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Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Gladbacher Wahl-Kurier [] November 1952 [] Wahl-Preisausschreiben [] Aufruf zur Entscheidung. [] Bürgerinnen und Bürger! [] Nachdem die Legislaturperiode des Rates der Stadt abgelaufen ist, sind Sie nunmehr aufgerufen, am 9. November an die Wahlurne zu treten, um das neue Stadtparlament zu wählen. Die Entscheidung die getroffen werden muß ist von besonderer Bedeutung, denn von dieser Wahl wird die Zusammensetzung des neuen Rates, und damit das Schicksal der Bürger in den nächsten vier Jahren entscheidend bestimmt. Hinzu kommt, daß bei dieser Wahl nicht nur das Urteil zu fällen ist über die kommunale Politik der Parteien in unserer fleißigen Heimatstadt, sondern es gilt auch die unsoziale, planlose und im außenpolitischen Raum gefährlich nachgiebige Politik der Regierung Adenauer zu beurteilen. Nach drei Jahren krasser Interessenpolitik für den Großbesitz, bei der die Bonner Koalition in den entscheidenden Lebensfragen immer gegen die breitesten Schichten des Volkes entschieden hat, ist an der Zeit, daß die Wähler als letzte Instanz die längst fällige Antwort erteilen. Diese Regierung war unfähig, die großen Nachkriegsprobleme im Sinne sozialer Gerechtigkeit zu lösen - sie muß abtreten. Das deutlich auszusprechen ist die Aufgabe der Wähler am 9. November. [] Auch bei der Auswertung der Arbeit und Haltung der Parteien im M.-Gladbacher Stadtparlament kann den Bürgern rund um den Abteiberg die Wahl nicht schwer fallen. In den vergangenen Jahren ist gewiß manches geschehen, um unser von Krieg zerstörtes Gemeinwesen wieder aufzubauen, und die SPD -Ratsherren dürfen für sich in Anspruch nehmen, mit aller Kraft an diesem Aufbau mitgewirkt zu haben. In vielen wichtigen und entscheidenden Fragen aber standen sie in ihrem Bemühen um das Wohl der Bürgerschaft allein, weil die CDU-Zentrum-FDP-Mehrheit des Rates nicht das notwendige soziale Verantwortungsbewußtsein aufbrachte. Entgegen ihren Wahlversprechungen vor vier Jahren haben diese Parteien oft genug ihre Mehrheit rücksichtslos ausgenutzt, um bei den Abstimmungen Entscheidungen zu treffen, die dem Willen der Bürger nicht entsprachen. Es ist die Aufgabe der Wähler, am 9. November dafür zu sorgen, daß die SPD im neuen Rat der Stadt soviel Macht erhält, wie nötig ist, um unser vaterstädtisches Leben zum Wohle und Nutzen aller Bürger zu gestalten. [] Die Sozialdemokratische Partei stellt im Bewußtsein erfüllter Pflicht neben den bewährten und bekannten Persönlichkeiten der Fraktion den Bürgern eine Reihe von jungen, befähigten Kandidaten vor, die ihre ganze Kraft für unsere Vaterstadt einsetzen werden. [] Bürgerinnen und Bürger! Geben Sie Ihre Stimme und Ihr Vertrauen den Kandidaten der Sozialdemokratischen Partei, dann nehmen Sie [] das Rathaus in Ihre Hand! [] Wir Sozialdemokraten versprechen keine Wunder - aber wir halten unser Wort! [] Sozialdemokratische Partei Deutschlands [] Unterbezirk München-Gladbach [!][Mönchen-Gladbach] [] gez. Willi Backes (Fraktionsführer) [] gez. Heinz Pöhler (1. Vorsitzender) [] gez. Willi Engels (Bürgermeister) [] Für ein geeintes Deutschland im freien Europa [] von Ratsherr Heinz Pöhler [] Heinz Pöhler 1. Vors. der SPD M.-Gladbach [] Im Gegensatz zu den Gepflogenheiten der Diktaturen sind Wahlen im demokratischen Staat Tage der echten und großen Entscheidungen für das Volk. Der Wille der Wähler bestimmt die Richtung der Politik und damit das Schicksal der Gemeinschaft ebenso wie das des Einzelnen. Das gilt auch für die Wahl am 9. November, bei der die Wähler über die politische Zusammensetzung der zukünftigen kommunalen Parlamente entscheiden. Gleichzeitig stehen bei diesem Votum aber auch die großen politischen Schicksalsfragen der Nation auf der Tagesordnung. Sie verlangen von den Staatsbürgern eine klare Entscheidung und eindeutige Stellungnahme. Im Hinblick auf die Bundestagswahlen im nächsten Jahr ist das Urteil über die verhängnisvolle Bonner Politik zu fällen, und es sollte an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lassen. [] Die gegenwärtige Situation Deutschlands im großen Kräftespiel des ost-westlichen Konfliktes ist gekennzeichnet durch die verfehlte und planlose Politik der Bonner CDU-FDP-DP-Regierung, die die elementarsten Lebensinteressen des deutschen Volkes nach wie vor hartnäckig ignoriert. Das gilt für die Außenpolitik ebenso wie für die innenpolitischen Fragen. [] Der Neuaufbau Deutschlands zur Überwindung der Katastrophe von 1945 forderte kategorisch eine Politik des sozialen Ausgleichs und der gerechten Liquidierung der Lasten des Krieges. Bei der Schaffung dieser unabdingbaren Voraussetzung für ein tragfähiges Fundament der neuen deutschen Demokratie hat die Regierung Adenauer restlos versagt - es muß bestritten werden, daß sie überhaupt den ernsthaften Versuch zur Lösung dieses Hauptproblems unternommen hat. Statt dessen wird seit mehr als drei Jahren ein erbarmungsloser Klassenkampf von oben für die Interessen des Großbesitzes und der Neureichen geführt. Die gesamte Bonner Wirtschafts- und Steuerpolitik ist darauf ausgerichtet, die alten sozialen Unterschiede, Spannungen und Ungerechtigkeiten wiederherzustellen und noch zu vertiefen. Daß wenige Jahre nach dem größten Unglück unserer Geschichte eine kleine Schicht in unverantwortlichem Luxus schwelgen darf und die Zahl der Millionäre in die Hunderte geht, ist eine nationale Schande, die durch nichts entschuldigt werden kann. Wie man angesichts dieser Tatsachen von einer "Politik aus christlicher Verantwortung" sprechen kann, bleibt unerfindlich. [] Die verantwortungslose Bonner Preispolitik hat nicht nur den Lebensstandard der arbeitenden Menschen gesenkt, sondern gefährdet gleichzeitig die Existenz des Mittelstandes. Hinter dieser Entwicklung sind die Einkommen der Beamten, Angestellten und Arbeiter weit zurückgeblieben. Breite Schichten der Rentner, Kriegsbeschädigten, Vertriebenen, Ausgebombten, Witwen und Waisen leben weit unter dem normalen Existenzminimum. Die Arbeitslosigkeit, unter der die Jugend ganz besonders leidet, wurde trotz vieler Versprechungen nicht beseitigt. Um einen echten, sozialen Lastenausgleich durch eine wesentliche Vermögensumschichtung wurden die Vertriebenen und Ausgebombten betrogen. Schließlich haben die Bonner Koalitionsparteien die gewaltige Aufbauleistung der arbeitenden Menschen schlecht gelohnt und ihre gleichberechtigte Mitwirkung bei der Gestaltung der Wirtschaft verhindert. Diese Bonner Politik ist umso verhängnisvoller, als sie den Bolschewisten die Propagandaargumente liefert. Daß die soziale Sicherheit die beste Waffe im "Kalten Krieg" ist, wurde in Bonn bis heute noch nicht begriffen. [] Genau so gefährlich konzeptionslos ist die Außenpolitik der Bundesregierung. Angesichts des gespaltenen Deutschlands und des furchtbaren Schicksals unserer 18 Millionen unterdrückter Brüder und Schwestern in der Sowjetzone, muß das Hauptziel deutscher Politik die Wiedervereinigung in Freiheit sein. Anstatt alle Kraft auf diese Aufgabe zu verwenden, und die Siegermächte immer wieder nachdrücklichst aufzufordern, die 1945 von ihnen zerstörte deutsche Einheit wiederherzustellen, hat die Bundesregierung mit gefährlicher Nachgiebigkeit die Maßnahmen und Pläne der westlichen Siegermächte ohne Widerspruch akzeptiert. Sie ist sogar bereit, sich dieser Entwicklung durch freiwillig unterschriebene Verträge zu unterwerfen. Der Generalvertrag degradiert im Gegensatz zu allen Behauptungen Deutschland weiterhin zur Nation zweiter Klasse. Durch die einseitige Bindung vertieft er die Spaltung Deutschlands und überläßt die Lebensfrage der deutschen Einheit alliierter Kompetenz. Durch den Verteidigungsvertrag werden deutsche Soldaten fremder Verfügungsgewalt überantwortet, ohne daß die Sicherheit Deutschlands gewährleistet ist. Die Bundesregierung und ihre Parteien wollen diesen gefährlichen Weg beschreiten, ohne das deutsche Volk überhaupt zu fragen. [] Die SPD sagt zu dieser Politik ein entschiedenes "Nein". Sie ist der Auffassung, daß vor der militärischen Aufrüstung die soziale Mobilmachung stehen muß. Nur freie Menschen können kämpfen, und sie müssen überzeugt sein, daß ein menschenwürdiges Dasein zu verteidigen ist. [] Aus ihrer Verantwortung und ihrem Bekenntnis für ein Vereinigtes Europa lehnt die Sozialdemokratie die Einführung des halben Deutschlands in ein "Viertel-Europa" ab, durch die neben der ost-westlichen auch noch die Spaltung des freien Europas vorgenommen wird. Der Weg von Bonn über Paris [] führt nicht nach Europa, weil in der Montanunion die Gleichberechtigung der Völker nicht gegeben ist. Der Saarkonflikt ist ein eindringlicher Beweis. [] Die deutsche Sozialdemokratie kämpft entschlossen für ein geeintes Deutschland der sozialen Sicherheit und Gerechtigkeit in demokratischer Freiheit. Dieses Deutschland soll nach ihrem Willen ein gleichberechtigter Partner in einem Vereinigten Europa sein, das alle freien Völker umfaßt. Das ist der einzige Weg, der der tödlichen Bedrohung der freien Welt durch den Bolschewismus ein Ende macht. [] Was geschah auf de Rathaus? [] Sozialdemokratische Kommunalpolitik in den letzten vier Jahren [] Elf SPD-Vertreter wählte die M.-Gladbacher Bürgerschaft im Oktober 1948 in das Stadtparlament auf dem Abteiberg. Nach vier Jahren wird der objektive Beobachter des kommunalen Lebens unserer Heimatstadt bestätigen müssen, daß die sozialdemokratischen Ratsherren in dieser Zeit - entsprechend dem Auftrag ihrer Wählerschaft - stets den Menschen in den Mittelpunkt ihrer Arbeit gestellt haben. Die sozialen Belange der schaffenden Menschen in der Stadt der "Räder, Spindeln, Achsen" wurden von der SPD-Fraktion mit besonderem Nachdruck vertreten. Das geschah sehr oft gegen den Willen und die Stimmen der Mehrheit des Rates - manchmal in harten und leidenschaftlichen Auseinandersetzungen. Viele positive Anträge der SPD wurden von der CDU-Zentrum-FDP-Mehrheit niedergestimmt. Nun ist der Zeitpunkt gekommen, an dem die Wähler ihr Urteil sprechen müssen. Die Bürger sollten sehr genau prüfen, ob die vielfältigen Wahlversprechen der Parteien des Jahres 1948 auch in die Tat umgesetzt worden sind. Sicher ist, daß die Sozialdemokraten sich in ihrem Bemühen um das Wohl der Gesamtbürgerschaft und bei ihrem Kampf um die soziale Gerechtigkeit im Sinne eines echten Christentums der Tat von niemandem übertreffen ließen. [] Um den Wählern die Wahlentscheidung zu erleichtern, berichten nun Vertreter der SPD-Fraktion von ihrer Arbeit, von den Kämpfen und Entscheidungen im Stadtparlament. [] Wohnungsbau: Problem Nr. 1 [] von Ratsherr Willi Backes [] Man sagt, eine gesunde Familie ist die Keimzelle eines geordneten Staatswesens. Das trifft ohne Zweifel zu und man muß hinzufügen, daß ein echtes Familienleben nur in menschenwürdigen Wohnungen möglich ist. Diese entscheidende Voraussetzung für ein lebenswertes Dasein hat das furchtbare Erbe des Krieges in grauenhaftem Maße zerstört. Es soll einmal daran erinnert werden, daß unsere Heimatstadt bei Kriegsende insgesamt 45 Prozent ihres Wohnraumes durch die Bombenangriffe verloren hatte. Aus diesen bedauerlichen Tatsachen ergab sich, daß für jeden verantwortungsbewußten Kommunalpolitiker der Wohnungsbau an der Spitze aller Überlegungen stehen mußte. Die SPD-Fraktion hat keine Gelegenheit im Rat der Stadt ausgelassen, immer von neuem auf die entsetzliche Wohnungsnot hinzuweisen. Ihre Forderung war: Wohnungen sind wichtiger als alles andere! Bei allen Etatberatungen haben die sozialdemokratischen Ratsherren mit allem Nachdruck für ausreichende Mittel zum Wohnungsbau gekämpft. Bereits kurz nach der Wahl 1948 stellte die SPD den Antrag, einen Betrag von 2 Millionen Mark an außerordentlichen Mitteln auf dem Darlehenswege aufzubringen und dem Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen. Der Rat nahm diesen Antrag an, trotzdem hat es lange Zeit gedauert, bis an seine Verwirklichung gegangen wurde. [] Gesunde Wohnungen für alle! [] So dürfen Menschen nicht wohnen [] Als seinerzeit die Rennbahn an der Niersbrücke wiederhergerichtet wurde, stellte sich die SPD-Fraktion auf den Standpunkt, daß Wohnungen für unsere notleidenden Bürger wichtiger und dringlicher seien als Ställe für Rennpferde. Sie beantragte, daß die einkommenden Steuern der Trabrennen ausschließlich für den sozialen Wohnungsbau verwendet werden müßten. [] Nun ist in den letzten vier Jahren in M.-Gladbach manches aufgebaut worden, und die SPD-Fraktion darf für sich in Anspruch nehmen, ihren Anteil hierzu beigetragen zu haben. Es ist aber nicht abzustreiten, daß die Bevölkerungszunahme dem Wohnungsbau einfach davongelaufen ist, d. h., daß die Wohnungsnot nicht nur nicht gelindert wurde, sondern noch zugenommen hat. Die SPD ist der Auffassung, daß weit mehr Wohnungen hätten gebaut werden müssen. Zwar konnte der Kämmerer immer mit imposanten Zahlen aufwarten, die in den Wohnungsbau gesteckt wurden. Und sicherlich werden die Parteien der Ratsmehrheit mit diesen Zahlen Propaganda machen. Aber es muß einmal sehr deutlich ausgesprochen werden, daß die verwandten Wohnungsbaumittel zum allergrößten Teil Gelder waren, die das Land Nordrhein-Westfalen zur Verfügung stellte, während die städtischen Mittel in recht bescheidenem Rahmen blieben. Hier hätte der Rat wesentlich mehr tun müssen, so, wie es die SPD ohne Erfolg verlangte. Das ist bedauerlich für alle Bürger, die schon seit Jahren menschenunwürdig wohnen müssen und zum Teil in erbärmlichen Notwohnungen oder gar im Bunker leben. Umso bedauerlicher ist deshalb die Tatsache, daß gleichzeitig für große Geschäfts- und Luxusbauten offensichtlich genügend und zwar sehr leicht verdientes Geld vorhanden ist. [] Es ist auch in M.-Gladbach durch den Rat manche Ausgabe getätigt worden, die weniger dringend war und besser für den Wohnungsbau eingesetzt worden wäre. Die Elf-Mann-Fraktion wurde aber meistens überstimmt. Als man in der Kaiser-Friedrich-Halle ein exklusives Restaurant (mit Verwendung von reichlich Spiegelglas) baute, hat sich die SPD-Fraktion leidenschaftlich dagegen gewehrt und den Einsatz der Gelder für Wohnungen verlangt. Die Mehrheit des Rates ging über diesen Protest hinweg. Desgleichen wehrten sich die SPD-Ratsherren gegen einen übertriebenen Aufwand beim Bau von städtischen Häusern für höhere Beamte. Sie verweigerten die Nachforderung von Mitteln - trotzdem fand sich im Rat wieder eine Mehrheit. Bei diesen Kämpfen im Stadtparlament vertrat die SPD die Auffassung, daß Repräsentationsbauten einfach nicht verantwortet werden können, solange nicht alle Bürger anständige Wohnungen haben. Sie glaubt sich darin einig mit der großen Mehrheit der Gladbacher Bürger. [] Eines ist sicher-: um die Wohnungsnot spürbar zu mildern, müssen weit mehr städtische Mittel eingesetzt werden, als das die bisherige Ratsmehrheit für richtig hielt. Die SPD ist willens, wie bisher, auch im neuen Rat der Stadt den Wohnungsbau in dem Maße zu fördern, wie es die große Wohnungsnot erforderlich macht. Es ist die Aufgabe der Wähler, den SPD-Kandidaten hierzu durch ihre Stimmen das nötige Vertrauen und die erforderliche Macht zu geben. [] DAS SOZIALE GEWISSEN DER STADT [] von Bürgermeister Willi Engels [] Der zweite Weltkrieg hat unserem Volke ein Erbe hinterlassen, dessen wesentlichstes Merkmal eine vorher nie gekannte Armut ist. Nun ist Armut nach einem verlorenen Kriege für ein Volk keine Schande. Sie wird aber unerträglich, wenn ihre Lasten nicht gerecht, d. h. nach der wirtschaftlichen Tragfähigkeit auf alle Schultern verteilt werden. Im gemeinsamen Unglück müßte es auch eine gemeinsame Solidarität geben. Leider ist sie nicht vorhanden, sondern neben der bittersten Armut ist heute ein geradezu aufreizender Luxus zu finden. Für die sozialdemokratische Stadtratsfraktion war es entsprechend ihrer sozialistischen Tradition eine Selbstverständlichkeit, für die wirtschaftlich schwächeren Teile der Bürgerschaft einzutreten. Besonders denen, die nicht mehr aus eigener Kraft ihr Schicksal zum Besseren wenden können, den Alten, den Rentnern, Kriegsversehrten, Ausgebombten, Witwen und Waisen galt ihre besondere Fürsorge. Sie alle fanden in der SPD ihren besten Anwalt. Es muß in diesem Zusammenhang aber mit aller Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht werden, daß die anderen Parteien im Rat sehr oft das Verständnis für die soziale Problematik der zu treffenden Entscheidungen vermissen ließen. Es offenbarte sich daß Propagandatheorie und Abstimmungspraxis bei der Ratsmehrheit nicht übereinstimmten. Die Sprecher der SPD halben sich in dramatischen Ratssitzungen leidenschaftlich für soziale Gerechtigkeit eingesetzt - sie sprachen meist gegen eine Betonwand des "Nichtbegreifenwollens" und ihre dringenden sozialen Apelle [!] [Appelle] verhalten ungehört. Man hatte oft den Eindruck, daß das Wort von der "Stadt des sozialen Fortschrittes" nur eine Propagandaphrase der Parteien rechts von der SPD ist. [] Zum Beweis nur einige Beispiele, die den Wählern noch einmal ins Gedächtnis zurückgerufen werden sollen. Am 27. 4. 1951 ging es im Rat um die Bezahlung von 5 Stundenlöhnen für die V. -u. V.-Belegschaft, deren Ausfall durch eine Arbeitsruhe entstanden war. Es war einfach unmöglich, der Ratsmehrheit begreiflich zu machen, was 5 Stundenlöhne in der heutigen Zeit für einen Straßenbahnschaffner bedeuten. Man lehnte die Zahlung ab und die elf Sozialdemokraten wurden überstimmt. - Als die SPD angesichts der damaligen Preissteigerungen einen Appell des Rates an den Landtag verlangte, in dem die Erhöhung der Wohlfahrtssätze gefordert werden sollte, verweigerte die gleiche Mehrheit die Annahme und begrub den Antrag im Ausschuß. [] In der Debatte um eine Neuregelung der Wohnungsvergabe warnte die SPD davor, eine Form einzuführen, die zur Diktatur der dicken Geldbörsen führt und die Familien mit Kindern hoffnungslos benachteiligt. Die Mehrheit beschloß sie trotzdem, mußte sich aber schon wenige Monate später durch die Praxis belehren lassen, daß die SPD recht hatte. In einer anderen Ratssitzung stimmte die SPD gegen die Erhöhung der Straßenbahntarife, die gerade die arbeitende Bevölkerung hart traf. Es darf in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, daß die SPD mehrfach eine Ratssitzung erzwingen mußte, weil die Verwaltung entgegen den Vorschriften die gewählte Vertretung der Stadt übergangen hatte, oder aber unpopuläre Entscheidungen nur hinter verschlossenen Türen der Ausschüsse getroffen wurden. Auch bei der Wahrung der Rechte des Rates blieb die SPD allein, weil die Mehrheit nachträglich jede Kompetenzüberschreitung billigte. [] Auch auf dem Gebiet der Kulturpflege hat die sozialdemokratische Fraktion eine sozial verantwortungsbewußte Haltung eingenommen. Die SPD hat das Stadttheater als wichtigste Kulturstätte stets bejaht und ihm jede Förderung angedeihen lassen. Sie war aber immer der Auffassung, daß die Kultur nicht erst auf "den Brettern, die die Welt bedeuten", beginnt, sondern in guten Schulen und anständigen Wohnungen. Sie war der Auffassung, daß die Zuschüsse für das Theater im gesunden Verhältnis zu den Schul- und Wohnungsbaumitteln stehen müssen. Weil auch die Fusion M.-Gladbach-Krefeld unverhältnismäßig viel Gelder verschlingt, lehnte die SPD den "Canossagang" nach Krefeld ab. Man kann heute nicht mehr Theater spielen wie in der "guten alten Zeit". Die SPD forderte deshalb ein großes "Rheinisches Grenzland-Theater" unter Einschluß von M.-Gladbach-Krefeld-Rheydt-Neuß-Viersen, das dieöffentlichen Zuschüsse auf eine breitere Basis legt und damit sozial erträglicher macht. [] Die wenigen hier angeführten Beispiele unterstreichen die Situation der ganzen letzten vier Jahre im Rat. Die SPD versprach bei der letzten Wahl, das soziale Gewissen der Stadt zu sein. Dieses Versprechen haben die sozialdemokratischen Ratsherren in ganz überzeugender Weise gehalten. [] Die Wählerinnen und Wähler dürfen nicht vergessen, was auf dem Gladbacher Rathaus geschah, und müssen am 9. November Ihr Urteil sprechen. Nur sie allein können dafür sorgen, daß die Stimme des sozialen Gewissens der Stadt so stark wird, daß sie nicht mehr überhört werden kann. [] Die Jugend IST DAS HÖCHSTE GUT EINES VOLKES [] von Ratsherr Willi Burbach [] Wer wollte bestreiten, daß die Gelder, die ein Gemeinwesen für seine Jugend ausgibt, die beste Kapitalanlage für die Zukunft darstellen. Das gilt vor allem für eine Jugend, die durch den Krieg so verhängnisvolle Schäden gesundheitlicher, materieller, aber auch geistiger Art erleiden mußte. Diese Schäden zu beheben, der Jugend jede nur mögliche Hilfe zu gewähren und ihr durch die bestmögliche Schulausbildung den Start ins Leben, zu erleichtern, sollte die vornehmste Aufgabe eines Stadtparlamentes sein. Niemand hat das Recht, über das Abseitsstehen der Jugend zu klagen, wenn man nicht bereit ist, das elementarste Recht dieser Jugend zu verwirklichen. [] Die SPD-Fraktion hat von Anfang an diese Grundgedanken im Stadtparlament mit allem Nachdruck vertreten. Vor allem auf dem Gebiet des Schulwesens hat sie immer wieder auf die Notwendigkeit einer wirksamen Hilfe hingewiesen. Das gilt besonders für den Wiederaufbau und Neubau der Volksschulen. [] Welche unzulänglichen und im einzelnen sogar katastrophalen Schulverhältnisse man den Kindern des Volkes zumutet, gereicht M.-Gladbach in der Tat nicht zur Ehre. Es hat oft der massivsten Interventionen der SPD bedurft (nicht zuletzt auch in der Presse) um die Verwaltung zu veranlassen, wenigstens die schlimmsten Schäden auszubessern. Noch immer starren Schulruinen zum Himmel und es bedarf der größten Anstrengungen, wenn die Volksschulverhältnisse einigermaßen befriedigend gestaltet werden sollen. Hierzu ist die Bereitstellung ausreichender Mittel notwendig, die für menschenwürdige Schulen wesentlich zweckdienlicher ausgegeben werden als für Repräsentationsbauten. Auch dem Schulbetrieb selbst hat die SPD-Fraktion ihr besonderes Augenmerk gewidmet. Um möglichst vielen begabten Kindern - ohne Rücksicht auf die soziale Herkunft - eine höhere Schulbildung zu ermöglichen wurde auf Antrag der SPD-Fraktion die Freistellenquote von 10 auf 15 % erhöht. Durch mehrere Vorstöße der SPD bei den Etatberatungen wurde erreicht, daß die Beträge für Lehr- und Lernmittel, für Schulwandern und den Schulsport erheblich erhöht wurden. [] Nicht minder haben sich die SPD-Ratsherrn für die Förderung der Jugendverbände und für Sport- und Leibesübungen eingesetzt. Das nach langer Zeit endlich erstellte städt. Jugendheim hatte in der SPD-Fraktion einen der besten Befürworter. Es ist müßig zu betonen, daß nach Auffassung der SPD für die Jugendgruppen weit mehr getan werden muß als bisher. Aus der Erkenntnis, daß Vorbeugen besser ist als heilen, hat die SPD im Rat die Auffassung vertreten, daß die Volksgesundheit am besten durch verstärkte sportliche Betätigung der Jugend gefördert wird. Deshalb forderte sie noch kürzlich den abschnittsweisen Aufbau eines großen städtischen Sportfeldes. Auch die Verbesserung des Volksbades durch den Bau einer Wasserreinigungsanlage ist der SPD-Fraktion zu verdanken: [] Daß die SPD bereit ist, jungen Kräften den Weg in den ohnehin überalterten Rat der Stadt freizumachen, beweist sie durch die Aufstellung einer ganzen Reihe junger, befähigter Kandidaten. Die Wähler sind gut beraten, wenn sie am 9. November den jungen Kräften der SPD ihre Stimme geben. Sie dienen damit der Stadt und vor allem ihrer Jugend. [] Achtung! Achtung! [] GROSSER WAHL-TOTO [] Wieviel Stimmen erhält die SPD am 9. November in M.-Gladbach? [] Die Beteiligung an diesem interessanten Wahltoto ist völlig kostenlos. Alle Wahlberechtigten M.-Gladbacher Bürger machen mit! [] Bedingungen: Jeder Tipper vermerkt auf seiner Einsendung die Stimmenzahl, die die SPD nach seiner Auffassung am 9. November erhalten wird. (Postkarte mit genauer und deutlicher Anschrift genügt.) Einsendungen sind zu richten bis Samstag, dem 8. November 19.00 Uhr an SPD M.-Gladbach, Eickenerstr. 31. Die Einsender, die mit ihrer Tippzahl die amtliche Stimmenzahl der SPD treffen oder ihr am nächsten kommen, erhalten [] Wertvolle Gewinne! [] 1. Preis: Ein Markenfahrrad [] 2. Preis: Ein Fotoapparat [] 3. Preis: Ein elektrisches Bügeleisen [] und eine Reihe wertvoller Buchpreise [] Bei mehreren richtigen Einsendungen entscheidet das Los. Verteilung der Gewinne unter Ausschluß des Rechtsweges durch einen Ausschuß unter Vorsitz von Rechtsanwalt Dr. Brémer. (Bei der letzten Gemeindewahl 1948 erhielt die SPD in M.-Gladbach 11036 Stimmen). [] Fraktionsführer Willi Bakes [] "Im Mittelpunkt des kommunalpolitischen Geschehens muß der Mensch stehen. Seine sozialen, geistigen, kulturellen und materiellen Bedürfnisse sind der Maßstab für eine sinnvolle kommunale Selbstverwaltung. Dabei steht die Sorge für die hilfsbedürftigen und wirtschaftlich schwächeren Teile der Bürgerschaft im Vordergrund aller Bemühungen um das Gemeinwohl." [] Bürgermeister Willi Engels [] "Die kommunale Politik greift unmittelbar in das Leben jedes Bürgers ein. Sie muß deshalb lebensnah und auf die Wirklichkeit bezogen sein. Die Gestaltung des vaterstädtischen Lebens zum Wohle und Nutzen aller Bürger unter Berücksichtigung der Eigenständigkeit heimischen Volks- und Brauchtums sollte die vornehmste Aufgabe des Kommunalpolitikers sein." [] SPD-Forderungen für München-Gladbach [!][Mönchen-Gladbach] [] 1. Verstärkte Förderung des Wohnungsbaues [] Räumung der Bunker und Notwohnungen durch Gewährung von Darlehen im Rahmen des sozialen Wohnungsbaues, auch für finanziell schwächere Bürger. [] 2. Ausreichende und gesunde Schulräume [] zur Senkung der Klassenziffern in allen Stadtbezirken durch ein umfassendes Schul-Aufbauprogramm mit außerordentlichen Etatmitteln. [] 3. Förderung des Sportes und der Leibesübungen [] Abschnittsweiser Aufbau eines städt. Sportfeldes für alle Sportarten zur Benutzung für Schulen und Amateur-Sport-Clubs. Bau eines zweiten Hallenschwimmbades. [] 4. Anlage von Kinderspielplätzen [] um die Unfallgefahren für die Kinder in den Straßen zu beseitigen. Einrichtung von Kindergärten und Horten. [] 5. Das Niederrheinische Grenzlandtheater [] zur seelisch-geistigen Anregung und Erholung für alle Schichten der Bevölkerung. Förderung des heimischen Kulturgutes. [] 6. Großzügige soziale Betreuung und Fürsorge [] für die Hilfsbedürftigen, Bombengeschädigten, Kriegsopfer Heimatvertriebenen, Arbeitslosen und Arbeitsunfähigen durch Sicherung eines menschenwürdigen Lebens auch für die Dauer des Notstandes. [] 7. Gestaltung des städtischen Steuerwesens [] zur Deckung der Ausgaben in einer Weise, daß den Steuerpflichtigen die Zahlung auf Grund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse zugemutet werden kann. Die Existenz muß auf jeden Fall gesichert bleiben. [] 8. Förderung der heimischen Wirtschaft [] durch Vergabe von öffentlichen Aufträgen an vaterstädtische Betriebe. [] 9. Stärkste Einflußnahme beim Bau des Britischen Hauptquartiers [] um die spätere Eingliederung in das Wohngebiet der Stadt zu ermöglichen. Größte Aufmerksamkeit zur Vermeidung aller Schäden für das Leben unserer Bürger. [] 10. Sparsamkeit, Sauberkeit und demokratische Gesinnung [] in der Verwaltung unserer Heimatstadt. [] SPD-Kandidaten stellen sich vor: [] Hans Brandenburg [] "Die junge Generation hat in den Kriegsjahren unendliche Opfer bringen müssen. Sie hat deshalb nicht nur das Recht, teilzunehmen an der Gestaltung desöffentlichen Lebens, sondern es ist vor allem die Aufgabe der Politiker, das Recht der Jugend auf ein frohes und menschenwürdiges Leben zu verwirklichen. Die Sorge für die aufwachsende Generation ist eine verpflichtende Aufgabe." [] Willi Burbach [] "Man muß auch in der Kommunalpolitik immer daran denken, daß sehr viele Menschen Not leiden. Ihnen muß die Gemeinschaft helfen, mit dem harten Leben fertig zu werden. Ich verspreche, mich ganz besonders für die schaffenden Menschen unserer Heimatstadt einzusetzen und mich ihrer Sorgen und Nöte anzunehmen." [] Heinz Rieken [] "Niemand wird bestreiten wollen, daß das Leben eines Gemeinwesens abhängt von den fleißigen Händen und findigen Köpfen seiner Bürger, die im Produktionsprozeß stehen. Sie haben auch das Bild M.-Gladbachs geprägt. Jede Kommunalpolitik kann nur dann fruchtbar sein, wenn sie auf das Wohl der Gesamtbürgerschaft ausgerichtet ist." [] Fritz Rütten [] "Arbeit in der kommunalen Selbstverwaltung ist keine Sache der Repräsentation, sondern aufopfernde Arbeit für die Gesamtheit. Dabei muß man an jene denken, die im Kriege ihre Gesundheit geopfert haben, an die Kriegsversehrten. Die Aufgabe, ihnen ihr Schicksal zu erleichtern, darf auf dem Rathaus nicht vergessen werden!" [] Dr. Karl Brüning [] "Die geistige Elite unseres Volkes darf sich der großen politischen Aufgaben unserer Zeit nicht entziehen. Auch im Interesse ihres eigenen Schicksals muß die Intelligenz bei der Lösung mitarbeiten. Dabei ist ihr Platz an der Seite der Armen und Bedrängten, der sozial Benachteiligten und der wirtschaftlich Schwachen." [] Johannes Jansen [] "Es ist eine alte Tatsache, daß die Existenz des Mittelstandes von der sozialen Lage der arbeitenden Menschen abhängig ist. Mit ihrer Verbesserung dient man zugleich dem selbständigen Handwerker, Gewerbetreibenden und Geschäftsmann. Es ist notwendig, auf dem Rathaus für Sauberkeit und Sparsamkeit im öffentlichen Leben zu sorgen." [] Erich Ollenhauer [] der erste Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und Nachfolger Dr. Kurt Schumachers [] spricht am 7. NOVEMBER 1952 [] zu den M.-Gladbacher und Rheydter Bürgern. Die Kundgebung findet in der großen Aula der Textilingenieurschule, M.-Gladbach Webschulstr. statt. Beginn: 19.00 Uhr. [] Versäumen Sie nicht, den ersten Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei zu den Problemen des Tages zu hören. Seine Stimme ist die Stimme des neuen Deutschlands in einer freien Welt. [] Dr. Schumacher mahnt: Wählt Sozialdemokraten! [] SO WÄHLT MAN SPD [] Unsere Kandidaten: [] Wahlbezirk 1: Gerhard Stroucken [] Wahlbezirk 2: Dr. Karl Brüning [] Wahlbezirk 3: Friedrich Pöhler [] Wahlbezirk 4: Fritz Rütten [] Wahlbezirk 5: Heinz Pöhler [] Wahlbezirk 6: Georg Rühm [] Wahlbezirk 7: Johannes Jansen [] Wahlbezirk 8: Peter Jansen [] Wahlbezirk 9: Leo Jansen [] Wahlbezirk 10: Martin Körfer [] Wahlbezirk 11: Heinrich Siebenborn [] Wahlbezirk 12: Wilhelm Backes [] Wahlbezirk 13: Heinz Rieken [] Wahlbezirk 14: Oskar Siewert [] Wahlbezirk 15: Willi Engels [] Wahlbezirk 16: Willi Burbach [] Wahlbezirk 17: Peter Berg [] Wahlbezirk 18: Robert Rißdorf [] Wahlbezirk 19: Hans Brandenburg [] Wahlbezirk 20: Heinrich Poos [] Wahlbezirk 21: Josef Büschgens [] Herausgeber. SPD M.-Gladbach - Verantwortlich: Heinz Pöhler - Druck: Papierwerk Schäfer
Published:09.11.1952