Im Boden ruht das Leben

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Signatur der Graphik: Anton Hoffmann / Muenchen / 18 Im Boden ruht das Leben [] Etwas zum Nachdenken will ich Euch jetzt erzählen. Nicht das, warum man kämpft von Partei zu Partei, nicht das, was der unmittelbare Anlaß von unzähligen einzelne...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: N.N., Graphische Kunstanstalt Jos. C. Huber, Diessen vor München
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 18.03.1918
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/EF64A000-195C-490B-B35E-E08780A2FA00
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Signatur der Graphik: Anton Hoffmann / Muenchen / 18 Im Boden ruht das Leben [] Etwas zum Nachdenken will ich Euch jetzt erzählen. Nicht das, warum man kämpft von Partei zu Partei, nicht das, was der unmittelbare Anlaß von unzähligen einzelnen Wünschen, Anträgen und Streiten ist, kann unseren Blick für Gegenwart und Zukunft schärfen, denn es scheint, daß von dem, was Tagesstreit ist, wir reichlich genug hören. Aber unter der Masse des Stoffes gelingt es nur selten, die eigentlichen Grundgedanken und -Gesetze herauszufinden. Man sieht und merkt, daß alles mögliche im Fluß ist, eine nie endende Unruhe. [] Aber diese Unruhe, die nie enden will, ist nicht das von dem wir erlöst werden sollen. Jedes Zeitalter hat seine Sorgen. Wenn einer denkt, es gebe ein Zeitalter ohne politische und wirtschaftliche Sorgen, so kennt er die Geschichte nicht. Er mag sich dann entweder in das verlorene oder in das gehoffte Paradies versenken. Das wirkliche Paradies liegt nur im Schatten der Schwerter. [] Die Wirklichkeit war stets ein Durcheinander von Kampf und Sorge, von Niederlage und Auferstehung. Und darum, wenn wir heute große Sorge haben, so steht uns das nicht schlechter als irgend einem vergangenen Geschlecht. [] Und nun bedenkt einmal folgendes: Was heißt denn eigentlich das Wort: "Rohstoffpolitik"? Dieses Wort ist nicht in Deutschland erfunden worden und klingt immer häufiger an unser Ohr, je mehr der unmittelbare Kriegszustand sich der Übergangswirtschaft nähert. Damit wird der Augenblick näher gerückt, der die Belastungsprobe für jenes raffiniert-künstlerische Gebäude der anglo-sächsischen Rohstoffkontrolle bringen muß. [] Die monopolartigen Bestrebungen haben immer weiteren Umfang angenommen. Die kanadische und englische Regierung suchen die Nickelversorgungen zusammen mit den französischen Gruppen in Neukaledonien in eine Hand zu vereinigen. In England hat man ein Monopol für Fischöle und ebenso für Kopra und Palmkerne vorgeschlagen. Der gesamte Gewinn von Wolle in Australien, Südafrika und neuerdings von Brasilien ist von England angekauft worden; ähnliche Bestrebungen seitens Englands und Amerikas sind in Argentinien im Gange. Die Binnerzeugung Boliviens kommt immer mehr unter den Einfluß der Nordamerikaner. [] Im Gegensatz zu uns verfolgt die englische Regierung und die englische Nation den wirtschaftlichen Kampf mit derselben Zielbewußtheit, mit der sie in wenigen Jahren - allerdings vergeblich - ein Millionenheer gegen uns geworfen hat. [] Militärisch ward der Krieg für England schon eine Niederlage. [] Nr. 4. Druck und Verlag der Graph. Kunstanstalt Jos. C. Huber, Diessen vor München (Gesetzl. geschützt.) [] Aber wird dieser Krieg für England und Amerika [] auch eine wirtschaftliche Niederlage werden? [] Die Vereinigten Staaten rechnen mit unserem Baumwoll- und Kupferbedarf, England rechnet mit unserem Kautschukhunger, mit unserem Hunger nach Ölsaaten, Holz, Häuten etc. [] Sie haben bisher umsonst damit gerechnet, weil wir durch unsere Waffengewalt so viel Getreideböden und Bodenschätze dazu erobert haben, als wir notwendig hatten, um den Verlust an ausländischer Einfuhr auszugleichen. [] Vor dem Kriege lagen unsere Acker teilweise am La Plata (d. h. am Silberfluß in Argentinien), weideten unsere Schafe in Australien, suchten wir ungenutzte Rohstoffe überall in der Welt. Als diese fremden Böden uns abgeschnitten waren, fingen wir erst wieder an zu begreifen, was es heißt: eigenes Land. [] Die Rohstoffpolitik unserer Gegner geht darauf aus, die Bodenschätze aller Länder in den Besitz der Börsen von London und New York zu bringen. Es ist ein gewaltiges Spekulationsmanöver. Das deutsche Volk wäre vernichtet, wenn es nicht zu den eigenen Bodenschätzen während des Krieges die von Nordfrankreich, Belgien, Rußland, Serbien und von Rumänien dazu gewonnen hätte. [] Wir haben unsere Schlachten nur gewonnen, weil wir in der Materialbeschaffung vom Ausland unabhängig blieben. [] Darin liegt die Bedeutung der deutschen Schwerindustrie für den deutschen Sieg. Alle Industrie und damit die in ihr beschäftigte Arbeiterschaft ist nur bodenständig und vom Ausland unabhängig, wenn sie über eigene Bodenschätze verfügt. Es ist geradezu eine Lebensbedingung des deutschen Volkes, vor allen Dingen des industriellen Teils der deutschen Bevölkerung, daß wir genügend Bodenschätze haben, die vom Ausland unabhängig sind. Sowohl Kohlen, wie Erzgruben, wie Getreideböden. Heute noch besteht die Absicht des Wirtschaftskrieges und [] darum wäre es eine Torheit des deutschen Volkes, wenn es nur eine Hand breit hinter die Grenzen zurückweichen würde, die es mit seinen Schützengraben gezogen hat. [] Mit Recht wird in einer Denkschrift des Sozialdemokratischen Parteivorstandes Deutschlands folgendes ausgeführt: [] "Wer nicht die ganze Kriegszeit verschlafen hat, der kann über die Absicht der feindlichen Regierungen nicht mehr im Zweifel sein. Nach dem Hohn, mit dem man von drüben das deutsche Friedensangebot beantwortet hat, nach der Veröffentlichung des ganzen Annexionsprogrammes der Entente bedarf es keines Wortes mehr darüber. Das deutsche Volk kämpft in der Tat nur um sein Recht, seinen 70 Millionen auch künftig im eigenen Lande Nahrung bieten zu können. Und diese Millionen sind nicht nur Kommerzienräte, Großindustrielle und Großbauern, ihre Masse bildet das werktätige Volk in Industrie und Werkstatt, in Gruben, auf dem Bauplatz und auf dem Acker. Um deren Zukunft wird heute ebenso wie um die Gewinne des Großkapitals gekämpft." [] Nicht um den törichten Streit zwischen Antiannexionisten und Annexionisten handelt es sich, nicht um Verzichtfrieden, nicht um Verständnisfrieden, sondern um die [] nackte Lebensnotwendigkeit des deutschen Volkes. [] Im Osten haben wir gesiegt. Den Sieg im Westen bringt das Jahr 1918. Er bringt zugleich die Freiheit der Welt von amerikan-britischer Gewaltherrschaft. [] Darum ist die 8. deutsche Kriegsanleihe [] die große Freiheitsanleihe [] der Menschheit überhaupt.
Published:18.03.1918