Liebe Buchheimer, liebe Holweider! . Darf ich Sie bitten, mir zwei Minuten Ihrer Zeit zu schenken?

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals Liebe Buchheimer, liebe Holzheimer! [] Darf ich Sie bitten, mir zwei Minuten Ihrer Zeit zu schenken? [] Am 28. Oktober ist Kommunalwahl, Sie sollen den Rat der Stadt Köln neu wählen, und ich bitte Sie, die Wählerinnen und Wähler des Wahlbezirk...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Druckhaus Deutz
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 28.10.1956
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/51ED18CB-B898-49F0-A683-903A815DFDE1
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals Liebe Buchheimer, liebe Holzheimer! [] Darf ich Sie bitten, mir zwei Minuten Ihrer Zeit zu schenken? [] Am 28. Oktober ist Kommunalwahl, Sie sollen den Rat der Stadt Köln neu wählen, und ich bitte Sie, die Wählerinnen und Wähler des Wahlbezirks 30 Buchheim/Holweide, mir dabei Ihre Stimme zu geben. [] Sie möchten wissen, wer sich um Ihr Vertrauen bewirbt und auch ich möchte mich Ihnen vorstellen und Ihnen sagen, wofür ich mich als Stadtverordneter einsetzen will, wenn Ihre Wahl auf mich fallen sollte. Kommunalpolitik ist "kleine" Politik und auf den ersten Blick hat sie nicht sehr viel mit der "großen" Politik zu tun. So habe ich auch die Absicht, als Stadtverordneter vor allem der Vertreter der allgemeinen Bürgerinteressen unseres Wahlbezirkes und nicht der Vertreter besonderer Parteiinteressen zu sein. [] Aber die kleine Politik in der Stadt, das dürfen wir nie vergessen, hängt ab von der großen Politik im Bundestag. Wenn die Steuergelder von der CDU Regierung in Bonn für Kasernen ausgegeben werden, wird dieses Geld für Wohnungen und Schulen fehlen. Wenn für 8 Milliarden D Mark Flugzeuge und Panzer im Ausland gekauft werden, wird dieses Geld für die Versorgung unserer Rentner und in der Einkaufstasche der Hausfrau fehlen. [] Schon zeigt die Statistik, daß der Verbrauch an Butter sinkt und die Hausfrauen zur Margarine greifen. "Kanonen sind wichtiger als Butter!" Wer denkt nicht an diesen Spruch aus unseligen Zeiten? Die Preise laufen den Hausfrauen davon; die Kaufkraft der Renten wird von Monat zu Monat geringer. Wie wird das erst werden, wenn Blanks Aufrüstung auf hohen Touren läuft und 500000 junge Deutsche in die Kasernen gezogen werden? [] Während die Amerikaner 800 000 Soldaten abrüsten und die Russen eine Million aus den Kasernen in die Fabriken entlassen, während man in England die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht vorbereitet, will die Regierung in Bonn nach Adenauers Willen eine halbe Million aus den Fabriken in die Kasernen befehlen. [] Diese deutsche Aufrüstung ist angesichts der Weltlage weder notwendig noch verantwortbar. Diese Politik wird die Wiedervereinigung unseres Vaterlandes unmöglich machen und die wirtschaftliche Lage der Massen unseres Volkes erschüttern. Diese Politik der Regierung ist schuld an der schon drückenden aber erst beginnenden Verteuerung, nicht aber, wie der Bundeswirtschaftsminister Prof. Erhard zu sagen wagte, die deutschen Hausfrauen. Die sind nicht die Schuldigen, sondern die Opfer! [] Die SPD, für die ich kandidiere, wird das Wehrpflichtgesetz der Bundesregierung wieder abschaffen, wenn die deutschen Wähler ihr dazu bei der Bundestagswahl 1957 die nötigen Stimmen geben. Und Sie können heute schon, ein Jahr vor dieser großen Entscheidung, am 28. Oktober bei der Stadtverordnetenwahl, dabei mithelfen. Ja, Sie müssen es sogar, wenn Sie wollen, daß wir mehr moderne und gesunde Schulen für unsere Kinder bauen, daß wir mehr Geld für die Verbesserung unserer Straßen und Verkehrsmittel ausgeben können. Dann müssen Sie sich für die Politik entscheiden, die von oben noch unten das Geld dafür zur Verfügung stellt: vom Bund an das Land, vom Land an die Stadt. Auf die Dauer kann es nur heißen: Kanonen oder Butter; Kasernen oder Schulen; Panzer oder Straßenbahnwagen; Flugplätze oder Kinderspielplätze. [] Nun werden einige, die mich noch nicht kennen, fragen: Was kann denn ein junger Mann von 32 Jahren als Stadtverordneter da schon viel tun? Es war mein Anliegen, denjenigen unter Ihnen, die mich noch nicht kennen, zu sagen, aus weicher Gesinnung ich an meine Aufgaben herangehe und ich glaube, daß wir mächtig viel zur Veränderung der politischen und sozialen Verhältnisse tun können, wenn wir alle zusammenhalten. Auch in unserer Stadt! [] Und vielleicht ist es nützlich, wenn unter den Stadtverordneten im Rat der Stadt Köln auch ein paar Junge sind, die sich trotz des Kriegselends und aller Enttäuschungen unserer Zeit ihren Idealismus und ihren Elan erhalten haben. Ich habe mich stets bemüht, mein Wissen zu vertiefen, mein Können zu erweitern und das Vertrauen zu rechtfertigen, ob ich als Vorsitzender des Betriebsrats eines mittleren Betriebes oder in anderen Aufgaben tätig war, für die ich gewählt wurde. Vielleicht schenken auch Sie mir Ihr Vertrauen und geben mir Ihre Stimme. [] Jahrelang wohnte ich in Holweide und bin jetzt in Buchheim tätig. So weiß ich auch über unsere örtlichen Anliegen gut Bescheid. Ob es sich in Buchheim um die Errichtung einer Badeanstalt handelt oder um eine Zweigstelle der Post, die den Rentnern den Weg verkürzt. Ob es in Holweide um die Kanalisierung des Strundener Bachs oder um den Ausbau der Straßen und Bürgersteige geht. [] Die großen Fragen unseres nationalen Schicksals und die kleinen und doch so wichtigen Sorgen unseres Alltags ich werde mich immer darum bemühen, sie im Interesse der großen Masse der kleinen Leute zu lösen. [] Deshalb bitte ich Sie um Ihr Vertrauen und um Ihre Stimme, wenn Sie am 28. Oktober wieder für vier Jahre den Rat der Stadt Köln wählen. [] Ihr Werner Reinhold [] Kandidat der SPD im Wahlbezirk 30
Published:28.10.1956