Ein offenes Wort an den Kandidaten der FDP

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Ein offenes Wort [] an den Kandidaten der FDP [] Herr Rechtsanwalt Dr. Erich Schimpf, Sie stellen sich uns vor als Landtagskandidat. Das ist Ihr gutes Recht. Unser Recht ist es, Sie zu fragen, wer Sie sind. Sie haben darauf eine sehr aufschl...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU), Vesdruvag-Druck, Recklinghausen
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 18.06.1950
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/29DEA8E9-FFC0-4541-947E-A49615FADF32
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Ein offenes Wort [] an den Kandidaten der FDP [] Herr Rechtsanwalt Dr. Erich Schimpf, Sie stellen sich uns vor als Landtagskandidat. Das ist Ihr gutes Recht. Unser Recht ist es, Sie zu fragen, wer Sie sind. Sie haben darauf eine sehr aufschlußreiche Antwort im Städtischen Saalbau zu Recklinghausen gegeben. Ihre Partei legitimierte Sie geistig durch die Rede des Herrn Dr. Dehler. Sie werden uns also gestatten müssen, daß wir uns einige Augenblicke mit Ihnen und der von Ihnen vertretenen Partei beschäftigen. Wir sind uns bewußt, daß in der FDP achtungswerte und tüchtige Männer zu finden sind. Wir wissen aber auch, daß Ihre Partei in einem Gärungsprozeß sich befindet, der sehr viel Unheil über unser Land und Volk bringen kann. Wenn Herr Dr. Dehler in der Saalbau-Versammlung davon spricht, die Forderung auf Elternrecht laufe praktisch auf eine Vergewaltigung des Staates hinaus, dann bewegt er sich als hervorragender Exponent Ihrer Partei auf derselben abschüssigen Bahn wie Adolf Hitler und Ihre Partei im Landtag Nordrhein-Westfalen, die Seite an Seite mit Kommunisten und Sozialisten das Elternrecht in der Verfassung bekämpft hat. [] Wenn Herr Dr. Dehler im Saalbau die Frage aufwarf, ob man den Katholizismus nicht geradezu diktatorische Tendenzen ähnlich wie in der Zeit der Inquisition nachsagen müsse, so ist das mehr als die dialektische Verirrung eines hervorragenden Vertreters Ihrer Partei. Wenn Herr Dr. Dehler davon sprach, nach seinen Erfahrungen bedeute die konfessionelle Schule eine ernste Gefahr für die geistige Freiheit unseres Volkes, wenn er davon spricht, in Bayern breite sich stumpfer Klerikalismus aus, dort wären keine Lehrer mehr, die eine freie Meinung äußerten, der ganze Lehrerstand sei in seinem Rückgrat gebrochen, nur arme Sklaven seien übrig geblieben, die sich dem Gebot der Kirche murrend fügen; wenn er weiter sagt, daß katholische Lehrer protestantisch und umgekehrt protestantische Lehrer katholisch würden, nur um ihre Stelle, die sie sonst quittieren müßten, nicht zu verlieren, so kann man den Herrn Bundesjustizminister nur öffentlich auffordern, die Namen dieser Männer zu nennen, als deren Anwalt er glaubt, in Recklinghausen, also fern vom Schuß von Bayern, auftreten zu müssen. Wir zweifeln füglich daran, daß der Herr Bundesjustizminister in der Lage ist, zu dem zu stehen, was er im Wahlkampf leichtfertig ausgesprochen hat. Es ist eine ungeheure Beleidigung des gesamten Lehrerstandes, wenn Dr. Dehler in Recklinghausen ausführen konnte, es sei aber gewiß nicht der Wille der deutschen Eltern, ihre Kinder von solchen Heuchlern - gemeint waren die Lehrer an Konfessionsschulen - [] erziehen zu lassen. [] Sie, Herr Dr. Schimpf, haben diese ungeheuren Beleidigungen und Entstellungen und diese grundsätzlichen Verirrungen Ihres Parteifreundes Dehler widerspruchslos. d.h. bejahend hingenommen. Dazu ein aufklärendes Wort: [] In Recklinghausen arbeiten katholische und evangelische Christen in bester Harmonie auf allen Gebieten christlicher Kulturpolitik, insbesondere der Schule, zusammen. Die evangelischen Eltern verlangen für ihre evangelischen Kinder evangelische und die katholischen Eltern für ihre katholischen Kinder katholische Schulen. In freier Elternbefragung haben sich 87 Prozent unserer Mitbürger für die Konfessionsschule entschieden. Sie, Herr Dr. Schimpf, haben in verabscheuungswürdiger Weise den Versuch gemacht, diese Harmonie zwischen katholischen und evangelischen Christen in unserer Stadt zu stören. Sie schreiben in ihrem Kandidatenbrief, daß Sie ein gläubiger Christ seien und verweisen darauf, daß der Vater und Großvater Ihrer Frau Theologieprofessoren waren. Herr Kandidat Schimpf, Ihr Schwiegervater und der Großvater Ihrer Frau stehen hier nicht zur Diskussion, sondern Sie, der Kandidat der FDP. Es würde sehr wahrscheinlich so sein, daß diese beiden Theologen entsetzt über ihren Schwiegersohn und Enkel wären, wenn sie seine Haltung in der Schulfrage erlebt hätten. Wir zweifeln aber nicht an Ihrer Gläubigkeit als Christ, sind auch gar nicht vermessen genug anzunehmen, daß nur in der CDU gläubige Christen sind. Was wir aber aus Ihrem Kandidatenbrief entnehmen, ist Ihre ablehnende Haltung in der Frage der konfessionellen Schulen. Sie wandeln hier auf den Pfaden Dr. Dehlers und Ihrer Freunde im Landtag Nordrhein-Westfalen, die Arm in Arm mit der KPD und der SPD die [] Verfassungsartikel ablehnten, die das unverbrüchliche Recht der Eltern auf die Erziehung ihrer Kinder im konfessionellen Sinne bejahen. [] Sie sprechen von dem pharisäischen Hochmut und der Intoleranz und der Anmaßung der CDU. Wir fragen Sie, Herr Kandidat Schimpf, ist es pharisäisch und hochmütig oder gar intolerant, wenn die CDU ihre klaren Schulforderungen erhebt, nachdem sich in Recklinghausen 87 Prozent der Eltern für die konfessionellen Schulen ausgesprochen haben? [] Es ist aber pharisäischer Hochmut, Herr Kandidat Schimpf, wenn Sie sich in ihrem Kandidatenbrief vorstellen als der Mann, der in Recklinghausen die Neuansiedlung von mittleren Industrien betreibt. Wir können uns vorstellen, daß die beteiligten Firmeninhaber wie auch die übrigen Recklinghäuser für eine solche Feststellung nur ein mitleidiges Lächeln haben. Die Männer, die die jungen Industrien nach Recklinghausen holten, sitzen in der CDU, nicht in der FDP. Von Ihnen sind lediglich Phantasiepläne eines Großhotels bekanntgeworden, über deren Realisierung Eingeweihte nur lächeln. [] Herr Dr. Schimpf, Sie hätten alle Veranlassung gehabt, ruhig und friedfertig ihrem bürgerlichen Beruf nachzugehen, anstatt sich an dem heißen Eisen der Politik die Finger zu verbrennen. Sie spekulierten offensichtlich auf die Gutmütigkeit und das kurze Gedächtnis insbesondere der jungen Generation bei Ihrem Auftreten. Es muß Ihnen gesagt werden, daß Sie da irren. Der HJ-Führer Erich Schimpf aus den Jahren 1933/34 ist noch in böser Erinnerung in Recklinghausen. Christliche Eltern und Ihre Klassenkameraden sind heute noch entsetzt über den Hitlerjungen Quex, wie man Sie damals spöttisch in Ihrer Klasse nannte. Das will besagen, daß die ganze Art Ihres Verhaltens von demselben Hochmut und der gleichen Intoleranz diktiert war, wie Sie es heute zur Schau tragen. Sie dürften wissen, Herr Kandidat Schimpf, wieviel Unruhe Sie damals unter Ihre Klassenkameraden brachten, als Sie zwei von ihnen, die zu den besten Schülern zählten, deshalb am Hochschulstudium behinderten, weil sie sich der theologischen Wissenschaft zuwenden wollten. Sie haben also nichts hinzugelernt, Herr Rechtsanwalt Dr. Schimpf, und werden deshalb heute genau so abgelehnt von der großen Mehrzahl Ihrer christlichen Mitbürger, wie Sie damals abgelehnt wurden von Ihren Mitschülern und der christlichen Elternschaft. [] Sie spekulieren in Ihrem Kandidatenbrief offensichtlich auf die niedrigsten Instinkte unseres Volkes und bedienen sich der Sprache der Rattenfänger von 1932/33. Sie schreiben: die "CDU-Kultusministerin" Frau Teusch, die einen Maybach-Zeppelin-Luxus-Wagen benutze, habe in ihrer Nordwestdeutschen Musikhochschule in Detmold den ungarischen Violin-Virtuosen Tibor Vagar beschäftigt, der für einen Unterrichtstag im Monat [...]500 DM erhalte. Richtig ist lediglich, daß es in Detmold eine Nordwestdeutsche Musikhochschule gibt, die das Land Nordrhein-Westfalen ebenso unterstützt wie alle übrigen Schularten des Landes. Was Sie, Herr Dr. Schimpf, dazudichten, ist unverantwortlich und unwahr. Im übrigen haben wir festgestellt, daß Frau Minister Teusch und ihr Ministerium sich in bezug auf Kraftwagen größte Sparsamkeit auferlegt. Ihre Kraftwagenkrankheit, Herr Schimpf, fing im Saalbau an und scheint sich von Tag zu Tag zu steigern. Wir fürchten, daß Sie daran noch ernstlich zu tragen haben. Sie werfen in dem gleichen Flugblatt dem Landtagspräsidenten Gockeln Verschwendung von Landesmitteln bei einem Treffen der Mitglieder des früheren Provinziallandtages vor. Unsere Erkundigungen haben ergeben, daß Sie auch hier in maßloser Demagogie machen. Der Landtagspräsident Gockeln hat nichts anderes getan, wie seiner repräsentativen Pflicht bei Gelegenheit der Einweihung des neuen Landtagsgebäudes in Düsseldorf zu entsprechen. Veranlasser des in Frage stehenden Treffens der alten [] Provinziallandtags-Abgeordneten waren u. a. Ihre Freunde der FDP-Landtagsfraktion. [] Ihre aufreizenden Wahlmethoden erinnern sehr stark an die Art der Wahlkampfführung, wie sie 1932 und in den Jahren vorher in dem Wirtschaftsblock unseligen Angedenkens üblich waren und die uns damals die Naziregierung brachten. [] Tröstlich bleibt, daß Ihre Partei Sie nicht als besonders erfolgreich ansieht, das beweist Ihre Landesliste. Wir suchen dort vergebens Ihren Namen, d. h. praktisch, daß diejenigen, die in Unkenntnis dieser Dinge Ihnen am Sonntag ihre Stimme geben, diese in ein hohles Faß schmeißen, denn keine Recklinghäuser Kandidatur wird durch die Stimmabgabe für Sie begünstigt. Im Gegenteil, das, was Ihre Splitterkandidatur dem bewährten und erprobten Oberstadtdirektor Dr. Hellermann an Stimmen wegnimmt, kommt den Kommunisten und den Sozialisten zugute, Zersplitterung heißt Vorschub leisten für den Osten. [] Das christliche Recklinghausen [] ist einig und geschlossen bei seinem [] JA zur Verfassung [] und bei der Wahl von [] Dr. Josef Hellermann [] Vesdruvag-Druck, Recklinghausen
Published:18.06.1950