Von der Massenarbeitslosigkeit zur Vollbeschäftigung

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Von der Massenarbeitslosigkeit zur Vollbeschäftigung [] Der Vorschlag der SPD [] [] Wir stellen eine neue wirtschaftliche Fehlentwicklung großen Ausmaßes seit der Währungsreform fest. Sie ist gekennzeichnet: [] [] durch die Millionenarbeits...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Bundesvorstand, Auerdruck GmbH, Hamburg
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 09.1949 - 1951
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/8FF8BD85-2932-4CDC-8A61-D45EA385B0D7
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Von der Massenarbeitslosigkeit zur Vollbeschäftigung [] Der Vorschlag der SPD [] [] Wir stellen eine neue wirtschaftliche Fehlentwicklung großen Ausmaßes seit der Währungsreform fest. Sie ist gekennzeichnet: [] [] durch die Millionenarbeitslosigkeit in der Bundesrepublik und in Berlin und durch die Gefahr, daß der nächste Winter ein weiteres erhebliches Anwachsen der Arbeitslosigkeit bringt; [] durch die Unterlassung, sofort nach Eintritt der Währungsreform neue Arbeitsmöglichkeiten an den geeigneten Stellen für freigesetzte Arbeitslose und Flüchtlinge zu schaffen; [] durch die immer ungerechter gewordene Einkommensverteilung, die den Anteil der Arbeitnehmer, der Rentner, der Unterstützungsempfänger sowie erheblicher Teile des kleinen Mittelstandes am Sozialprodukt schrumpfen und den Anteil der Unternehmerschaft erheblich wachsen ließ; [] durch umfangreiche Fehlinvestitionen, in deren Folge eine übermäßige Ausdehnung insbesondere des Verkaufsapparates entstand, während die dringend notwendige Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze vernachlässigt wurde; [] durch das überhohe Maß der Selbstfinanzierung der Betriebe, die auf Kosten der Konsumenten durch überhöhte Preise erfolgte und ihnen Anschaffungen und Sparen weitgehend unmöglich machte [] durch den Mangel an Zusammenarbeit der obersten wirtschaftspolitischen Instanzen in der Bundesrepublik; [] durch den Verzicht auf die zur Herstellung gesunder sozialer und wirtschaftlicher Verhältnisse erforderlichen Veränderungen. [] [] Um diese wirtschaftliche Fehlentwicklung zu korrigieren, drei Millionen Arbeitskräfte zusätzlich zum gegenwärtigen Beschäftigungsstand dauerhaft in den Produktionsprozeß einzugliedern und die Lebensfähigkeit der deutschen Wirtschaft bis zur Beendigung der Auslandshilfe herzustellen, fordert die SPD: [] [] Sofortige Besetzung vorhandener Arbeitsplätze [] [] Eine Reihe von Wirtschaftszweigen kann ohne Erweiterung ihrer Kapazität mehr produzieren, sobald eine ausreichende Nachfrage geschaffen wird. [] Hierzu hat das Zentralbanksystem über seine bisherigen unzulänglichen Maßnahmen hinaus durch zusätzliches Geld die kreditmäßigen Vorbedingungen zu schaffen. Das Zentralbanksystem hat hierzu auch langfristige Schuldtitel der öffentlichen Hand, der Realkreditinstitute und der langfristig anlegenden Versicherungsunternehmen zu erwerben. Diese Kreditgewährung hat vornehmlich der Exportfinanzierung, dem Wohnungsbau, den Flüchtlingsunternehmen und der Vorfinanzierung von Leistungen des Lastenausgleichs wie Hausratshilfe, Aufbauhilfe, Gemeinschaftshilfe zu dienen. [] [] Schaffung neuer Arbeitsplätze [] [] Gleichzeitig ist ein volkswirtschaftlicher Gesamthaushalt (Nationalbudget) aufzustellen, der als Kernpunkte Investitionsbilanz und Zahlungsbilanz enthalten muß. [] Die Investitionspolitik hat vor allem die erforderlichen zusätzlichen Arbeitsplätze zu schaffen und zugleich die Ausfuhrleistungen erheblich zu steigern. [] In den Investitionsplänen sind insbesondere folgende Wirtschaftszweige zu fördern - dabei ist ihre Rangordnung in größeren Zeitabschnitten jeweils zu bestimmen: [] a) Wohnungsbau: [] die nach den Wohnungsbaugesetzen des Bundes aufzustellenden Wohnungsbaupläne sind regional (und nötigenfalls lokal) so aufzugliedern, daß sie den Standorten der industriellen Kapazitäten entsprechen; [] b) Landwirtschaft: [] Steigerung der Erträge durch Umstellung auf intensivere Veredelungswirtschaft; [] c) Seeschiffbau: [] auch im Hinblick auf die notwendige Ersparnis an Frachtdevisen; [] d) See- und Binnenhäfen: [] Wiederaufbau unter Berücksichtigung europäischer Erfordernisse; [] e) Bundesbahn: [] jedoch unter Beachtung der starken Entwicklung des Straßenverkehrs [] f) Straßenbau: [] Neubau und Fertigstellung wichtiger Durchgangsstraßen und Autobahnstrecken; [] g) Nahverkehrsmittel: [] Schnellbahnen, Straßenbahnen, Auto- und Obusse; [] h) Versorgungsbetriebe: [] Kapazitätenerweiterungen unter Berücksichtigung europäischer Verbundwirtschaft; [] i) Beseitigung vorhandener und neu entstehender Engpässe in der gewerblichen Wirtschaft. [] [] In allen in Betracht kommenden Wirtschaftszweigen sind die der Ausfuhrsteigerung dienenden Investitionsvorhaben besonders zu fördern. [] Allgemein ist die Wirtschaft im Rahmen des gesamteuropäischen Wirtschaftsprogramms auszubauen. [] Reine Notstandsarbeiten sind, wenn nicht im Einzelfalle ein besonderer Grund vorliegt, grundsätzlich zu unterlassen. [] Die Standorte neuer gewerblicher Kapazitäten und Wohngebäude sind durch die Standortplanung im Rahmen des volkswirtschaftlichen Gesamthaushaltes in Zusammenarbeit mit den Ländern zu bestimmen. Standortungünstige Investitionen sind dabei auszuschließen. Gemäß der Standortplanung ist der Flüchtlingsausgleich bundesgesetzlich zu regeln. [] [] Organe der Durchführung [] [] Zur Durchführung dieser Investitionspolitik sind die bisher zusammenhanglos arbeitenden obersten Instanzen der Wirtschaftspolitik (Wirtschaftsministerium, Finanzministerium, ERP-Ministerium, Landwirtschaftsministerium, Arbeitsministerium, Wohnungsministerium, Verkehrsministerium, Ministerium für die Angelegenheiten der Vertriebenen und das Zentralbanksystem sowie die Kreditanstalt für Wiederaufbau) in einem Gremium mit Mitgliedern des Bundestages, Vertretern der Gewerkschaften und der Unternehmerorganisationen zusammenzufassen. [] Aufgabe dieses Gremiums ist die Ausarbeitung des volkswirtschaftlichen Gesamthaushaltes und die laufende Beobachtung seiner Verwirklichung. Das Gremium bedient sich bei seiner Arbeit einer ausgebauten Wirtschaftsstatistik und Konjunkturforschung. [] Aufgaben und Aufbau der Notenbank sind durch ein Bundesnotenbankgesetz zu regeln. Darin ist die Zentralbank in ihrer Geld-, Kredit- und Zinspolitik an die Grundlinien des volkswirtschaftlichen Gesamthaushaltes zu binden. Zur Wahrung ihrer währungspolitischen Aufgabe werden ihr geeignete Rechte zugestanden. [] [] Kapitalbildung und Kapitallenkung [] [] Zur Vermehrung der Kapitalbildung, insbesondere durch Kleinsparen, sind steuerliche Anreize, gesetzliche und Verwaltungsmaßnahmen zur Anregung des Zwecksparens sowie Kapitalbildung der öffentlichen Hand erforderlich. Das jetzige ungesunde Maß der Investitionsfinanzierung aus Gewinnen (Selbstfinanzierung) ist zugunsten der Investitionsfinanzierung über die gemeinnützigen und privaten Kapitalsammelstellen einzuschränken. [] Die Anleihepolitik der öffentlichen Hand beschränkt sich auf die Schließung von Finanzierungslücken im volkswirtschaftlichen Investitionsplan. [] Die Zinssätze für die im Investitionsprogramm vorgesehenen Investitionen sind niedrig anzusetzen und gegebenenfalls nach Wirtschaftszweigen zu differenzieren. [] Emissionen sind den Vorschriften eines verbesserten Kapitallenkungsgesetzes zu unterwerfen, für dessen Anwendung der volkswirtschaftliche Gesamthaushalt Richtlinien gibt. Die Anlagepolitik der Kredit- und Versicherungsinstitute ist durch Aufsicht und Refinanzierungsmethoden den Erfordernissen des volkswirtschaftlichen Gesamthaushaltes anzupassen. [] [] Preispolitische Folgerungen [] [] Gegenüber Preisauftriebstendenzen, die sich aus der Konjunkturbelebung ergeben können, sind inbesondere [!] Bekämpfung überhöhter Monopol- und Kartellpreise, Beschränkung unberechtigt hoher Handelsspannen, Förderung der Konkurrenz und gemeinnütziger Wettbewerbseinrichtungen erforderlich. [] Nachfrageregulierungen durch öffentliche Auftraggeber und Konsumentengruppen zum Zwecke der Preissenkung sind zu fördern. [] Zusätzlich entstehende Nachfrage ist zur Deviseneinsparung vorzugsweise auf vermehrbare Güter aus der Inlandserzeugung zu lenken. [] [] Folgerungen für den Außenhandel [] [] Die Ausfuhrsteigerung ist ein wesentlicher Faktor der Vollbeschäftigungspolitik. Die Ausfuhr ist zu fördern durch steuerliche Vergünstigungen für Auslandsgeschäfte, billige Kredite für die Exportwirtschaft sowie durch Unterstützung der Marktforschung und Auslandswerbung. [] Die Einordnung von drei Millionen Arbeitskräften in den Produktionsprozeß erfordert eine Neuorientierung der Einfuhrpolitik, da die Konjunkturbelebung eine zusätzliche Nachfrage nach Einfuhrgütern hervorrufen wird. [] Die Liberalisierung des Außenhandels ist an die Bedingung der Gegenseitigkeit zu knüpfen, sie ist jedoch durch Regulierung der Einfuhr zu begrenzen, soweit die neu geschaffene Nachfrage zu einer nicht auf die Dauer auszugleichenden Passivierung der Handelsbilanz führt. [] Die wünschenswerte Intensivierung des internationalen Güteraustausches bedingt das Eintreten der SPD für eine europäische Zahlungsunion, in deren Raum der Austausch frei sein kann. Das Ziel ist eine europäische Wirtschaftspolitik unter einer gemeinsamen demokratischen Autorität. [] [] Herausgeber: Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands [] Druck: Auerdruck GmbH., EP 36, Hamburg 1, Pressehaus
Published:09.1949 - 1951