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... und der Mittelstand? [] Wen sollen wir wählen? [] Tagtäglich spüren wir am eigenen Leibe die Mühen und Sorgen des Lebens. Gewiß, endlich ist im großen und ganzen die Hitlersche Kriegs-Zwangswirtschaft gefallen. Mit der DM. ist eine feste Rechnungs-Grundlage gegeben, so daß man die Hoffnung hegen könnte, daß es wieder aufwärts gehen muß. [] Aber - es liegt ein Schatten über allem Geschehen, ein finanzieller Schatten: die dunkle Wolke der Massen-Arbeitslosigkeit! [] Was nützt alles, wenn die große Masse nicht das Geld hat, um das Notwendigste zum Leben kaufen zu können? Wenn Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit nicht nur den Betroffenen Not und Elend bringen, sondern den Neubau unserer zerstörten Vaterstadt hemmen und das Volksvermögen mindern, wenn die freie Marktwirtschaft mit der Befreiung von Markenzwang und behördlichen Eingriffen, die von keiner Partei gern gesehen wurden, auch die Befreiung von Kaufkraft zwangsläufig im Gefolge hat? [] Es scheint so, als ob man vergessen hat, daß zwar Freiheit des Entschlusses, des Wägens und Wagens zum Leben gehören, daß aber über der Vielfalt der Lebensäußerungen, über der Vielfalt des wirtschaftlichen Geschehens der Wille der Gesamtheit des Volkes stehen muß, alles zu vermeiden, was die Produktionskraft und die Kaufkraft schwächt. Im Gegenteil, Produktionskraft und Kaufkraft müssen gestärkt werden, damit alle Menschen Anteil an den geistigen und materiellen Gütern des Lebens haben. [] Ohne Lenken und Planen zur volkswirtschaftlich zweckmäßigsten Leistung zum Besten aller geht es nicht. Die reichsten Länder der Erde, wie die USA, die Schweiz und Schweden haben längst eingesehen, daß Planung notwendig ist. Jeder einzelne von uns ob er nun Schneider, Kaufmann, Bauunternehmer, Rechtsanwalt oder Arzt ist, muß planen, wenn er sein Geschäft und seinen Beruf erfolgreich ausüben will. Und das gilt erst recht für die Gesamtheit, für unser Hamburg und für ganz Deutschland. [] Jedes, auch das kleinste Dorf, arbeitet nach einem Jahresplan - dem Gemeinde-Etat. Die Parlamente beschließen in den Ländern den Landes-Haushaltsplan, das Bundesparlament das Staatsbudget. Einnahmen und Ausgaben müssen sich decken, ihre Zwecke, aber auch ihre Grenzen müssen wohlüberlegt werden. [] Eine »freie« Wirtschaft ohne Planung ist ein Unding. Wir sehen ja, wohin das führt: zu Arbeitslosigkeit und damit zum Niedergang unserer Wirtschaft. [] Wir wollen aber ein blühendes Vaterland mit zufriedenen Menschen, wollen Gesundung und Aufstieg, wollen Wohnungen zu tragbaren Mieten, wollen Befriedigung der kulturellen und materiellen Bedürfnisse. Wir alle, ob Arbeiter oder Gewerbetreibende, ob Künstler oder Kaufleute, ob Gelehrte oder Angestellte, wollen Brot und Lohn haben. [] Mittelstand und Arbeiterstand sind keine Gegensätze mehr. [] Sie stehen und fallen miteinander, sie gehören zusammen, denn Arbeitslosigkeit, niedrige Löhne und Gehälter senken die Kaufkraft der Verbraucher-Massen und ruinieren die Geschäftsleute, die doch nur vom Verkauf ihrer Waren existieren können. Gleichzeitig ist jeder Arbeitslose ein Ausfall von Steuern, der die Möglichkeiten der öffentlichen Hand einengt, mit Krediten und Stützungsmaßnahmen zu helfen! Darum überlegen wir reiflich, bevor wir unser höchstes Bürgerrecht ausüben und mit dem Stimmzettel unser eigenes Schicksal entscheiden! [] Wir können getrost Sozialdemokraten wählen; [] denn diese haben durch Taten bewiesen, daß ihnen das Wohl Hamburgs in einem freien, einheitlichen Deutschland, das [] für alle Arbeit und Brot schafft, am Herzen liegt. [] Wartenberg & Welse, Hamburg-Bahrenfeld EP 47
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