Wussten Sie das? [Serie] Nr. 38 . Schwarz auf weiß

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; WUSSTEN SIE DAS? [] Nr. 38 [] Schwarz auf weiß [] Die Gegner der Notstandsgesetzgebung brachten zahlreiche Parolen in Umlauf, die auf unwahren Behauptungen beruhen. Auch wer über die Vorsorgegesetze zum Schutz des Staates und der Bürger in...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Bundesvorstand, SOPADE-Rednerdienst, Vorwärts-Druck, Bad Godesberg
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 15.05.1968
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/6693CD6D-454B-4395-B1D0-98CC022065BD
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; WUSSTEN SIE DAS? [] Nr. 38 [] Schwarz auf weiß [] Die Gegner der Notstandsgesetzgebung brachten zahlreiche Parolen in Umlauf, die auf unwahren Behauptungen beruhen. Auch wer über die Vorsorgegesetze zum Schutz des Staates und der Bürger in Zeiten der Not und Gefahr diskutieren will, muß sich an die Wahrheit halten. [] Es muß immer wieder darauf hingewiesen werden, daß es sich bei diesen Gesetzen um solche zum Schutz der Menschen und Staatseinrichtungen handelt für Zeiten, in denen die normalen Gesetze nicht ausreichen, d.h. für Kriegszeiten oder für Zeiten unmittelbar drohender Kriegsgefahr. [] Lügen helfen nicht, die Demokratie zu bewahren; sie dienen vielmehr der systematischen Zerstörung. [] Es wird behauptet: [] Die Gesetze dienen der Vorbereitung zum Staatsstreich. [] Tatsache dagegen ist: [] a) Die Notstandsverfassung ermöglicht erst die aussichtsreiche Bekämpfung eines Staatsstreiches. Sie grenzt die Befugnisse der einzelnen Verfassungsorgane auch in Ausnahmesituationen klar ab. Damit wird es einer Regierung unmöglich gemacht, unter Berufung auf irgendwelche Lücken in der Verfassung eigenmächtig und ungesetzlich zu handeln. [] b) Im übrigen gilt: [] Staatsstreiche selbst lassen sich nicht durch gesetzliche Bestimmungen, sondern nur durch ein waches demokratisches Bewußtsein des Bürgers und der verfassungstreuen Organisationen verhindern. [] Es wird behauptet: [] Die Gesetze bringen Kommandogewalt für Unternehmer, Zwangsarbeit für Arbeitnehmer. [] Tatsache dagegen ist: [] a) Dienstverpflichtungen kann es nur in Ausnahmezeiten (Kriegsgefahr, Verteidigungsfall) geben. [] b) Dienstverpflichtungen sind erst dann zulässig für sämtliche Wehrpflichtige, unabhängig davon, ob sie Unternehmer oder Arbeitnehmer sind. [] c) Durch Dienstverpflichtung können nach dem Wortlaut der Verfassung grundsätzlich nur privatrechtliche Arbeitsverhältnisse begründet werden, in denen normales Arbeitsrecht (einschließlich des Streikrechts) gilt. [] d) Dienstverpflichtungen und Arbeitsplatzwechselverbote können nicht von der Regierung allein, sondern ausschließlich nach Zustimmung einer Zweidrittelmehrheit des Bundestages ausgesprochen werden. [] Es wird behauptet: [] Die Gesetze bringen den Einsatz der Bundeswehr gegen die Bürger. [] Tatsache dagegen ist: [] Die Bundeswehr kann nur bei einer Gefährdung der demokratischen Grundordnung zur Unterstützung der Polizei beim Schutz von zivilen Objekten und bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer eingesetzt werden. Sie kann lediglich als Hilfsorgan, falls die Kräfte der Polizei und des Grenzschutzes nicht ausreichen sollten, nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel eingesetzt werden. Der Einsatz der Bundeswehr muß sofort eingestellt werden, wenn der Bundestag oder der Bundesrat es verlangen. [] Es wird behauptet: [] Die Gesetze bewirken die Aufhebung der durch Verfassung garantierten Grundrechte, das Ende des freiheitlichen Rechtsstaates. [] Tatsache dagegen ist: [] Das Grundrecht der Meinungs-, Presse- und Informationsfreiheit (Artikel 5), das Grundrecht der Versammlungsfreiheit und das Demonstrationsrecht (Artikel 8) und das Grundrecht der Vereins- und Koalitionsfreiheit (Artikel 9) bleiben unberührt. Durch die Notstandsverfassung können nur wenige Grundrechte unter bestimmten engen Voraussetzungen eingeschränkt werden: Artikel 10 (Garantie des Brief- und Telefongeheimnisses), Artikel 11 (Grundrecht der Freizügigkeit), Artikel 12 (Berufsfreiheit), Artikel 14 (Garantie des Eigentums). [] Auch in diesen Fällen bleibt es jedoch bei den schon heute bestehenden Sicherungen gegen Mißbrauch: [] a) Es gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, d.h. die Grundrechte dürfen nicht stärker als unbedingt erforderlich eingeschränkt werden. [] b) Grundrechte dürfen niemals aufgehoben oder in ihrem Wesensgehalt angetastet werden. [] c) Einschränkungen von Grundrechten sind auch im Notstandsfall immer nur durch ein Gesetz möglich. [] d) Die Befugnisse des Bundesverfassungsgerichts bleiben voll bestehen. Damit hat jeder Staatsbürger die Möglichkeit, sich gegen Eingriffe in ein Grundrecht mit der Verfassungsbeschwerde zur Wehr zu setzen. [] Es wird behauptet: [] Die Gesetze bringen Vorbereitungen, im Notstandsfall politisch Unzuverlässige, Oppositionelle und angeblich Landesverratsverdächtige festzunehmen und zu internieren. [] Tatsache dagegen ist: [] Die Notstandsverfassung wird nichts am Grundsatz des Artikels 104 Absatz 2 GG ändern, wonach über Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung der Richter zu entscheiden hat. Es ist lediglich vorgesehen, daß im Verteidigungsfall durch ein besonderes Gesetz die Frist bis zur richterlichen Entscheidung über eine Festnahme verlängert werden kann. Nach geltendem Recht muß ein Verhafteter bis zum Ende des nächsten Tages nach der Festnahme dem Richter vorgeführt werden, also im Höchstfall innerhalb von 48 Stunden. Diese Frist soll im Verteidigungsfall auf längstens vier Tage ausgedehnt werden können, falls ein Richter vorher nicht erreichbar ist. [] Eine Ausschaltung Oppositioneller oder politisch Unzuverlässiger durch Internierung ist damit in jedem Fall ausgeschlossen. [] Es wird behauptet: [] Die Gesetze werden in Geheimverhandlungen durchgepeitscht, ohne daß die Abgeordneten über den Inhalt der Vorlage Bescheid wissen. [] Tatsache dagegen ist: [] Im März 1967 legte die Bundesregierung den Regierungsentwurf der Notstandsverfassung vor. Wie alle Gesetzentwürfe wurde auch dieser Entwurf als parlamentarische Drucksache vorgelegt; jeder Abgeordnete hatte sie, jeder Staatsbürger konnte sie erhalten. [] Am 29. Juni 1967 fand im Bundestag die erste Beratung des Regierungsentwurfs statt. Im November/ Dezember 1967 fanden fünf großangelegte öffentliche Anhörungen vor dem Rechts- und lnnenausschuß des Bundestages statt. Jeder Abgeordnete konnte daran teilnehmen, jeder Staatsbürger konnte sich über Presse, Funk und Fernsehen informieren. [] Ab Januar 1968 berieten die Bundestagsausschüsse über den Entwurf der Notstandsverfassung. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion legte in einer zweitägigen Klausursitzung die Richtlinien für die Ausschußberatungen fest. [] Nach 20 Sitzungen des Rechtsausschusses und 11 Sitzungen des Innenausschusses wurde am 10.5.1968 der gedruckte Bericht des Rechtsausschusses vorgelegt. Am 15. und 16.5.1968 fand im Plenum des Bundestages die zweite Beratung des Entwurfs statt; auch dieser Beratung ging eine über 17stündige Sitzung der SPD-Fraktion voraus. Die dritte Lesung findet statt, wenn eine eindeutige Erklärung der Alliierten darüber vorliegt, daß mit den Vorsorgegesetzen zum Schutz des Staates und der Bürger in Zeiten der Not und Gefahr deren Vorbehaltsrechte aufgegeben werden. [] Von "Geheimverhandlungen" oder "Durchpeitschen" kann nicht die Rede sein. [] Was schwarz auf weiß feststeht und für jedermann kontrollierbar ist - die notwendigen Regelungen für den Schutz der Bürger und ihrer Staatseinrichtungen, in denen die normalen Gesetze nicht ausreichen -, kann nicht durch falsche Behauptungen widerlegt werden. [] weitergeben . . . weitersagen . . . weitergeben . . . weitersagen ... [] Herausgeber: Vorstand der SPD, SOPADE-Rednerdienst
Published:15.05.1968