Die Sozialdemokratische Partei ruft zur Arbeit für ein neues Deutschland!

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Mit Genehmigung der Militärregierung [] Die Sozialdemokratische Partei ruft zur Arbeit für ein neues Deutschland! [] Am Ende dieses zweiten Weltkrieges haben die Nationalsozialisten aus Deutschland einen Schutthaufen werden lassen. [] Um uns:...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Fritz Wartenberg, Hamburg
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 1946
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/A4EE1BEE-6894-41FE-A7BD-24ADCD70F598
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Mit Genehmigung der Militärregierung [] Die Sozialdemokratische Partei ruft zur Arbeit für ein neues Deutschland! [] Am Ende dieses zweiten Weltkrieges haben die Nationalsozialisten aus Deutschland einen Schutthaufen werden lassen. [] Um uns: Verwüstungen, zerstörte Wohnungen, verbrannte Fabriken, gesprengte Bahnen und Brücken, heimatlose, auseinandergerissene Familien, zahllose Tote und Verwundete in der ganzen Welt und in unserem Lande. [] Vor uns: drohender Hunger, Obdachlosigkeit, Mangel und Kälte. [] Das ist Hitlers traurige Erbschaft die uns nach zwölfjähriger unbeschränkter Diktatur und Naziherrschaft hinterlassen wurde. Es ist eine erschütternde Tatsache, daß der wahnsinnige Hitler das deutsche Volk in einen Krieg geführt hat, dessen Opfer um ein Vielfaches das übersteigen, was zur sozialen Erneuerung unserer Lebensgrundlagen und damit zur endgültigen Beseitigung jeder Kriegsmöglichkeit notwendig war. [] Langsam wich von uns die tägliche Bombenangst und Furcht vor den Schrecken dieses von Hitler-Göring-Goebbels heraufbeschworenen totalen Krieges. Aber der Fluch der ungeheuerlichen Nazi-Missetaten in Konzentrationslagern, der Judenverfolgungen, der ganzen Barbarei dieser Hitlerkriegführung, lastet auf dem deutschen Volk als eine schwere Schicksalsangst. [] Unser Volk weiß, es ist aus diesem totalen Zusammenbruch kein Ausweg ohne internationale Hilfe [] und es fürchtet, daß eine durch den brutalen Naziterror aufs tiefste beleidigte Menschheit jetzt uns in unserer großen Not nicht so sehr mit direkten Vergeltungsabsichten, aber doch mit für uns tödlicher Gleichgültigkeit gegenüberstehen werde. [] Das deutsche Volk aus der Verzweiflung zu führen [] war schon einmal die bittere Aufgabe der Sozialdemokratischen Partei. Sie hatte nach 1918 die ganze Last des Wiederaufbaues zu tragen aus einer Not, in die damals eine dumme und eroberungsgierige kaiserlich-militaristische Politik unser Land gestürzt hatte. Die Sozialdemokraten gingen dabei erfolgreich als internationale Sozialisten den Weg der Völkerverständigung - der traurige Lohn war ihre Verleumdung durch eine gemeine Dolchstoßlegende! [] Gibt es heute noch eine aktionsfähige Sozialdemokratische Partei? Was ist nach zwölf Jahren Hitlerdiktatur und sechs Jahren Hitlerkrieg verblieben von dieser größten der Oppositionsparteien, die so lange den Naziterror bekämpfte und die das deutsche Volk vor Hitlers Kriegstreiberei warnte? Ist sie nicht auch dem gegen sie gerichteten Terror erlegen? Viele, harte Opfer hat die Sozialdemokratie bringen müssen. Aber es ist eine geschichtliche Tatsache, eine Hoffnung in dieser dunklen Zeit, daß neben nur kleinen Gruppen des Bürgertums doch große Teile der deutschen Arbeiterschaft als unversöhnliche Gegner der Hitlerdiktatur ihren sozialistischen Erkenntnissen und demokratischen Idealen treu geblieben sind. [] Die Sozialdemokratische Partei steht bereit! [] Die Aktivisten der Sozialdemokratie hier und in der Emigration haben die Zeit genutzt und in kritischer Betrachtungsweise auch die eigenen Fehler und Mängel erkannt. Die Sozialdemokratie tritt jetzt mit klarem Programm und neu formiert im Kampfgeist der stolzen Tradition ihrer Gründer vor das deutsche Volk und die Welt mit dem Ruf: [] An die Arbeit für Deutschland! [] Jetzt, in dieser Stunde der tiefsten Erniedrigung, in der unser Volk zu den verachtetsten Nationen der Welt sich rechnen muß, wo schon an allen Ecken und Enden Deutschlands wieder reaktionäre Separatisten am Werk sind, erklären wir Sozialdemokraten uns als unerbittliche Gegner aller gebietsmäßigen separatistischen Absplitterungen. Wir gehen an die Arbeit [] für die wirtschaftliche, staatliche und nationale Einheit Deutschlands. [] Nachdemüberall in der Welt die Entwicklung der Technik vorwärtsschreitet und mit ihr die Systeme sozialistischer Wirtschaftsordnungen, nachdem in Deutschland durch diesen totalen Krieg die furchtbarste Kapitalvernichtung erfolgte, sehen wir nur den einen Weg offen zum [] Wiederaufbau unserer Wirtschaft durch sozialistische Gemeinschaftsleistung! [] Es ist eine Existenzfrage, daß in Deutschland unverzüglich ein zentrales staatliches Kreditwesen, der Bergbau, Teile der auf Friedensbedarf umzustellenden Schwerindustrie, der Wohnungsbau und das Verkehrswesen neu aufgerichtet werden. Dieser Wiederaufbau kann nicht mit privatkapitalistischen Methoden geleistet werden, sondern nur durch Planung und Lenkung. Es sind zu beseitigen die Monopolrenten. Kartelle und Trusts sind unter die Herrschaft der Allgemeinheit zu stellen. Nach unserem Plan und Willen sollen jetzt ausdrücklich nur diese sozialisierungsreifen Zweige unseres Wirtschaftslebens und nicht andere Teile des selbständigen Handwerks, Handels und Gewerbes in ihrer Wirtschaftsform geändert werden. In der Landwirtschaft soll die bewährte bäuerliche Hofform erhalten bleiben und nur der Großgrundbesitz zugunsten der Siedlung begrenzt und aufgelöst werden. Alle Bindungen der verschiedenen Wirtschaftszweige, die bisher nur zur Stärkung der Kriegsbereitschaft dienten, sollen entbürokratisiert und dezentralisiert und auf die Ziele friedlicher Gemeinwirtschaft ausgerichtet werden. [] Der einzige Weg aus dem Zusammenbruch ist unsere alte Parole der [] Demokratie auf allen Lebensgebieten. [] Das "Führerprinzip" der Nazis hat im Großen abgewirtschaftet und muß auch im Kleinen überall umgeschaltet werden auf echte Demokratie. Wir als Sozialdemokraten stehen nicht auf dem Standpunkt eines ausschließlich Klasseninteressen wahrnehmenden permanenten Klassenkampfes; unser Ziel ist: [] eine klassenlose Gesellschaftsordnung [] die nicht in der Gleichmacherei erstarrt, sondern erst die volle Entfaltung der Einzelnen in wirtschaftlicher Sicherheit und geistiger Freiheit gewährleistet ohne Unterdrückung von Menschen durch Menschen und ohne Ausbeutung durch menschlichen oder staatlichen Zwang. [] Wir sind eine Arbeiterpartei, weil im wesentlichen bisher nur in der Arbeiterklasse die sozialistischen Erkenntnisse und die Ideale der demokratischen Freiheit lebendig waren. Aber so wie traditionell die Klasse der Handarbeiter ihren Befreiungskampf immer im Bündnis mit dem fortschrittlichen wissenschaftlichen Sozialismus geführt hat, so rufen jetzt diese politisch standhaft gebliebenen Arbeiter als Kerntruppe der Sozialdemokratischen Partei alle politisch aktiven fortschrittlichen Deutschen zu sich. [] Die politische Leitung unserer Sozialdemokratischen Partei, in der Hand von Aktivisten, die persönlich genug vom Naziterror zu dulden hatten, läßt sich nicht von Rachsucht leiten, sondern nur von der [] Notwendigkeit politischer Ausschaltung der fanatischen Nazis. [] Wir wollen die demokratische Zusammenarbeit mit allen Unbelasteten! Aber keine demokratischen Freiheiten und Rechte, sondern Härte gegen alle Schuldigen des Terrorregimentes und des Krieges, um ein für allemal eine Wiederkehr unseres Unglücks zu verhindern! Andere, weniger Belastete müssen wenigstens auf Zeit beiseite treten, und wir erwarten, daß sie es freiwillig tun. Wir bekämpfen, die Saboteure der Prinzipien, nach denen auf allen Gebieten der Verwaltung, der Wirtschaft, Justiz und Kultur die notwendigen Reinigungsmaßnahmen gefordert werden zur [] Sicherung einer straffen Demokratie! [] Allen anderen, auch den irregeleiteten, auf ihre Art ehrlichen bloßen Nachläufern des Nationalsozialismus, versagen wir nicht unsere Hand, soweit sie guten Willens sind und dies durch Mitarbeit beweisen. [] Her zu uns, Ihr geistig freien Arbeiter, die Ihr im internationalen Sozialismus den einzigen Weg zu neuem Aufstieg seht! [] Kommt zu uns, Ihr Geistesarbeiter und Künstler, die so gedemütigt und unterdrückt wurden durch den Nationalsozialismus! Helft uns die Geistesfreiheit zu sichern! [] Her zu uns, Ihr Bauern, die der verbrecherische Hitler als Blutquell der Nation umschmeichelte, die er nur unterstützte, um sie für die Autarkie und damit für die Vorbereitung seiner Welteroberungspläne anzuspannen! Ihr erkennt jetzt vielfach ohne Hof und ohne Hoferben den Irrweg des Nationalsozialismus. [] Tretet in unsere Reihen, Ihr Handwerker, Geschäftsleute und Angestellten, die Ihr zwar klar antikapitalistisch eingestellt wart, die Ihr aber 1933 den Lockungen und Rattenfängermelodien erlegen seid! Mit Euern [!] Stimmzetteln brachtet Ihr den Lügensozialismus und verbrecherischen Nationalismus Hitlers und seiner reaktionären Bundesgenossen an die Macht, und niemand wurde mehr betrogen als Ihr. [] Kommt zu uns, Ihr Soldaten, vor allem Ihr jungen Menschen unseres Volkes, deren Opfersinn das verbrecherische Naziregime ständig mißbrauchte! Nicht Wehrhaftigkeit und Kriegführen, sondern [] Arbeit ist unser höchster sittlicher Begriff. [] Legt ab die Orden des Krieges, und trennt Euch von aller falschen Verherrlichung des militaristischen Kriegsgedankens! [] Statt dessen werde verantwortungsbewußte Arbeit, Aufbau und nicht mehr Zerstörung Euer Lebensinhalt! Opfersinn beweist jetzt im politischen Kampf für den [] Aufbau einer sozialistischen, demokratischen deutschen Republik [] Eines Tages wird durch unser aller Arbeit die von Hitler und den Gestapomethoden besudelte deutsche Ehre wiederhergestellt sein, und Deutschland wird wieder seinen Platz einnehmen in der Familie der freien, friedliebenden Nationen. [] Wir sind bereit zur Zusammenarbeit [] und haben uns schon vielenorts mit der KPD. [!] auf gemeinsame praktische Aktionsprogramme geeinigt. Sofortmaßnahmen gegen Hunger, Kälte und Wohnungselend sind eingeleitet. Wirtschaft, Verwaltung und Sozialpolitik sollen in unserem Sinne beeinflußt werden. Wir wünschen keine Wiederholung der Uneinigkeit in der Arbeiterklasse. [] Auch anderen politischen Gruppen reichen wir die Hand zur restlosen Überwindung des Nazigeistes. Dazu zählen kirchliche Gemeinschaften, die aus religiöser Haltung heraus gegen die moralische Verrohung des Nationalsozialismus und dessen faschistische Gewaltmethoden Widerstand leisteten. [] Die Sozialdemokratische Partei von heute und morgen nimmt eine andere Haltung ein zu diesen zum Teil im Kampf gegen das teuflisch Böse des Naziterrors fest gebliebenen Religionsgemeinschaften, als es Teile ihrer Anhänger früher taten. Zwar wandten sich diese oftmals mit Recht gegen eine auch in den Kirchen vorhandene Reaktion. [] Bei der Stimmenabgabe für Kommunalwahlen [] und bei Wahlen für hoffentlich auch bald umfassendere Körperschaften wünschen wir, daß sich möglichst viele zu unserem Programm und unserem Weg aus dem Elend bekennen. Darüber hinaus aber bilden wir die [] Sozialdemokratische Partei als eine feste Mitgliederorganisation. [] Wer sich zu uns als Parteimitglied bekennt, der hat keine Posten und Pfründen zu erwarten und keine persönlichen Vorteile wie bei den Nationalsozialisten. Er muß sich freiwillig einer eingehenden weltanschaulichen und politischen Schulung unterziehen und als Träger unserer Ideen bereit sein zu aktiver Mitarbeit und zu persönlichen Opfern für unsere großen Ziele. Dafür aber wird in unseren Reihen auch jedem die Möglichkeit gegeben zur vollen Entfaltung und politischen Wirksamkeit seiner Persönlichkeit als Glied einer [] demokratischen Gemeinschaft, die sich das Ziel setzt, daß möglichst bald wieder deutsche Menschen deutsches Schicksal gestalten. [] Der Geist der Solidarität wird jedes Mitglied in unseren Reihen umfassen und ihm Halt geben in dieser harten Zeit in unserem Einsatz für [] Frieden, Freiheit, Recht und Brot! [] Sozialdemokratische Partei Deutschlands [] Druck: Fritz Wartenberg, Hamburg-Bahrenfeld, 4679/10000/12.45/Klasse C
Published:1946