Kollege Müller läßt sich nichts mehr vormachen

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Kollege MÜLLER läßt sich nichts mehr vormachen [] Er hält die Politik des DGB und ganz besonders den Abbruch der gewerkschaftlichen Kampfmaßnahmen gegen das Anti-Gewerkschaftsgesetz, genannt Betriebsverfassungsgesetz, für falsch [] Wie war es...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), Bundesvorstand, Strohbach, Gertrud, Düssel-Druck, Düsseldorf
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 1952
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/02A482FF-8664-4C50-B318-0B3EF6B8808A
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Kollege MÜLLER läßt sich nichts mehr vormachen [] Er hält die Politik des DGB und ganz besonders den Abbruch der gewerkschaftlichen Kampfmaßnahmen gegen das Anti-Gewerkschaftsgesetz, genannt Betriebsverfassungsgesetz, für falsch [] Wie war es doch? [] Als der Deutsche Gewerkschaftsbund vor Monaten zum Kampf aufrief, gingen Hunderttausende Arbeiter, Angestellte und Beamte auf die Straße. Durch Proteststreiks und Massendemonstrationen brachten sie ihre Entschlossenheit zum Ausdruck, die in dem Bonner Gesetzentwurf vorgesehenen Verschlechterungen für die Werktätigen mit allen Mitteln zu verhindern. [] Nach dem zweitägigen Proteststreik in den Zeitungsbetrieben dachten alle: [] Jetzt noch die zweite und dritte Woche des Aktionsplanes des DGB durchführen, und Adenauer, Dehler und Konsorten, ihr bebereits [!][bereits] in allen Einzelheiten festgelegter Generalvertrag und das reaktionäre Betriebsverfassungsgesetz fallen! [] Kollege Müller ist der Meinung: [] Der Abbruch der Aktionen durch den geschäftsführenden Bundesvorstand des DGB war ein Schlag gegen die Werktätigen und rettete die Adenauer-Regierung, die nun das Betriebsverfassungsgesetz ohne Rücksicht gegen die Belegschaften in den Betrieben anwendet. Durch den Abbruch der Aktionen hat die arbeiterfeindliche Bonner Regierungskoalition überhaupt erst die Möglichkeit bekommen, ihren stockreaktionären Gesetzentwurf, der viel schlechter ist ab das alte Betriebsrätegesetz, im Bundestag durchzupeitschen. [] Und im Bundesrat? [] Obwohl hier die Parteifreunde Fettes die Möglichkeit gehabt hätten, durch ihre Mehrheit Adenauers Zwangsgesetz für die Betriebe zu Fall zu bringen, stimmten sie zum Teil dafür ... [] Die Fette, Föcher, Reuter, Bührig und andere Funktionäre des Bundesvorstandes wollen nun dem Kollegen Müller und den vielen Millionen Werktätigen vormachen, bei den Neuwahlen im nächsten Jahr hätten sie Gelegenheit, der Adenauer-Koalition die Quittung zu geben. [] Man überlege: [] Ein Jahr noch soll den Unternehmern die Möglichkeit gegeben werden, nach Herzenslust ihren Herr-im-Hause-Standpunkt mit Hilfe der Kasernenhofparagraphen des Betriebsverfassungsgesetzes anzuwenden! [] Bis zu den Neuwahlen im nächsten Jahr werden sich im übrigen Mr. Ridgway und sein Gehilfe Adenauer überlegen, ob sie nicht lieber die Notstandsklausel des Generalvertrages anwenden sollen, um durch die Militärdiktatur den Bundestag nach Hause zu schicken. Hinzu kommt, daß Adenauer dabei ist, ein neues Wahlgesetz durchzubringen, nach dem weder SPD noch KPD eine Chance haben sollen, in das neue Parlament zu kommen. [] Deshalb ist die Vertröstung der Gewerkschaftsmitglieder und Arbeiterwähler auf die Neuwahlen nichts anderes als ein gefährliches Ablenkungsmanöver, das nur Adenauer und den Unternehmern nutzt Das ist allerdings eine Rechnung, die ohne die Arbeiter gemacht ist ... [] Kollege Müller ist dahintergekommen: [] Die Mitarbeit der DGB-Führung in den Wirtschaftsgremien und Ausschüssen der Adenauer-Regierung hat mit der Wahrnehmung der Interessen der Arbeiterschaft und der Gewerkschaften nichts zu tun. Regierungskoalition und Unternehmer haben sich die Mehrheit in diesen Gremien gesichert. Diese Wirtschaftsausschüsse sind in der heutigen Zeit nichts anderes als Hilfsorgane zur Steigerung der Rüstungsproduktion und damit zur Erhöhung der Ausbeutung der Arbeiter. Die Zusammenarbeit von Unternehmern und Gewerkschaftsvertretern in solchen Ausschüssen soll bei der Arbeiterschaft die Illusion erzeugen, als hätten Arbeiter und Gewerkschaften die Möglichkeit, entscheidend auf die kapitalistische Wirtschaft einzuwirken. Das stimmt aber nicht! [] Die älteren Kollegen erinnern sich noch sehr gut, [] daß es während der Weimarer Zeit ähnliche Gremien gab, zum Beispiel den Reichswirtschaftsrat. Auch damals gab es Gewerkschaftsführer, die erklärten, durch die Mitarbeit im Reichswirtschaftsrat hätten sie die Möglichkeit, die Sozialisierung zu verwirklichen. Was ist aber daraus geworden? Durch diese Arbeitsgemeinschaftspolitik haben die alten Konzernherren und Kriegsinteressenten ihre Macht gefestigt, während die Arbeiter vom siegreichen Kampf um ihre Interessen abgehalten wurden. [] Das gleiche zeigt sich auch heute wieder, wo man mit dem Schlagwort von der "wirtschaftlichen Mitbestimmung" die Arbeiter von dem aktiven Kampf um ihre Interessen in den Betrieben abzuhalten versucht. Es ist also nur von Vorteil für die Arbeiter, wenn endlich mit dieser Arbeitsgemeinschaftspolitik Schluß gemacht wird. [] Der Dank für den "Sozialpartner" [] Was soll der Kollege Müller und was sollen die vielen anderen Arbeiter davon halten, daß 21 führende Gewerkschaftsfunktionäre, die hauptberuflich im Bundesvorstand des DGB arbeiten, in 59 Aufsichtsräten von Aktiengesellschaften und Banken vertreten sind? So u. a. Christian Fette, Matthias Föcher, Hans vom Hoff, August Schmidt, Hans Böhm, Erich Bührig, Dr. Viktor Agatz, Johannes Albers, Wilhelm Geldmacher, Dr. Friedrich Potthoff, Wilhelm Gefeller, Dr. Franz Grosse, Wilhelm Palik ... [] Sie möchten den Werktätigen vormachen, daß sie in diesen kapitalistischen Institutionen die wirtschaftliche Mitbestimmung der Arbeiter wahrnehmen. Das ist eine glatte Verdrehung der Tatsachen! Eine solche "Mitbestimmung" bringt den rechten Gewerkschaftsführern zwar persönlich Zehntausende Mark an Tantiemen ein, als Dank für den "Sozialpartner" werden dann die Arbeiter vom Kampf abgehalten. Ein Beispiel: Wer von der Belegschaft der Hüttenwerke Ilsede-Peine hat schon etwas Positives von der Tätigkeit des Kollegen Erich Bührig, Mitglied des geschäftsführenden Bundesvorstandes des DGB, im Aufsichtsrat dieser Aktiengesellschaft verspürt? Wahrscheinlich ist die "Tätigkeit" Bührigs in diesem Gremium so anonym, daß der Belegschaft der Hütte die "einnehmende" Arbeit Bührigs gar nicht bekannt ist. Auf eine solche "Mitbestimmung" pfeifen die Arbeiter! [] Kollege Müller weiß, daß es auch anders geht! [] In der Deutschen Demokratischen Republik haben die Arbeiter und ihre Gewerkschaften in der gesamten Wirtschaft, aber auch im Staatsapparat, die Führung in der Hand. Dort brauchen die Arbeiter nicht mehr um das Mitbestimmungsrecht zu kämpfen, dort haben sie das Bestimmungsrecht. Dort sind Schlosser und Dreher heute Betriebsdirektoren! Sie bestimmen im Einvernehmen mit den Gewerkschaften die Geschicke des Betriebes und sind jetzt dabei, den Sozialismus aufzubauen. [] Die Arbeiter in Westdeutschland müssen es indes erleben, wie die Unternehmer von Tag zu Tag - gestützt auf das Betriebsverfassungsgesetz - immer frecher und brutaler auftreten. Dafür gibt es viele Beispiele: [] So heftete die Betriebsleitung der Werkzeugfabrik Fette in diesen Tagen eine Anweisung an das Schwarze Brett, in der, ohne mit dem Betriebsrat Rücksprache genommen zu haben, befohlen wurde, daß die Belegschaft die Ausschußarbeiten von nun an selbst bezahlen müsse, und wie in Zukunft die Zeit- und Akkordkarten auszufüllen und abzustempeln seien. [] Den sozialdemokratischen Betriebsratskollegen Pieper bei den Küppersbusch-Werken in Gelsenkirchen entließ man, weil er sich mit aller Kraft gegen die Einführung des Refa-Systems wandte, usw. [] Die einzig richtige Antwort: [] Wie der Kollege Müller, so waren sich auch die Kollegen bei Fette und Küppersbusch darüber im klaren, daß es auf solche Maßnahmen der Unternehmer nur eine wirksame Antwort gibt: Streik! Und in beiden Fallen hatten die Belegschaften damit Erfolg. Auch die Unternehmerregierung Adenauer kann man nur durch den gemeinsamen Kampf zum Rückzug zwingen. In zahlreichen Beschlüssen in den Betrieben, auf Betriebsräte-Vollversammlungen, Delegierten-Versammlungen wird deshalb die Forderung nach dem sofortigen Einsatz der ganzen gewerkschaftlichen Kraft gegen das Betriebsverfassungsgesetz erhoben und der Ausschluß der verräterischen DGB-Führer aus den Gewerkschaften gefordert. [] Das ist das Neue: Die Arbeiter beginnen zurückzuschlagen, ohne auf die Anweisung der DGB-Führung zu warten. Sie schaffen sich eigene Kampforgane, die, gestützt auf das Vertrauen der Kollegen, Protestdemonstrationen und Streiks organisieren! [] In diesem Augenblick wendet sich Max Reimann, der Erste Vorsitzende der Kommunistischen Partei Deutschlands, an die Mitglieder der Sozialdemokratischen Partei und an die Gewerkschafter und wiederholt das Angebot Ernst Thälmanns aus dem Jahre 1932: gemeinsam in Aktion zu treten! Es geht darum, den Generalvertrag zu verhindern und den Friedensvertrag zu erzwingen, sich schützend vor die demokratischen Rechte und Freiheiten zu stellen, für die Verbesserung der Lebenslage der Arbeiterklasse zu kämpfen! Freudigen Herzens ist diesen Vorschlägen in den letzten Tagen vieltausendfach zugestimmt worden, so wie man kurze Zeit zuvor die neue Note der Sowjet-Union begrüßte, in der uns Deutschen der von allen gewünschte Friedensvertrag nach Viermächte-Besprechungen in Aussicht gestellt wurde. [] Krieg oder Frieden, [] Untergang oder glückliches Leben, [] das entscheidet nun unser gemeinsames Handeln! [] Herausgeber PV. der KPD [] Verantwortlich Gertrud Strohbach, MdB. Druck: Düssel-Druck, Düsseldorf.
Published:1952