Liebe junge Wählerin! Lieber junger Wähler! . Mit der Erreichung Ihres wahlberechtigten Alters sind Sie nun ein vollberechtigter Staatsbürger

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; DEUTSCHER BUNDESTAG [] Abgeordneter Karl Meitmann [] Hamburg 20, Ende August 1953 [] Heymannstraße 6 III. [] Liebe junge Wählerin! Lieber junger Wähler! [] Mit der Erreichung Ihres wahlberechtigten Alters sind Sie nun ein vollberechtigter St...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Meitmann, Karl
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 06.09.1953
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/4E562976-D322-4B39-9653-5BDEEC75B6E5
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; DEUTSCHER BUNDESTAG [] Abgeordneter Karl Meitmann [] Hamburg 20, Ende August 1953 [] Heymannstraße 6 III. [] Liebe junge Wählerin! Lieber junger Wähler! [] Mit der Erreichung Ihres wahlberechtigten Alters sind Sie nun ein vollberechtigter Staatsbürger. Sie haben das Recht, mitzubestimmen bei der Wahl und Entsendung von Volksvertretern in den Deutschen Bundestag. Sie dürfen am 6. September wählen! Als Abgeordneter Ihres Wahlkreises zum ersten Deutschen Bundestag gratuliere ich Ihnen dazu von ganzem Herzen! [] "Wieso?" werden Sie vielleicht fragen. "Sie kennen mich doch gar nicht und wollen doch nur, daß ich Sie wähle und mich damit auch für Ihre Partei entscheide, die Sie als Wahlkandidat wieder aufgestellt hat." In beidem haben Sie vollkommen recht. [] Es ist der Zweck dieses Briefes an Sie, daß Sie mich und meine Partei, die Partei der sozialen Demokraten, die Sozialdemokratische Partei Deutschlands, kennenlernen, bevor Sie am 6. September Ihr Wahlrecht ausüben. Ihr Wahlrecht ist das wichtigste Staatsbürgerrecht, denn durch dieses Recht bestimmt das Volk, die Gesamtheit der Staatsbürger, die Männer und Frauen, von denen Sie regiert werden wollen, und die Gesetze, die Sie wünschen. [] Meine Meinung und die Meinung meiner Partei ist und war immer, daß weder Jugend noch Alter ein Verdienst ist, sondern einfach Lebensumstände sind. Denn: Nicht jeder ältere Mensch ist durch seine Lebenserfahrungen klug geworden, und mancher junge Mensch braucht nicht erst, wie man so oft sagen hört, "durch bittere Lebenserfahrungen" auf den Weg der Erkenntnis gestoßen zu werden, um zwischen und gut, zwischen dumm und klug entscheiden zu können. [] Ein fortschrittliches Volk, eine echte Nation braucht sowohl den angreifenden, vorwärtsdrängenden Idealismus seiner jungen Menschen wie auch die ausgleichende Erfahrung der älteren. Gerade jetzt brauchen wir Deutschen in der Führung unseres Volkes wie auch im spannungsgeladenen Leben des Einzelmenschen beides, Erfahrung und Idealismus! [] Darum ist die Sozialdemokratische Partei Deutschlands, die seit 80 Jahren besteht und in der ich 45 Jahre gewirkt habe, unverändert und zuverlässig immer für das gleiche Wahlrecht aller Staatsbürger, ob jung oder alt, ob Mann oder Frau, eingetreten! [] Und nicht nur eingetreten! - Leidenschaftlich, und darum auch mit Erfolg, hat meine Partei Jahrzehnte hindurch gegen das Klassenwahlrecht, für das allgemeine und gleiche, also für das freie Wahlrecht gekämpft! [] Die Sozialdemokraten haben zu allen Zeiten erbittert gekämpft gegen jenes Klassenwahlrecht, das die Reichen so stark begünstigte und die Armen so sehr benachteiligte, daß die Armen trotz ihrer großen Zahl niemals gleichberechtigte Staatsbürger hätten werden können, wenn die Sozialdemokraten diesen Kampf nicht gewonnenen hätten! [] Im jetzt zu Ende gehenden Bundestag, der Volksvertretung, hat die Bundesregierung und haben die meisten von jenen Abgeordneten, auf die die Bundesregierung sich stützte, erneut den Versuch gemacht, den Wählern, also auch Ihnen, das gleiche Wahlrecht zu nehmen! [] Dieser Versuch ist abgewiesen worden, weil ausnahmslos alle sozialdemokratischen Abgeordneten, also auch ich, gegen diesen beabsichtigten Wahlrechtsraub gestimmt haben. So wurde er nicht Gesetz! [] Die Sozialdemokratische Partei war es also, die der älteren Generation das freie Wahlrecht erkämpft und es der jungen Generation erhalten hat! [] Das wollte ich Ihnen vor Ihrer Stimmabgabe zur Kenntnis bringen, damit Sie wissen, liebe Wählerin und lieber Wähler, auf wen und welche Partei Sie sich als zuverlässigen und treuen Beschützer Ihres wichtigsten Staatsbürgerrechtes, Ihres Wahlrechtes, unbedingt verlassen können. [] Informieren Sie sich doch einmal noch eingehender, als es mit diesem Brief geschehen konnte, in einer meiner Wählerversammlungen über meine Tätigkeit im ersten Bundestag und über meine und die Vorhaben meiner Partei in dem neuen Bundestag, dessen Zusammensetzung Sie nun mitbestimmen werden. [] Es würde mich freuen, bei solcher Gelegenheit auch Ihre persönliche Bekanntschaft zu machen. [] Ich bitte Sie um Ihr Vertrauen und um Ihre Stimme in der Bundestagswahl am 6. September und begrüße Sie als Ihr Abgeordneter mit ausgezeichneter Hochachtung! [] Karl Meitmann [] Mitglied des ersten Deutschen Bundestages
Published:06.09.1953