Liebe Rentner! . Sie beklagen sich über die schlechte Lösung der Rentenfrage durch den Bundestag

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; DEUTSCHER BUNDESTAG [] BONN, im Juli 1953 [] Abgeordneter Erich Ollenhauer [] Liebe Rentner! [] Sie beklagen sich über die schlechte Lösung der Rentenfrage durch den Bundestag. Ich teile Ihre berechtigte Kritik. [] Sicher interessiert es Sie,...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Ollenhauer, Erich
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 06.09.1953
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/63D1F8D6-7443-4D94-9885-3A5B09F8C11E
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; DEUTSCHER BUNDESTAG [] BONN, im Juli 1953 [] Abgeordneter Erich Ollenhauer [] Liebe Rentner! [] Sie beklagen sich über die schlechte Lösung der Rentenfrage durch den Bundestag. Ich teile Ihre berechtigte Kritik. [] Sicher interessiert es Sie, wenn ich Ihnen kurz den Weg schildere, der zu dieser völlig unzulänglichen Erhöhung der Renten geführt hat. [] Die Sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat bereits Anfang Oktober 1952 im Bundestag eine Rentenerhöhung beantragt, und zwar [] DM 15.00 für Rentenempfänger [] DM 12.00 für Empfänger von Witwer- und Witwenrenten [] DM 6.00 für Empfänger von Waisenrenten. [] Darüber hinaus hat die Sozialdemokratische Bundestagsfraktion eine Winterbeihilfe für alle Unterstützungsempfänger und Rentner in Höhe von DM 50.00 und je weiteren Familienangehörigen in Höhe von DM 15.00 beantragt. [] Diese beiden sozialdemokratischen Anträge auf Erhöhung der Renten und auf Bewilligung der Winterbeihilfe wurden vor den Regierungsparteien (CDU/CSU, FDP und DP) abgelehnt. [] Wir haben uns aber mit der Ablehnung unserer Anträge nicht abgefunden, sondern den Regierungsparteien erklärt, dass wir Mittel und Wege finden würden, um der Bevölkerung vor Augen zu führen, von welchen reaktionären und unsozialen Kräften sie regiert wird. [] Diese Drohung und der heranrückende Wahltermin hat die Regierungsparteien dann zum teilweisen Nachgeben veranlasst. Sie bewilligten die Winterbeihilfe in den Fällen, in denen das Einkommen nicht 10% über dem Fürsorgesatz liegt; und sie erkannten die Notwendigkeit einer Rentenerhöhung an. [] Die Regierungsparteien stimmten jedoch nicht der von der Sozialdemokratischen Bundestagsfraktion geforderten Höhe zu, sondern sie waren nur bereit, eine Erhöhung von [] DM 5.00 für Rentenempfänger [] DM 4.00 für Empfänger von Witwer- und Witwenrenten [] DM 2.00 für Empfänger von Waisenrenten [] zu gewähren. Eine solche Erhöhung hielten und halten wir für völlig unzureichend. Wir machten daher einen Vermittlungsvorschlag, der eine Erhöhung von. [] DM 10.00 für Rentenempfänger [] DM 8.00 für Empfänger von Witwer- und Witwenrenten [] DM 4.00 für Empfänger von Waisenrenten [] vorsah. Auch dieser Vermittlungsvorschlag wurde von den Regierungsparteien niedergestimmt. Im Gesetz wurden dann die niedrigen Sätze des Vorschlages der Regierungsparteien beschlossen. Die Sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat diesem Gesetz nur zugestimmt, um überhaupt erst einmal zu einer Rentenerhöhung zu kommen, sie hat jedoch im Parlament die Erklärung abgegeben, dass sie das Gesetz für völlig unzureichend halte. [] Trotz des Beschlusses im Parlament kamen dann die Rentner zu Weihnachten noch nicht in den Genuss dieser geringfügigen Erhöhung, da der Bundesfinanzminister SCHÄFFER (CDU/CSU) erklärte, dass für diese Beträge keine Deckung vorhanden sei. Darauf hat die Sozialdemokratische Bundestagsfraktion einen Brief an den Bundeskanzler geschrieben, in dem sie diese unmögliche Haltung der Regierung kritisierte und verlangte, dass die Regierung unverzüglich dem Beschluss des Parlaments nachkomme. [] Dieser Brief veranlasste die Bundesregierung, sich erneut damit zu beschäftigen, Sie beschloss dann auf Grund des sozialdemokratischen Vorstosses die vom Parlament verabschiedete Erhöhung der Renten auszuzahlen. [] Der Bundesfinanzminister Schäffer fügte jedoch hinzu, dass er unter diesen Umständen keine Subventionen mehr für das Konsumbrot zahlen könne. Diese Entscheidung halten wir für eine Herausforderung der wirtschaftlich schwächsten Kreise unseres Volkes. Sie bedeutet, dass der geringe Betrag, den die Rentner durch die Erhöhung mehr bekommen, fast völlig für verteuertes Brot wieder ausgegeben werden muss. Die Sozialdemokratische Bundestagsfraktion wird alle Anstrengungen machen, um diese unsoziale Massnahme der Regierung zu verhindern. [] Wir Sozialdemokraten bemühen uns, wie Sie an diesem Beispiel sehen, dort zu helfen, wo die Not am grössten ist. Aber: In diesem Bundestag sind wir Sozialdemokraten noch eine Minderheit (130 von 401 Abgeordneten). Die Regierungsparteien (CDU/CSU, FDP und DP) haben die Mehrheit. [] Noch in diesem Jahre sind Neuwahlen - dann hängt es ganz allein von uns allen ab, auch von Ihnen, liebe Rentner, wie die künftige Mehrheit im Bundestag aussehen wird. [] Wir werden in Deutschland zu einer besseren, wirklich sozialen Ordnung kommen, wenn beim kommenden Wahltag die fortschrittlichen Kandidaten (und das sind vor allem die Sozialdemokraten) von Ihnen, wie von allen fortschrittlichen Wählerinnen und Wähler, ins künftige Parlament entsandt werden. [] Mit bestem Gruss [] Ihr [] (Erich Ollenhauer) [] Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands.
Published:06.09.1953