Der spitzfindige Spitzbärtige

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Parabel Der spitzfindige Spitzbärtige [] Der spitzfindige Spitzbärtige [] Von Arno Scholz. [] Es war einmal ein Land, da hatten die Menschen auf falsche Götzen gehört und waren einem Teufel gefolgt. Und ein schrecklicher Krieg verwüstete dara...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Scholz, Arno, Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Hannoversche Presse
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 1946
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/682F04A2-482B-4217-805C-4C7D74F841F6
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Parabel Der spitzfindige Spitzbärtige [] Der spitzfindige Spitzbärtige [] Von Arno Scholz. [] Es war einmal ein Land, da hatten die Menschen auf falsche Götzen gehört und waren einem Teufel gefolgt. Und ein schrecklicher Krieg verwüstete darauf ihr Land. Und da die Macht des Teufels gebrochen war, versuchte das Volk, wieder sich selbst zu regieren. [] Doch siehe da! In den Kreis der Männer, die das Geschick ihres Volkes in die Hand nahmen, schlichen sich einige ein, die zwar emsig mitarbeiteten, aber ihre eigenen Pläne hatten. Zu ihnen gehörte ein Spitzbärtiger. Er kam aus dem Morgenlande, dem Lande, in dem die Sonne früh aufgeht. Der wollte besonders spitzfindig sein. Er hatte zwar die Jahre des Schreckens nicht im Lande verlebt, wußte aber trotzdem alles besser. Er hielt die Methoden des Teufels der das Volk für das Elend geführt hatte, nicht für falsch. Er wollte sie sogar selbst anwenden, aber für ein anderes Ziel. So baute er auch eine große Organisation auf, jeder Gastwirt mußte seine Zeitung aushängen und jeder Grünkramhändler es sich gefallen lassen, ausgefragt zu werden, ob er Mitglied der Partei des Spitzbärtigen sei und ob er ihre Zeitung lese. So ging es auch den Beamten, die bald den Eindruck gewannen, daß von der richtigen Beantwortung der Fragebogen Beförderungen und sonstige Annehmlichkeiten abhingen. Es wurden große Aufmärsche veranstaltet, bei denen die alten Kapellen nach neuen Noten spielten. Viele reihten sich ein, die Transparente trugen, andere Sprüche, aber das störte sie nicht. Was sie zu denken hatten, wurde ihnen vorher mitgeteilt. Kurzum, in einigen Gebieten des Landes war es bald so wie zu des Teufels Zeiten. Der besonders spitzfindige, Spitzbärtige hatte aber falsch gerechnet, denn die Männer und Frauen kamen bald dahinter, daß sie das schon einmal erlebt hatten. [] Als nun die Zeit heran war, da das Volk zur Wahlurne gehen sollte, ersann der Spitzbärtige eine neue List. Er setzte auf seine Wahlliste nur Männer, die als seine Anhänger bekannt waren. Aber er veranlaßte auch, daß die Frauen, die Jugend, die Bauern und andere Organisationen eigene Listen einreichten. Auf diesen sollten nur diejenigen Anhänger des Spitzbärtigen kandidieren, die in der Oeffentlichkeit "nicht" als seine Anhänger bekannt sind. Wer ihn also nicht mochte, sollte eine der anderen Listen wählen, um schließlich doch für ihn zu stimmen. Da er befürchtete, daß auch das vielleicht noch nicht ausreichen würde, ließ er überall bekanntmachen, die Anhänger des Teufels, die dazu beigetragen hatten, das Volk in den schrecklichen Krieg zu verwickeln, würden von ihm besonders gut behandelt werden. Sie sollten ihn nur wählen. Damit nun auch niemand von seinen Plänen erführe, ließ er in seinem Gebiet keine anderen Meinungen aufkommen. Die Briefträger mußten ihre Säckel ausschütten, bevor sie sein Land betraten, und er ließ erst prüfen, was seine Landeskinder lesen durften. [] Aber je mehr er dies tat, um so mehr horchten alle auf und erkannten, daß sie nur noch flüstern und selbst dem nächsten Nachbarn nicht mehr vertrauen durften, kurzum, daß sie genau so weit waren, wie zu des Teufels Zeiten. Sie hatten wieder einmal nicht aufgepaßt. Während viele sich wieder in ihr Schicksal fanden, gab es aber auch viele, die das wieder ändern wollten. Und ihre Zahl stieg von Tag zu Tag. Besonders als sie eines Tages erfuhren, daß der spitzfindige Spitzbärtige dem Teufel vom Lande der spitzen Berge aus seinerzeit geholfen hatte, den Kampf gegen ihn einzustellen. Diese Nachricht machte alle mißtrauisch. Und nun zittert der spitzfindige Spitzbärtige, die Wahlen könnten trotz seiner List zeigen, daß das Volk keinen neuen Teufel will. [] Der nachdenkliche Leser wird schon darauf gekommen sein, daß das ganze gar kein Märchen ist. Der spitzfindige Spitzbärtige ist Walter Ulbricht, Vorstandsmitglied der SED, der aus Rußland importierte Einpeitscher für die kommunistische Einheitspartei. Er erteilt zur Zeit für die Aufstellung getarnter, sogenannter unpolitischer Listen neben der kommunistischenz SED in Funktionärkonferenzen genaue Anweisungen. Er umschmeichelt die "Pg.s", läßt die SPD-Anhänger im Osten unter Druck setzen, möchte aber im Westen mit ihnen zusammen Kundgebungen veranstalten. [] Der spitzfindige Spitzbärtige [] Und seine Helfershelfer - - - [] das sind die Männer der kommunistischen Einheitspartei! [] Wir kennen sie! [] Es sind rotlackierte Nazis! [] Und deshalb geben wir ihnen die Antwort: [] Wir entscheiden uns für die Sozialdemokratie [] Druck: Hannoversche Presse, 51/6000, 8.46, Kl. C.
Published:1946