Truppen, die am Putsch beteiligt waren, werden aufgelöst. Die jetzt noch dort befindlichen Truppen und ihre Führer stehen auf dem Boden der republikanischen Verfassung und haben das Vertrauen der Regierung. Ein Kampf gegen diese Truppen ist daher nicht ein solcher zur Erhaltung der verfassungsmäßigen Freiheit, sondern ein Kampf gegen die staatliche Autorität. Um weiteres unnützes Blutvergießen zu verhindern und geordnete Zustände herbeizuführen, hat sich die Reichsregierung veranlaßt gesehen, zwei Minister zu entsenden, die an den Verhandlungen in Bielefeld mit den Vertretern aller Parteien teilgenommen haben. Obwohl sofort vereinbart war, jede Kampfhandlung zu unterlassen, haben die Arbeitertruppen unter Bruch des Abkommens regierungstreue Reichswehrtruppen in Wesel angegriffen. Dieser schwere eVtrragsbruch [!] muß mit aller Schärfe verurteilt werden. Wenn die Arbeiterschaft jetzt nicht Vernunft annimmt und sich trennt von den umstürzlerischen Elementen, die ihre Sonderinteressen verfolgen, so muß die schwerste Gefahr für das Industriegebiet und damit für das ganze Vaterland heraufbeschworen werden. Wir fordern alle besonnenen Arbeiter und sonstigen dort im Kampfe stehenden Personen auf, sich nicht weiter mißbrauchen zu lassen, sondern unserem Rufe zu folgen, jede Kampfhandlung einzustellen, sofort zur Arbeit zurückzukehren und die Waffen ordnungsmäßig wieder abzuliefern. Noch jetzt weiter kämpfende Arbeiter-Truppen schädigen Volk und Vaterland aufs schwerste und müssen deshalb, wenn nichts anderes hilft, mit militärischen Mitteln zur Ordnung zurückgebracht werden. Die Folgen haben sie sich selbst Zuuzschreiben. - Arbeiter und Bürger des Ruhrbezirks! Wir rufen euch zur Besonnenheit. Kehrt zurück Zur Arbeit, denn nur so schützt ihr Freiheit und Ordnung. [] Die Reichsregierung: Bauer. [] Ich erkläre für die mir unterstellten Offiziere, daß wir fest zur verfassungsmäßigen Regierung stehen. [] General Watter. [] Die Lage bei Wesel. [] X Köln, 27. März. Der Sonderberichterstatter der "Köln. Ztg." drahtet aus Wesel: Nach wie vor ist die Weseler Garnison vollständig Herr der Lage. Reichswehr unternahm gestern mit einem Panzerzug einen Vorstoß über die Lippe hinaus und stieß am Ostrand von Lipperdorf sowie in den Waldstücken nord-östlich der Straße Wesel-Friedrichsfeld auf bewaffneten Widerstand. Hier hatten sich, hinter Busch und Baum gedeckt oder in einzelnen Häusern verschanzt, zahlreiche Arbeitertruppen festgesetzt und eröffneten ein heftiges Feuer auf die vorstoßenden Truppen. In wenigen Augenblicken wurde der anfängliche Widerstand gebrochen. Die Arbeitertruppen [] fluteten zurück und erlitten durch Maschinengewehr-, Infanterie- und Minenfeuer erhebliche Verluste. Nachdem der Zug seine Aufgabe erfüllt und das Gelände geäubert [!] hatte, kehrte es in voller Ruhe und Ordnung in seine Ausfallstellung zurück. Die Truppe selbst verlor bei dem Unternehmen zwei Tote und drei Verwundete. [] X Wesel, 27. März. Zur Lage bei Wesel teilt das hiesige Abschnittskommando amtlich mit: Unter dem Druck der offensiven Verteidigung von Wesel sind die roten Truppen von Peddenberg nach Osten abgezogen. Nach sicheren Nachrichten hat auch ein Abzug bedeutender roter Kräfte von Dorsten und Sterkrade in südlicher bezw. südöstlicher Richtung stattgefunden. Das Artilleriefeuer in der vergangenen Nacht bedeutete Störungsfeuer gegen den Feind, um durch dieses eine stärkere Beschießung der Stadt zu verhindern. Der Druck der eigenen eingetroffenen Verstärkungen macht sich bereits fühlbar. Die in Wesel teilweise verbreiteten Gerüchte über die Stärke des Feindes sind übertrieben. [] Die Beerdigung der revolutionären Kämpfer. [] s Essen, 27. März. Unter zahlreicher Beteiligung der Essener Arbeiterschaft fand gestern nachmittag auf dem Ehrenfriedhof die Beerdigung der aus Seite der revolutionären Truppen in den Essener Kämpfen gefallenen Opfer statt. An der Totenfeier nahmen die Angehörigen der Gefallenen, die Gesangvereine, die Arbeitervereine und sonstigen Vereine der Arbeiterschaft mit ihnen Fahnen und Musikkapellen sowie große Massen anderweitiger Leidtragender aus der Arbeiterschaft teil. Der schier endlose Zug setzte sich kurz nach 3 Uhr vom Burgplatz aus in Bewegung. Als die Spitze des Trauerzuges auf dem Ehrenfriedhof angekommen war, setzte auf den Kirchen das Trauergeläute ein. Die Straßen, die der Zug passierte, waren dicht mit Menschen umsäumt. Die Gefallenen wurden in Einzelgräbern beigesetzt Ansprachen hielten die Vertreter der revolutionären Arbeiterschaft und der Klerus, während ein Arbeitergesangverein Trauerlieder vortrug und die Musikkapelle Trauerweisen spiele. Insgesamt wurden 11 gefallene Kämpfer beigesetzt. Außerdem 9 gefallene Sicherheitsbeamte. [] General von Seckt über die Umgestaltung des Heeres. [] bb Berlin, 27. März. Das "Berliner Tageblatt" veröffentlicht eine Erklärung des Generalmajors von Seeckt, aus der folgendes entnommen sei: Als der Putsch Tatsache wurde, habe ich sofort meinen Abschied gegeben. Ich habe erklärt, daß ich mich dem General v. Lüttwitz unter keiner Bedingung und unter keinen Umständen unterstellen würde. Sehr ernst ist die Situation nur noch im Ruhrbezirk. Die Bielefelder Verhandlungen sind Zwecklos gewesen. Mit dem wirklichen und wesentlichen Element, den Kommunisten, ist gar nicht verhandelt worden. Die Abmachungen werden von ihnen gar nicht gehalten. Im Ruhrbezirk ist es zweifellos eine großartige, von langer Hand vorbereitete Aktion der Kommunisten, den letzten Anstoß hat der Kapp-Putsch gegeben. Es bestehe dort eine Rote Armee, genau wie in Rußland, die gut ausgerüstet und geführt ist. Sie werfen Schützengräben aus, sie verwerten alles, was sie im Kriege gelernt haben. Da müssen auch militärische Rücksichten walten. In den anderen Teilen des Reiches ist es nicht so schlimm. Wir müssen versuchen, in absehbarer Zeit beim Verband zu erwirken, daß wir [?] eine [?] Art von Volksheer schaffen können. Ich wiederhole, daß ein Söldnerheer ewig eine große Gefahr bleibt, ob es ein rotes ist oder nicht. Es wird immer jemand geben, der die Leute für besondere politische Zwecke hinter sich bekommt. Solange wir aber das Heer in seiner heutigen Gestalt haben, muß wenigstens dafür gesorgt wenden, daß es aus allen Schichten der Bevölkerung zusammengesetzt wird. Wir können kein einseitiges Heer gebrauchen. Die Arbeiterschaft und die Bürger müssen mit dabei sein. Das Offizierkorps muß verjüngt werden. Viele ältere Offiziere sind nun einmal in anderen Ueberlieferungen aufgewachsen und können davon nicht los. Man muß ihnen klar machen, daß für Deutschland nur eine ruhige demokratische Entwicklung möglich ist. [] Forderungen führender Wirtschafts- und Berufsverbände. [] Berlin, 27. März. Eine große Anzahl führender Wirtschafts- und Berufsverbände des Deutschen Reiches haben sich zusammengefunden und dem Reichspräsidenten die nachstehende Kundgebung durch eine Abordnung überreichen lassen: [] In schwerster Stunde erheben die unterzeichneten Wirtschafts- und Berufsverbände, hinter denen Millionen treuer deutscher Staatsbürger stehen ihre Stimme, um vor neuen schwerwiegenden Beschlüssen der Regierung ihrer einmütigen Auffassung Geltung zu verschaffen. [] Nicht einer einzelnen Volksklasse, sondern dem einmütigen Zusammenstehen aller Volkskreise ist die rasche Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Zustände zu verdanken. Auch ferner werden wir ohne Rücksicht auf politische Anschauungen jeden Versuch, die Verfassung gewaltsam zu brechen, rückhaltlos bekämpfen. [] Bei den Bemühungen der verfassungsmäßigen Regierung zur Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung durch Abbruch des Generalstreiks ist diese Einheitsfront aller Volksgenossen von radikalen Elementen zerschnitten worden. Gerade mit Vertretern dieser radikalen Richtung verbandelt jetzt die Regierung und läßt sich scheinbar von ihnen entscheidend beeinflussen! Die unterzeichneten Verbände sind nicht nur bereit, die Regierung, die sich zur Durchführung ihrer Aufschützen, sondern auch gewillt, ihre im Interesse der Gesamtheit zu erhebenden Ansprüche mit allen Mitteln durchzusetzen. Es geht nicht an, wertvolle Glieder des Volkes von der Beteiligung an den maßgebenden Entscheidungen auszuschließen und ihnen lediglich die hieraus entstehenden Verpflichtungen zu überlassen, wenn nicht unsere Wirtschaft und damit das Reich verhängnisvollen Gefahren ausgesetzt werden soll. [] Wir erheben heute folgende Forderungen: [] 1. Ablehnung jeder Maßnahme, die offen oder verhüllt auf eine ungesetzliche Aenderung oder eine Umgehung der verfassungsmäßigen Bestimmungen hinzielt. [] 2. Gleichsstellung der Organisationen der übrigen schaffenden Stände mit den Gewerkschaften der Arbeiter, Beamten und Angestellten. Sofern mit Wirtschafts- oder Berufsgruppen verhandelt wird, verlangen wir hinzugezogen zu werden. [] 3. Erhatung einer nach allen Seiten hin starken und von allen Berufsgruppen gebildeten Regierung , die sich zur Durchführung ihrer Aufgaben auf die hierzu erforderliche Macht stützt. [] Sollte die Regierung unseren Forderungen ablehnend gegenüberstehen, so würden wir hieran eine Entrechtung weitester Vlkskreise [!] erblicken müssen, deren Mitarbeit am Gesamtwohl unentbehrlich ist. [] Druck und Verlag: Bochumer Anzeiger und General Anzeiger (Laupenmühlen & Dierichs), Bochum. Verantwortlich für den Inhalt: Rudolf Foest.
Published:27.03.1920