Volks Gericht; Um Höchstes geht es!

Bemerkungen: Blätter zur Reichstagswahl 1930<NZ>[] = Absatzmarken im Volltext des Originals; [?] = vermutete Leseart; [!] = sic! Volks Gericht [] Blätter zur Reichstagswahl 1930 [] Um Höchstes geht es! [] Am 14. September soll ein neuer Reichstag gewählt werden. Der muß ein ganz andere...

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Bibliographic Details
Main Authors: Meitmann, Karl, Hamburger Buchdruckerei und Verlagsanstalt Auer & Co., Hamburg
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 14.09.1930
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/8D64B92D-0320-4D6F-B427-338ADD74C294
Description
Summary:Bemerkungen: Blätter zur Reichstagswahl 1930<NZ>[] = Absatzmarken im Volltext des Originals; [?] = vermutete Leseart; [!] = sic! Volks Gericht [] Blätter zur Reichstagswahl 1930 [] Um Höchstes geht es! [] Am 14. September soll ein neuer Reichstag gewählt werden. Der muß ein ganz anderes Gesicht tragen als der aufgelöste, denn viel steht auf dem Spiel. [] "Dem Deutschen Volke!" lautet die Inschrift am Hauptportal des Reichstagsgebäudes. Dem Volke! Nicht dem Kapital sollen Reichstag und Reichsregierung dienen, nicht den Kapitalisten mit ihrer wilden Gier nach stetig steigendem Profit. Nur dem Volke, ganz und gar dem Millionenvolk der werteschaffenden Arbeit. [] Noch ist es nicht so. Die bürgerliche Reichstags-Mehrheit und ihre Brüning-Regierung haben sich noch soeben angemaßt, das Lebensrecht des Volkes und die Volksvertretung selbst zu mißachten. Ihr Regiment bedeutete Erschwerung statt Erleichterung des Daseins der Massen. Gewiß, auch das Reich will existieren, es soll sogar, es muß leben! Niemand hat dafür mehr Verständnis als wir Anhänger einer starken deutschen Einheitsrepublik. Aber bei der Aufbringung der für die Existenz des Reiches notwendigen Mittel dürfen [] nicht die Besitzenden fort und fort geschont, die Nichtbesitzenden hingegen immer rücksichtsloser belastet werden. [] Das aber hat die Regierung Brüning getan. Sie schlug obendrein den vom Kapital gewollten sozialreaktionären Kurs ein. Sie begann mit dem Abbau der sozialen Leistungen, und sie schaltete schließlich den Reichstag überhaupt aus, um bedenkenlos mit dem Diktaturparagraphen zu walten. [] Genug dieses Regiments! [] Volksgenossen! Den Verrat am demokratischen Parlamentarismus dürft Ihr Euch nicht gefallen lassen, denn er ist der Anfang vom Ende der Verfassungsbestimmung, daß die Macht im Staate vom Volke ausgehen soll. [] Schon hat die bayrische Regierung das schlechte Beispiel der Reichsregierung nachgeahmt und auf Grund des Diktaturparagraphen der bayrischen Staatsverfassung eine vom Landtag abgelehnte volksfeindliche Landessteuer verordnet. In Berlin pfeift ein Zentrumskanzler, in München ein gesinnungsverwandter Ministerpräsident (Bayrische Volkspartei) auf das Gesetzgebungsrecht des Parlaments. [] Wohin treiben wir? [] Schon spitzen die Nazi-"Sozialisten" die Ohren. Mit Recht wittern sie in dem, was die Regierung Brüning dem Volke zu bieten wagt, den ersten Schritt zur Dauerdiktatur, aber nicht ausgeübt unter Führung eines Irrwege wandelnden Zentrumskanzlers, sondern brutal gehandhabt von den skrupellosen Mannen Hitlers, der seine Stunde nahe wähnt. [] Den Anfängen wehret! [] Errichtet sofort ein weithin sichtbares Haltesignal! Aber anders, als der "Volks"parteiler Scholz es errichtet sehen wollte. Macht die Spekulation des Kapitals und seiner "sozialistisch" maskierten gelben Hilfstruppen in den braunen Hitlerhemden zuschanden. Ihr könnt es. [] Wenn Ihr einig seid und am 14. September allesamt Liste 1 wählt, dann dauert der Spuk der "Achtundvierziger" nur einige Wochen. Dann ist mit dem Zusammentritt des neuen Reichstages der Traum vom "Dritten Reich" ausgeträumt. [] Volk, Hab acht! Stark bist Du an Kraft, wenn ein Wille die Massen beseelt. Das wissen die Nazis, und das wissen auch die andern Verfechter der Kapitalistischen "Ordnung". Alle fürchten sie einen neuen Erfolg der Sozialdemokratie, die seit zwei Menschenaltern das arbeitende Volk vorwärts geführt hat, aufwärts von Stufe zu Stufe. Alle schreien deshalb, die Sozialdemokratie habe das Volk verraten. Lüge, nichts als ohnmächtige Lüge! [] Wahrheit ist: [] Im Mai 1928 folgten mehr als neun Millionen Wähler und Wählerinnen dem Rufe, sozialdemokratisch zu wählen. Nie hat eine andere Partei auch nur annähernd so große Wählermassen mobilisiert. Es rückten 152 Sozialdemokraten in den Reichstag. 152! Eine imposante Zahl. Aber den 152 Sozialdemokraten standen mehr als 280 bürgerliche Abgeordnete gegenüber, und es saßen [] im Reichstag auch noch 53 Kommunisten. Die schwächten den Einfluß der Sozialdemokratie, die verhinderten, wie die kapitalistische "Deutsche Allgemeine Zeitung" feststellte, "daß die Sozialdemokratie übermächtig wird", sie wirkten als "Pfahl im Fleische der Sozialdemokratie". [] So kam es zum Bürgerblock-Kabinett Brüning, zu den neuen Massensteuern und Zöllen, zur Herrschaft des Diktaturparagraphen. So kam es, daß in der Republik des Volkes Wille noch nicht oberstes Gesetz werden konnte. [] Abgerechnet mit allen Schuldigen! die Gelegenheit ist gekommen. Aufgeräumt im Reichstagsgebäude! Zugepackt und nachgefaßt, wählt noch mehr Sozialdemokraten! [] Raus aus dem Haus des Volkes mit den "Herren der Wirtschaft", den Fürsten der Industrie, der Banken, der Börse, des Handels und des Großgrundbesitzes! Raus aber auch mit ihren nach oben nickenden und nach unten pickenden Trabanten! Und raus auch mit den kommunistischen Organisationszersplitterern! [] Hinein in den Reichstag noch viel mehr Sozialdemokraten! Dann, nur dann, Volk der Arbeit, bist Du gut beraten. [] Wählt Liste 1 [] Die Sozialdemokratie forderte: [] Senkung der militärischen Ausgaben. [] Senkung der hohen Pensionen. [] Die Sanierungsvorschläge der Sozialdemokratie [] Es ist nicht wahr... [] daß die Regierung Brüning zur Anwendung des Diktaturparagraphen greifen mußte, weil es einen anderen Ausweg aus den finanziellen Schwierigkeilen des Reiches nicht gegeben hätte. [] Die Wahrheit wird direkt auf den Kopf gestellt, wenn man sich die Unterstellung erdreistet, die Sozialdemokratie habe sich den Staatsnotwendigkeiten versagt, so daß deshalb zum Artikel 48 gegriffen werden mußte. [] Wahrheit ist: [] In den Reichstagsausschüssen und im Plenum des Parlaments hat die Sozialdemokratie sich auf den Standpunkt gestellt, daß dem Reiche die zur Ueberwindung der Finanznot und zur Aufrechterhaltung der sozialpolitischen Leistungen notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen. Obwohl in der Opposition, hat es die Sozialdemokratie als ihre Pflicht betrachtet, geeignete Wege zur Beseitigung der finanziellen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu weisen. [] Die sozialdemokratischen Sanierungsvorschläge [] halten jeder Kritik stand. Die Sozialdemokratie hat verlangt: [] 1. Sparsamkeit am rechten Platze, vor allem erhebliche Senkung der Ausgaben für militärische Zwecke und für den auswärtigen Dienst, Senkung der hohen Gehälter und Pensionen sowie aller anderen Ausgaben, die mit dem Ernst der Wirtschafts- und Finanzlage nicht im Einklang stehen. [] 2. Schaffung neuer Einnahmen durch Heranziehung der leistungsfähigen Volksschichten. Dergestalt, daß ein Zuschlag von 10 Prozent zur Einkommensteuer auf die höheren Einkommen, etwa von 8000 M. an, erhoben wird. [] 3. Eventuell auch Sonderheranziehung derjenigen Volksschichten, die der Gefahr der Arbeitslosigkeit nicht ausgesetzt sind. Freilassung der kleinen Einkommen und soziale Staffelung dieser Notabgabe. [] 4. Vermeidung des Zusammenbruchs der Gemeindefinanzen durch Schaffung einer Schankstättenverzehrsteuer nach Wiener Muster, also gestaffelt nach der Ausstattung der Gaststätten, so daß diejenigen, die in diesen Zeiten bitterster Not ihre Tage und Nächte noch in Luxuslokalen aller Art verbringen können, in erster Linie zur Sanierung der Gemeindefinanzen herangezogen würden. [] 5. Keine Antastung der sozialen Verpflichtungen des Reiches, insbesondere keine Herabsetzung der Leistungen für die Arbeitslosen, kein Lohnabbau, sondern allgemeiner Preisabbau. [] Das waren die sozialdemokratischen Sanierungsvorschläge. Auf dieser Grundlage könnte sich mit der Sozialdemokratie verständigen, wer bereit war, der Not der Zeit mit Maßnahmen Herr zu werden, die in jeder Beziehung sozialen Geist atmen. [] Der Zentrumskanzler Brüning hat eine solche Verständigung mit der Sozialdemokratie nicht gesucht, denn [] Brüning ist der Gefangene der Großindustrie und der nimmersatten Agrarier, [] die Brüning Schritt um Schritt weiter nach rechts führen. [] Die neue Front! [] Achtung, Jungwähler [] Man will Euch das Wahlrecht rauben! [] Die Wirtschaftspartei brachte im aufgelösten Reichstag folgenden noch nicht beratenen Antrag ein: [] Der Artikel 22 der Reichsverfassung erhält folgende Fassung [] Artikel 22. [] Die Abgeordneten werden in allgemeiner, gleicher, unmittelbarer und geheimer Wahl von den über fünfundzwanzig Jahre alten Männern und Frauen nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Der Wahltag muß ein Sonntag oder öffentlicher Ruhetag sein. [] Das Nähere bestimmt das Reichswahlgesetz. [] Die Deutsche Volkspartei hat einen ähnlich lautenden Antrag gestellt. Auch sie will das wahlfähige Alter auf das vollendete 25. Lebensjahr hinaussetzen. [] Jungwähler! Nur eine Partei gibt es im Reichstag, die seit mehr als einem Menschenalter für das Wahlrecht des Jungvolks eingetreten ist: die Sozialdemokratie! Ihr gehört Eure Stimme! [] Soziale Aufwendungen: [] Kaiserreich: 1371,2 Millionen! [] Republik: [] 7368,5 Millionen! [] Darum geht der Kampf. [] Nach den amtlichen Berichten über die deutsche Sozialversicherung wurden für soziale Zwecke aufgebracht in den Jahren: [] [Tabelle] [] Zuschußleistungen des Reiches, der Länder und Gemeinden [] [Tabelle] [] Der gesamte Sozialaufwand des Kaiserreichs betrug (1913) 1371,3 Millionen, der Sozialanfwand der viel ärmeren Republik aber (1929) 7368,5 Millionen Mark. [] Nicht einbezogen sind in diese Summe die 2,5 Milliarden, die in der Republik jährlich für die Kriegsbeschädigten und Kriegerhinterbliebenen verausgabt werden müssen. Also sogar abgesehen von dieser Fürsorge für die Kriegsopfer überragt dank des Aufstiegs der Arbeiterschaft in die politische Macht die Sozialpolitik des verarmten republikanischen Deutschlands diejenige des wohlhabenden Kaiserreichs um ein Mehrfaches. [] Stärkt die politische Macht der Arbeiterschaft, denn jetzt geht der Kampf um die Erhaltung der Sozialpolitik. Das Brüning-Diktat war der erste Großangriff. Sorgt, daß es auch der letzte war. [] Wählt Sozialdemokraten! [] Ein Wort an die Frauen. [] Von Johanne Reitze. [] Wer von Euch kann im Zweifel sein, wie sie sich zu der bevorstehenden Reichstagswahl stellen muß? [] Welche Frau, deren Mann arbeitslos ist, weiß nicht, daß die Arbeitslosenunterstützung zu gering ist. Und doch ist sie durch die Notverordnung des Reichspräsidenten Hindenburg noch weiter verschlechtert worden. - Wenn Euer Mann, Ihr selbst, Eure Kinder erkranken, dann muß die Krankenkasse helfen. Auch diese Hilfe wird Euch durch die Notverordnung der Brüning-Regierung geschmälert. [] Zum Schaden der Invaliden oder von der Invalidität bedrohten Arbeiter ändert die Notverordnung die gesetzlichen Bestimmungen. [] Endlich belastet die Notverordnung des Reichspräsidenten Hindenburg durch Steuern die ärmeren Kreise stärker als die reichen und reichsten. In gleicher Zeit drücken die Arbeitgeber in vielen Betrieben die Löhne herab. Davon aber, daß durch billigere Warenpreise unsere Notlage gemildert werde - wie immer wieder zu hören ist - kann gar keine Rede sein. Im Gegenteil: alles geschieht, um die Preise der Lebensmittel in die Höhe zu treiben. Die Mieten steigen in vielen Fällen. Vom 1. September an haben wir auf der Eisenbahn mehr als bisher zu bezahlen. [] Weshalb diese Schädigung der Arbeiterschaft? [] Die bürgerlichen Parteien weisen auf die große Not in unserm Volke hin und wollen uns einreden, daß diese Maßnahmen unvermeidlich seien zur Beseitigung der Not. In Wahrheit wächst die Not immer mehr. Immer mehr Arbeiter werden arbeitslos. Immer schlimmer wird die Lage der Notleidenden. [] Denen, die in Not verelenden, wird die Not noch weiter verschlimmert! Die, die im Ueberfluß schwelgen, sollen noch reicher werden. Das nennen die bürgerlichen Parteien: die Not unseres Volkes bekämpfen! [] Die einzigen, die uns den Weg aus dieser rücksichtslosen Ausbeutung zugunsten der Großkapitalisten weisen, sind die Sozialdemokraten. [] Arbeiterfrauen! Wehe uns, wenn auch bei dieser Wahl wieder so viele Arbeiter und Arbeiterfrauen für die bürgerlichen Parteien stimmen. Die Mehrheit im Reichstage ist entscheidend. Wenn die bürgerlichen Parteien wieder die Mehrheit erlangen, dann setzen sie die Bedrückung der Arbeiter um so schlimmer fort. Denn jetzt haben wir erst den Anfang. [] Ebensowenig dürfen wir den Nationalsozialisten und Kommunisten folgen. Sie wollen die Diktatur, die Gewalt. Ihre Verleumdungen und Beschimpfungen, ihr Geschrei, ihre Rohheiten, ihre Schlägereien haben uns wahrlich noch nie etwas genützt und können uns auch nie und nimmer etwas nützen. [] Wir wollen kein vergewaltigtes, sondern ein freies Volk sein. [] Ihr Arbeiterfrauen, die Ihr nicht wißt, wo Ihr die Mittel für Euren Haushalt hernehmen sollt, helft am Tage der Wahl durch die Stimmabgabe für die Liste 1 mit, die Arbeiterverhältnisse zu bessern. Nur durch sozialistische Ordnung, Gesittung und Bildung, nur durch sozialistische Regelung der gemeinsamen Arbeit können wir die neue Zeit, die bessere Zeit erreichen. [] Was ist die KPD.? [] Die Hoffnung der Reaktion [] Aus der KPD.-Praxis [] 491 Abgeordnete zählte der letzte Reichstag. 152 Sozialdemokraten, 55 Kommunisten und 284 Abgeordnete bürgerlicher Parteien. Mag sein, daß es noch heute jemand gibt, der glaubt, daß bei dieser Zusammensetzung des Reichstags 207 Arbeitervertretern 294 Vertreter des Bürgertums gegenüber standen. Die Praxis hat in allen entscheidenden Fragen eine ganz andere Sprache geredet. Es ist seit langem bekannt, daß das Bürgertum seine Hoffnung vor allem auf die Kommunistische Partei setzt. [] Im Bürgertum beurteilt man die Funktion der KPD. dahin, die Sozialdemokratie, also die Front der Arbeiterschaft, zu schwächen. Die KPD. hat sich immer bemüht, diese ihr vom Bürgertum zugedachte Funktion zu erfüllen. Man lese kommunistische Flugblätter, man lese kommunistische Zeitungen, man höre Kommunistische Reden, im Vordergrunde steht immer der Kampf gegen die Sozialdemokratie und gegen die freien Gewerkschaften. [] Diese Tatsache erhält in dem jetzt vor sich gehenden Wahlkampf eine ganz andere Bedeutung. Das Bürgertum. Zwar parteipolitisch zersplittert, ist sich einig in dem Kampf gegen die Sozialdemokratie. [] Gegenüber dieser Geschlossenheit ist es eine Lebensfrage für die Arbeiterschaft, mit der gleichen Geschlossenheit aufzutreten. []Was aber erleben wir? Die KPD. ist wieder eingeschwenkt in die Kampffront des Bürgertums gegen die sozialistische Bewegung. Sie richtet ihren Kampf genau wie das Bürgertum gegen die Sozialdemokratie. [] Das ist die Sachlage, vor der die werktätige Wählerschaft steht. Daraus muß sie am 14. September die Konsequenz ziehen [?] [] KPD. für Fememörder-Befreiung [] Nicht nur im allgemeinen politischen Kampf, auch in der politischen Praxis des Reichstags hat sich wiederholt mit aller Deutlichkeit die [] arbeiterverräterische Politik der KPD. [] gezeigt. Sensationell war da der Kampf im Reichstag um die Amnestie. Auf Grund der Befreiung des Rheinlandes, die auch zu einer Amnestierung der französischerseits verurteilten Deutschen geführt hatte, sollte auch eine deutsche Amnestie erlassen werden. Die Gelegenheit dieser Amnestie wurde von den Rechtsparteien benutzt, um auch die Fememörder, die die furchtbarsten Verbrechen auf sich geladen haben, zu befreien. Die Brüning-Regierung mit dem wirtschaftsparteilichen Justizminister Bredt war willfährig, denn sie ist ja auch ein Organ der Rechtsparteien. Die Sozialdemokratie führte einen energischen Kampf gegen diese Amnestie. Auch die Kommunisten hielten in der ersten Lesung Brandreden gegen die Befreiung der Fememörder. Es ist notwendig, sich in diesem Zusammenhang der [] Rede des kommunistischen Abgeordneten Pieck [] zu erinnern. Er sagte von dem Amnestiegesetz der Brüning-Regierung: [] Dieses Gesetz ist eine Ergänzung in dem Sinne, wie sie die Deutschnationalen betreiben, nämlich eine Spezialamnestie für die Fememörder. Dieser zurückgesetzte Termin zeigt die gewollte einseitige Begrenzung dieser Amnestie eben nur auf die Fememörder und eine gewollte Ausschaltung der Amnestie für die proletarischen politischen Gefangenen. [] In derselben Rede führte der Kommunist Pieck aus, daß der Versuch der Rechtsparteien, "mildernde Umstände für die Fememörder" herauszufinden, "die ganze sittliche Entartung dieser Gesellschaft zeigt, die den Mord als eine vaterländische Pflicht entschuldigt". [] Ist das Klassenkampf? [] Großes Maul [] Schlägerei mit Dolch und Schlagring [] Amnestie für Fememörder [] Hetze gegen die SPD. [] Nein! Aber das ist der "Kampf" der KPD. Gebt ihnen die Antwort: [] Wählt Liste 1 [] Das war bei der ersten Lesung. Bis zur Schlußabstimmung hatten dann die Kommunisten mit dem Justizminister Bredt einen Pakt abgeschlossen, nach dem Anklagen wegen Vorbereitung zum Hochverrat nicht mehr nach den Voraussetzungen des alten Strafgesetzentwurfes, sondern nach dem neuen Strafgesetz erhoben werden sollen. Diese neue Strafgesetzbestimmung war von der Sozialdemokratie beantragt worden. Gegen die Zusicherung nun, daß die neue Bestimmung schon jetzt Praxis sein soll, erklärten die Kommunisten bei der Schlußabstimmung zur allgemeinen Ueberraschung, daß sie dem Amnestiegesetz, also der Befreiung der Fememörder, zustimmen. [] Obgleich der Kommunist Pieck ausgesprochen hatte, daß das Anmestiegesetz eine "gewollte Ausschallung der Amnestie für die proletarischen politischen Gefangenen" darstelle, daß es die Amnestie gewollt auf die Fememörder begrenze, erklärte jetzt der Kommunist Torgler: [] "Um einige Kommunisten zu befreien, stimmen wir dem Amnestiegesetz zu!" [] So hat also die KPD. mit dem Bürgertum die Amnestierung der Fememörder herbeiführen wollen. Diese gemeine Aktion ist glücklicherweise noch verhindert worden durch den Einspruch Preußens, Hamburgs und anderer Länder. [] Es bleibt aber geschichtliche Tatsache, daß die KPD. um einiger Scheinzusagen willen sich an die schlimmsten Feinde der Arbeiterschaft verkauft hat. [] Das wird dann als "Klassenkampf" ausgegeben! [] Kommunisten beschimpfen Arbeitslose [] In der Sitzung des Sächsischen Landtags vom 23. Juli dieses Jahres spielte sich folgende Szene ab: [] Abgeordneter Siegel (KPD.): "In Moskau gibt es also überhaupt keine Arbeitslosigkeit... [!] (Zwischenruf aus den Reihen der SPD.: "Woher kommen denn dann die amtlich nachgewiesenen drei Millionen Erwerbslose?") Abgeordneter Siegel fortfahrend: "Das sind geborene Faulenzer! [!] (Stürmischer Protest der Sozialdemokraten). [] So ging ein KPD.-Abgeordneter, der in Deutschland demagogisch die Erwerbslosen vor die Karabiner der Polizei jagen möchte, mit einer verächtichen [!] Bewegung und Beschimpfung über drei Millionen russischer Proletarier hinweg, deren Los noch schlimmer ist als das ihrer erwerbslosen Klassenbrüder in Deutschland, weil in Rußland die Arbeitslosenunterstützung unter aller Kritik ist. [] Es geht um Eure Existenz! [] Von Peter Graßmann [] Spitzenkandidat der Hamburger Sozialdemokratie [] Nie war die politische und wirtschaftliche Situation ernster als in der Gegenwart. Der Wahl vom 14. September kommt darum eine außerordentlich große Bedeutung zu. Am 14. September wird über das Schicksal der deutschen Arbeitnehmerschaft entschieden. Der Kampf, der darum in den nächsten Wochen geführt werden muß, ist nicht nur eine Angelegenheit der politischen Arbeiterbewegung. [] Freie Gewerkschaften und Sozialdemokratie stehen in geschlossener Front. [] Freie Gewerkschafter und Sozialdemokraten haben in diesem Kampf alle Kräfte anzuspannen, um die Morgenluft witternde Sozialreaktion mit ihren nationalsozialistischen Bundesgenossen und die kommunistischen Steigbügelhalter zu schlagen. [] Um was geht es? [] Nicht nur um die Demokratie, obgleich sie die unerläßliche Grundlage des sozialen Aufstiegs der Arbeiter, Angestellten und Beamtenschaft ist. [] Nicht nur um den Parlamentarismus, obgleich er die einzige Form ist, in der das Volk die Staatsgewalt ausüben kann. [] Nicht nur um die Sozialpolitik, um Arbeitslosenversicherung, Krankenversicherung, um Altersrente und den Schutz der Werktätigen, obgleich sie eine wichtige Existenzgrundlage des Arbeitnehmers ist. [] Gegen Demokratie, gegen Parlamentarismus, gegen Sozialpolitik wird jetzt das Bürgertum mobilisiert, kämpft auch der Nationalsozialismus. [] Da geht es im letzten Grunde um die nackte Existenz der Arbeitnehmerschaft. [] Deutlich hat sich in den politischen und gewerkschaftlichen Kämpfen der letzten Monate gezeigt, daß hinter dem Kampf um die Lastenverteilung, der seit der Annahme des Youngplanes besonders scharf geführt werden mußte, der Kampf gegen Lohn und Gehalt der Arbeitnehmer steht. Der Oeynhausener Schiedsspruch des Zentrumsmannes Stegerwald, Scharfmacherreden aus dem Lager der Schwerindustrie und der Großagrarier waren weithin vernehmliche Signale. Das Unternehmertum will nicht nur eine Steigerung seines Profits durch Senkung der Besitzsteuern, es sollen auch noch Löhne und Gehälter, die für viele Arbeitnehmer nicht einmal das Existenzminimum erreichen, gesenkt werden. [] Der Kurs der Brüning-Regierung war ein volles Entgegenkommen an diese Interessenpolitik des Unternehmertums, die den wachsenden Einfluß der Arbeitnehmerschaft und ihren wirtschaftlichen Aufstieg zertrümmern will. [] Nie hat sich deutlicher gezeigt als jetzt, daß Lohn und Gehalt des Arbeilnehmers, daß die Preise für die Lebensmittel abhängig sind von der politischen Machtverteilung im Reiche. [] Darum muß in diesen Kampfwochen allen Arbeitnehmern bewußt werden, daß der Kampf um ihre nackte Existenz und der Kamps um den Aufstieg nur dann erfolgreich geführt werden kann, wenn der Sozialreaktion, wenn der Brüning-Regierung die politischen Machtmittel aus der Hand gerissen werden. Das ist die Aufgabe des 14. September. Die Aufgabe ist nur dann gelöst, wenn freie Gewerkschafter und Sozialdemokraten die Zeit bis zum Wahltag zur Werbung für die einzige Arbeitnehmerpartei, für die Sozialdemokratie nutzen. [] Veranstaltungen der SPD. in der Zeit vom 25. bis 31. August [] Im Stadtgebiet: [] Montag, 25. August, 20 Uhr: Hamm, Fackelzug. Tressen: 20 Uhr Löschplatz Süderstraße. [] Mittwoch, 27. August, 20 Uhr: Eppendorf-Winterhude, öffentliche Frauenversammlung bei Bonso, Falkenried 1. Rednerin: Julie Stubbe. [] Mittwoch, 27. August, 20 Uhr: Langenhorn, öffentliche Wählerversammlung bei Wels, Langenhorner Chaussee 166. Vorführung des Films "Zwei Welten". Redner: Ad. Biedermann. [] Mittwoch, 27. August, 20 Uhr: Horn, Fackelzug. Treffen: 20 Uhr Horner Weg, Hohle Könne. [] Sonnabend, 30. August, 20 Uhr: Finkenwärder, öffentliche Wählerversammlung bei Struß, Anedeich 96. Redner: Ad. Biedermann. [] Sonntag, 31. August 10 Uhr: St. Georg-Süs, Vorführung des Films "Zwei Welten" und der Wahlrevue "Der kranke Michel" im Musiksaal des Gewerkschaftshauses. [] Sonntag, 31. August: Eimsbüttel, Platz-Konzerte: 10 Uhr an der Methfesselstraße und Rellinger Straße, Ecke Faberstraße: 11 Uhr Eidelstedterweg-Telemannstraße und Webers Park: 12 Uhr Bei der Apostel-Kirche u. Spielplatz Liliencronstraße. [] Sonntag, 31. August: Veddel, Platzkonzerte. [] Im Landgebiet: [] Donnerstag, 28. August, 20 Uhr: Volksdorf, bei Richter, Mellenbergweg. Rednerin: Johanne Reitze. [] Freitag, 29. August, 20 Uhr: Berne, öffentliche Frauenversammlung im Volks-Haus. Vorführung des Films "Zwei Welten". Rednerin: Hedwig Günther. [] Sonntag, 31. August, Ochsenwärder, 15 Uhr bei Bauersachs. Redner: Ad. Biedermann. 19 Uhr bei Kaul. Redner: Ad. Biedermann. [] Sonntag, 31.August, Kirchwärder, 15.30 Uhr bei Meyer, Seefeld. Rednerin: Johanne Reitze. 19.30 Uhr bei Cl. Timmann. Bei der Kirche. Rednerin: Johanne Reitze. [] Das [] sind [] sie! [] unsere Hauptgegner [] im Wahlkampf - - [] Von ihnen kann nicht erwartet werden, [] daß sie das "Hamburfer Echo" lesen, [] wohl aber von jedem klassenbewußten Arbeiter! [] Sind Deine Kollegen schon Leser der [] "Hamburger Echo?" [!] 2. große Wahlkundgebung [] am Donnerstag, 28. August, 20.30 Uhr, auf dem Lübeckertorfeld. [] Es sprechen: Reichskanzler a. D. Hermann Müller, Bürgermeister Rudolf Roß und der Hamburger Reichstagskandidat Ad. Biedermann. [] Die Reden werden durch Lautsprecherübertragen. [] Ganz Hamburg marschiert auf! [] Aufstellung der Demonstrationszüge: [] 19.15 Uhr: Grüner Deich für Altstadt, St. Georg-Süd. [] 19.15 Uhr: In den Anlagen der Sternschanze für Neustadt, St. Pauli und Eimsbütlel. [] 19.00 Uhr: Eppendorfer Landstraße, bei der Friedenseiche, für Eppendorf-Winterhude (Uhlenhorst schließt sich beim Goldbeckplatz an). [] 19.30 Uhr: Marktplatz Barmbeck für Barmbeck, Fuhlsbütlel und Langenhorn (Eilbeck schließt sich Wagnerstraße an). [] 19.30 Uhr: Borstelmannsweg, Ecke Süderstraße, für Hamm-Horn-Borgfelde. [] 19.15 Uhr: Marckmannstraße für Rothenburgsort. [] 19.00 Uhr: Bahnhof Veddel für Veddel. [] Die Sozialdemokratie ruft! [] Herausgeber und verantwortlich: Karl Meitmann, Hamburg - Druck: Hamburger Buchdruckerei und Verlagsanstalt Auer & Co., Hamburg 36.
Published:14.09.1930