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Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; SPD Schnelldienst [] Landtagswahl 1970 [] Die sichere Hand für unser Land [] Düsseldorf, 13. 5. 1970 /Nr. 5 [] "Entvölkerung" Der Vorsitzende des CDU-Präsidiums in Nordrhein-Westfalen hat offenbar schon jetzt den großen Katzenjammer. Was er beinahe jeden Tag an Parolen produziert, liefert die Bestätigung. So hat Herr Köppler vor wenigen Tagen bei einer öffentlichen Veranstaltung laut dpa die Ansicht geäußert, für Nordrhein-Westfalen bestehe die Gefahr der Entvölkerung. Kürzlich hat er sich noch mit der verhältnismäßig bescheidenen, aber ebenso dummen und im Widerspruch zur Wahrheit stehenden Behauptung begnügt, der Abwanderungsverlust der Jahre 1966/67 habe sich bis heute fortgesetzt. Diese Behauptung ist ihm nun aber wohl zu schwach, deshalb muß stärkeres Geschütz aufgefahren werden. So kommt er mit dem Unsinn, dem Lande drohe die Entvölkerung. [] Nun, man muß mit Herrn Köppler zwar bis zu einem bestimmten Grade nachsichtig sein; er kennt unser Land und seine Probleme nur sehr oberflächlich und wird noch manches nachzuholen haben. So bleibt es nicht aus, daß heute dieser Unsinn verkündet wird, und wer weiß, womit er morgen seine staunende Umwelt beglücken wird. Er sagt, Nordrhein-Westfalen sei das Problemgebiet der Bundesrepublik und will damit zart umschreiben, daß man hier sehnsüchtig auf ihn gewartet habe, der nun endlich alles viel besser macht. Richtig ist, daß Nordrhein-Westfalen für Herrn Köppler heute schon das Problem ist, mit dem er in keiner Weise fertig wird. [] (Die wirklichen Wanderungsziffern finden Sie an anderer Stelle dieses Schnelldienstes.) [] DGB: NWP 75 wird dem ganzen Lande dienen [] Der Landesbezirksvorstand des DGB Nordrhein-Westfalen hat sich kürzlich mit dem "Nordrhein-Westfalen-Programm 1975" beschäftigt. In seiner Stellungnahme heißt es u. a. : "Der DGB-Landesbezirk begrüßt das von ihm seit 1959 geforderte und mit Ungeduld erwartete Strukturprogramm 1975 der Landesregierung. Wesentliche Forderungen der Gewerkschaften, Anträge und Entschließungen von Bezirkstagen der Gewerkschaften und Landesbezirkskonferenzen des DGB finden im 'Nordrhein-Westfalen-Programm 1975' weitgehend Berücksichtigung. Das 'Entwicklungsprogramm Ruhr' war der erste Schritt, der 1967 zur Steuerung der Struktur- und Konjunkturkrise in NRW mit Erfolg getan wurde. Nun liegt eine Gesamtkonzeption vor, die dem ganzen Land dienen wird, wenn die Gesellschaft und die Wirtschaft diesen wertvollen Orientierungshilfen ihre Unterstützung leistet. Wenn auch zu einzelnen Teilen noch kritisch Stellung zu nehmen sein wird, so ist doch das Gesamtprogramm eine umfassende Leitlinie, die für die Zukunftssicherung unseres Landes von unschätzbarem Wert ist ... Der DGB-Landesbezirk wird im Rahmen seiner Möglichkeiten bei der Verwirklichung des 'Nordrhein-Westfalen-Programms 1975' mithelfen und seine Einrichtungen, z. B. das Berufsfortbildungswerk, die Bundesfachschule für maschinelle Datenverarbeitung, die Freizeit- und Bildungseinrichtungen des DGB und deren Erfahrungen zur Verfügung stellen. Der DGB-Landesbezirk wird u. a. Vorschläge zur Lehrerbildung unterbreiten, zur Einführung der 5-Tage-Woche im Schulwesen, zur Schaffung einer 'Lehrer-Reserve' auch im berufsbildenden Schulwesen, zur Verminderung der Zahl der Ungelernten und zum weiteren Ausbau der Stufenausbildung [] Bundesbank- Vizepräsident: Hoher Preis für Verspätung der Aufwertung In den Pressemitteilungen des Deutschen Industrieinstitutes wurde kürzlich ein Vortrag des Vizepräsidenten der Deutschen Bundesbank, Dr. Otmar Emminger, veröffentlicht, der sich mit der deutschen Währungspolitik nach der Aufwertung befaßt. Emminger sagte u.a.: "Meinen kurzen Überblick über die bisherigen Auswirkungen der DM-Aufwertung auf die äußere Währungspolitik möchte ich wie folgt zusammenfassen: Teilweise hat sie im außenwirtschaftlichen Bereich einen durchschlagenden Erfolg erzielt, insbesondere in ihrem Beitrag zur Entzerrung der internationalen Währungsparitäten und damit zur Beseitigung von Währungsunruhe und Devisenspekulation. Eine Normalisierung der deutschen Handels- und Leistungsbilanz ist zwar in den statistischen Daten noch nicht voll sichtbar, ist aber immerhin mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten ... Die Erklärung für den bisher so geringen Bremseffekt der Aufwertung liegt vor allem in zwei Umständen. Erstens sind die Preissteigerungen im Ausland schneller und stärker weitergegangen, als man angenommen hatte. Der "Vorhalteeffekt" des Aufwertungssatzes ist offenbar nur gering oder sogar überhaupt nicht vorhanden. Dies läßt sich an der Entwicklung der Ein- und Ausfuhrpreise seit der DM-Aufwertung zeigen. Zwar sind seit diesem Zeitpunkt die Preise für Einfuhrwaren, gerechnet in DM, etwas zurückgegangen. Damit ist aber nicht einmal ganz der Preisstand für Einfuhrwaren wieder hergestellt worden, der im Herbst 1968 bestand. Der zweite Grund, warum sich die Dinge anders entwickelt haben, als man im vergangenen Oktober vielfach erwartet hatte, liegt im verspäteten Zeitpunkt der Aufwertung. Als diese nach langwierigen innenpolitischen Kämpfen schließlich zustande kam, war als Folge der Unterbewertung der deutschen [] Währung die Anpassungsinflation bereits in Gang gekommen." Die Gegenwehr durch eine restriktive Kreditpolitik und eine antizyklische Haushaltspolitik wurde bis zur Aufwertung überrollt durch immer neue Schübe von hereinströmendem Auslandsgeld und durch den Sog einer anormal hohen Auslandsnachfrage. Hierdurch waren inzwischen so viele binnenwirtschaftliche Inflationskräfte entfesselt worden, daß sie durch die Aufwertung allein nicht mehr unter Kontrolle gebracht werden konnten. Wir zahlen also, stabilitätspolitisch gesehen, noch heute einen hohen Preis für die Verspätung der Aufwertung ... Wir geben uns in der Bundesbank keinen Illusionen darüber hin, daß der Weg bis zur vollen Wiederherstellung der Stabilität beschwerlich und möglicherweise langwierig sein wird. Wir werden diesen Weg aber mit aller Zähigkeit weiter verfolgen. Nicht nur, weil die Bundesbank von Gesetzes wegen zur Aufrechterhaltung der Geldwertstabilität verpflichtet ist, sondern weil wir der festenÜberzeugung sind, daß die Geldwertstabilität auf längere Sicht die beste Grundlage für die Wirtschaft und für unsere Gesellschaftsordnung ist ..." [] Schiller: CDU-Entscheidung war falsch In diesen Tagen hat Karl Schiller in einem Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit" u.a. gesagt: "Aus der Distanz eines Jahres kann ich mit Gewißheit sagen, daß die Mehrheitsentscheidung der alten Bundesregierung, die Mark nicht aufzuwerten, falsch war. Die Vereitelung einer wirksamen Stabilitätspolitik hat im Sommer 1969 eine steigende Überforderung der Produktivität mit sich gebracht. Die Folgen waren Preissteigerungen, zunächst in der Erzeugersphäre, aber dann durchschlagend auf den Lebenshaltungskostenindex. Auch die spontanen Arbeitsniederlegungen vom September vorigen Jahres waren Zeichen für eine aus dem Ruder gelaufene gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Sie waren die Antwort auf das Nein der CDU-Mehrheit gegenüber allen Dämpfungsmaßnahmen. Dies zeigt eindeutig, daß die Aufwertung der Mark schon am 9. Mai notwendig gewesen wäre. Im übrigen hat die Verzögerung einen höheren Aufwertungssatz notwendig gemacht, als wenn die Mark-Parität bereits im Mai 1969 verbessert worden wäre. Damals hätte wohl ein geringerer Satz als die am 28. Oktober 1969 gewählte Paritätsänderung ausgereicht, um der Konjunkturpolitik festen Boden unter die Füße zu geben." [] Strauß machte sich lächerlich "Texas-Strauß" hieß am 8. Mai die Überschrift einer Glosse in der Wochenzeitung "Die Zeit". Niemand könne es Herrn Strauß verargen, daß er um sein Leben fürchte. Es sei auch völlig in der Ordnung, daß er von zuständigen staatlichen Organen besonders geschützt werde. "Daß er sich aber - auf einem internationalen Flug von Düsseldorf nach Amsterdam - eine Pistole in den Gürtel (oder wie es im amtlichen Lufthansa-Deutsch heißt: in den Hosenbund) schiebt, erscheint gelinde gesagt lächerlich", wird in der Glosse festgestellt. Und weiter: "Mit einem Schießeisen hätte er sich ohne Gefährdung der anderen Passagiere gegen einen potentiellen Attentäter ohnehin nicht verteidigen dürfen. Und daß die Besatzung ihm seine Walter 6,35 abnahm, war nicht nur gerechtfertigt, sondern auch erforderlich. In der Luft genießt auch ein Exminister kein Sonderrecht." [] Köpplers Empfehlung Nachdem kürzlich (wie wir im Schnelldienst berichteten) der CDU-Kandidat Knickelmann in Haltern in einer öffentlichen Versammlung seiner Partei den staunenden Anwesenden mitteilte, Ministerpräsident Heinz Kühn sei so krank, daß er auch bei einem Wahlsieg das Amt des Ministerpräsidenten nicht wieder antreten könne, ist auch sein Präsidiumsvorsitzender Köppler in Haltern erschienen. Er hatte einige CDU-Kandidaten um sich versammelt, um den Wahlkampf zu beraten. Wie der WDRüber diese Zusammenkunft berichtete, empfahl Köppler seinen Parteifreunden, im Wahlkampf nicht den Ministerpräsidenten Kühn anzugreifen, sondern sich stattdessen auf Kultusminister Holthoff und andere Landesminister zu konzentrieren. [] Gemeinschaftsaufgabe Landeswirtschaftsminister Dr. Kassmann hat am 23. 4. 1970 in Call/Kreis Schleiden und am 5. 5. 1970 in Borken Aktionsprogramme für den Aachener Raum bzw. für das Westmünsterland vorgestellt. Er wird am 13. 5. 1970 in Warburg das Aktionsprogramm für Südwestfalen bekanntgeben. [] Mit diesen eigenen Programmen entspricht die Landesregierung den in der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" festgelegten Grundsätzen einer Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern. Es ist völlig dummes Zeug, wenn CDU-Abgeordnete mit der Parole durch das Land reisen, die Landesregierung entspräche nunmehr in der 12. Stunde einer Forderung der CDU, regionale Strukturpläne aufzustellen. [] Arbeitsplätze durch das Kohleanpassungsgesetz Der Strukturbericht 1970 der Bundesregierung erwähnt 118000 neue Arbeitsplätze, die im Bundesgebiet auf Grund der bisher bewilligten und noch vorliegenden Anträge auf Investitionsprämie in den Steinkohlebergbaugebieten geschaffen bzw. zur Errichtung angemeldet worden sind. Davon entfallen 85000 Arbeitsplätze auf Nordrhein-Westfalen, von denen bis zum 31.12.1969 33500 mit Hilfe der Investitionsprämie und der damit gekoppelten Investitionsförderung des Landes Nordrhein-Westfalen, der Landesanstalt für Arbeit und der Europäischen Gemeinschaften errichtet worden sind. Diese 33500 Arbeitsplätze sind dementsprechend in der Ziffer von rd. 400000 enthalten, die bisher von seiten der Landesregierung genannt worden ist. Die restlichen 51500 Arbeitsplätze gehen über die bisher genannte Zahl von 400000 hinaus. [] Zuwanderung wird stärker Die steigende Attraktivität des Landes Nordrhein-Westfalen und damit auch des Ruhrgebietes ist an dem Wanderungssaldo der Bevölkerung deutlich zu erkennen. [] Während im Jahre 1967 das Land einen Wanderungsverlust von 91374 Einwohnern hatte, ist 1968 ein Gewinn von 40368 Einwohnern und 1969 ein Gewinn von 130190 Einwohnern zu verzeichnen. [] Das von der CDU gebrauchte Argument, in diesen Zahlen seien die ausländischen Arbeitnehmer (Gastarbeiter) enthalten, kann die Tatsache der Attraktivität nicht entkräften. Gerade die Zuwanderung von ausländischen Arbeitnehmern ist ein sicheres Zeichen für die wirtschaftliche Attraktivität eines bestimmten Raumes. [] Das wird auch dadurch bestätigt, daß 1967 ausländische Arbeitskräfte aus Nordrhein-Westfalen abgewandert sind. [] Der Vorsitzende des CDU-Präsidiums will diese eindeutigen Zahlen nicht wahrhaben. Er hat im Gegensatz zu den Realitäten noch vor einigen Tagen in Köln öffentlich behauptet, für Nordrhein-Westfalen bestehe die Gefahr der Entvölkerung. [] Herausgegeben vom SPD-Landesvorstand Nordrhein-Westfalen, 4 Düsseldorf, Elisabethstraße 3
Published:13.05.1970 - 14.06.1970