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Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Karikatur von "WOS" Diese Regierung hat versagt! [] VON DR. KURT SCHUMACHER [] Mehr als fünfzehn Monate Regierung und Opposition sind vorüber [] Das deutsche Volk hat feststellen können, daß die Opposition in keinem Falle ein bloßes Instrument der Verneinung gewesen ist. Bei allen strittigen Fragen hat im besonderen die Sozialdemokratische Partei eine positive, realistische und gangbare Lösung vorgeschlagen. Die beiden größten sozialen Leistungen dieser fünf Vierteljahre, das Gesetz über den sozialen Wohnungsbau und das Bundesversorgungsgesetz; sind in entscheidenden Bestandteilen sozialdemokratische Leistungen was Tempo, Richtung und Umfang des sozial Notwendigen anbetrifft. [] Nicht in allen Fällen ist der hauptsächliche Vorwurf der Sozialdemokratie gegenüber der Regierung der, daß sie einen anderen Standpunkt hat. In sehr vielen Fällen hält die Opposition für den entscheidenden [] Nachteil, daß die Regierung überhaupt keinen Standpunkt hat [] daß ihr vor allem jeder Versuch einer Vorausschau und einer planenden Ordnung auf allen Gebieten des politischen Lebens fehlt. Darum bedauert die Sozialdemokratische Partei die Formen der Auseinandersetzung, die von den maßgebenden Leuten der Gegenseite angewandt werden. Eine solche Diskussion ist unmöglich. Der Gegner flüchtet sich im Gefühl seiner Unterlegenheit und der Tatsache, daß er seine wirklichen Motive nicht nennen kann, ohne das Vertrauen des deutschen Volkes nicht noch mehr zu verlieren, in Beschimpfungen, Verdächtigungen und Herabsetzungen. Niemals aber war die sachliche Auseinandersetzung notwendiger als heute. [] Die Politik der Bundesregierung hat für große Teile des Volkes zur sozialen Deklassierung geführt. [] Die Preise steigen; Löhne, Gehälter und Renten können mit ihnen nicht Schritt halten [] Die Arbeitslosigkeit ist nicht behoben worden und beginnt wieder zu wachsen. Die wichtigsten Produktionsstoffe sind nicht in genügender Menge vorhanden. Vom Brot bis zur Kohle geht die Liste der vermeidbaren Sünden. Niemals hatte das deutsche Kaiserreich oder die Deutsche Republik eine Regierung, die so ideenarm und so fern dem Gefühl der Verantwortung für das Ganze war. [] Der Klassenkampf von oben ist das Prinzip, das die ganze deutsche Politik beherrscht. Das zeigt sich in der autoritären Handhabung des Staatsgeschäftes, in der Nichtachtung des Parlaments, in dem Hochmut gegenüber den Massen des Volkes, in der Unfähigkeit, soziale Probleme zu meistern. Es zeigt sich am stärksten in der Wirtschaftspolitik und in der auswärtigen Politik. Beide Arten der Politik haben den gemeinsamen Nenner, das Eigentum ohne Rücksicht auf die Interessen des Großen und Ganzen zu verteidigen. So erleben wir heute, daß Amerika seine Kräfte in einer Weise konzentriert, die noch über die des zweiten Weltkrieges hinausgeht. Auf der anderen Seite treibt Deutschland, das sich stets darauf beruft, das ärmste und hilfsbedürftigste Land zu sein, [] eine Politik der wirtschaftlichen und sozialen Anarchie [] Wenn die abstoßende Kraft des sowjetischen Systems und des Kommunismus nicht so stark wäre, dann müßten die Kommunisten dieser Bundesregierung dankbar sein, denn sie zernagt das soziale Fundament der Demokratie. Immerhin könnte die deutsche Demokratie stärker, lebendiger und krisenfester sein, wenn wir eine Bundesregierung hätten, die nicht in erster Linie der verlängerte Arm einer primitiven und kurzsichtigen Verdienerschicht wäre. [] Die internationale Sicherung des Eigentums des deutschen Großbesitzes ist auch das Kernstück der auswärtigen Politik. Das Schattenfechten um äußerliche Souveränitätsrechte kann nicht verdecken, daß Deutschland unter der jetzigen Regierung den Weg von der praktischen Gleichberechtigung zur Anpassung und Gefügigkeit unter allen Umständen geht. Mit dem Unheil des Petersberger Abkommens hat es angefangen, mit dem nationalen Versagen in der Saarfrage sich fortgesetzt, ist von dort zum bedingungslosen Eintritt Deutschlands in den Europäischen Rat unter demütigenden und Europa schädigenden Umständen gegangen. Von dort lief die Entwicklung zum Schuman-Plan; ist in seiner jetzt diskutierten Form die Offenbarung einer [] Politik, die dem deutschen Volke und der europäischen Festigkeit schadet [] Den Höhepunkt erreichen all diese Kämpfe bei den Auseinandersetzungen um den deutschen militärischen Beitrag für die Verteidigung der europäischen Freiheit. Die Politik der Vorbehaltlosen Erfüllung westalliierter Wünsche ist der schwerste Schlag, der seit dem Zusammenbruch des "Dritten Reiches" gegenüber den Deutschen geführt wurde. Dabei wäre eine nationale Einigkeit bei Erkämpfung der Voraussetzungen, unter denen allein ein solcher deutscher Beitrag geleistet werden kann, durchaus möglich, wenn die Bundesregierung die Kraft zur Erkenntnis und den Mut zur Festigkeit hätte. In allen außenpolitischen Fragen könnte die Situation für Deutschland und ein lebensfähiges Europa besser sein, wenn die Bundesregierung vom. Gefühl ihrer Verantwortung gegenüber dem deutschen Volk und den großen Ideen, die es zu verteidigen gilt, bis ins Letzte beseelt wäre. [] Die große Mehrheit des deutschen Volkes wächst zu der Erkenntnis empor: [] So, wie heute regiert wird, kann überhaupt nicht regiert werden [] Die Landtagswahlen in Hessen, Württemberg-Baden und Bayern zeigen, daß das Volk zu begreifen beginnt, daß es nicht so weitergeht. Wenn es noch neuer Beispiele bedurft hätte, dann wäre die selbstverschuldete wirtschaftliche Entwicklung und die bedingungslose Bereitwilligkeit, mit der jetzt wieder die deutschen Auslandsschulden übernommen werden sollen, neue drohende belehrende Beispiele. Man kann weder eine deutsche noch internationale Politik machen, wenn man keinen Standort des Erkennens und keinen Willen zur Selbstbehauptung hat. Diese Regierung kann aus ihrer Zwangsläufigkeit nicht das leisten, was die Deutschen von jeder Regierung verlangen müssen. Der Drang zum Unterschreiben jedes Stücks alliierten Papiers ist so stark, daß unser Volk der heutigen Regierung den Federhalter endlich wegnehmen muß. Das soll streng gesetzlich und demokratisch geschehen, und [] darum sind Neuwahlen nötig! [] SPD [] Herausgeber: Vorstand der SPD - Druck: Buchdruckwerkstätten Hannover GmbH
Published:11.1950