Ost-Westhandel . Förderer der deutschen Einheit

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Josef Orlopp [] Ost-Westhandel [] Förderer der deutschen Einheit [] [] Der Innerdeutsche Handel ist das stärkste Band, das die einzelnen Gebiete Deutschlands trotz Zonengrenzen noch zusammenhält. Alle Sabotageversuche der Amerikaner haben ni...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Orlopp, Josef
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Published: 1951
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Online Access:http://hdl.handle.net/11088/A9B710F5-8F23-4643-BAF8-49C6C1386548
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Josef Orlopp [] Ost-Westhandel [] Förderer der deutschen Einheit [] [] Der Innerdeutsche Handel ist das stärkste Band, das die einzelnen Gebiete Deutschlands trotz Zonengrenzen noch zusammenhält. Alle Sabotageversuche der Amerikaner haben nicht vermocht, dieses Band zu zerreißen, denn die Notwendigkeit der wirtschaftlichen Zusammenarbeit aller Teile Deutschlands ergibt sich schon aus der Vergangenheit. [] Die einzelnen Wirtschaftszweige unseres Vaterlandes waren immer aufeinander angewiesen, und eine Verflechtung der Produktion bis in die feinsten Verästelungen gab unserer Wirtschaft von jeher ein besonderes Gepräge. Die Zubringerbetriebe waren über das ganze Land verteilt, während die Großbetriebe am Standort der Rohstoffindustrien errichtet wurden. So ergab sich die Notwendigkeit der Zusammenarbeit aller Teile Deutschlands, die auch heute noch als unbestritten bei allen einsichtigen Wirtschaftlern gilt. [] Um schwerwiegende Störungen der deutschen Wirtschaft zu verhindern, wurde von den Besatzungsmächten im Jahre 1945 im Potsdamer Abkommen festgelegt, daß wichtige Erzeugnisse zwischen den einzelnen Zonen ausgetauscht werden sollen, um eine ausbalancierte deutsche Wirtschaft zu erhalten. Auf Grund dessen wurden seit 1946 von den deutschen Behörden Handelsabkommen zwischen Ost- und Westdeutschland abgeschlossen. [] Der in den ersten Jahren nach der Befreiung Deutschlands vom Faschismus gut angelaufene Innerdeutsche Handel wurde nach Gründung der Bizone erstmalig gestört. Der Zusammenschluß der angloamerikanischen Besatzungsgebiete zur Bizone erfolgte entgegen den Beschlüssen der Potsdamer Konferenz, und es wurden viele andere Wirtschaftsgrundsätze von Potsdam in der späteren Zeit von den westlichen Besatzungsmächten nicht mehr eingehalten. Damit war der erste Schritt zur Spaltung unseres Vaterlandes durch die angloamerikanischen Imperialisten getan. Wenn trotzdem der Innerdeutsche Handel zu einer Klammer für die einzelnen Gebiete Deutschlands geworden ist, verdanken wir dies der deutschen Bevölkerung, die ein einheitliches Deutschland will. [] Vertiefung der Spaltung nach der separaten Währungsreform [] Am 18. Juni 1948 wurde die wirtschaftliche Spaltung Deutschlands durch die separate Währungsreform im Westen vertieft. Die westlichen Militärregierungen haben dadurch den Trennungsstrich zwischen der Wirtschaft West- und Ostdeutschlands gezogen. Für den Innerdeutschen Handel entstanden beinahe unüberwindliche Schwierigkeiten. Trotzdem hat die damalige Deutsche Wirtschaftskommission sofort nach Bekanntwerden der Währungstrennung versucht, eine vorübergehende Lösung zu finden, die die Durchführung der gegenseitigen Lieferungen dennoch möglich machen sollte. Schon damals haben wir gegenseitige Konten vorgeschlagen, und von unserer Seite wurden die Lieferungen nicht eingestellt. Bei den Verhandlungen zwischen den deutschen Behörden ergab sich, daß trotz der Währungsspaltung eine Übergangslösung möglich war. [] Sperrung der Zonengrenzen [] Diese Verhandlungen wurden jäh unterbrochen, als auf Befehl der amerikanischen Militärregierung die Sperrung der Zonengrenzen auf Schiene und Wasserstraße erfolgte. Am 19. September 1948 wurde auch der Straßentransport zwischen West- und Ostdeutschland von den amerikanischen Imperialisten verboten. Der Innerdeutsche Handel wurde von ihnen als illegal Schmuggel und Schwarzhandel bezeichnet. Damit hatten die schon damals zum Krieg hetzenden Mächte einen weiteren Schritt getan, um Deutschland wirtschaftlich auseinanderzureißen. Die einige Wochen später ausgesprochene Transitsperre verhinderte dann alle Warentransporte nach Ost und West. Damit war Westdeutschland auf Anordnung der amerikanischen Besatzungsmächte nicht nur von dem östlichen Teil der eigenen Heimat, sondern von ganz Osteuropa abgeschlossen, und die Absatzkrise verschärfte sich zum Schaden der westdeutschen Wirtschaft. Von dieser Zeit datiert auch die Wirtschaftskrise in Westdeutschland. Betriebsräte und Gewerkschaften sowie die Vertreter von Industrie und Handel, die um den Bestand ihrer Betriebe besorgt waren, verlangten immer stürmischer die Aufhebung der Sperre. Sie erkannten immer deutlicher, daß alle Gebiete Deutschlands zusammenarbeiten müssen, wenn Deutschland leben will. Die Friedenskräfte in aller Welt wurden immer stärker. Auch die amerikanische Regierung konnte sich auf die Dauer nicht erlauben, diesen Druck unberücksichtigt zu lassen. [] Aufhebung der Verkehrssperre [] Auf den Außenministerkonferenzen In New York und in Paris im Mai 1949 wurde dann beschlossen, alle Verkehrsbeschränkungen zwischen den Zonen aufzuheben. In unserem Gebiet gab der Oberste Chef der Sowjetischen Militärverwaltung rechtzeitig vor Aufhebung der Verkehrsbeschränkungen, die am 12. Mai 1949 erfolgen sollte, konkrete Anweisungen, um den Zustand vorn März 1948, wie es die Konferenzen beschlossen hatten, wiederherzustellen. Die anglo-amerikanischen Militärbehörden gaben überhaupt nicht bekannt, daß der frühere Zustand in der Abwicklung des Innerdeutschen Handels, wiederhergestellt sei. [] Der Vorsitzende der damaligen Deutschen Wirtschaftskommission, Heinrich Rau, erklärte auf der Vollsitzung der Deutschen Wirtschaftskommission am 12. Mal 1949, also am Tage der Wiederöffnung der Grenzen für den Innerdeutschen Handel, u. a. folgendes: [] "Von den Wirtschaftsorganen in Deutschland erwartet das deutsche Volk die rasche Aufnahme des Wirtschaftsverkehrs zwischen den Zonen. Ich betone, daß wir bereit sind, diesen Erwartungen zu entsprechen und alles zu tun, um eine rasche Wiederaufnahme des Interzonenhandels auf breitester Grundlage zu ermöglichen." [] Diese Erklärung zeigt, daß wir zur gemeinsamen Arbeit im Interesse einer gesamtdeutschen Wirtschaft jederzeit bereit waren und heute auch noch sind. Wenn es möglich ist, Handelsverträge mit fast allen Ländern der Welt abzuschließen, dann müßte es bei einigermaßen gutem Willen gelingen, den Warenverkehr im eigenen Lande trotz Zonengrenzen ordnungsgemäß durchzuführen. [] USA sabotieren den Innerdeutschen Handel [] Die westdeutschen Regierungsstellen waren in der damaligen Zeit und sind auch heute nichts anderes als ausführende Organe der Befehle des Petersberges. Der Geist von McCloy saß am ersten Tage der Verhandlungen nach Aufhebung der Grenzsperre bei den westdeutschen Vertretern am Verhandlungstisch. Bis zur Bildung der Bonner Regierung wurden die Verträge zwischen Deutschen abgeschlossen und sind fast reibungslos gelaufen. Erst als Westdeutschland die "souveräne" Bonner Regierung bekam, wurde es anders. Von der Zeit an verlangte der Petersberg, daß Innerdeutsche Handelsabkommen nur noch abgeschlossen werden dürfen mit seiner Genehmigung, obwohl diese, Forderung offensichtlich gegen die Bestimmungen des Potsdamer Abkommens verstößt. Die Verhandlungen gestalteten sich deshalb äußerst schwierig und wurden immer wieder verschleppt. So dauerte der Abschluß des Frankfurter Vertrages sechs Monate. [] Handelsabkommen für 1951 [] Wenn das Abkommen für 1951 erst am 20. September unterzeichnet worden ist und wir solange in einem vertraglosen Zustand lebten, so war dies ebenfalls nur zurückzuführen auf die ständigen Eingriffe der Amerikaner. Wir hatten einen Warenaustausch in Höhe von 1 Milliarde DM für das Jahr 1951 angeboten und haben Warenlisten vorgelegt, deren Struktur den Interessen der Wirtschaft Gesamtdeutschlands entsprach. Wir ließen uns dabei von dem Grundsätze leiten, daß in Deutschland keine Ware, die im Inland in hinreichenden Mengen hergestellt werden kann, aus Amerika bezogen werden soll. Wir erhielten daraufhin Gegenvorschläge, die beispielsweise für etwa 250 Millionen DM Sprudelwasser, Sekt, Puddingpulver und Bier anboten. Das aber sind keine Waren, die als Gegenwert für unsere Industrieprodukte, die Westdeutschland wünscht, anzusehen sind. Nun, diese Angebote waren auch nichts anderes als von den Petersberg-Kommissaren befohlene Torpedierungsversuche unserer Verhandlungen. Die westlichen Machthaber haben sich bei den Verhandlungen immer wieder eingeschaltet und die Unterzeichnung durchaus realisierbarer Abkommensentwürfe durch ihr striktes Verbot verhindert. [] Seit dem 3. Juli 1951 bestand mit Westdeutschland kein Vertrag mehr, und seit dem 3. August 1951 konnten Zahlungen von Ost nach West und umgekehrt nicht mehr erfolgen, weil die Clearing-Konten geschlossen waren. Dadurch gerieten viele Hunderte westdeutscher Firmen in größte wirtschaftliche Schwierigkeiten. Aber was stört das schon Herrn McCloy? Die rechtliche Lage, daß sich die Besatzungsmächte nicht in den Innerdeutschen Handel einmischen dürfen, kümmert ihn wenig. Es muß immer wiederholt werden, daß nicht nur das Potsdamer Abkommen Deutschland als ein wirtschaftliches Ganzes ansieht, sondern daß auch das unter Ausschluß der demokratischen Öffentlichkeit zustande gekommene westdeutsche Grundgesetz und selbst das Diktat des Besatzungsstatuts den westlichen Besatzungsmächten keinerlei Rechtsgrundlage geben, sich in den Innerdeutschen Handel einzumischen. Ministerpräsident Grotewohl sagte in seiner Regierungserklärung im November 1950 u. a. folgendes: [] "Die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik wird den Amerikanern niemals das Recht zugestehen, einzugreifen in den Handel, den Deutsche mit Deutschen in Deutschland treiben wollen. Diese Störungen des Innerdeutschen Handels und diese Einmischungen sind eine offene und grobe Verletzung des Abkommens von New York und Paris im Mai 1949 über die Aufhebung und Beschränkung des Handels. Ungeachtet aller Sabotage der westlichen Besatzungsmächte werden wir darum die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen mit Westdeutschland entwickeln und festigen." [] Wenn trotz aller Eingriffe der USA-Imperialisten der Umsatz im Innerdeutschen Handel im vergangenen Jahre ungefähr die gleiche Höhe erreichte wie im vorhergehenden Jahre und eine gute Zusammenarbeit zwischen den Deutschen in Ost und West fortgesetzt wurde, dann ist schon damit der Beweis erbracht, daß breiteste Schichten unseres Volkes die Einheit unseres Vaterlandes wollen und fordern. [] Trotzdem haben die Eingriffe der Amerikaner nicht aufgehört. Nach wie vor wird der Innerdeutsche Handel durch komplizierte Ausschreibeverfahren, Vorbehaltslisten, Lieferverbote usw. gestört, weil sich ein friedlicher Handel mit den Kriegsvorbereitungen der Amerikaner nicht verträgt. [] Die Drosselung des Innerdeutschen Handels dient der Kriegsvorbereitung der USA [] und führt zur Verstärkung der Abhängigkeit Westdeutschlands vom amerikanischen Monopolkapital. [] Deutsche Rohstoffe und deutsche Wertarbeit sollen der Verwendung für den Bedarf der deutschen Bevölkerung entzogen und zu einer Reserve der amerikanischen Kriegswirtschaft gemacht werden. Der amerikanische Imperialismus bemüht sich deshalb, die Verwendung möglichst aller Erzeugnisse der Wirtschaft Westdeutschlands für den friedlichen Aufbau der Deutschen Demokratischen Republik sowie für die Friedenswirtschaft der Sowjetunion und der Volksdemokratien zu verhindern. Statt Schienen, auf denen die Züge für den Frieden rollen, sollen aus dem Stahl Westdeutschlands Geschütze für den amerikanischen Krieg hergestellt werden, und anstatt Traktoren für die Bestellung der Felder sollen Panzer entstehen, die die Fluren Westdeutschlands vernichten, wie wir das heute schon an vielen Beispielen sehen. [] Innerdeutscher Handel und Schuman-Plan [] Die Maßnahmen des Petersberges und der von dort gelenkten Amtsstellen gegen den Innerdeutschen Handel stehen offensichtlich auch im Zusammenhang mit dem Schuman-Plan. Dieser Plan gliedert die westdeutsche Schwerindustrie in die Aufrüstung der westlichen Aggressoren ein. Er entzieht dabei der Friedenswirtschaft Rohstoffe und Halbfabrikate in großen Mengen. Er behindert sie dadurch an der Ausnutzung der technisch vorhandenen Fertigungsmöglichkeiten und ist bestrebt, die gesamte westdeutsche Industrie der von Eisenhower kommandierten Aggressionsarmee zu unterwerfen. Die Verwirklichung des Schuman-Planes ist nach dem Willen des Petersberges und seiner Adenauer-Regierung für Westdeutschland das wirtschaftliche Schwerpunktprogramm. Seiner Verwirklichung wird alles andere geopfert. Einen Innerdeutschen Handel möchten diese Herrschaften am liebsten nur in einem solchen Umfange zulassen, als er ihnen Erzeugnisse unserer Industrie zuführt, die der amerikanischen Rüstungswirtschaft irgendwelchen Nutzen bringen. [] Die von den Amerikanern in Westdeutschland geführte Kampagne [] richtet sich aber nicht nur gegen den Innerdeutschen Handel, sondern auch gegen den Handel der westdeutschen Wirtschaft mit der Sowjetunion, den volksdemokratischen Ländern und China. Sie haben deshalb Vorbehaltslisten herausgegeben, auf denen sie alle diejenigen Güter verzeichnet haben, die ohne ihre Genehmigung nicht nach der Deutschen Demokratischen Republik und den Ländern des Friedensblocks geliefert werden dürfen. Diese Listen enthalten, von Schiffsturbinen bis zu Pfefferkörnern, alle praktisch nur denkbaren Warengattungen. [] Deutschland soll vom Weltmarkt ferngehalten werden [] Die amerikanischen Monopolisten wollen die Verbindung der deutschen Wirtschaft zu den großen Absatz- und Rohstoffmärkten der östlichen Länder verhindern. Sie wollen Westdeutschland von sich abhängig machen und gleichzeitig die Rohstoff- und Absatzmärkte der Länder des Friedensblocks, bei denen die hohe Qualität der deutschen Exportwaren in höchstem Rufe steht, mit ihren eigenen Waren beliefern. Soweit nun in diesen Ländern dennoch deutsche Waren verlangt werden, wollen die Anglo-Amerikaner diese Exporte durch ihre eigenen Handelsorgane vornehmen und monopolistische Exportprofite einstecken. Wenn McCloy erklärt, daß er Wert darauf legt, daß von der deutschen Produktion so wenig Waren wie nur möglich nach dem Osten fließen, und wenn amerikanische Wirtschaftsexperten untersuchen, wie sie den Export Deutschlands nach dem Osten völlig unterbinden können, dann denken sie nur an ihre ureigensten Interessen. Wie verträgt sich das alles mit der vor wenigen Wochen verkündeten Beendigung des Kriegszustandes der westlichen Mächte mit Westdeutschland? Die Verhinderung eines ordnungsmäßigen Handels zwischen Ost und West ruiniert nicht nur die nationale Wirtschaft Westdeutschlands, sondern ist auch völkerrechtswidrig. Die Störung und Unterbindung des Innerdeutschen und des westdeutschen Außenhandels ist ein Schlag gegen den Frieden, ein Schlag gegen die Einheit unseres Vaterlandes. [] Der Lärm, der jetzt um den Warenaustausch zwischen Westberlin und Westdeutschland gemacht wird, soll die öffentliche Meinung irritieren und das provokatorische Vorgehen McCloys und seiner Gehilfen gegen jeden Handel zwischen Ost und West rechtfertigen. Die Vertreter der deutschen Wirtschaft fallen darauf nicht mehr herein und verlangen immer stürmischer einen freien Handel zwischen Ost und West und einen großen Innerdeutschen Handel. [] Die Wirtschaft wehrt sich [] Der Bundesverband der "Deutschen Industrie" hat auf seiner ordentlichen Mitgliederversammlung in München am 26. Juni 1951 zu der Frage des Ost-Westhandels Stellung genommen. Es heißt dort u. a.: [] "Die Deutsche Industrie betrachtet es als absolut notwendig, den legalen Handel mit dem Osten im Rahmen der Sicherheitsbestimmungen mit allen Mitteln zu fördern. Sie fordert daher, daß jede Diskriminierung des legalen West-Osthandels unterbleibt und daß die Embargo-Listen gleichzeitig für alle westlichen Länder Anwendung finden und von dort respektiert werden." [] Am 16. Juli 1951 hat sich dann die westdeutsche Industrie zu einem sensationellen Protestschritt gegen die Eingriffe in den Innerdeutschen Handel entschlossen. Nicht nur einzelne Betriebe oder Industriezweige, sondern der Bundesverband der westdeutschen Industrie hat in jenen Tagen den Bonner Wirtschaftsminister Erhard schriftlich aufgefordert, alles zu unternehmen, damit das neue Abkommen über den Innerdeutschen Handel mindestens in der jetzigen Höhe beschleunigt angenommen werde. Es hieß in dem Schreiben weiter, daß die "Deutsche Industrie" mit Überraschung und Sorge aus dem paraphierten Abkommen ersehen habe, daß das ursprünglich vorgesehene Volumen des Warenaustausches weiter herabgesetzt worden sei. Nach Ansicht des Bundesverbandes der westdeutschen Industrie sei eine wirtschaftliche Notwendigkeit für diese Herabsetzung nicht gegeben. Der Bundesverband fordert Wirtschaftsminister Erhard nachträglich auf, der westdeutschen Delegation endlich ausreichende Vollmachten zum Abschluß eines innerdeutschen Handelsvertrages in einem Umfange zu übertragen, der den wirtschaftlichen Interessen Westdeutschlands entspricht. Die sofortige Ratifizierung des bereits Anfang Juli 1951 paraphierten neuen Abkommens über den Innerdeutschen Handel und die Herausnahme aller mit dem Verkehr nach Westberlin zusammenhängenden Fragen aus den Innerdeutschen Handelsverhandlungen forderten am 3. August 1951 die Vertreter der gesamten norddeutschen Fischwirtschaft in Hamburg in einer einstimmig angenommenen Resolution, worin es u. a, hieß: [] "... [] Die gesamte Fischwirtschaft Norddeutschlands mit ihren Zehntausenden Arbeitern und Angestellten, die einen wesentlichen Teil der norddeutschen Wirtschaft ausmachen, bedauert außerordentlich die bis heute noch nicht vollzogene Ratifizierung des Interzonenabkommens, nachdem die Paraphierung von Westdeutschland sowohl wie auch von Ostdeutschland getätigt wurde und die Deutsche Demokratische Republik bereits am 12. Juli 1951 die Vollmacht zur Ratifizierung gegeben hat. Die Nichtunterzeichnung bringt die gesamte norddeutsche Fischwirtschaft in eine äußerst gefährliche Lage. Sie wird ohne den Interzonenhandel einfach vor die Existenzfrage gestellt. Die wirtschaftliche Vernunft verlangt, daß deutsche wirtschaftliche Fragen vom deutschen Gesichtspunkt gesehen und gelöst werden müssen. [] Die norddeutsche Fischwirtschaft kann nicht auf ein Gebiet verzichten, das seit Jahrhunderten ihr hauptsächlicher Fischabsatzmarkt ist. Allein aus Arbeitsmarktgründen schon darf Westdeutschland das Absatzgebiet Ostdeutschland nicht an außerdeutsche Konkurrenten verlieren, die sehr gern bereit sind, sich auf dem ostdeutschen Markt zu engagieren. [] Die norddeutsche Fischwirtschaft und die mit ihr zusammenhängenden anderen Wirtschaftszweige fordern die schnellste Ratifizierung des Interzonenabkommens, eine erhebliche Vergrößerung des Handelsvolumens und die Verlängerung der Laufdauer, um eine wirtschaftlich vernünftige Abwicklung und Förderung des Interzonenhandels zu erreichen. [] Die Fischwirtschaft ersucht dringend, den politischen Fragenkomplex "Verkehr Westberlin" nicht mit der Ratifizierung des Interzonenabkommens verquicken zu wollen, sondern eine Sonderregelung anzustreben, damit der interzonale Handel möglichst schnell und reibungslos wieder aufgenommen werden kann." [] Auch ein großer Teil derjenigen Betriebe, die heute mit Rüstungsaufträgen bedacht werden, würde lieber für einen friedlichen Aufbau unseres Vaterlandes arbeiten. Die westdeutsche Bevölkerung will keine Rüstungsbetriebe, die später einmal zur Zerstörung ihrer eigenen Heimat beitragen. Sie will keine Stoßgeschäfte für die Aufrüstung und den Krieg, sondern einen friedlichen Handel mit der Deutschen Demokratischen Republik, der Sowjetunion, den Volksdemokratien und dem jungen China. [] McCloy aber will die westdeutschen Betriebe durch Unterbindung des Innerdeutschen Handels in die Knie zwingen, um sie leichter für die Aufrüstung einspannen zu können. Nicht Handel mit dem Osten, sondern Krieg mit dem Osten, so lautet die amerikanische Devise! [] Das deutsche Volk aber will keinen Krieg, sondern den Frieden! Deshalb kämpft es für die Einheit Deutschlands, für den Abzug der Besatzungsmächte und für den baldigen Abschluß eines Friedensvertrages. [] Ein größer Sieg der Friedenskräfte [] Die Unterzeichnung des Innerdeutschen Warenabkommens am 20. September 1951 ist ein Sieg der Friedenskräfte in Deutschland. Ein volles Jahr wurden die Verhandlungen über ein neues Abkommen für den Innerdeutschen Handel geführt. [] Wir haben wiederholt zum Ausdruck gebracht, daß die Deutsche Demokratische Republik gewillt ist, im Interesse eines einheitlichen, demokratischen und friedliebenden Deutschlands einen umfangreichen Innerdeutschen Handel durchzuführen. Die westdeutschen Vertreter jedoch hatten vom Petersberg den Auftrag erhalten, den Innerdeutschen Handel möglichst gering zu belassen, denn ein gelähmter Innerdeutscher Handel vertieft die Spaltung unseres Landes und bringt die westdeutsche Wirtschaft in immer stärkere Abhängigkeit vom US-amerikanischen Monopolkapital. Vertreter aller Branchen der westdeutschen Wirtschaft verlangten jedoch immer wieder die sofortige Unterzeichnung des fertigen Vertrages und wurden in diesem Sinne auch bei der Bonner Regierung und auf dem Petersberg vorstellig. Es gibt nicht eine Wirtschaftsgruppe in Westdeutschland und in Westberlin, die im Verlaufe der langen Verhandlungen nicht mit uns gemeinsam an einem Tisch beraten hatte, wie man den Widerstand der westlichen Besatzungsmächte gegen den Innerdeutschen Handel brechen kann. [] Sie alle wissen, daß der Handel zwischen Ost und West ein starkes Band ist und daß die Wiederherstellung der wirtschaftlichen und politischen Einheit unseres Vaterlandes die Voraussetzung für eine friedliche Zukunft unseres Volkes ist. [] Wenn jetzt das neue Abkommen unter dem Druck der öffentlichen Meinung dennoch unterzeichnet wurde, dann ist damit der Beweis erbracht, daß der Willkür der Machthaber auf dem Petersberg Grenzen gesetzt sind. [] Die westdeutschen Wirtschaftskreise bringen auch immer wieder ihre Empörung darüber zum Ausdruck, daß sie auf Grund der amerikanischen Blockadebefehle vom Osthandel ferngehalten werden, während ihre Konkurrenten aus den Marshall-Ländern in das Ostgeschäft einsteigen. So hat der englische Handelsminister Shawcross erst kürzlich erklärt, daß Großbritannien auf den Handel mit dem Osten angewiesen sei und ihn unter allen Umständen fortsetzen werde, selbst wenn es zu schweren Meinungsverschiedenheiten mit der USA-Regierung käme. [] Frankreich hat einen Handelsvertrag mit der Sowjetunion, und Österreich hat erst Anfang des Monats August mit Polen einen neuen Vertrag für das kommende Jahr unterzeichnet. Auch der Warenaustausch Schwedens und Finnlands mit dem Osten zeigt aufsteigende Tendenzen. [] Noch viel mehr ist für die westdeutsche Wirtschaft der Handel mit dem Osten und der Innerdeutsche Handel eine Lebensfrage. Mehr als 50 Prozent seiner "Ausfuhr" hat Westdeutschland vor dem Krieg in das jetzige Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik und nach den osteuropäischen Staaten geliefert. Seit dem 15. August dieses Jahres aber ist für Westdeutschland jede Ausfuhr nach dem Osten (nicht nur der Vorbehaltsgüter) genehmigungspflichtig, und für legale Chinageschäfte wird die Ausfuhrgarantie verweigert. [] Der Innerdeutsche Handel wurde systematisch abgewürgt, und seit dem 3. August hatte jeder Warenverkehr aufgehört. Seit dieser Zeit gingen eine große Anzahl Unternehmungen, die am Innerdeutschen Handel beteiligt sind, in Konkurs, und weitere stehen vor dem geschäftlichen Ruin. [] Die Weiterentwicklung in dieser Richtung kann durch den Zusammenschluß aller patriotischen Kräfte erfolgreich verhindert werden. Die Einigung über das Warenabkommen hat dies bewiesen. [] Die wichtigsten Lehren aus der Unterzeichnung des Innerdeutschen Warenabkommens sind: [] 1. Um sich einigen zu können, müssen sich die Deutschen aus Ost und West zur Aussprache an einen Tisch setzen. [] 2. Eine Einigung kann gegen den Willen der amerikanischen Imperialisten erzwungen werden. [] 3. Wenn über den Innerdeutschen Handel ein Abkommen erzielt werden konnte, um wieviel nötiger ist eine Einigung der Deutschen in der entscheidenden Frage: Leben oder Tod, die heute durch die Kriegspolitik der anglo-amerikanischen Imperialisten und ihrer Lakaien wie Adenauer, Schumacher und Reuter, vor uns steht. [] Sich für die Einigung mit seiner ganzen Person einzusetzen, ist die Aufgabe jedes Patrioten. [] Die Einberufung einer gesamtdeutschen Beratung entspricht den Lebensinteressen des gesamten deutschen Volkes!
Published:1951